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Ausgabe: | 1990 |
Spalte: | 99-100 |
Kategorie: | Altes Testament |
Autor/Hrsg.: | Dohmen, Christoph |
Titel/Untertitel: | Schöpfung und Tod 1990 |
Rezensent: | Wächter, Ludwig |
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99
Theologische Literaturzeitung 115. Jahrgang 1990 Nr. 2
100
Altes Testament
Dohmen, Christoph: Schöpfung und Tod. Die Entfaltung theologischer
und anthropologischer Konzeptionen in Gen 2/3. Stuttgart:
Kath. Bibelwerk 1988. 331 S. gr. 8° = Stuttgarter Biblische Beiträge.
17. Kart. DM 39,-.
Das Buch, die überarbeitete Fassung einer Habilitationsschrift an
der Kath.-Theol. Fakultät der Universität Bonn im SS 1988, bringt
eine gründliche Auslegung von Gen 2,4b-3,24; der Inhalt entspricht
also etwa dem Untertitel.
In zwei einleitenden Kapiteln - 1. Text und Thema; 2. Methodische
Vorüberlegungen - wird ein Forschungsüberblick gegeben und werden
Tendenzen neuerer Forschung, besonders im Hinblick auf W. H.
Schmidt und P. Weimar, deutlich gemacht. Bei der Methodenerörterung
entscheidet sich D. für eine Priorität der redaktions- bzw. kompositionskritischen
Beurteilung gegenüber der überlieferungskritischen
(S. 29). Es gelte, „das Instrumentarium, das die historischkritische
Methode anbietet, reflektiert und exakt zur Anwendung zu
bringen" (S. 31).
Das wird dann im 3. Kapitel - Textanalysen zu Gen 2,4b-3,24 -
konsequent durchgeführt. Der Hauptteil davon (3,2) nimmt den Text
Vers für Vers und Wort für Wort durch, wobei nach zusammenhängenden
Stücken und nach Brüchen in der Darstellung gefragt wird.
Die Überschrift „Beobachtungen zur Einheitlichkeit des Textes" ist
da nicht ganz zutreffend; denn es wird nicht Einheitlichkeit festgestellt
, sondern nach ihr gefragt. Das Ergebnis ist dann auch nicht der
Erweis der Einheitlichkeit der Erzählung, sondern ihrer Vielschichtigkeit
.
Der nächste Abschnitt-3.3. Die Schichten des Textes und ihre Einordnung
- hebt dann diese Schichten voneinander ab. Es zeigt sich,
daß es einen durchlaufenden Erzählfaden gibt; D. rechnet ihn zum
jahwistischen Geschichtswerk. In ihm ist eine literarisch greifbare
Vorlage über die Erschaffung und Bestimmung des Menschen
(2,5-7*; 3,23*) sowie aus mündlicher Überlieferung ein Mythenfragment
über die Verlockung durch die Schlange und ihre Folgen, von D.
überschrieben mit „Scham als Zeichen der Schuld", aufgenommen
worden, das in 3,1-7* seinen schriftlichen Niederschlag gefunden hat.
Erweitert wurde die ätiologisch geprägte Erzählung des J durch das
jehowistische Geschichtswerk (JE) aus der Zeit Manasses, das mit
Jerusalemer Kolorit und mythologischem Hintergrund den Text ergänzt
habe, und dann wieder durch die Bearbeitungsschicht der Penta-
teuchredaktion (Rp), die deutliche Züge nachexilischer Theologie aufweise
.
Die Schichten der Erzählung werden im 4. Kapitel je für sich im
Zusammenhang vorgestellt. Bei der jahwistischen Schicht werden die
aufgenommenen Vorlagen durch Unterstreichungen hervorgehoben;
bei den Bearbeitungen von JE und Rp wird immer der bereits vorliegende
Text mitgedruckt, und das neu Hinzugekommene durch Kursivschrift
gekennzeichnet. Das macht die Sache anschaulich und gut
nachprüfbar.
Zum Jehowisten, der genauso wenig wie Rp einen durchlaufenden
Erzählfaden hat, sondern nur „Fortschreibungen" zu der bereits vorliegenden
Erzählung bringt, mit freilich gewichtigen Akzentverschiebungen
, rechnet D.: 2,9-15; 3,5b (und ihr werdet sein wie Gott, Gut
und Böse erkennend); 3,19.22.24. Zu Rp gehören: 2,16-17.23b-24;
3,3b (ihr dürft ihn nicht berühren, damit ihr nicht sterbt); 3,4b (ihr
werdet gewiß nicht sterben); 3,15.16b.19b (das Wort von der Rückkehr
zum Staub); 3,20; dazu einige kurze Hinzufügungen im Sinne
von Gen 1.
Das Ergebnis ist ansprechend. Doch stellen sich bei der Lektüre
einige Fragen: Hat die Erzählung von J wirklich von den Bäumen im
Garten und von dem Verbot Gottes, vom Baum in der Mitte des Gartens
zu essen, erst in der Szene von Schlange und Frau gesprochen? Ist
es berechtigt, drei Bäume im Garten anzunehmen - so der Exkurs
„Die drei Bäume des Gartens" -? D. sieht den Baum des Lebens und
den Baum der Erkenntnis von Gut und Böse als Eintragung von JE an
und trennt letzteren von dem bereits in der Vorlage von J belegten
Baum des „Öffnens der Augen". Aber handelt es sich da nicht eher um
eine Weiterentwicklung der Funktion dieses Baumes? Läßt sich wirklich
an dem Einschub vo,n den Paradiesströmen ablesen, daß JE die
„geographischen Angaben des Paradieses auf Jerusalem" fixiert habe
(S. 253)? Hier folgt D. doch wohl zu bereitwillig M. Görg.
