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Ausgabe:

1990

Spalte:

775-776

Kategorie:

Referate und Mitteilungen über theologische Dissertationen und Habilitationen in Maschinenschrift

Autor/Hrsg.:

Gundry Volf, Judith M.

Titel/Untertitel:

Perseverance and falling away in Paul's thought 1990

Rezensent:

Gundry Volf, Judith M.

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Theologische Literaturzeitung 115. Jahrgang 1990 Nr. 10

776

ten - Motive der „Teilgabe Gottes" sowie der „Teilhabe des
Menschen" die Frage zu profilieren, die im Anschluß an eine umrißhafte
Erhellung von Luthers Sprachverständnis nicht nur sich aufdrängt
, sondern auch eher als lösbar erscheint: Inwiefern erwächst aus
dem Wort, in dem der ganze Mensch, wenn er nur glaubt, erneuert wird,
eine Konsequenz für seinen eigenen Gebrauch von Sprache und Wort?

Gundry-Volf, Judith Marie: Perseverance and Falling away in Paul's
Thought. Diss. theol. Tübingen 1988. III, 298 S. u. Bibliographie

Die Arbeit stellt sich die Aufgabe, anhand einer Untersuchung der
einschlägigen paulinischen Texte zu ermitteln, wie Paulus das Problem
von Perscveranz und Abfall der Christen gesehen hat.

Der erste Hauptteil der Arbeit (= Kapitel I und II) behandelt diejenigen
Texte, in denen Paulus sich grundsätzlich oder in der Gestalt des
direkten Zuspruchs über das Verhältnis von gegenwärtigem und
zukünftigem Heil der Glaubenden äußert. In Kapitel I wird gezeigt,
daß nach der Überzeugung des Apostelseine feste Kontinuität besteht
zwischen dem gegenwärtigen, dem Christen schon geschenkten Heil
und der noch ausstehenden zukünftigen Heilsvollendung, die deshalb
in heilsgewisser Hoffnung zu erwarten ist (Rom 8,23. 29f; 2Kor 1,22;
5,5; Phil 1.6; lThess5,9; 2Thess2,13f). Kapitel II erörtert jene
Texte, in denen Paulus die feste Kontinuität des Heils speziell im
Blick auf die den Glaubenden widerfahrende eschatologische Bedrängnis
einerseits und das ihnen bevorstehende Endgericht andererseits
bedenkt (Rom 5.1-11; 8,28.31-39; lKorl.8f; 10,13;
lThess5,23f; 2Thess3,3). - Die Darlegungen des ersten Hauptteils
führen zu dem Urteil (S. 88): "For Paul God's workof salvation in
individual believers is certain to reach completion. The consum-
mation of the Christians' salvation is the goal of God's saving initiatives
." Paulinische Texte und Aussagen, die dieses Urteil in Frage zu
stellen scheinen, sind dann Gegenstand des zweiten und dritten
Hauptteils der Dissertation.

Der zweite Hauptteil (= Kapitel III—V) ist dem Problem des
ethischen Versagens von Christen gewidmet. Kapitel III arbeitet heraus
, welche Funktion die Aussage über den Ausschluß der in den
Lasterkatalogen Genannten aus dem Reich Gottes bei Paulus hat
(lKor6,9f; Gal 5.19-21). Kapitel IV faßt die beiden Textkomplexe
Rom 14 und 1 Kor 8 in den Blick und erörtert die Frage, ob Christen,
die im Sinne des dort Gesagten gegen ihr Gewissen handeln, das
eschatologische Heil verlieren. Kapitel V untersucht die Konsequenzen
, die sich aus einem schwerwiegenden Fchlverhaiten von Christen
ergeben; aus der „unwürdigen" Feier des Herrcnmahls (IKor
I 1,27-32), aus sexueller Ausschweifung (1 Kor 5,5) und aus der Teilnahme
an heidnischen Opfermahlzeiten (IKor 10,12). - Die in den
Kapiteln III—V vorgelegten Analysen führen zu dem Ergebnis, daß in
keinem der von Paulus angesprochenen Fälle das Versagen von Christen
zum definitiven Heilsverlust führt.

Der dritte Hauptteil der Arbeit (= Kapitel VI-IX) beschäftigt sich
mit dem Problem der Entfremdung vom Evangelium durch Unglauben
und Irrglauben. Kapitel VI bietet eine Auslegung von Rom 9-11
und sucht im Lichte der Darlegungen über Gottes unverbrüchliche
Treue zu Israel die Aussagen über die Heidenchristen in Rom
11,17-24 zu bedenken. Kapitel VII führt diese Überlegungen weiter
und erörtert das Problem der Preisgabe des Glaubens an das Evangelium
, wie es im Galaterbrief zur Sprache kommt (bes. Gal 5,1-4). An
die Behandlung des Galaterbriefs schließt sich dann eine Untersuchung
von 2Kor 13,5 an. Kapitel VIII untersucht die Selbstaussagendes
Apostels in 1 Kor 9,23 und 9,27 sowie in Phil 3,11 f; und Kapitel
IX beschäftigt sich schließlich mit den paulinischen Aussagen über
die Möglichkeit eines „Umsonst-Laufens" oder „Umsonst-Glaubens"
(Phil 2,16; IThess 3,5; Gal 2,2; 4,11 einerseits, 1 Kor 15,2; 2Kor6,l
andererseits). - Als Fazit der Untersuchungen des dritten Hauptteils
kann dann formuliert werden: "We cannot rule out the conclusion
that some of the Statements about the possible futility of apostolic

labor and Christian faith suggest the real danger of loss of salvation.
Yet by no means do all of them" (S. 289). Und: "Firm conclusions
with regard to the significance of the texts on laboring, believing, or
reeeiving the grace of God in vain for perseverance are hard to dravv.
Thus these texts cannot play a decisive role in the discussion of perseverance
" (S. 290).

