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Ausgabe:

1990

Spalte:

846

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Albrecht, Renate

Titel/Untertitel:

Schlüssel zum Werk von Paul Tillich 1990

Rezensent:

Sturm, Erdmann

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung I 15. Jahrgang 1990 Nr. I I

846

ken der coincidentia oppositorum in seiner Abendmahlslehre auf- ' & Wollgast: Philosophie in Deutschland zwischen Reformation und Auf-

or„ ft l u x, i /- u a j„ n,™,«^!, klärung 1550-1650. Berlin 1988. Übrigens sollte vi. die lutherischen Bckennt-

greilt, sondern wie auch neben Kymcus J. Gerhard oder Flacius sich * . . ... . „„u nslll . ,

.... ' ., ,, , , , .■ nisschnltcn nicht nach der Ausgabe von Kolde (191 i) zitieren, sondern nach

mit Ihm beschäftigen und die CA NvK nennt. Und Luther hat - hier Kirchenausschusses ,1930 und spätere Auf.

mit ihm beschäftigen und die CA NvK nennt. Und Luther nal - mer ^ ^ ^ Ev Kirchcnausschusscs ,,„„ und spä,ere Aufbin
ich für Hinweise auch H.-U. Delius dankbar - mindestens an vier |f| .
Stellen NvK namentlich erwähnt. Vf. nennt nur zwei.

Das 3. Kap. behandelt „Nicolaus Cusanus und die frühneuzeitliche
Rekonstruktion der prisca sapienta" (123-189). Hier stellt Vf. NvK in

den Zusammenhang mit der der Renaissancephilosophie eigenen Systematische Theologie: Allgemeines

Zuwendung zur Antike aus Faszination am Geheimnisvollen. Es geht
'hm um die ..umfangreichc(n) Rezeption dercusanischen figura para-

digmatica durch die hermetisch-neuplatonische Tradition, sei es zur Albrecht. Renate, u. Werner Schüssler: Schlüssel zum Werk von Paul
Rekonstruktion der prisca sapientia, sei es zur systematischen Weiter- Tillich. Textgeschichte und Bibliographie sowie Register zu den
Entwicklung der in dieser angelegten ontotheologischen Postition" Gesammelten Werken 2 neubearb. u. erw. AufL^Berlin - New
ii,„„ , * _ . . u -u u.K«flunvm York: de Gruyter 1990. 343 S. 8 = Gesammelte Werke, 14. geb.
< 1691). In diesem Zusammenhang ist manches über den LinllulJ von 88 -

NvK auf V. Weigel. G. Bruno und Leibniz zu erfahren. Man wünscht

sieh das Kapitel freilich gegliederter. Nachdem Band XIV der „Gesammelten Werke" Paul Tillichs

Das 4. Kap. behandelt „Cusanus und die copernikanische Wende" ( Rcgister Bibliographie und Textgeschichte zu den Gesammelten

('90-21 I). Vf. möchte diese Wende nicht mit den kosmologischen ^,crkcn von Pau| Tillich", Stuttgart 1975) seit längerem vergriffen

Aussagen von De docta ignorantia II verbinden, obwohl NvK Köper- ^ jm Ver|ag Wa]ter de Gruyter eine Neubearbeitung dieses Tür

nikus nicht unbekannt war. NvK ging es ja nicht darum, einen Mittel- ^ Tillich-Studium wichtigen Bandes erschienen, übrigens weiterhin

Punkt der Welt gegen einen anderen auszutauschen, sondern darum ^ X)V ^ Gesammelten Werke", für die die Verlagsrechte

..Gott als Mittelpunkt und Umfang seiner Schöpfung zu erkennen" ^m Evangc|jscncn Verlagswerk Stuttgart zum Verlag de Gruyter

'206. vgl. 288). übergegangen waren und die fast vollständig vergriffen sind.

