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Ausgabe:

1990

Spalte:

765-766

Kategorie:

Systematische Theologie: Dogmatik

Autor/Hrsg.:

Kimme, August

Titel/Untertitel:

Rechtfertigung und Heiligung in christologischer Sicht 1990

Rezensent:

Jakob, Friedrich

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 115. Jahrgang 1990 Nr. 10

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tendierenden politischen Implikationen der Theologie P.s anderer- fängt als Glied am Leibe Christi die Vereinigung mit dessen gerechter
seits dürften aber viel eher in der Grundtendenz seines Theologie-, Person (Enhypostasierung). Das zweite mit „lncarnatio" überschrie-
Religions-, Geschichts- und Anthropologieverständnisses angelegt bene Kapitel fußt vor allem auf Luthers Psalmcnauslegung. Es geht
sein. Dieses Verständnis wird vom Vf. vorbehaltlos akzeptiert, so daß um „soteriologische Anwendung des BegritTs der Inkarnation" (92).
er auch sachlich berechtigte Fragen und Einwände dadurch neutra- lncarnatio mystica heißt deshalb der Heilsempfang in der Kirche,
lisiert. daß er gegen sie gegenläufige, von anderen Autoren geäußerte fides incarnata der in Werken Gestalt gewinnende Glaube. Ihren
Einwände mobilisiert (372ff). So hält, um nur einiges zu nennen, Vf. Höhepunkt erreicht diese Lutherauslegung schließlich in einem drit-
an der Vorstellung Gottes als der alles bestimmenden Wirklichkeit ten Kapitel, das Luthers Schrift gegen Latomus gew.dmet ist. H.er
oder Macht auch unter der Bedingung des trinitarischen Gottesgedan- wird der altkirchliche Begriff der de.ficat.o aufgegriffen. Deus
kens und der Kritik an der Unveränderlichkeit Gottes ebenso fest wie incarnatus und homo deificatus werden e.nander gegenübergestellt,
an dem theozentrischen Verständnis der zugleich empirisch und der „urbildliche Retter" dem „abb.ldl.chen Geretteten- (138). Recht-
historisch-kritisch verstandenen Geschichte. Ebenso wird die theolo- fertigung und Heiligung werden als deificatio gedeutet. Bei ihrer ergische
Alteration der philosophisch-anthropologischen Welt- zur wirklichung kommt dem „Heilswerk der Taufe" eine Schlüsselrolle
Gottoflenheit umstandslos mitvollzogen. Und die Frage, wie das nach zu. Damit ist noch einmal der ekklesiologische Bezug des ganzen yer-
einem „Geschichtsplan" ablaufende, also teleologisch gerichtete deutlicht: „Die Rechtfertigung des Sünders ist ürLuther e,rlekkle-
Erwählungshandeln Gottes mit dem Begriffder menschlichen Freiheit siologisches Geschehen und die gerech.ferfge Heiligung des Sunders
zusammen bestehen könne, wird nicht aufgeworfen. So stellt die eine soteriologische Aufgabe" (150) Das Ergebnis lautet: „daß die
Arbeit des Vf. eine gewiß informative und darstellerisch gelungene christologische Deutung von Rechtfertigung und He. igung einen
Zusammenfassung der philosophisch-fundamental.heologischen unverkennbaren Zug von Luthers Theologie darstellt (139). neinem
Grundlagen derGcschich.s.heologie P.s dar. Aber da sich Vf. mit dem zusammenfassenden Paragraphen (§17) werden noch einmal alle h,s-
Werk eines bedeutenden Cicgenwartstheologen beschäftigt hat. hätte her verwendeten Begriffe erklärt. Spätestens hier meldet sieh aber
es im Interesse des noch nicht abgeschlossenen wissenschaftlichen auch die Frage, ob denn der Begriffsanalyse nicht doch zu viel getan
Diskurses gelegen, wenn die hagiographische Oberstimme von einer wird, z. B. wenn allein „neun verschiedene Deutungen der Rechtfert.-
lr„- l ■•<• j cor- unterschieden werden, die sich chnstologischer Vorstellungen
kritisch prüfenden Unterstimme untermalt worden wäre. gung unterstnieuen wciuc. ,

und Begriffe bedienen" (144).

Wien Falk Wagner Kapitel vier bringt die dogmatische Auswertung. K. macht deutlich
, daß er das Ergebnis seiner Untersuchung als eine Anfrage an die
gängige Betonung der imputativen Deutung der Rechtfertigung in der

Kimme, August: Rechtfertigung und Heiligung in christologischer Traditjon Melanchthons versteht. Er unterstreicht auch, daß ..das

Sicht. Eine dogmatische Untersuchung. Erlangen: Martin-Luther- chrjsto|ogische Verständnis der Kirche und der Taufgnade" entschei-

Verlag 1989.223 S. 8*. dend js( ^ das Verstandnjs der „Christologjsierung der Soteriologie"