Die kritischen Anfragen zu manchen Stellen schränken das Urteil
nicht ein, daß das Buch viele gute Anregungen bringt. Das gilt auch für
den Exkurs „Erbsünde und Protoevangelium", der, was sachlich geboten
ist, auch auf systematisch-theologische Entwürfe eingeht, und
für das knappe 5. Kapitel, in dem „Konsequenzen für die Interpretation
" erwögen werden. Dohmens Buch wird gewiß die Diskussion
über die ersten Kapitel der Bibel beleben.
Berlin Ludwig Wächter
Minokami,Yoshikazu: Die Revolution des Jehu. Göttingen: Vanden-
hoeck & Ruprecht 1989. 189S. gr. 8° = Göttinger theologische
Arbeiten, 38. Kart. DM 38,-.
Ziel und Methode der vorliegenden Studie sind am einfachsten beschreibbar
von ihrem Kap. X her: Die ursprüngliche Jehu-Erzählung
= S. 124-166. Als älteste Textstufe werden dort angesetzt: 2Kön
9,1-6.1 Ob-12b«. 13.16aa. 17-21 b a*.22a-ba*.23a.24.30-35; 10,1b
a-/?*.2-3.7-9 und 12a*. Während sich der Autor sonst um einen flotten
Stil bemüht, ist seine Übersetzung der postulierten Grunderzählung
durch 33maliges „und" am Satzanfang gekennzeichnet. Sie enthält
darüber hinaus etliche Ungenauigkeiten (9,1 I Ihr ihrerseits, 17
Wiedergabe eines nicht bezeugten „so spricht der König", 22 hebr.
rä ah ist nicht „begegnen", 10,9 hebr. saddiqim ist nicht „(ihr) urteilt
gerecht" usw.). Für M. ist der dargebotene „Text der postulierten
Urgestalt. . . vollständig" (S. 130). Wer das behauptet, müßte erklären
, wieso in der genau stilisierten Exposition der Erzählung (9,1 ff)
Elisa und Jehu mit Titel bzw. Genealogie eingeführt werden, später
dann aber Joram (9,17) und Isebel (9,30) völlig unvermittelt auftauchen
, wie einem ersten Hörer der Hinweis auf Simri (9,31) hat verständlich
sein können, warum (10,8) ein bekannter Bote (Artikel!) auftritt
usw. Es ist nicht plausibel, daß eine originäre Erzählung mit einer
Exposition wie 9,1 ff in 10,12 mit „ging er nach Samaria" geendet hat.
- Fragen des literarischen und stilistischen Aufbaus der Grunderzählung
sind jedoch nicht das Anliegen des Autors. Er richtet sein Interesse
vielmehr auf die verschiedenen Zusätze zu der postulierten
Grunderzählung, d. h. die oben ausgeklammerten Verse oder Versteile
. Vom sog. Göttinger Modell verschiedener deuteronomistischer
Redaktionen ausgehend (Kap. I: Die Jehu-Erzählung als Bestandteil
der Grundschrift des deuteronomistischen Geschichtswerkes =
S. 9-16, Kap. VII: Die deuteronomistischen Bearbeitungen der Jehu-
Erzählung =S. 46-66)' und dieses Modell weiterentwickelnd, werden
für die als Zusätze ausgeklammerten Verse oder Versteile zusammenhängende
Schichtungen oder Bearbeitungsstufen herausgearbeitet:
Kap. III: 2Kön 8,28-29 als Nachtrag zum einleitenden Rahmenstück
für Ahasja von Juda = S. 22-25, Kap. IV: 2Kön 9,14b. 15a. 16a/? als
Zusatz zur Jehu-Erzählung = S. 26-29, Kap. V: 2Kön 10,32.33 als
Spätling im Königsbuch = S. 30-33, Kap. VI: Die vergeltungstheologische
Bearbeitung der Jehu-Erzählung und die frühchronistische
Notiz = S. 34-43, Kap. VIII: Die Juda-Bearbeitung der Jehu-
Erzählung = S. 67-95, Kap. IX: Die Ausrottung des Baalskultes durch
Jehu: die ätiologische Legende in 2Kön 10,18-27 als Anhang zur
ursprünglichen Jehu-Erzählung = S. 96-123. Eingeschoben ist
Kap. II: Das Bild Jehus in der Chronik = S. 17-21. Im Schlußkapitel:
XI: Die Revolution des Jehu = S. 167-176 wird der Versuch einer
historischen Rekonstruktion aufgrund der literarischen Analyse geboten
. Ein Literaturverzeichnis (7 Seiten) und ein Bibelstellenregister
sind beigegeben.
Prüft man die vorgenommenen literarkritischen Entscheidungen
für die deklarierten Zusätze fallweise nach, so sind wohl stets andere