In Kap. 5 („Das unbegrenzte All und die Vielheit der Welten", Dcr Band enthält neben der ergänzten und aktualisierten Bibliogra-
212-341 (kommt Vf. aufdie das Mittelalter sehr beschäftigende Frage ^ Schriften, Aufsätze, Vorträge" Tillichs eine ausführliche
Zu sprechen, inwieweit Gott der Schöpfer vieler Welten sein könne. jCxtgeschichte. Sie ist darum wichtig, weil die Texte Tillichs wie die
v°r allem ist das Kap. aber dem cusanischen Einfluß auf Bruno kejnes anderen Theologen der Neuzeit übersetzt, überarbeitet,
gewidmet. Bei ihm sieht Vf. „eine tiefgreifende Übernahme und Assi-. zuriic)cübersetzt und dann vom Autor und anderen, vor allem von
milation von Prinzipien der cusanischen Metaphysik" (231). Vor Renate Albrecht, erneut überarbeitet worden sind. z.B. für die
■llem „De la causa, prineipioe uno" besitze eine starke Affinität zum Gesammelten Werke" (Stuttgart 1959-1975). Schon die 1. Aufl. des
Tnalogusde possest des NvK. die Schrift sei „das Zeugnis einer inten- gandes XIV natte eine solche Textgeschichte geboten. Gottfried Seemen
Rezeption cusanischer Philosophie" (272), durchgängig geprägt baß hatte am Beispiel des Aufsatzes „Philosophie und Schicksal" vier
v°n cusanischen Theoremen. Im Gegensatz zu Bruno prägen diese Textfessungen vorgelegt und dabei auf nicht unerhebliche Varianten
"'cht Keplers Schrifttum, der aber auch NvK schätzte („divinus mihi au|merksam gemacht. Diese Textgeschichte zu beachten ist für eine
Cusanus"). Wichtig bleibt, noch für uns heute!, daß dadurch, daß wissenschafthche Arbeit am Werk Tillichs unerläßlich. Der jetzt vor-
NvK den Kosmos theologisch zentrierte und nicht nur Geozentnk ge|cg(c Schlüssel" bietet nun über diese Textgeschichte hinaus auf
und Heliozentrik austauschte, der Weg frei war, „eine Vielzahl von ^ des im amerikanischen und deutschen Paul-Tillich-Archiv
Zentren und Patrialwelten zuzulassen" (296). Nach Kirchner, Reim- bc|-ind|jchen handschriftlichen Materials eine Vorgeschichte der Erst-
mann und Descartes hat der luth. Pastor A. Ehrenberg sich mit NvK drucke Das gjj, aucn für die vor Tillichs Emigration (1933) erschie-
Ur|d den Gedanken von mehralseinerbewohnten Welt befaßt. ngnen Texte $ie jst für jeden der in den „Gesammelten Werken"

°as 6. Kap. untersucht „Die neuzeitliche Transformation der abgcdruckten Texte dokumentiert. Erstmals wird aber auch über die

•docta ignorantia'" (342-370). Gerade der Gedanke von der Vielheit Entstehungsgeschichte der amerikanischen und deutschen Ausgabe

der Welten ist eine Anwendung des Gedankens von der docta ignoran- ^ „Systematischen Theologie" informiert. Man erfährt z. B„ daß

lla- daß nämlich der „überwiegende Teil der Schöpfung dem Tillich im Band III am Text der amerikanischen Ausgabe zahlreiche

"Anschlichen Erkennen entzogen" ist (342). Haben Augustin und und wcitgehcn[ie Korrekturen vorgenommen hat, die Tür die deutsche

Bonaventura den Begriff für die höchste Erkenntnis Gottes gebraucht. Ausgabe n0ch berücksichtigt wurden, und daß er gegen einen unver-

So wandelt sich der Gedanke seit NvK. Bei Calvin geht es um ein ändcrtcn Abdruck der amerikanischen Erstveröffentlichung protes-

••bewußtes Nichtwisscnwollen" (346). bei Hamann sind skeptische ^ ^ Dje nur z T durcn dje Zweisprachigkeit der Textfassungen

Gedanken zu finden (?). Jedenfalls ist der Begriff nicht mehr nur ^ erklärende verwickelte Textgeschichte macht somit den „Schlüs-

mvstisch besetzt und wird zunehmend sokratisch verstanden. Bei Des- ^ ^ einem unentbehrlichen Hilfsmittel für das Tillich-Studium.

cartes wird er eher zu einem Zeichen von Wissenschaftlichkeit, bei t-urdas(ien beiden Autoren und dem Verlag Dank zu sagen ist.
anderen (H. Voetius) Pflicht der Begrenzung des Wissensdranges. Beigefügt sind - wie in der 1. Aull. - ein Titclverzeichnis, bezogen

°as Verdienst des Vf. ist es. exemplarisch dargestellt zu haben, wie ^f ^ Bibliographie und die Gesammelten Werke, außerdem ein

tUsanischc Themen in den folgenden Jahrhunderten aufgenommen, nütz[iches Gesamtregister zu den Gesammelten Werken. Für das

^arbeitet oder auch verändert wurden. Hier werden nicht nur umfangrejche unveröffentlichte Material (Handschriften, Nachschrif-

licllauptungcn und Vermutungen genannt, wie das etwa bei S. Woll- ^ von Vorträgen und Vorlesungen, Tonbänder) verweisen die Hcr-

Bast noch der Fall ist.1 Auffallend bleibt, daß S. Franck nur einmal ausgcber lediglich auf „eine Computer-Liste" des amerikan. Paul-

"wähnt wird, hier wäre mehr zu finden gewesen. Tillich-Archivs. Demgegenüber war die I. Aufl. auskunftbereiter; die

Störend wirken manche, z. T. häufig verwandte Ausdrücke (desa- Ljs(e des jn Harvard und bei Peter H. John befindlichen unveröflent-

str°s,ridikülisierend). lichten Materials, hauptsächlich Vorlesungen, füllte neun Seiten

. Vf- ist schon ein bedeutsames Werk gelungen, das für die Rczep- (§ 2S6_2g4). Hier war wenigstens das wichtigste Material genannt.

tlonsgeschichtc des NvK wichtiges Material aufgearbeitet hat. Es ware zu wünschen, daß nach diesem „Schlüssel" zum Werk von

Leipzig/Freiber« Karl-Hermann Kandier Paul Tillich nun auch die schon länger vergriffenen „Gesammelten

Werke" erneut aufgelegt werden.

.... , Erdmann Sturm

Munster