Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1990

Spalte:

823-824

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Titel/Untertitel:

Ostmitteleuropas Bekenntnisschriften der evangelischen Kirchen A. und H.B. des Reformationszeitalters 1990

Rezensent:

Koch, Ernst

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

823

Theologische Literaturzeitung 115. Jahrgang 1990 Nr. 1 1

824

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Barton, Peter F., u. Läszlö Makkai [Hg.] unter Mitarb. von J. Barcza
u. P. I. Fönyad: Ostmitteleuropas Bekenntnisschriften der evangelischen
Kirchen A. und H. B. des Reformationszeitalters HI/1
1564-1576. Bearb. vom Institut für Protestantische Kirchengeschichte
, Wien, und vom Institutum Historiae Reformationis
Europae Centro-orientalis, Debrecen, mit dankenswerter Unterstützung
der Stiftung Soras an der ungarischen Akademie der
Wissenschaften [Titel auch tat.]. Budapest: Presseabteilung des
Synodalbüros der Reformierten Kirche in Ungarn Reformätus
Zsinati Iroda Sajtöosztälya 1987.371 S. gr. 8° = Confessiones * Bekenntnisschriften
111/1.

Mit diesem „Pilotband" (S. 7) wird eine Editionsreihe eröffnet, die
reformierte und lutherische Bekenntnisschriften Ostmitteleuropas in
einer wissenschaftlichen Ausgabe vereinen möchte. Die dem vorliegenden
Band beigegebene Bandziffer gibt diese Absicht ebenso zu
erkennen wie das Vorwort der Herausgeber - die weiteren Bände
sollen stärker territorial und zeitlich gegliedert sein (S. 8); eine Bemerkung
des Vorworts (S. 7) deutet auch den ins Auge gefaßten Zeitraum
an: „von der hussitischen Protoreformation bis zum Ausklingen
der magistralen Spätreformation im 17. Jahrhundert". Dieses Vorhaben
ist ohne Zweifel darauf angelegt, eine empfindliche Lücke nicht
nur in der territorial- oder landeskirchengcschichtlichcn wissenschaftlichen
Literatur zu schließen. In dieser Literaturgattung „spiegeln
sich, wie durch ein Brennglas verdeutlicht, menschliche,
religiöse, soziale, theologische Anschauungen wieder, die für die
.Väter* ein besonderes Anliegen darstellten" (S. 7). Die Texte des vorliegenden
Bandes bestätigen dieses Urteil bereits.

Line Einleitung beschreibt „Reformatorische Bekenntnisse zwischen
Bodensee und Polen, zwischen Schlesien und Siebenbürgen"
(Peter F. Barton, S. 11-16) und die „Kirchenpolitische Lage Ostmitteleuropas
zur Zeit der Reformation" (Läszlö Makkai, S. 16-19)
mit wichtigen Bemerkungen und interessanten Beobachtungen, die
die Besonderheit dieses europäischen Teilraums betreffen. Im Folgenden
werden 13 Texte publiziert. Ihr zeitlicher Rahmen, die Regierungszeit
Maximilians II., erscheint sinnvoll im Blick auf den
religionspolitischen Kurs dieses Kaisers wie auf die theologischen Bewegungen
während seiner Regentschaft.

Außer den im Titel genannten Mitarbeitern haben weitere 6 Bearbeiter
an der Erstellung dieses Bandes mitgewirkt. Das Vorwort der
Herausgeber notiert auf S. 7f die Editionsgrundsä'tze. Ein Vergleich
zwischen den Regeln und der Bearbeitung der Texte führt dann jedoch
zu erheblichen Differenzen.

So ist etwa der Text der Confessio Carinthica (S. 39-52) den Editionsgrundsätzen
gemäß ediert, freilich fehlt der Hinweis auf den Standort des der Edition
zugrunde liegenden Erstdrucks von 1566. Eine vergleichbare Qualität hat die
Edition der Confessio Austriaca (S. 57-113). jedoch bleibt die Identifizierung
der im Apparat verwendeten Sigla unklar. Bei zwei Texten (Modus Concordiae
von 1564. S. 25-34, und Bekenntnisse der Synoden in Szikszö und in Kassa von
1568, S. 240-245) fehlen die Angaben zur Tcxtgrundlage und jegliche Kommentierung
. Eine Kommentierung fehlt für die Senlentia Concors von 1564
(S. 120-124) und für die Confessio Czengerina von 1570 (S. 262-270). Für das
ungarische Bekenntnis der Synode von Debrecen von 1567 (S. 160-222) ist der
Wegeines Faksimileabdrucks gewählt worden. Das Bekenntnis der ungarischen
Bursa in Wittenberg von 1568 (S. 250-253) ist nach einer bereits vorliegenden
Edition veröffentlicht, freilieh nicht fehlerfrei (vgl. etwa S. 250 Z. 21,24 und 33)
und ohne den ursprünglich beigegebenen Sachkommentar. Die sorgfältigste
Edition hat die Confessio Bohemica von 1575 durch Alfred Eckert und Pal J.
Fönyad gefunden (S. 314-360). Ihre Editionsgrundsätzc sind präzis beschrieben
, allerdings unterbleibt, wenn ich recht sehe, der dort angekündigte
Kettdruck und Sperrdruck im Text, auch stehen diese Editionsgrundsätze teilweise
in Spannung zu den im Herausgebervorwort S. 7f niedergelegten
Editionsgrundsätzen. Auch bleiben die theologischen Textpartien ohne jeden
Sachkommentar.

