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Ausgabe:

1990

Spalte:

121-122

Kategorie:

Kirchengeschichte: Neuzeit

Autor/Hrsg.:

Böckenförde, Ernst-Wolfgang

Titel/Untertitel:

Der deutsche Katholizismus im Jahre 1933 1990

Rezensent:

Kirchner, Hubert

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Seite 1

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Theologische Litcraturzeitung 115. Jahrgang 1990 Nr. 2

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Seite der Katholiken, aber nicht alle Katholiken standen auf der Seite Der Autor, Professor für öffentliches Recht, Verfassungs- und

des Kaisers. Die von den wichtigsten Teilnehmern kontrollierten Rechtsgeschichte sowie für Rechtsphilosophie in Freiburg, bedarf

Stimmblöcke erwiesen sich damit nicht als Instrument der Starke. auch in einer theologischen Zeitschrift keiner besonderen Vorstel-

s°ndcrn lähmten'vielmehr die katholische Seite. Die Evangelischen lung. Er ist des öfteren mit viel beachteten Arbeiten hervorgetreten.

warcn bei oberflächlicher Betrachtung nicht einiger als die Katholi- mit denen er auch gerne die Grenzen seines eigentlichen Arbeitsberei-

ken. Zunächst fehlte dieser Partei ein Führer von Größe; doch am ches überschritt.

Ende besaßen sie den Willen, kleinere Fragen außer acht zu lassen und Der hier anzuzeigende erste Band seiner Schriften zu Staat, Gesell-

a's einheitlicher Block zu stimmen, sobald es um wichtige Konfes- schaft und Kirche enthält vier Aufsätze aus den Jahren 1957 bis 1966,

sionsfragen ging. Auf diese Weise konnten die Protestanten sich so darunter die berühmten „Hochland-Aufsätze" über die Rolle der

'ange behaupten, bis ihnen durch die Zersplitterung der Katholiken katholischen Kirche in Deutschland am Ende der Weimarer Republik

endgültig der Sieg zufiel. Am 24. März 1648 schloß der Kongreß bzw. zu Beginn des „Dritten Reiches", die seinerzeit eine heftige Dis-

e|nen Tür die Protestanten äußerst vorteilhaften Schlußvertrag über kussion auslösten und Anstoß wurden für vielseitige Überlegungen,

al|e religiösen Streitfragen. Als „Normaljahr" wurde 1624 fest- weitere Forschungen - und sei es nur aus dem Grunde, die Thesen

gelegt

Böckenfördes zu widerlegen - und nicht zuletzt verdienstvolle Quel-

•645 ging es den Schweden darum, zwischen den einzelnen Fürsten leneditionen: „Der deutsche Katholizismus im Jahre 1933" (1961
und Konfessionen ein dauerhaftes Machtgleichgewicht herzustellen. s 39_69), sowie die Stellungnahme zur Diskussion darüber nach
Schon 1633 hatte der schwedische Kanzler Oxenstierna gegenüber cjnem Janre unter demselben Titel (S. 71-104). Es kann nur lebhaft
einem ausländischen Würdenträger erklärt, die Hauptabsicht der begrüßt werden, daßgerade diese beiden Arbeiten jetzt noch einmal in
schwedischen Intervention in Deutschland sei, „das aequilibrium in dieser Form zugänglich gemacht werden. Eine vorurteilsfreie Geganz
Europa nach Möglichkeit zu conserviren". Jetzt mußte er sich an Schichtsschreibung kann an ihnen ebensowenig vorübergehen wie an
seine eigenen Grundsätze halten. Frankreich dagegen entschied sich dcn Stellungnahmen, die sich daran anschlössen. Ein dritter Beitrag,
Ur eine Politik der Stärkung Brandenburgs als Gegengewicht zu „Kirche und Politik. Zur Problematik des Hüter- und Wächteramts
chweden, der es auf lange Zeit anhängen sollte. Die Verbindungen der Kirche, erläutert am Verhalten der Kirche im .Dritten Reich'"
fischen Spanien und Österreich, die seit der Thronbesteigung (|966 s. 105-120), weitet anhand zweier Veröffentlichungen im
arls V. die europäische Politik destabilisiert hatten, wurden jetzt Rahmen der weiteren Erörterung des Themas die Frage noch um
geschwächt. Dies war der Beginn einer neuen Ordnung in Europa als einiges aus.

DUnnL,inr,Crnati°nalen ^Eichgewichts mit Deutschland als Dreh- Ausgesprochen zu begrüßen ist, daß Kar, Egon Lönne, Professor rür

nkt. Die Beobachtungen in diesem Buch sind für das Verständnis neuere Geschichte jn Dusse|dorf, m einem „Historiographischen

ganzen späteren deutschen Geschichte bis heute aufklärend. Rückblick" (S. 121-150) dann gleichsam den Ertrag des ganzen

beah u BUCh dUS Gcsamtw,ssen übcr dle EP°che darzubieten Str£jtes zusammcnfaßt, indem er eine Reihe einschlägiger Neu-

absichtigt, .st die Rolle der Religion als Ursache des Krieges crschcinungen (bis 1988!) vorstelu. Und eine (noch immer recht

aunlieh wenig beachtet. Für Gustav Adolf war d>e Gefährdung der umfassende) „Auswahlbibliographie" (S. 151 -155) ergänzt anschlic-
testantischcn Religion Hauptgrund für se.ne Teilnahme an dem . ßend diesen Literatuitericht noch beträchtlich.
leg. hr wollte seinen Glaubensbrüdern helfen. Deswegen mobili- . ,„,_

s'erte Sni,,., i j j. i. r> • l . l ui r> So gerät dieser Band unversehens zu einem willkommenen Hilfs-

lt -senweden und sandte nach einem Reichstagsbeschluß seine ......

