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Ausgabe:

1990

Spalte:

855-856

Kategorie:

Kirchenrecht

Autor/Hrsg.:

Benz, Michael

Titel/Untertitel:

Die Personalprälatur 1990

Rezensent:

Stein, Albert

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung I 15. Jahrgang 1990 Nr. 1 1

856

Der II. Hauptteil entfaltet - die These und das leitende Interesse des
Autors begründend - nach dem ..Sitz im Leben" von Rahners theologischem
Denken sein Offenbarungsverständnis im transzendental-
theologischen Zusammenhang (S. 278-539) und die daraus folgende
Ekklesiologie (S. 540-779): eine knappe kritische Würdigung und ein
kurzer Ausblick (S. 780-794) beschließen die Arbeit. Für die These
und das leitende Interesse des Vf. sind besonders wichtig die transzendentaltheologischen
Entfaltungen zu ..Erkenntnis und Freiheit"
(S. 294ff) und zu „Gottes- und Nächstenliebe" (S. 31417); sie stellen
den Begründungszusammenhang für den Primat der Orthopraxic dar
oder der ..Ildes qua" vor der „Ildes quae"; sie münden in die Theorie
des „anonymen Christen" (S. 506IT), die der Vf. als höchst umstrittene
breiter diskutiert (S. 5l3ff). Die offenbarungstheologischen Überlegungen
konkretisieren sich in Rahners doppeltem Kirchenbegriff
(S. 54011"): dem universalen und dem institutionellen. Die verschiedenen
dogmatischen, pastoraltheologischen, ökumenischen und gesellschaftskritischen
Aspekte Rahnerscher Ekklesiologie werden hier
bedacht.

So läßt sich eine Konsistenz zwischen Oflenbarungsverständnis und
Ekklesiologie bei K. Rahner festhalten (S. 78011). Andererseits übt der
Vf. Kritik an Rahner: K. Rahner entwickele „inhaltlich nur eine
Ekklesiologie der institutionellen Kirche und läßt eine material
durchgeführte Ekklesiologie der universalen Kirche fast vollständig
vermissen" (S. 783); das aber wäre nach Ansicht des Autors von
Rahners Offenbarungsverständnis her möglich (S. 783 Anm. 10).
Diese Kritik verbindet sich mit der eigenen Option des Vf., die er
genauer anzeigen müßte, um nicht zu höchst mißverständlichen, ja.
theologisch falschen Folgerungen, die Rahner zu vermeiden versucht,
zu gelangen. Dem Postulat eines einschneidenden Strukturwandels
der Kirche ist mit Rahner zuzustimmen.

So ist die - zweifellos zu lang geratene - Arbeit auch für evangelische
Theologen anregend; allerdings wäre die Einbeziehung evangelischer
Literatur zu K. Rahncr (abgesehen von H. Grass und E. Jüngel
S. 531 Anm. 1022 und S. 235 Anm. 2) doch wünschenswert. Für das
ökumenische Gespräch, das sich in Zukunft dem Thema „Kirche"
verstärkt zuwenden muß, kann die Theologie K. Rahners mit der in
diesem Buch vorgetragenen These und dem auch evangelischerseits
höchst anfechtbaren „leitenden Interesse" gewiß Impulse vermitteln,
die zum Weiterdenken anregen.

Heidelberg M.PIathow

Kirchenrecht

Benz, Michael: Die Personalprälatur. Entstehung und Entwicklung
einer neuen Rechtsfigur vom Zweiten Vatikanischen Konzil bis
zum Codex von 1983. St. Ottilien: EOS Verlag 1988. 139 S. 8* =
Dissertationen. Kanonistische Reihe, 1. Kart. DM 28,-.

Die anzuzeigende kath. theologische Münchener Dissertation eröffnet
eine neue Reihe, die von den prominenten Kanonisten Winfried
Aymanns. Karl-Theodor Geringer und Heribert Schmitz herausgegeben
wird. Ihr interessantes Thema und dessen gründliche Bearbeitung
setzen einen guten Maßstab.

