Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1990

Spalte:

138-139

Kategorie:

Systematische Theologie: Dogmatik

Autor/Hrsg.:

Sauter, Gerhard

Titel/Untertitel:

Rechtfertigung als Grundbegriff evangelischer Theologie 1990

Rezensent:

R.M.

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

137

Theologische Literaturzeitung 1 I 5. Jahrgang 1990 Nr. 2

138

F.. Schillebeeckx. K. Rahncr u. a. in der römisch-katholischen Sakra- Katechismus. Durch seinen dritten Artikel werden die Aussagen des

mententheologiedurchgeführt wurde. ersten und zweiten Artikels so zusammengefaßt, daß die Gesamt-

Sich auf Bahnbrecher der modernen Semiotik wie C. S. Pcirce. aussage des Crcdos in ihrer Einheit verständlich wird. Der eigentüm-

A. N. Whirehcad. E. Cassircr, S. K. Langer und P. Ricoeur berufend. liehe Inhalt des Dritten Artikels sind die Themen der Gnadenlchre.

unterscheidet der Vf. zwischen rein informativen '/.eichen einerseits. also die Art und Weise, wie Gott am Menschen abbaut, aufbaut und

die auf die gemeinte Sache einfach ,,hinweisen", und wirksamen Sym- umbaut. Sinn und Wahrheit des Christusgeschehens werden durch das

böten andererseits, die die Sache „verkündigen", „verwirklichen", Offenbarungsgeschehen des Geistes so erschlossen, daß es zum per-

,,konkretisieren", sogar „feiern", indem sie daran „teilhaben". Die sönlichen Glaubensgehorsam kommt. „Es kann in den Kirchen der

einschlägige religiöse Kategorie heißt Ritual. „Sakrale Handlungen" Reformation kein theologisches Verständnis von den Bedingungen,

haben in der Bibel „prophetischen" Charakter. An den christlichen Möglichkeiten und verpflichtenden Aufgaben der cura animarum im

Sakramenten, wie der Vf. sie nun als „prophetische Symbole" entfal- Amt der Kirche geben vorbei an den Einsichten, die Luther in seiner

tet, vermißt man aber genau das kritische und cschatologischc Profil, Auslegung des Dritten Artikels... vorgetragen hat" (Vorwort

das der reformierte Theologe J.-J. von Allmen in seinem «Prophe- S. XII).

tisme sacramentcl» geschildert hat. Zu Recht werden die Aussagen des Dritten Artikels überdie Kirche,

Das opus operatum der Sakramente wird von Lawler richtig als die Vergebung der Sünden, die Auferstehung des Fleisches und das

..opus Christi et Dei" charakterisiert. Entfremdend aber Tür Luthe- ewige Leben dem Wirken des Geistes untergeordnet. Es fallt allerdings

niner wird wohl die starke Betonung des „opus operantis" wirken. Zu auf, daß der Kirche - anders als der Vergebung der Sünden und dem

den Sakramenten gehört nach Lawlcrein flZerfWGlaube: „Ein freier, -» cschatologischen Ausblick - kein eigener Unterabschnitt gewidmet

Positiver, mitwirkender, persönlicher Beitrag seitens der Gläubigen, wird. Vom Sein in der Kirche wird vielmehr im letzten Unter-

die die Sakramente feiern und mitfeiern, ist eine wesentliche Bedin- abschnitt des Hauptkapitcls über das Wirken des dreieinigen Gottes

8ung, wenn die Sakrament in ihnen Gnade bewirken soll", sagt der als Hl. Geist, der die Überschrift „Das OfTcnbarungsgeschehen als

Autor, indem er das lutherische sola fide entgegenkommend berück- eschatisches (sie!) Geschehen" trägt, gehandelt. Überhaupt steht für

sichtigen will (58f; vgl. 41-45)! Mit H. U. von Balthasar betrachtet er Hcrms die am Einzelnen sich vollziehende Veritlnerlichung und

die Kindertaufe streng als „Ausnahmefall", kein adäquates „Modell Wahrheitserfahrung als Werk des Geistes voran. Hervorgehoben wird

für den sakramentalen Vorgang" (82). Obgleich die Taufe und sogar dabei zu Recht, wie das „eschatische" Geschehen schon jetzt in der

die Firmung von Kindern bei einer engagierten Gemeinde nicht wert- Eingliederung in die Kirche und im Kampf gegen die Sünde be-

'os sind, geht die Vorliebe des Vf. in Richtung eines „zeitlich ausge- ginnt.

dehnten" Vollzugs des römischen Ordo initiationis christianae Bedenkenswert ist, was im Zusammenhang mit dem geistgewirkten
adultorum, wobei das Kind /.war sehr früh ins Katechumcnat aufge- „neuen Wollen" kritisch zum üblichen dreifachen Gebrauch des Genommen
werden könnte, aber erst bei seiner „Bekehrung" getauft setzes gesagt wird (S. 87ff). Auch im „usus politicus" geht es um die
*ürde (1020. Unterscheidung von „geistlichem" und „nicht-geistlichem" Wollen.