Söhnpak c„u . u r-> . ui j r- aj iru 1 i »/ mittel für jeden, der sich heute mit den Ereignissen im Verhältnis
"»e als Soldaten nach Deutschland. Gustav Adolf hatte keine Ver- 3 °

"ündoipn ;„ r> . li j j l. ii- ■ i. n - u. . u zwischen Staat und (nicht nur) katholischer Kirche der dreißiger Jahre

"ueten in Deutschland, denen zu hellen er sich verpflichtet hatte.

* Religionspropaganda, ihre Bedeutung und Inhalt, ist ein auf- beschäftigt.
Sctl|ußreiches Thema, das hier kaum erkannt wird. Gerade hier hätte Kritisch angemerkt sei lediglich ein Versehen auf S. 34. Hier ist

^an Brauch und Mißbrauch der Religionsargumente verfolgen und leider am Ende des ersten Absatzes ein Textverlust zu beklagen.

Ie Verbindungen mit der Politik darlegen können. Dadurch würde es
auch verständlich werden, warum Religionsfragen nicht mehr als
^einiger Kriegsgrund vorgeführt wurden. Als Kirchenhistorikerin

^Schwedin bin ich überzeugt, daß zu wenig zu diesen beiden The- |ber Hara|d. christlicher G|aube oder rassischer Mythus. Die Aus.
nun s ' 1St' M" scnwed,scncn Au8cn gesehen ist auch die Erwah- einandersetzung der Bekennenden Kirche mit Alfred Rosenbergs:
Soh8 " von dem schwedischen König Karl X. Gustav als dem Der Mythus des 20. Jahrhunderts". Frankfurt/M.-Bern-New

j*™ n der Königin Christina ein grober Fehler: Sie war seine Cousine. York-Paris: Lang 1987. 374 S. 8" = Europäische Hochschulschrif-
p°n'g Karl IX. war ihr gemeinsamer Großvater. Die schwedische ten. Reihe XXIII: Theologie. 286. Kart. sFr 71 .-.
hW°nUnli über diese Zeit ist groß und von hoher Qualität, weil es sich

I Um Schwedens Aufstieg zur Großmacht handelt. Trotzdem feh- Es gibt in diesem Buch, einer Dissertation an der Kirchlichen Hoch-

l. ln der Bibliographie Namen wie N. Ahnlund, P. E. Back, B. Boet- schule Berlin (West), nur wenige Sätze, die der Rez. ohne Vorbehalt

Und S. A. Nilsson. Damit fehlen wichtige Hinweise in der Biblio- unterschreiben kann. Zu ihnen zählt der folgende: „Die Auseinander-

Pnie. Dieser Mangel läßt sich vielleicht dadurch erklären (aber Setzung mit Rs [= Rosenbergs] Buch war also weder ein besonderer

1^ entschuldigen), daß keiner der Mitarbeiter aus Schweden Glanzpunkt des .Kirchenkampfes' noch eine verfehlte, wirkungslose

^nimt. Trotzdem ist dieses Buch als Forschungsübersicht nützlich. und, bezogen auf den Anlaß und die Durchführung, unbedeutende

er weil es keine durchgehenden Linien und Ideen verfolgt, wird Aktion, sondern mit ihren dunklen und hellen Seiten ein typisches

111 das Lesen mühsam. und durchaus wichtiges Kapitel der Geschichte der BK" (289). Neu ist

Oslo ■ das Sujet nicht. In der Kirchenkampf-Literatur linden sich viele Pas-

Ingun Montgomery . - jao

sagen, die dem von Iber behandelten 7 hema gewidmet sind. Außerdem
liegen mit den Untersuchungen von Reinhard Bollmus (Das Amt
Rosenberg und seine Gegner. Studien zum Machtkampf im national-

^ekenfördp i.r„tl u/„,,,........ j......„l.» v„»k„ii^.___. im lot„, sozialistischen Herrschaftssystem. Stuttgart 1970) und Raimund

Baumgärtner (Weltanschauungskampf im Dritten Reich. Die Auscin-

Schönciche bei Herlin Hubert Kirehner

19}" de' Emst-wolfgang: Der deutsche Katholizismus im Jahre

Kirche und demokratisches Ethos. Mit einem historiogra-

histonogra

Rückblick von K.-E. Lönne. Freiburg-B
988. 159 S. 8° = Schriften zu Staat-Gesellschaft
• DM 28.-. eigenständig zu profilieren

^'schen Rückblick von K.-E. Lönne. Freiburg-Basel-Wien: andersetzung der Kirchen mit Alfred Rosenberg. Mainz 1977)
erder 1988. 159 S. 8- = Schriften zu Staat-Gcsellschaft-Kirche. 1. Standardmonographien vor, in deren Windschatten es schwer ist, sich