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Ausgabe:

1990

Spalte:

820-822

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Autor/Hrsg.:

Berschin, Walter

Titel/Untertitel:

Merowingische Biographie. Italien, Spanien und die Inseln im frühen Mittelalter 1990

Rezensent:

Haendler, Gert

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819

Theologische Literaturzeitung 115. Jahrgang 1990 Nr. 11

820

durch ein persönlich engagiertes Vorwort des Bischofs von Lüttich
und Prof. em. von Löwen Albert Houssiau.

Eine Bibliographie der exegetischen und theologischen Publikationen
Descamps, der die ursprünglichen Fundorte der abgedruckten
Arbeiten zu entnehmen sind, läßt den Horizont erkennen, dem das
Gebotene entstammt. Die verdienstvolle Herausgabe dieser wichtigen
Beiträge ist übrigens ein Gemeinschaftsprojekt der beiden Katholischen
Universitäten in Leuven und in Louvain-la-Neuve.

T. H.

Kirchengeschichte: Mittelalter

Sohn, Andreas: Der Abbatiat Ademars von Saint-Martial de Limoges
(1063-1114). Ein Beitrag zur Geschichte des cluniacensischen
Klösterverbandes. Bestandteil des Quellenwerkes Societas et
Fraternitas. Münster: Aschendorff 1989. XXII, 398 S. gr. 8* = Beiträge
zur Geschichte des alten Mönchtums und des Benediktiner-
tums,37. Kart. DM 128,-.

In der abendländischen Kirchengeschichte des 11. Jh. war die Entstehung
eines geschlossenen Verbandes von Klöstern besonders
wichtig. Die meisten Klöster Frankreichs wurden der Leitung des
Erzabtes von Cluny unterstellt. Die vorgelegte Dissertation (Münster
1988) zeigt an einem aufschlußreichen Beispiel, wie dieser Prozeß verlief
. Eine Urkunde belegt, daß der Vizegraf vom Limoges das Kloster
St. Martial mit Zustimmung des Ortsbischofs 1062 dem Abt Hugo
von Cluny unterstellte. Andere Quellen sprechen von Okkupation:
„Cluniacenses occupaverunt" (6f). Kardinal Petrus Damiani reiste
im Auftrag des Papstes 1063 nach Frankreich, um Hugo von Cluny zu
unterstützen (76f). Hugo setzte den jungen Cluniazensermönch
Ademar zum neuen Abt in Limoges ein; er hatte die Aufgabe, „seine
Mitbrüder, in deren Reihen sich ein heftiger Widerstand gegen die
traditio gezeigt hatte, zu beruhigen, den Konvent in den cluniazen-
sischen Klösterverband einzufügen und die Stellung der Abtei in
Limoges und darüber hinaus zu sichern" (79). Die besitzgeschichtliche
Entwicklung wird dargestellt (79-117), danach der Aulbau einer
Bibliothek (118-133). Das längste und wichtigste Kapitel ist überschrieben
: ,,Totengedächtnis und Gemeinschaftsbewußtsein"
(134-240). Es entstand ein Netz von Gebetsverbrüderungen, das
Cluny und St. Martialis von Limoges zusammenband, aber auch
Päpste u. a. mit einschloß. Abt Ademar siegte in einem Streit mit dem
Bischof von Limoges (241 ff); er bekam 1096 ein päpstliches Privileg,
das ihm Vorrechte bei der Bischofswahl einräumt. ,,Im Leben des
Bistums hat er neben dem Bischofden größten Einfluß" (262).

Zusammenfassend läßt sich sagen: Abt Ademar „nahm sein Amt
wie seine Aufgabe in Rückbindung an die eigenständig gewachsene
Tradition von Saint-Martial und im Bewußtsein der Verbindung mit
der Clunycensis ecclesia wahr" (301). Seine 51jährige Amtszeit war
eine Blütezeit für das Kloster, zu dem um 1100 ein großer Besitz gehörte
. „Das Beziehungsnetz von Saint-Martial - zu Päpsten, bischöflichen
und monastischen Würdenträgern sowie zu weltlichen Großen
-, das sich in der Memorialübcrlieferung spiegelt, hatte europäische
Dimensionen" (311). Es bestand eine „enge Verbindung von liturgischen
und sozial-charitativen Diensten" (311). Ein Anhang bringt
34 bisher unedierte Quellen (314-358). Karten und Register beschließen
die instruktive Spezialuntersuchung.

Rostock Gert Haendler

Dozzi, Dino: II vangelo nella regola non bollata die Francesco
d'Assisi. 2nd Ed. Roma: Istituto Storico dei Cappuccini 1989.
402 S. gr. 8' = Bibliotheca Seraphico-Capuccina, 36.