A. Kimme verfolg, mit seiner dogmatischen Untersuchung ein (.51). Im folgenden versuch, K. das Ergebnis^n^""*™^

weitgestecktes Sei: Die in der lu.hentchen Tradition immer wieder würfen abzugrenzen und zu 7**^*^ ^

nebeneinander gestellten Lehrstücke Trinitä.slchre. Christo.ogie und einandersetzung mit dem C nstolog,«In G *

Soter,o,og,e solL unter dem Begnffspaar Rechtfertigung und Heili- Barths (153), aber auch ein Paragraph ZU»^*>*£Tn!S

^ung zusammengesetzt werden um auf diese Weise die durch die schließlich Auseinandersetzungen >«<-£*>£^ N.teon

Theologische Erklärung von Barmen der lutherischen Theologie und Beer, sowie Vergleiche: mit deralItldrchhch™J£°%*™^

„„ . ,, ° ,, . __ iMth^rltchpn Rckenntnisschnlten. Den Abschluß bildet ein raragrapn

gestellte Aufgabe zu erfüllen. Zugleich möchte der Verfasser einen lutherischen Hckenntn sscnrnu.

Beitrag zum ökumenischen Gespräch besonders mit der Ostkirche, zur Vorbereitung des Gesprächs mit der Ostkirche

p,.k X . 0Kum<-n,SLlun '■"-spraen. oesonuers Grundgedanke der Arbeit hat etwas Faszinierendes: Die von

geben. Dabei argumentiert er wen eer von der dogmatischen Tradi- L»er wra«^»"« ,

t;„ j aigunieu11cri er wcnigci von rhrkmlouie und Trinitäts ehre her entwickelte Deutung des Gesche-

'•ondcHutherischen Kirche her. vielmehr beruft er sich vor allem auf Heiligung überwinde, nicht nur den

L her selbst, besonders auf seine Gedanken zur ^unica ,o-do- J^^^^ Äscher und effektiv Rechtfertigung.

matum und zur Inkarnation. Kimmcs Buch ist deshalb in weiten Tei- Gegensatz zwucucii Ki| „ . h»ri«tisch

d vor ,11cm T. Beer mit seiner Abhandlung f -^^S^Sm^Z^ ekklesiale Gemeinschaft zur

K TlSlreit- °rUndZÜBe d6r The0'°eie Mar"n LU'herS ' L 2 h cl unTroud ni erhebt sich die Frage, warum die lutherische Tra-

J; O. N.lsson „Simul. Das Miteinander von Göttlichem und Mensch- ^jj^™^ Spuren aufgcnlmen hal. Werden hier nicht

*m Lulhcrs Theologie" ,1966). Doch zum Aulbau des Buche Auon 4«a le.nur *«n ^ Frömmigkelt ihren

'nsgesamt: Nach den drei Paragraphen der Einleitung folgen drei Jjch^ /u'schr in die Mute gerückt? Kimme kennt die Gefahr.

, Pltel zur Lutherinterpretation. Im ersten („Communicatio dioma- Platz „ vcrmieden werden, ebenso eine

g«l werden die Beziehungen zwischen der Lehre von der Person J«^^0«0^^' Christus und dem „vergot-

hnst, und dem Geschehen von Rechtlettigung und He igung ero, ^^^^SSL ich mir eine Fortsetzung des Buches.

tert-An Hand von Luthers Römerbriefvorlesung wird aufgezeigt, daß tuen Mens Frömnl,gkei. und das gottes-

J < erdasZugleichvonGotthei.undMenschheitindercommumca- mder d«e ^" ^ ^ ^

l'o idiomatum mit dem Zugleich von iustus und peccator im Men- dienst.itnt

schen parallel setzt. Eine zweite Quelle ist die erste Psalmvorlesung. wird.

Al'ch hier wird die Brücke zwischen Christologie und Rechtfertigung Wcrdau Friedrich Jacob

durch den Begriffdes simul gebildet. Die wichtigste Quelle freilich ist
der Große Galaterkommentar. Hier wird der Begriff der unio perso-

nalis aufdas Miteinander von fides sola und Ildes incarnata bzw. von Manncrmaa< Tuomo: Der im Glauben gegenwärtige < hristus. Recht-
tauben und Werk angewendet. Vor allem aber findet sich im Gala- fbrtigung und Vergottung. Zum ökumenisch,en Dia log
Kommentar die Vorstellung von der lustifica.io commuta.iva, dem Luth. Verlagshaus .989. 200 S gr 8 -uM*» zur Geschichte
^tausch zwischen Christi Gerechtigkeit und unserer Sünde. Kimme und Theologie des Luthertums. N. F. 8. Kart. DM 19.80.
juhrt ,n die Interpretation der Galatervorlesung den BegriffdwA* „Rechtfertigung und Vergöttlichung" bringt der

^•Enhypostasieein.BciderVereinigungmitChnstusha de GU^u- |-inpjsche^ystematiker T. Mannermaa einen Erkenntnisgewinn ver-

h|gc seine sündige Person abzuwerfen (Anhypostasierung) und emp- finnische bystematiKcr