Das Gesamtergebnis der Arbeit lautet: Paulus vertritt in der Sache
den Gedanken einer Perseveranz der von Gott erwählten und aufgrund
ihrer Erwählung zum Glauben an Jesus Christus berufenen
Christen. Er hat die Überzeugung, daß der das Heil schallende und
schenkende Gott in seiner allmächtigen Liebe und beständigen Treue
die Erwählten und Berufenen trotz äußerer Bedrohung und trotz ihres
Versagens, ja selbst trotz zeitweiliger Entfremdung vom Heil im
Unglauben oder Irrglauben am Ende doch zur Heilsvollendung
führt.

Mathias, Dietmar: Die Geschichtstheologie der Gcschichtssumma-
rien in den Psalmen. - Leipzig Diss. B 1989. IX, 290 S.

Die Behandlung des angegebenen Themas geschieht auf dem Hintergrund
der Frage nach der Existenz eines „kleinen geschichtlichen
Credos", das G. von Rad in Dln 26,5-9 gefunden und zur Erklärung
der Entstehung des Hexateuchs herangezogen hatte1. In den Beweisgang
für die Gattungsgeschichte des „Credos" waren von ihm auch
Psalmen einbezogen worden. In einem problemorientierten forschungsgeschichtlichen
Teil (S. 3-25) werden daher zuerst die Prämissen
der Hypothese von Rads untersucht mit folgenden Ergebnissen
: Die sog. „Credotexte" oder Geschichtssummarien (GS) sind
keine literarische Gattung. Weder das hohe Alter der Textbasis von
Dtn 26,5-9 noch eine bei der Landnahme endende kanonische Heilsgeschichte
dürfen für die Erklärung der GS vorausgesetzt werden. Zur
literaturwissenschaftlichen Charakteristik der GS eignet sich der
Begriff „Topos" im Sinne eines Abrufschemas für Teilmengen im
Gedächtnis gespeicherter Argumente inhaltlicher wie formaler Art.
Formal argumentiert das GS mit dem sprachlichen Wirkmittel der
zielorientierten Reihe (Kumulation der Argumente und Pointe). Die
inhaltlichen Argumente sind unter dem Stichwort „Taten Gottes'"
abrufbare Traditionen der Geschichte Israels. Die Psalmen 78; 105;
106; 135; 136 sind keine GS, sondern sie enthalten GS innerhalb
anders zu bestimmender Gattungen. Die Situations- und Intentionsabhängigkeit
der Argumentation wirkt sich aus auf die Stoffauswahl
der GS. Die geschichtstheologische Betrachtung hat daher nicht nur
die Aufgabe, die in den GS verarbeiteten Traditionen zu identifizieren
und zu interpretieren. Sie muß auch nach den Modellen fragen, die
von den biblischen Autoren zur Geschichtsdeutung benutzt wurden
.

Die detaillierte Analyse der Psalmen 78: 105; 106 (S. 26-72.
73-1 10. 1 11 -149) gliedert sich jeweils in 2 Teile, eine literaturwissenschaftliche
Einschätzung (Integrität. Datierung, Gattung) und die
Darstellung der Geschichtstheologic. Was die erste Frage betrifft, so
erweisen sich die genannten Psalmen - bis auf kleine Zusätze - als
literarische Einheiten. Sic gehören verschiedenen Gattungen an. in
deren Struktur das jeweilige GS eng eingebunden ist. Sie sind in
nachexilischer Zeit entstanden und setzen traditionsgcschichtlich den
abgeschlossenen Pentateuch voraus.

Zur Geschichtstheologie ist festzuhalten: Die Psalmen benutzen
eine differenzierte und aussagekräftige geschichtstheologische Terminologie
(Zeichen, Groß-, Kraft-, Furcht-, Wunder-, Ruhmes-, Huldtaten
), mit deren Hilfe sie Geschichte unter dem Gesichtspunkt der
„Taten Gottes" interpretieren und tradieren. Sie zeigt, daß Geschichte
für den Israeliten in erster Linie die Summe und der Zusammenhang
derjenigen Ereignisse ist, die in einfühlender und Engagement
weckender Deutung den Blick auf Gott öffneten und von Gott
her verständlich wurden. Darin sind sie Zeichen für die alle sinnliche
Wahrnehmung transzendierende Wirklichkeit. Der so charakterisierte
Stoff wird unterschiedlich und abweichend von Dtn 26,5-9