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Ausgabe:

1990

Spalte:

94-95

Kategorie:

Allgemeines

Titel/Untertitel:

Der Weg zum Menschen 1990

Rezensent:

Bernhardt, Karl-Heinz

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Theologische Literaturzeitung 11 5. Jahrgang 1990 Nr. 2

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sich Tür das synoptische Erzählgut nicht nachweisen; alles spricht vielmehr 7. Kapitel von „Ein Büchlein von der Nachfolgung des willigen Ster-

dafür. daß es diese Schicht nachweislich nicht gegeben hat." bens Christi" des Johann von Staupitz. Demgegenüber bestehen Dif-

Dieser Vorschlag bei: G.Schille. Der Mangel eines kritischen Geschichts- ferenzen zwjschen dem fraglichen Text und der Position Luthers

bildes in der ncutcslamcmlich.cn Formgeschichte, ThLZ 88, 1963,491 tT. ,, . ... . , „. .. .,r .. , , „ _

u ., , , ., , : . selbst wahrend der für die Abfassung in Frage kommenden Zeit. Es

Vgl. den ersten Teil des Referates von K.-W. Niebuhr (siehe Anm. 7). .. ... ,. „. , ... ,. „ ,

15 d „. . . . , t-..,. ,„., „ ,, wäre wünschenswert, die Diskussion über die von Martin Brecht

K. Riesner, Jesus als Lehrer, Tubingen 1981; ders.. Der Ursprung der

Jesus-Überlieferung, ThZ 38.1982.493 fr. Luther zugewiesenen Texte fortzusetzen.

" J. Harr. Bibelcxegcse und moderne Semantik. Theologische und linguisti- Michael Beyer gewährt mit seinem Beitrag „Vulgatakonkordanzcn
sehe Methode in der Bibclwissenschaft. Mit einem Geleitwort von H. Conzel- als Hilfsmittel beim Übersetzen lateinischer Luthertexte" (S. 51-67)
mann. Übers, v. E. Gerstenberger, München 1965. Dazu: G. Friedrich. einen Einblick in die Werkstatt von Bd. 6 der Martin Luther Studien-
Semasiologie und Lexikologie, ThLZ 94, 1969,801fT. ausgäbe und zeigt an einem Ausschnitt aus dem Sermo de duplici

u Theologisches Wörterbuch zum Neuen Testament, hg. v. G. Friedrich. iustitia von 1518 und seiner Übersetzung, wie die Benutzung der Vul-

Die von K.-W. Niebuhr, Keine Angst vor Linguistik!, Christenlehre 1988. gata zum Aufspüren unerkannter Bibelzitate und einer sachgemäßen

s,eii 4' 8t;nanmen ,AU,°rCn habC" A11«cme,nverstiindnls nich« h"zu- übersetzun von Luthertexten führen kann. Das vorgeführte Beispiel

Mtiien vermocht, und selbst Niebuhr erhellt nur die schon allgemeiner bekann- . , . , ■••„

tenf.i„,.iu •. i u j . i r u n • u laßt erkennen, welche eminent theologische Bedeutung der Ubcrset-

«n Einzelheiten, also mehr den grammatikalischen Bereich. e 6

zung von Luthertexten zukommt, und erinnert in höchst notwendiger
- Weise daran, daß Luther zeit seines Lebens mit dem Vulgatatext umgegangen
ist, ein Faktum, das im Luthertum bereits seit dem 17. Jh.
zunehmend ausgeblendet worden ist.
Allgemeines, FeStSChriften Von allgemeiner Bedeutung für die Erforschung der Geschichte der

Wittenberger Reformation ist die Fortsetzung der von Rainer Harn-

1 utherjahrbuch. Organ der internationalen Lutherforschung. Im Auf- brecht und Hclmar Junghans besor8ten Edition von Eintragungen in
trag der Luther-Gesellschaft hg. von H. Junghans. 56. Jg. 1989. Göt- ,m Staatsarchiv Coburg befindlichen kursachsischen Rechnungstingen
: Vandenhocck & Ruprecht 1989.213 S. 8". Kart. DM40,-. büchern zu Wittenberger Reformatoren und Georg Spalatin von 1519

bis 1553 (S. 68-129)(vgl. LuJ 1988, ThLZ 114, 1989, 15). Dieser Teil

Dieser Jahrgang enthält zunächst zwei für die Müntzerforschung er- enthält die kommentierte Veröffentlichung der Texte von 271 Eintra-

8'ebige Beiträge. gungen. Der Kommentar stellt bei vermerkten Reisen, deren Anlaß

Reinhard Schwarz behandelt ..Thomas Müntzers hermeneutisches nicht bekannt ist, gelegentlich auch Erwägungen über Zusammen-

Pfinzip der Schriftvergleichung" (S. 11-25). Er macht auf einen Zu- hänge von stattgefundenen Reisen an. Auch bisher fragliche Brief-

san"imenhang aufmerksam, der bei Müntzer nirgendwo theoretisch datierungen erhalten nun zusätzliche Stützung. In Einzelfällen kann

■"cflektiert wird, der aber unter Bezugnahme auf I Kor 2,13 an zentra- auch das Erscheinen eines Druckes genauer datiert werden. Wichtig

en Stellen seiner Reflexion von Schriftauslegung eine konstitutive sind auch neue Einzelheiten zur Frühgeschichte der kursächsischen