Dieses aus einer Diss. erwachsene Buch erlebte 1989 zwei Auflagen.
Mit äußerster Präzision erörtert der Vf. die Bibelauslegung in der
Regula non bullata (Rnb) des Franz von Assisi, wobei er auf die Verwendung
und Häufigkeit von Begriffen besonders achtet. Über den
synoptischen Evangelien als Bezugspunkt werden sachliche Übereinstimmungen
mit Joh, den Paulinen und auch atl. Propheten nicht vergessen
. Die detaillierte Analyse führt freilich zu zahllosen Wiederholungen
. Vf. stellt von Anfang an in Rechnung, daß Rnb in einem
Prozeß von über einem Jahrzehnt schrittweise entstand, indem sich
um die Urregel von 1209/10 als Kern bis 1221 immer mehr Material
ansammelte. Er weiß auch, daß - nicht zuletzt unter kirchlichem Einfluß
- neue Töne in die Regel gelangten, die sich nicht spannungslos
mit älteren verbinden lassen, daß Franz aber den erfolgreichen Versuch
machte, alle Aussagen seiner Grundintention dienstbar zu
machen. Dozzi betont als katholischer Theologe neben der Liebe zu
Christus die Liebe zur Kirche, ordnet beides aber richtig einander zu.
Er unterteilt die Rnb sachlich in sieben Komplexe: 1) Prolog, Kap.
1-3.24 über Definition, Bedingungen und Konsequenzen des Lebens
der Brüder (Vollkommenheit, Nachfolge und Jüngerschaft in Solidarisierung
mit den Armen; Fasten und Beten), 2) Kap. 4-6 über das
Innere der Bruderschaft, wo Gehorsam und Dienst die horizontalen
und vertikalen Beziehungen bestimmen sollen, 3) Kap. 7-13 über das
Wesen der Minderbrüder, wie es sich in ihren Außenbeziehungen in
unterschiedlichen Situationen zeigt (Arbeit, Betteln, Verwerfung des
Geldes, Haltung zu Frauen, Offenheit gegen alle), 4) Kap. 14-17 (Mission
durch den Lebensvollzug in der Bereitschaft, Schafe unter Wölfen
im Verzicht auf Selbstruhm wie auf Abgrenzung gegen die Bösen zu
sein), 5) Kap. 18-21 (die Stellung in der Kirche im unbedingten Willen
zu katholischer Unterordnung), 6) Kap. 22 (höchst dynamisches
Bleiben im Wort des Herrn durch Hingabe des Herzens als Aktualisierung
des neuen Bundes), 7) Kap. 23 (Buße als Kennzeichen der Minderbrüder
in einem Leben dankbaren Gotteslobs, das weiß, daß alles
Gute von Gott, von uns Sündern dagegen nur Übles kommt). Richtig
erkennt Vf., daß die Besitzlosigkeit für Franz nicht Selbstzweck, sondern
unumgängliche Bedingung sukzessiver Verchristlichung des
Lebens als Fortsetzung der Inkarnation Christi war.

Rostock Gert Wendelborn

Berschin, Walter: Biographie und K.pocbenstil im lateinischen Mittelalter
. II: Merowingische Biographie. Italien, Spanien und die
Inseln im frühen Mittelater. Stuttgart: Hiersemann 1988. XII.
337 S„ 1 Tat", gr. 8° = Quellen und Untersuchungen zur lateinischen
Philologie des Mittelalters, 9. Lw. DM 240,-.

Wic Band I des Werkes (ThLZ 113, 1988, 446-448) bringt auch
Band II reiche qucllenkundliche und sprachgeschichtliche Auskünfte.
Details sind leicht zu finden durch Inhaltsangaben zu Beginn der
Kapitel, eine Quellenübersicht (307-314) und Register (320-337).
Die Entwicklung in Spanien, Irland und Italien wird bis ins
10. Jh. betrachtet, für Gallien und Germanien nur bis ins 8. Jh. „Die
Darstellung endet mit einer bewußt von Land zu Land verschobenen
Bruchlinie" (VII—VIII). Lateinische Kapitelüberschriften erstaunen
mitunter. Kapitel VI stellt die gallischen Biographien unter die Überschrift
„in eremo": Genofeva, die sich „im Übergang von der römischen
zur germanischen Herrschaft bewährte" (12); Radegunde,
„eine nova Martha bei Venantius Fortunatus (1/17) und eine nova
Helena bei Baudonivia (11/13)" (17). Die Vita Geretrudis sollte „die
Sippe verherrlichen" (19), die Lebensbeschreibung der Balthilde
„steht schon in der Tradition der Königinnen-vita" (21). Die Vita
Columbani wurde „zum meistgelesenen Text des 7. Jahrhunderts"
(38); Unterschiede und Gemeinsamkeiten zu Gregors I. Dialogen
untersucht Renate Vogeler in einem Exkurs (43-48). Bischof Amandus
von Maastricht „vereinigte den columbanischen und gregorianischen
Missionsgedanken, missionarische Pecegrinatio und organisierte
Mission" (48). Im „Goldenen Zeitalter der Merowinger" gab es
5 Bischöfe am Hof, deren Viten vorliegen (53-65). Auch Märtyrerberichte
gehören zum politischen Umfeld der Merowinger (66-82).
Zu den Einsiedlern gehört Gallus, weitere Klostergründer folgen