Ein gewisser Mangel besteht darin, daß im Editionstext nicht immer
die Blatlzählung der Vorlage angegeben ist. Dies wäre hilfreich z. B.

für eine Identifizierung von möglicherweise künftig auftauchenden
Drucken. Wünschenswert wäre auch im Interesse der Zitierungsfähigkeit
die Anbringung von Zeilenzählung im Drucktext der Ausgabe,
wie überhaupt das sich bietende Druckbild die Lesbarkeit erschwert
.

Die veröffentlichten Texte sind erstrangige Quellen in mehrfacher
Hinsicht, so z. B. auch für die religiöse Volkskunde und die Liturgie-
geschichle. Hier und da wären zusätzliche Kommenticrungen hilfreich
gewesen, so S. 130, 159 und 216 zu der zeitgenössisch diskutierten
Frage, ob Frauen eine Seele haben. Zum Problem der Allversöhnungslehre
in der Reformation kann sicher etwas mehr gesagt werden
als es nach S. 131 möglich erscheint. An einzelnen Stellen ist die
Kommentierung nicht zutreffend (S. 48 mit Anm. 135 ist wohl die
Tonsur gemeint, nicht die Oblaten. S. 104 mit Anm. 7 handelt es sich
nicht um Kirchenlieder, sondern um vom Pfarrer gesungene Texte der
Sakramentsliturgie).

Bedauerlich ist die große Zahl von Druckfehlern, die besonders dort ins Gewicht
fallen, wo sie den edierten Text betreffen und Unsicherheiten bei der
Lesung und Deutung auslösen. Nur einige wenige seien genannt: S. 59 Z. 7
(werder?) undZ. 23 (heimit?), S. 88 Z. 16 (er?). S. 123 Z. 9 (praedestinatio?) und
Z. 23 (äris?). Besonders schwer wiegt S. 262 Z. 2 v. u.: wirklieh „Convcrsator"?
Oder „Conservator"? - Andere Stellen enthalten mit Sicherheit Druckfehler:
S. 90 Z. 21 (heilige), S. 92 Z. 8 v. u. (verdammen). S. 121 Z. 14 v. u. (vitiavit).
S. 134 Z. 4 (Spiritu), S. 157 Z. 28 (praeter), S. 158 Z. 12 (faciunt), S. 228 Z. 14
(vocationi). Besonders von Druckfehlern heimgesucht sind die S. 286-307.

Der Beginn der Edition der Textreihe ostmittelcuropäischer Bekenntnisschriften
ist außerordentlich zu begrüßen, und die Initiatoren
des Vorhabens verdienen großen Dank. Die Bedeutung des Gesamtunternehmens
wird noch zunehmen, wenn es möglich sein wird, den
bemerkten Mängeln abzuhelfen.

Leipzig Ernst Koch

Dungersheim, Hieronymus: Schriften gegen I.ullier. Theorismata
duodeeim contra Lutherum Articuli sive lihelli triginta. Hg. u.
eingel. von T. Freudenbergcr. Münster/W.: Aschendorff 1987, XI,
263 S. gr. 8° = CCath. 39. geb. DM 98,-.

„Profundosissimus doctor" wurde Hieronymus Dungersheim in
einer zeitgenössischen Satire voller Ironie bezeichnet. Als Schulhaupt
der altgläubigen Leipziger Theologen gehörte er zu den frühen profilierten
Gegnern Luthers, die letztlich von den Reformatoren als nicht
satisfaktionsfähig angesehen wurden. Nach anfänglichen Versuchen
eines Schlagabtausches ließ Luther den Leipziger Professor mit seiner
Kritik ins Leere laufen. Entsprechend schmal ist auch die einschlägige
Literatur über Dungersheim, Von keiner seiner Schriften existierte
bislang ein Neudruck, geschweige denn eine wissenschaftliche Ausgabe
. Freudenbergcr betritt mit der Herausgabe zweier umfangreicher
gegen Luther gerichteten Schriften Neuland.

Die Kriterien sind mit der Reihe vorgegeben. Nach einem Ab-
kürzungs-, Quellen- (es enthält nicht alle Druckschriften Dungersheims
) und einem relativ schmalen Literaturverzeichnis (die Arbeit
über Dungersheims Schrift gegen die Böhmen von E. Peschke z. B.
bleibt unerwähnt) folgt eine Einleitung, deren erster Teil „Lebenslauf
und Schriften Dungersheims"( I -9) gewidmet ist. Er gleicht in Anlage
und Ausfuhrung im wesentlichen, teilweise sogar in wörtlicher Anlehnung
, dem Beitrag Freudenbergers für H. 2 im Sammelwerk
„Katholische Theologie der Reformationszeit". Die bereits früher
geäußerten kritischen Bemerkungen (vgl. ThLZ III, 1986, 604)
treffen unverändert auch auf die jetzige Fassung zu. Georg
Schönichens (261 im Register in Anlehnung an den Druck-Titel als
Jorg Schonigen!) Flugschriftenpolemiil beispielsweise als „Ausfälle"
und Dungersheims Antwort als „streng sachlich" zu charakterisieren,
vereinfacht den Tatbestand. Die weiteren vier Abschnitte der Einleitung
enthalten die notwendigen Informationen zu den Neudrucken
.

Dungcrshcims „Theorismata duodeeim contra Lutherum" ist ver-