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Ausgabe:

1990

Spalte:

72-73

Kategorie:

Interkulturelle Theologie, Missionswissenschaft

Titel/Untertitel:

The Church in response to human need 1990

Rezensent:

Moritzen, Niels-Peter

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Theologische Literaturzeitung 115. Jahrgang 1990 Nr. 1

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bzw. nach einem zu knappen und ergänzungsbedürftigen Abschnitt
über die kirchliche Parteienbildung im 19. Jh. (S. 80-82) nach systematischen
Gesichtspunkten zusammenzufassen. Der dritte Teil widmet
sich der Neugestaltung des Wahlrechts nach dem Ende des landesherrlichen
Kirchenregiments und unter den Bedingungen des
staatskirchenpolitischen Programms von Weimar („hinkende Trennung
"). Dabei werden die reformierte Kirchenverfassung und die
parlamentarische Staatsverfassung als Vorbilder für die neue Landessynode
herausgestellt (S. 108ff).

Teil IV behandelt den Kirchenkampf („Scheitern und Zerstörung
des kirchlichen Wahlrechts im kirchenfeindlichen Staat"), insbesondere
die beiden Reichsbekenntnissynoden in Barmen und Dahlem
und die Tätigkeit der Kirchenausschüsse, Teil V bilanziert die Bedeutung
des Kirchenkampfes für die evangelische Kirchenrechtslehre,
um auf dieser Folie dann die Neuordnung des synodalen Wahlrechts
nach 1945 und die Reformbestrebungen in den 60er Jahren einander
gegenüberzustellen.

Der sechste Teil stellt das gegenwärtige Wahlrecht zur Landessynode
dar, wobei der Vf. den Schwerpunkt auf die Württembergische
Landeskirche und das System der Urwahl legt (S. 218-252), nachdem
er zuvor das System der „mittelbaren Wahl" an Hand der Landeskirchen
Baden, Rheinland und Braunschweig mehr kursorisch entfaltet
hat (S. 211 ff). Auch hier bemüht sich die Arbeit deutlich um die
rechtstheologischen Grundlagen, fragt nach Wesen und Aufgabe von
Synode und Wahlhandlung, akzentuiert den Zusammenhang mit dem
evangelischen Kirchen- und Kirchenrechtsbegriff (S. 223IT), insbesondere
mit der Kirchenzucht. Breiten Raum nimmt die Wahlreformdiskussion
in Württemberg ein, die nach Absicht des Oberkirchenrates
und des synodalen Rechtsausschusses unter Vorsitz von Prof. Martin
Heckel/Tübingen zum System der mittelbaren Wahl hätte führen
sollen, wäre nicht die Mehrheit der Synode 1964 für das Beibehalten
der Urwahl eingetreten - unter anderem mit dem Argument, die Urwahl
sei „Ausdruck der Mündigkeit des Gemeindegliedes, das zur
eigenen Entscheidungsfindung aufgefordert wird" (S. 241).

Eine allgemeine Zusammenfassung versucht dann abschließend,
das Wahlrecht aller deutschen Landeskirchen nach systematischen
Richtlinien zu bündeln (S. 253ff). Die Schlußbemerkung setzt nochmals
einen kräftigen rechtstheologischen Akzent zugunsten der Eigenständigkeit
allen kirchlichen Rechts, die der Vf. dort bedroht sieht,
„wo in den äußeren Formen kirchlichen Rechts nicht mehr kirchlich,
sondern säkular staatsrechtlich und staatspolitisch gedacht und gehandelt
wird" (S. 2690-

Die Stärke der Arbeit liegt in ihrer überzeugenden rechtstheologischen
Ausrichtung, vielleicht kommen die historischen Elemente
etwas zu kurz; das betrifft sicher die Kirchenreform um die Mitte des
19. Jh., wie sie von den „Lichtfreunden" (Köthener Kirchenverfassungsentwurf
1848) propagiert wurde.

Für die Theologie insgesamt aber hat sich jedenfalls der Vf. als
ernst zu nehmender Gesprächspartner ausgewiesen.

Wien Karl Schwarz

Legrand, Herve, Manzanares, Julio, A. Garcia y Garcia: Les Conferences
episcopales. Theologie, Statut canonique, avenir. Actes du
Colloque international de Salamanque (3-8janvier 1988). Paris:
Cerf 1988. 530 S. 8"=CogitatioFidei, 149. ffr 175.-.

