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Ausgabe:

1990

Spalte:

832-833

Kategorie:

Kirchengeschichte: Neuzeit

Autor/Hrsg.:

Biemer, Günter

Titel/Untertitel:

John Henry Newman 1990

Rezensent:

Mann, Josef

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Seite 1, Seite 2

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Theologische Literaturzeitung 115. Jahrgang 1990 Nr. 11

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Eislebener Augustinerprior Caspar Güttel gewesen sein (172). Die
Route von Wittenberg in die Niederlande führte keinesfalls stets über
Bremen. Geldenhauers Reisestationen waren personbezogen (wie
seine Aufenthalte in Osnabrück (Gerhard Hecker), Celle (Gottschalk
Kruse) und Braunschweig (Hans Pelt) belegen.

Druckfehler: 1519 statt 1516 (117), Plattner statt Plettner (132,
271), Gerhard statt Heinrich Hecker (199 Anm. 13).

Berlin Siegfried Bräuer

Kirchengeschichte: Neuzeit

Dick, John A.: The Malines Conversations Revisited. Leuven:
University; Leuven: Peeters 1989. 278 S., 1 Taf. gr. 8° = Biblio-
theca Ephemeridum Theologicarum Lovaniensium, 85. Kart. BF
1.500.-.

Der Verfasser stammt aus England, aber er hat in Löwen studiert
und nun im vorgerückten Alter promoviert unter R. Boudeus. Er
stammt offenbar aus der anglokatholischen, d. h. hochkirchlichen
Tradition der anglikanischen Kirche, die ein besonderes Interesse an
Rom hat und einen besonderen Beitrag in der ökumenischen Bewegung
einbrachte.

Das Interesse an der Einheit mit den „historischen" Kirchen, d. h.
der Orthodoxie und der römisch-katholischen Kirche, lebt seit längerem
in der anglikanischen Kirche, und es wurde diese Frage auch ein
Ausdruck der Erneuerung ihres Selbstbewußtseins gegenüber dem
Staat.

Seit John Henry Newmans Konversion zur römisch-katholischen
Kirche (1845) steht die hochkirchliche Richtung der Anglikanischen
Kirche einer nun auch durch einzelne Konversionen wachsenden
römischen Kirche in England gegenüber. Die Hoffnung hochkirchlicher
Anglikaner richtete sich aber auf eine Einheit nicht durch einzelne
Konversionen, sondern auf „Union durch Convergence", also
einerseits eine Art Anerkennung dessen, was in der anglikanischen
Kirche an „apostolischer Kontinuität" lebte, andererseits eine
Zurückdrängung der mehr protestantischen Elemente, deren Extreme
als häretisch empfunden werden.

Diese Hoffnung wurde durch die Schreiben Leo des XIII. „ad
anglos" (1895) und „apostolicae curae" (1896) auf lange Zeit
zunichte gemacht; das zweite Schreiben erklärte die anglikanischen
Ämter als „absolutely null and void". Dies ist also die Vorgeschichte
der „Malines Conversations", denen die Studie gilt, im Buch bis S. 65
ausführlicher beschrieben. Die Gespräche in Maline (Belgien) (es gab
insgesamt fünf: 6.-8. 12. 1921; 14.-15. 3. 1922; 7. + 8. II. 1923;
19.+ 20. 5. 1925; II.+ 12. 10.1926) fänden unter Vorsitz von Cardinal
Mercier statt; sie galten als private Erkundungen; an ihnen
nahmen hochkirchliche Anglikaner und ökumenisch orientierte
Katholiken des Kontinents teil; sie kamen spätestens mit der
Enzyklika „mortalium animos" 1928 an ihr Ende, ebenso wie überhaupt
die direktere Teilnahme römisch-katholischer Vertreter an
ökumenischen Bestrebungen für ein Menschenalter.

Die Hauptarbeit besteht nun darin, diese fünf Gespräche aus
Maline an Hand ausführlicher Verwendung der inzwischen geöffneten
Archive vollständig darzustellen, eine nahezu kriminalistische Arbeit.
Denn diese Gespräche waren eigentlich fast gar nicht möglich im
Klima nach dem ersten Vatikanischen Konzil, nach „apostolicoe
curae" und dem Antimodernisteneid. Aber der Lambeth-Appeal von
1920 hatte von einer „regularization" der Ämter gesprochen, zu der
eine Art von Anerkennung gehört, die aber durch einen Schritt im
Prozeß der Vereinigung von Kirchen „regularisiert" werden könne.
Mit diesem Modell glaubte man nun doch eine corporative Union
diskutieren zu können.

Aber ganz wesentlich für die Geschichte dieser Gespräche sind
Persönlichkeiten, allen voran Lord Halifax von anglikanischer Seite
und sein Freund Abbe Portal von römisch-katholischer Seite. Die
erfreuliche Lehre dieser Studie ist es, wieviel einige Persönlichkeiten

ausrichten können, die mit der Ausdauer ihres Lebens und mit
persönlichen Qualitäten an einem positiven Ziel des Glaubens festhalten
.

