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Ausgabe: | 1990 |
Spalte: | 920 |
Kategorie: | Kirchenrecht |
Autor/Hrsg.: | Reinhard, Heinrich J. F. |
Titel/Untertitel: | Die kirchliche Trauung 1990 |
Rezensent: | Stein, Albert |
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Theologische Literaturzeitung 1 15. Jahrgang 1990 Nr. 12
920
schatts- und Theologiegeschichte im Biologieunterricht der Klasse 10 (Die
Christenlehre 42, 1989,270-273).
Kaufmann. Hans Bernhard: Die katholische Katechese-Konzeption als
Beitrag zur Gemeindepädagogik (PTh 78. 1989.518-524).
Neidhart. Walter: Zur Theologie und Praxis der Konfirmation (Die Christenlehre
42, 1989, 165-170).
Nipkow. Karl Ernst: Religionspädagogik ohne Kirchenbezug? Gemeinde-
aufbau ohne Pädagogik? (PTh 78, 1989,486-494).
Schlüter. Richard: Wider die „Tradierungskrise des Glaubens" - eine
Herausforderung für den Religionsunterricht (ThGI 79, 1989,114-129).
Kirchenrecht
Frisch, Helga: „Wilde Khe" mit kirchlichem Segen? Gütersloh: Mohn
1990. 193 S. 8" Kart. DM24,80.
Helga Frisch, Pastorin in Westberlin, tritt seit Jahren dafür ein, alternative
Partnerschaftsformen neben der traditionellen Ehe in Kirche und
Gesellschaft gleichberechtigt anzuerkennen. Nach ihrem Buch „Ehe?
Eine Pastorin plädiert für neue Formen der Partnerschaft" (Frankfurt
1983) äußert sie sich nun ein zweites Mal zu diesem aktuellen und
durchaus heißen Thema.
In dem neuen Buch geht es ihr besonders darum, auch den nichtehelichen
Lebensgemeinschaften das Angebot einer kirchlichen Segenshandlung
zuzugestehen. Sie denkt dabei an Paare, die „sehr bewußt in
einer kirchlichen Feier ihr Bekenntnis zueinander mit einem gemeinsamen
Bekenntnis zu Gott verbinden wollen und auch die von ihnen gewählte
Lebensform christlich begründen". Dabei gehöre auch die „Verbindlichkeit
ihrer persönlichen Beziehung" (71) zu den Voraussetzungen
, die solch eine Segenshandlung möglich machen. Das meist gegen
solche Segenshandlungen vorgebrachte rechtliche Bedenken, wonach
die standesamtliche Eheschließung dem kirchlichen Handeln vorauszugehen
habe, überzeugt sie-zu Recht-nicht.
Die Vfn. stellt einzelne Paare - mit unverheirateten, geschiedenen
bzw. verwitweten Partnern - vor, die sie selbst begleitet und eingesegnet
hat (71-131). Das sind zumeist sehr berührende Geschichten, wenn
auch darin die überwiegend negative Beschreibung der Eheerfahrungen
im Gegensatz zu den meist recht idealen nichtehelichen Partnerschafts-
formen gelegentlich stutzig macht.
Aber solche Einseitigkeiten gehören zum Engagement der Vfn. Sie
scheut keine Mühe, kulturgeschichtliche, biblische, soziologische, seelsorgerliche
und rechtliche Argumente zusammenzutragen, um ihre Position
zu untermauern. Der Leser wird fast ers'chlagen durch eine Fülle
von Material, aber auch überrascht durch die vielen neuen Perspektiven
, die sich ihm hier eröffnen. Das macht die Lektüre auf alle Fälle lohnend
.
Die in dem Buch vertretene Grundhaltung ist ausgesprochen ehekritisch
. Der Abriß einer „häufig skandalösen Geschichte der Ehe" (69)
wird als eine „Chronik der Mißverständnisse" dargelegt (17-70). Nachdem
in der Antike und auch im ersten Jahrtausend im C hristentum
durchaus freie Partnerschaftsformen (Konkubinat, Friedelehe) akzeptiert
waren, wurde dann in der mittelalterlichen Kirche die institutionelle
, vor dem Priester geschlossene Ehe zur allein rechtmäßigen Form
der Geschlechtsgemeinschaft erhoben. Auch die Reformation habe hier
trotz der Ablehnung des sakramentalen Charakters der Ehe keine
durchgreifende Wandlung gebracht. Die Ehe habe sich, so resümiert die
Vfn., in ihrer Geschichte vornehmlich als ein patriarchalisches Instrument
der Unterdrückung von Frauen erwiesen (vgl. 68 f).
Manchmal neigt die Vfn., wie gesagt, dazu, gegenüber den oft bedrückenden
Eheerfahrungen die „wilden Ehen" zu idealisieren. Das
überzeugt nicht immer. Wenn die Vfn. am Schluß anhand von zwei
Todesanzeigen das besitzorientierte Eheverständnis einem freien, offenen
Partnerverhältnis der nichtehelichen Lebensgemeinschaft gegenüberstellt
, ist man ob dieser Interpretation doch ein wenig ratlos
(1730.