Die allgemeine Einführung von Bischofskonferenzen in der römisch
-katholischen Kirche gehörte zu den Beschlüssen des Zweiten
Vatikanischen Konzils1, denen man mit den größten Hoffnungen entgegensah
; hoffte man doch in der durch sie sichtbar werdenden kollegialen
Einheit der Bischöfe ein wirksames Gegengewicht zu dem
Zentralismus der römischen Kurie zu finden. Nachdem der neue
Codex Iuris Canonici Johannes Pauls II. 1983 ihre Rechtsstellung sowohl
in einem besonderen Kapitel2 wie auch in einer Anzahl verstreuter
Einzelbezugnahmen3 geregelt hatte, regten mehrere Bischofssynoden
eine nähere Klärung von Theologie und Rechtsstellung der
Bischofskonferenzen an. Das führte zu einer unter dem Patronat
hochberühmter kath. theologischer Fakultäten im Januar 1988 abgehaltenen
internationalen Tagung in Salamanca, deren Referate und
Korreferate der anzuzeigende Band in französischer Sprache dokumentiert
.

Unter den 28 Fachbeiträgen verdienen besondere Aufmerksamkeit
die Referate von R. Sobanski, Warschau, über Theologie und juristischen
Status der Bischofskonferenzen nach dem Zweiten Vatikanischen
Konzil (S. 99ff) sowie die kanonistischen Beiträge von Hubert
Müller, Bonn (S. 155fO,und Peter Krämer, Eichstätt (S. 185fO. Letzterer
beendet sein Referat über die Bischofskonferenz und den Apostolischen
Stuhl mit dem Bonmot, nach dem zuvor Ausgeführten
ließe sich ein Artikel zu dem Thema schreiben: „Über die Schwierigkeiten
, welche die Bischofskonferenzen bei der Handhabung des
Codex des kanonischen Rechtes durchzumachen haben" (S. 199). Das
nimmt nicht wunder, wenn man bedenkt, wie wenig die Gehörsrechte
der Bischofskonferenzen bei Bischofsbesetzungen gemäß can. 377 §§ 2
u. 3 CIC/1983 gegen die derzeitige Kette von durch die höchste römische
Autorität durchgedrückten und immer neue Diözesen belastenden
Bischofsernennungen ausrichten.

Karlsruhe Albert Stein

' Lumen Gentium 23. Christus Dominus 38.
2 II,3,4;can.447-459.

' Zusammenstellung bei Listl. J., in ders. [Hg.], Handbuch des kath. Kirchenrechts
, Regensburg 1983, S. 314-320.

Ökumenik: Missionswissenschaft

Samuel, Vinay, and Christopher Sugden [Ed.]: The Church in Response
to Human Need. Grand Rapids, MI: Eerdmans; Oxford:
Regnum Books 1987. XII, 268 S. 8°. Kart. £ 7.95.

Ein Berichtsband einer Konsultation 1983 mit 15 Teilnehmerbeiträgen
und einer gemeinsamen Erklärung repräsentiert, wie die evan-
gelikale Missions-Tradition seit ihrer Konstituierung 1974 beim Kongreß
für Weltevangelisation sich zur Frage der sozialen Verantwortung
und Wcltgestaltung stellt, nämlich sehr viel positiver, als es die
Diskussionen erkennen ließen, die vor der vollen Lösung von der Diskussion
im Ökumenischen Rat der Kirchen abliefen. Man trifft viele
der Beobachtungen und Argumente wieder, jetzt aber im evangeli-
kalen Kontext einer entschlossenen Bibeltreue. Die Autoren sind
Fachleute, die zugunsten oder in (7) der Dritten Welt arbeiten und
lehren.

Die Wahrnehmung der Gegenwart und ihrer Nöte erfolgt in vielerlei
Formen: Pragmatische Bereitschaft, von Christen in der Dritten
Welt und aus Erfahrungen zu lernen; die Lehren der Kulturanthropologie
und Ausschnitte aus der säkularen Diskussion z. B. Depen-
denz-Theorie. Dabei ist die Grundvorstellung immer noch sehr US-
amerikanisch: Man kann Entscheidendes bewirken, also tun, und dabei
ist die grenz-überschreitende Organisation, die dann mit Kirchen
/Gemeinden arbeitet, der Regelfall, von dem aus und für den
gedacht wird.

Vielleicht noch interessanter als diese vielfältige Art der Wahrnehmung
und Verarbeitung (und die Bereitschaft, sie zuzulassen) sind die
verschiedenen theologischen Gedanken, mit denen man eine ganz-
heitliche Beauftragung der Kirche, die also über die Evangelisation
hinausgreift, begründen will. Auch hier findet man mehr als eine
Sicht; manche Gedanken, die ähnlich in der ökumenischen Diskussion
aufgetaucht sind: der Ansatz beim irdischen Jesus, der starke
Rückgriff auf das Alte Testament, Tendenzen, den Kontext stärker zu
berücksichtigen. Aber es gibt auch originelle Beobachtungen, die etwa
vom Jubeljahr im AT ausgehen; von der Eschatologie und ihren irdischen
Verheißungsaussagen (z. B. „jeder unter seinem Weinstock und