Jedem der sieben römisch-katholischen Sakramente wird ein Kapi- Erkenntnis der Sünde gibt es nicht durch ein isoliert verstandenes Ge-

tc' gewidmet, in dem biblische, historische, systematische und pasto- setz, sondern letzten Endes nur im Licht des Kreuzes Jesu Christi,

""theologische Perspektiven kombiniert werden. Der Autor kennt die Und statt von einem „tertius usus legis" zu reden wäre sachgemäßer.

r°miseh-katholische sakramententheologische Literatur ziemlich gut, von einem „ususadhortativus" zu sprechen.

d'e orthodoxe und protestantische wohl kaum (erstaunlich für einen Bei dem von Herms behandelten Thema wäre es wichtig, auch
"reenkanischen Sakramententheologen wird z. B. Alexander Schmc- Luthers eigene Predigten heranzuziehen und die in ihnen sich findenmann
nie erwähnt); die Lima-Erklärung über „Taufe, Eucharistie und den Aussagen über das Wirken des Geistes Gottes zu bedenken.
Amt" wird nicht zitiert. Manches würde dadurch noch konkreter werden, sowohl was das
Unerklärlich werden französische Termini und Titel durchgehend Wirken des Geistes am Einzelnen wie in der Gemeinschaft der Kirche
°hne Akzente gedruckt. angeht. Einen Anfang habe ich damit vor einigen Jahren in einem

Durham/NC OeoffievWainwriuht Aufsatz Über Lu,herS Pfingstpredigtcn gemacht (Luther-Jahrbuch

I967.S. I 17ff).

Systematische Theologie: Dogmatik

Stuttgart Gerhard Heintzc

l, r"is, Ellert: Luthers Auslegung des Dritten Artikels. Tübingen: Sauter, Gerhard [Hg.j: Rechtfertigung als Grundbegriff evangelischer

Mohr 1987. XII, 128 S. 8". Kart. DM 29-. Theologie. Eine Textsammlung eingel. u. hg. München: Kaiser

^ 1989. 322 S. 8- = Theologische Bücherei, 78. Kart. DM 38,-.
ah iinrcrK' 'an8c ^-e't die Erfahrung des Hl. Geistes Stiefkind in der

" cndländisehcn Theologie war, ist nicht zuletzt durch das Auf- Rechtfertigungslehre als die reformatorische Antwort auf die neu-

t|"'r"11en charismatischcr Bewegungen die Frage nach dem Wirken zeitliche Sinnfrage.? Das bestreitet Sauter energisch. Rcchtfertigungs-

. '"' ^'e'stes neu brennend geworden. Zugleich damit hat die Rück- lehre ist weder zu verstehen als ein Prinzip der Theologie noch als

^ d8c nach dem reformatorischen Verständnis des Hl. Geistes neues Ausgangspunkt zu rechter Lebensführung, sondern Rechtfertigung

• w,eht. Insofern kommt der Studie von Ellert Hcrms, Professor Tür heißt „Gott recht geben". Rechtfertigung ist eine Existcnzbcstim-

err>atik im Fachbereich cv. Theologie an der Johannes-Guten- mung des Menschen, so charakterisiert Hg. in seiner Einführung das

^-Universität Mainz, besondere Bedeutung zu. Herms konzentriert Thema dieses neuen Bandes der „Theologischen Bücherei". „Thco-

auf die Exegese von Luthers Auslegung des Dritten Artikels des logisch gilt, daß sich kein Mensch aus sich selber heraus verstehen
0s'olicums im Großen Katechismus, der als Bestandteil der läßt. Wer er ist. kann er nicht von sich her ansehen, er kann auch für
^wchen Bekenntnisschri den als maßgebliche Darstellung kirch- sich selbst letztlich nicht durchsichtig werden, sondern er existiert in

sieh
Apc
'üth

Mich ' ChrC dcn Kircnen- die sich auf die Bekenntnisschriften ver- dem Verhältnis, das Gott geschaffen hat und dem er, der Mensch, ge-

Urth hahen' :lnz"sehen ist. Freilich hat Herms auch andere recht werden soll." (23) Daß diese Bestimmung des Menschen nur

men CrSCnriftcn herangezogen, vor allem die Vorformen der Katechis- durch Gottes Handeln in Jesus Christus gelingen kann, ist das Zen-

von 1529 umj namentlich die vorangegangenen Katechismus- trum der Rechtfertigungslehre, die in vorliegender Textsammlung in

CQlBtMl i______ i • l.i- i___r-_.r_l.________Ii;__s__I____aalli» amukl

D;

8,cn. ihrer geschichtlichen Entfaltung und Veränderung greifbar gemacht

<ls(>edo ist für Hcrms das einheiteebende Zentrum des gesamten wird. In dieser angesichts der Breite und Frequenz, mit der diese