So sehr man auch mit der Vfn. einer Meinung sein kann, daß die
Diskriminierung und Benachteiligung nichtehelichcr Lebensformen
in Kirche und Staat überwunden werden müssen, und so einleuchtend
es erscheint, auch für sie eine kirchliche Segenshandlung zu ermöglichen
, so ist doch diesem Anliegen kein guter Dienst erwiesen, wenn
es mit einer so radikalkritischcn Eheauffässung vorgebracht wird. Der
herkömmlichen Ehe wird olfensichtlich nur eine geringe Chance eingeräumt
. Es wäre aber doch gerade für ihr Wachstum und ihre
Erneuerung unendlich viel zu tun. Vielleicht bestreitet das die Vfn. ja
auch gar nicht, aber für den Leser bleibt die Ehekritik der beherrschende
Eindruck.
Die Notwendigkeit ihres Engagements bleibt unbestritten. Die
empirische Tatsache, daß die Ehe ihre absolute „Monopolstellung"
als die Partnerschaftsform verloren hat, ist ebenso eindeutig wie die
„explosionsartig(e)" Zunahme nichtehelicher Lebensgemeinschaften
in den meisten europäischen Ländern (vgl. 8). Es macht schon nachdenklich
, wenn die Vfn. schreibt: „Es kann meiner Meinung nach nur
zu einer Entfremdung vieler Menschen von der Kirche führen, wenn
in beiden Konfessionen die bürgerliche Ehe als die einzige für Christen
mögliche Lebensform dargestellt wird." (70)
Keiner, der sich ernsthaft und sachkundig an der Diskussion um die
angemessene Partnerschaftsform beteiligen möchte, wird darum an
den Argumenten dieses Buches achtlos vorbeisehen dürfen.
Leipzig Jürgen Ziemer
Sebott, Reinhold: Das neue kirchliche Kherecht. 2., völlig neu bearb.
Aufl. Frankfurt/M.: Knecht 1990. 295 S. 8°. Kart. DM 36,-.
Reinhard, Heinrich J. F. Die kirchliche Trauung. Ehevorbereitung.
Trauung und Registrierung der Eheschließung im Bereich der
Deutschen Bischofskonferenz. Texte und Kommentar. Essen: Lud-
gerus 1990. 182 S. = Münsterischer Kommentar zum Codex Iuris
Canonici, Beiheft 3.
Der bereits in der ersten Auflage von 1983 zustimmend besprochene1
Kommentar von Scholl liegt nunmehr in einer Neuauflage vor,
die ihn zu einem besonders empfehlenswerten Hilfsmittel für wissenschaftliche
wie praktisch abgezweckte Orientierung macht. Der
Umfang ist, nicht zuletzt für den Bereich des Rechtes der konfessionsverschiedenen
und daher, jedenfalls der Chance nach, konfessionsver-
bindenden Ehe (auf diesen im Gegensatz zum CIC bei uns gebräuchlichen
Ausdruck verweist der Vf. auf Seite 196, Anm. I) beträchtlich
erweitert, die Brauchbarkeit durch vermehrte Register und Beigaben
verbessert worden.
Leider konnte die laut Vorwort im September 1989 abgeschlossene
Neubearbeitung nicht mehr die erst ab Spätherbst 1989 in den
deutschen Diözesen publizierten Partikularnormen der Deutschen
Bischofskonferenz und der Diözesanbischöfe berücksichtigen.
Hier bringt Reinhardt das amtliche Material und einen gründlichen
Kommentar. Für die praktisch wichtigste Frage der Pflicht des katholischen
Teils im Blick auf die Erziehung der Kinder betont die in dem
Band wiedergegebene amtliche „Anmerkungstafel" zum Ehevorberei-
tungsprotokoll: „Der Katholik kann die Taufe und Erziehung seiner
Kinder in einer nichtkatholischen Kirche nur dann zulassen, wenn trotz
ernsten Bemühens eine katholische Erziehung nicht erreicht werden
kann"; seine Verpflichtung besteht darin, „das in der konkreten Situation
nach bestem Wissen und Gewissen Mögliche zu tun" (25 u. 107).
Reinhardt folgert daraus mit Recht, daß der katholische Teil dieses (nur
von ihm) geforderte Versprechen auch in dem Fall der trotz, ernsten Bemühens
unerreichbar erseheinenden katholischen Erziehung abgeben
kann, weil seine Verpflichtung dann einen anderen Inhalt erhält, nämlich
den Kindern durch seine Lebensführung den katholischen Glauben nahezubringen
und sich religiös fortzubilden, um ein fruchtbares Glaubensgespräch
führen und Fragen der Kinder beantworten zu können (107f).
Karlsruhe Albert Stein
ThLZ 109. 19X4,794.