Die unerfreuliche Lehre dieser Studie wird durch das Hin und Her,
vor allem in den Versuchen, Äußerungen des Papstes für die eigene
Sicht und Sache zu gewinnen, erbracht. Wer nicht schon eine Bereitschaft
zum Glauben an den Primat mitbringt - (anglikanische Verhandlungsteilnehmer
meinten, der Primat sei jure divino, aber nicht
juridisch zu fassen), der wird hier eher in seiner Skepsis bestätigt.

Insgesamt: Eine volle Ausleuchtung eines frühen Ereignisses in der
ökumenischen Bewegung, von großem Interesse für den Spezialisten,
sorgfältig im Detail; etliche ältere Darstellungen zu den Vorgängen
und Personen werden korrigiert. Aber zu speziell und nicht sehr ergiebig
für den, dem die Fülle der Namen nicht vertraut ist. Da hilft ein
biographischer Index, der auf 20 Seiten die wichtigsten 136 Persönlichkeiten
beschreibt. Ferner sind sieben Anhänge S. 193-232 hilfreich
, die die wesentlichen Dokumente vom Lambeth-Appell 1920
bis zu „Mortalium animos" 1928 bieten, von besonderem Wert.

Erlangen N. P. Moritzen

Biemer, Günter: John Henry Newman 1801-1890. Leben und Werk.
Mainz: Grünewald 1989. 202 S„ 11 Taf. 8'. Lw. DM 36,-.

Als am 11. August 1990 der 100. Todestag von Kardinal John
Henry Newman (1801-1890) begangen wurde, hat ihn nicht nur die
katholische Kirche Englands und die katholische Weltkirche geehrt,
sondern auch die anglikanische Kirche, aus der er kam, deren Erneuerung
er seinen Dienst als Priester und einer der Führer der Oxford-
Bewegung von 1833 geweiht hatte und die er 1845 verließ, weil er die
Fülle christlichen Glaubens in der im damaligen England unbedeutenden
römisch-katholischen Kirche verwirklicht sah. Newman
gehört heute der ganzen Christenheit, ja allen Menschen, die wie er
aufrichtig und ihrem Gewissen folgend den Weg suchen, den er in
seinem Grabspruch so beschreibt: Ex umbris et imaginibus in verita-
tem. Rechtzeitig vor Beginn des Jubiläumsjahres erschien diese
Biographie aus der Feder des im deutschen Sprachraum heute führenden
Newmanforschers Günter Biemer, Professorin Freiburg im Breisgau
und Promotor der letzten Internationalen Newman-Kongresse.

Der Titel „John Henry Newman 1801-1890. Leben und Werk"
deutet schon die Fülle und Spannungsbreite dessen an, was sich
Günter Biemer in diesem 200 Seiten starken Band vorgenommen hat.
Ein Leben, das fast das ganze 19. Jh. umspannt und Newman in Kontakt
und Auseinandersetzung mit vielen Personen, Zeitströmungen,
Gemeinschaften bringt, ein philosophisches, theologisches, pädagogisches
, geschichtliches und kerygmatisches Werk, dessen Druckausgabe
über 40 Bände umfaßt, wozu heute noch eine Ausgabe der
Bücher und Tagebücher von über 30 Bänden kommt.

Das Buch ist für einen breiteren Leserkreis bestimmt, ohne
Abstriche an der wissenschaftlichen Zuverlässigkeit zu machen.

Natürlich bringt das für den Vf. die Qual der Wahl mit sich, und
auch der Rezensent wünschte sich zusätzlich zu der großen Fülle des
Dargebotenen dieses und jenes im Detail, vor allem die Fundstellen
der für ihn schwerer zugänglichen Zitate. Das hätte wohl das Buch im
Hinblick auf den gewünschten breiteren Leserkreis überfrachtet, und
so stellt er seine Wünsche gern gegenüber diesem größeren Ziel
zurück. (Auch bei geistig und geistlich aufgeschlossenen Menschen ist
Newman heute wohl nicht mehr so bekannt wie in den Newman-
Renaissancen nach dem ersten und zweiten Weltkrieg.) Die Darstellung
folgt dem Lebensweg Newmans, den wir vielleicht einmal als
Heiligen der katholischen Kirche verehren können, von dem aber
schon bei seinem Tode die „Times" in einem Leitartikel schrieb: „Ob
Rom ihn heiligspricht oder nicht, er wird in den Gedanken der frommen
Leute vieler Glaubensbekenntnisse in England als Heiliger
gelten." In gekonnter und geglückter Weise ist die Darstellung der
wesentlichen Gedanken aus dem reichen literarischen Werk