Personalprälaturen sind auf Grund einer Äußerung des Zweiten
Vatikanischen Konzils durch das nachkonziliare Recht der römischkatholischen
Kirche erstmals eingeführt worden. Sie sind eine Sonderform
der Ausübung kirchlicher Leitungsgewalt, die in der Regel unter
dem Papst den Diözesanbischöfen anvertraut ist. Im Bistum ist die
personale Gemeinschaft der Kirche grundsätzlich territorial gegliedert
. Ausnahmen hat es schon früher gegeben, beispielsweise haben
die höheren Oberen der Ordensgemeinschaften päpstlichen Rechtes
ordentliche kirchliche Leitungsgewalt, so daß ihre Gemeinschaft zum
Zwecke einer einheitlichen geistlichen Leitung gegenüber dem Ortsbischof
der jeweiligen Ordensniederlassung eine Exemtion unterschiedlich
geordneten Umlänges genießt. Demgegenüber soll die Personalprälatur
als ein besonderer, aus Klerikern bestehender Zweckverband
in einer gewissen Unabhängigkeit von der ordentlichen
Territorialabgrenzung der Diözesen besondere seelsorgerliche und
missionarische Unternehmungen fördern und eine angemessene Verteilung
der Priester herbeiführen. Der die Personalprälatur leitende
Prälat hat deshalb in bezug auf die zugehörigen Priester und Diakone
bestimmte, sonst dem Territorialbischof vorbehaltene Rechte: er
kann Seminare errichten. Alumnen aufnehmen und zu den Weihen
führen, denen er auch nach den Weihen geistliche Betreuung und
Unterhalt gewährt. Auch Laien können an den Aufgaben der
Personalprälatur mitarbeiten. Einzelheiten regeln die vom Apostolischen
Stuhl jeweils zu erlassenden Statuten1.

Die anzuzeigende Dissertation untersucht die einschlägigen kirchenrechtlichen
Vorschriften und zieht zu ihrem besseren Verständnis
ausführlich die Vorgeschichte der geltenden Regelung des Codex
heran. Den Anläng bildet die Schilderung der „Mission de France",
die 1941 von der Versammlung der französischen Kardinäle und Erz-
bischöfe begründet wurde, um entsprechend dem Vorbild der Mission
unter NichtChristen der weitgehenden Entchristlichung bestimmter
Ciebiete in Frankreich zu begegnen. Damit zeigt sich die eine der
Möglichkeiten des Rechtsinstitutes der Personalprälatur, durch einen
interdiözesanen Kräfteausgleich Zeiten des Priestcrmangels entgegenzuwirken
und volksmissionarisch geschulte Geistliche heranzubilden,
ohne dabei die herkömmlichen Priesterseminare heranziehen zu müssen
, aber auch ohne von den Alumnen den Eintritt in eine verbindliche
Ordensgemeinschaft zu verlangen. Die Zusammenarbeit
zwischen dem den Einsatz geistlich leitenden Prälaten und dem für
die Tätigkeit der Eingesetzten die Jurisdiktionsgewalt ausübenden
Ortsbischof braucht dann nicht zum Problem zu werden."

Eine andere Grenzmöglichkeit der Personalprälatur ergibt sich
dann, wenn diese statt eines bloßen Kräfteausgleichs in einem
umschriebenen Bereiche eine eigenständige Spiritualität anstrebt
und dabei Geistliche wie auch Laien mitgliedschaftlich zusammenfassen
will. So steht es mit der „Personalprälatur vom Heiligen Kreuz
und Opus Dci". die zunächst als Säkularinstitut gegründet worden
war und 1982 als erste Institution zur Personalprälatur erklärt wurde.'
Dem Vf. der anzuzeigenden Dissertation ist nicht übelzunehmen, daß
er die damit verbundene Problematik nur angedeutet und nicht zu
einem Teilthema seiner Untersuchung erhoben hat4. An geeigneter
Stelle hat Heribert Schmitz^ seine Bedenken nicht nur dazu geäußert,
daß Wesen und Struktur des Opus Dci der Rechtsform einer Personalprälatur
nicht entspricht, sondern auch auf die Gefahren ihrer Ausdehnung
auf andere Verbände oder Bewegungen hingewiesen. Der
schismatische Ausgang des „Falles Lefebvrc"'' hat die Berechtigung
dieser Warnung nachträglich aufgezeigt, zum Glück ohne daß zuvor
seiner das Zweite Vatikanum ablehnenden Bewegung der Status einer
Personalprälatur verliehen wurde.

Karlsruhe Albert Stein

' Vgl. dazu Benz, M.. S. 33-41 mit Einzelhinweisen.

' Benz a. a. O., S. 6211': nun auch Roggcndorf, J. : Rechtliche Gestaltung der
Personalprälaturen, in: Üsterr. Archiv f. Kirchen recht, 37,1988, 7 IT.

1 Vgl. Schmitz. H.. bei Listl. J. u.a.. Handbuch des Kath. Kirchenrechts,
Regensburg 1983, S. 528 f.

4 Benza. a. O..S. 20f.

' A.a.O.,Anm. 3.S. 529.

h Vgl. dazu Motuproprio Papst Johannes Paul II. Ecclcsia Dci v. 2. 7. X8.
ABI. Erzdiözese Freiburg Nr. 113. 1988. S. 407f. weiter Herder-Korrespondenz
42. 1988.404f.