Rolle spielt: die Polemik gegen den „stückwerkischen" Umgang mit Visitationen. Eine von Günther Wartenberg erarbeitete Übersicht

der Bibel und sein Insistieren auf einer kontextbezogenen, gesamt- über die Inhaber von Ämtern am kursächsischen Hof zwischen 1517

Iisehen Deutung der Schrift. Subjektive Bedingung Tür eine solche und 1547 und ein Personen-, Orts- und Sachregister zu den veröffent-

errneneutik ist die Geisterfahrung, die zum Ausgleich von Ernst und lichten Eintragungen beschließen die Edition,

^ütc Gottes im Handeln der Auserwählten gegen die Gottlosen führt. Ein Stück der Wirkung Luthers auf die deutsche Literatur behandelt

en z.eitgenössischen Kontext für dieses Verständnis der Schrift sieht Gotthold Müller unter dem Thema „Der junge Goethe über Martin

c"Warz einerseits in der Polemik Müntzers gegen eine erasmianisch Luther und die Reformation" (S. 130-145). Er hebt einerseits die

gefärbte Hermeneutik bei Johannes Sylvius Egranus, andererseits - große Wirkung von Luthers Bibelübersetzung auf Goethe, anderer-

Mer Aufnahme bereits früher angedeuteter ähnlicher Zusammen- seits den erheblichen sachlichen Abstand zwischen dem jungen

angc- in durch Nikolaus Storch vermittelten taboritischen Traditio- Goethe und Luther hervor.

nen- Ein Nachruf eröffnet den Band: Michael Plathow würdigt den am

-Beobachtungen und Fragen zu Thomas Müntzers Gefangen- 26. Oktober 1987 verstorbenen Heidelberger Systematiker Albrecht

^haftsaussagen 1525" trägt Eike Wolgast vor (S. 26-50). Er behan- Peters, der für die Lutherforschung viel bedeutet hat.

' eine Reihe von quellen- und traditionskritischen Problemen. Der Rezensionsteil, der u.a. eine ausführliche kritische Würdigung

orr>rnt u a zu cjnem Stemma des überlieferten Verhörprotokolls, des 2. und 3. Bandes von Martin Brechts Lutherbiographie durch

Un,ersucht die Intention sowohl des Verhörs als auch seiner Druck- Kurt-Victor Selge enthält, und die wiederum mehr als 1000 Titel um-

Veröffentlichung und hält es im Blick auf das sog. Bekenntnis Münt- fassende Lutherbibliographie beschließen den Band.

^ers eher für „erstaunlich, daß dieses Sammelsurium durch den Druck j^. . ErnstKoch
^breitet wurde" (S. 40). Was Müntzers Brief an die Mühlhäuser vom

■ Mai 1525 betrifft, das letzte Stück seines Briefwechsels überhaupt,

?eigt Wolgast zu der Auffassung, daß er die Adressaten nie erreicht [Deissler, Alfons:] Der Weg zum Menschen. Zur philosophischen und

Wolgasts Ergebnis lautet, „daß die Zeugnisse über die Gefangen- theologischen Anthropologie. Für Alfons Deissler. Hg. von R. Mo-

^haftsaussagen Müntzers eine durchaus brauchbare Quelle darstel- sis u- L- RuPPcrt. Freiburg-Basel-Wien: Herder 1989. X, 344 S„

.^n- Etwaige Veränderungen der Diktion und des Tenors halten sich 1 Porträt gr. 8 geb. DM 58,-.

solchen Grenzen, daß die Texte und Nachrichten, kritisch über- Dem u. a. durch seine Kommentare zum Zwölfprophetenbuch weit

t, durchaus verläßlich sind" (S. 50). über die Fachwelt hinaus wirkenden Alttestamentier Alfons Deiss-

wei weitere Beiträge befassen sich unmittelbar mit Texten ler haben Kollegen, Schüler und Freunde zum 75. Geburtstag eine

lieh ^art'n brecht: „Zum Problem der Identifizierung nament- stattliche Festschrift überreicht. Die Beiträge sind durchweg an das

^ n'cht gekennzeichneter Lutherschriften" (S. 51-58) erhärtet in Rahmenthema der philosophischen und theologischen Anthropo-

-j.rAntwort auf die Einwände von Markus Wriedt (LuJ 54, 1987, vgl. logie gebunden. Sie berücksichtigen damit ein Grundanliegen des

"2, 1987. 882) seine Auffassung von Luthers Autorschal) für Jubilars, dem in seinen exegetischen und theologischen Arbeiten

ai r-M'3c"us auro praestantior (1523). Er tut das unter Hinweis auf die Relation der alttestamentlichen Botschaft von Gott zu Welt und

ein t ° ',ara"c'° B'oelzitatkombinationcn und theologische Über- Mensch besonders am Herzen liegt. Den Band eröffnet eine kurze

gl . t^mungen in zweifelsfrei von Lutherstammenden Schriften der Würdigung A. Deisslers durch die Herausgeber nebst einer umfang-

e'chen Zeit und auf die nach wie vor festgehaltene Parallelität zum reichen Tabula gratulatoria (1-11). Die Bibliographie des Jubilars