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Ausgabe:

1990

Spalte:

751-753

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Autor/Hrsg.:

Gardemeister, Christer

Titel/Untertitel:

Den suveräne Guden 1990

Rezensent:

Hägglund, Bengt

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Theologische Literaturzeitung 115. Jahrgang 1990 Nr. 10

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Kirche hilfreich sein, sondern auch die Verbindung zu den zerstreuten
lutherischen Gemeinden in den zentralasiatischen Teilen der Sowjetunion
stärken".

Günther Gassmann, Leiter des Sekretariats der Kommission für
Glauben und Kirchenverfassung des Ökumenischen Rates, behandelt
in einer kurzen Einführung die Entstehungsgründe und Ziele der
Confessio Augustana und würdigt ihre kirchliche und ökumenische
Bedeutung für heute. Zwei Punkte davon scheinen mir besonders jene
Aspekte zu unterstreichen, die eine solche zweisprachige Ausgabe der
CA sinnvoll erscheinen lassen: „Die CA gehört zu den Grundlagen
und Ausdrucksformen der gegenseitigen Verbundenheit und Gemeinschaft
der Lutherischen Kirchen in aller Welt. Sie ist eines der Bande,
das diese Kirche über alle geographischen, politischen, kulturellen
und rassischen Grenzen hinweg verbindet." „Die CA beruft sich auf
die altkirchlichen Glaubensbekenntnisse und weiß sich in der Kontinuität
der Tradition der Alten Kirche. Sie bezeugt damit eine grundlegende
Gemeinsamkeit der Lutherischen Kirche mit anderen
Konfessionen, die sich in gleicher Weise der einen christlichen Kirche
aller Zeiten und Völker verpflichtet wissen."

Dementsprechend wird diese handliche Broschüre mit der dem
heutigen Sprachgebrauch angenäherten Fassung mehrfachen Gebrauch
erfahren können. Als Arbeitsmaterial wird sie denen helfen,
die danach fragen, worin trennende Unterschiede zwischen den
Konfessionen bestehen und wie sie überwunden werden können, den
Teilnehmern jener zuerst genannten Dialoggruppen der EKD
(..Arnoldshain") bzw. des Bundes der Evangelischen Kirchen in der
DDR („Sagorsk") mit der Russischen Orthodoxen Kirche. Sie wird
sich ferner für theologische Ausbildungsstätten und ökumenisch
tätige Gemeindeglieder und Theologen sowohl in der Sowjetunion als
auch im deutschsprachigen Raum als wichtig erweisen. Sie kann
Anstoß geben, über Lebendigkeit jenes Bekenntnisses nachzudenken:
Was bedeutet es für jene, die auf dieses Bekenntnis bei ihrer
Ordination verpflichtet werden oder für gemeindliches Leben überhaupt
, wenn dem russischsprachigen Partner mit der CA das eigene
kirchliche Selbstverständnis nahegebracht wird?

Berlin Käthe Gaede

Gardemeister, Christer: Den suveräne Guden. En Studie i Olavus
Petris teologi. Lund: University Press 1989. 304 S. 8" = Studia
Theologica Lundensia,43. Kart. SEK 249,-.

Olavus Petri, der schwedische Reformer (14937-1552). wurde im
Erühjahr 1516 in Leipzig und im Herbst 1516 an der Universität
Wittenberg unter dem theologisch gehaltvollen Namen Phase immatrikuliert
. In Wittenberg wurde er im Februar 1518 Magister und
kehrte dann im November 1518 nach Schweden zurück. Er hat also
als Hörer und als Augenzeuge die Anfänge der Reformation in
Deutschland mitleben können. Olavus Petri wurde später Prediger an
der Stadtkirche in Stockholm und war eine kurze Zeit Kanzler des
Königs Gustav Vasa. Als Ratgeber des Königs hatte er eine zentrale
Funktion bei der Neuordnung der schwedische Kirche, wirkte aber
vor allem durch seine Schriften und durch seine Verkündigung. Er
war als Schriftsteller hervorragend und eine Neuschöpfung der
schwedischen Schriftsprache. Seine Theologie ist nur selten Gegenstand
einer gründlichen Forschung gewesen. Einige frühere Arbeiten
sind erschienen, die vor allem seine Verbindungen mit gleichzeitigen
deutschen Reformatoren, seine Abhängigkeit von Luther etc. behandelt
haben. Christer Gardemeister betritt in seiner Abhandlung einen
anderen Weg. Durch eine hauptsächlich immanente Untersuchung
läßt er die tragenden Gedanken in der Gotteslehre des Autors zum
Ausdruck kommen.

In fünf Kapiteln schildert er, wie der bei Olavus Petri ganz entscheidende
Gedanke der Souveränität und Allmacht Gottes auf verschiedenen
Gebieten der Theologie entwickelt wird. Zuerst behandelt
er die sogenannte natürliche Gotteserkenntnis; dann zeigt er, wie

in der Geschichtsschreibung des Olavus - er hat auch einige rein
historische Werke hinterlassen - der Gottesgedanke eine wichtige
Rolle spielt. Das dritte Kapitel wird seiner selbständig ausgeformten
Vorstellung vom inneren und äußeren Wort gewidmet. In einem
crescendoder Darstellung werden dann in den beiden letzten Kapiteln
der bei Olavus stark zugespitzte Allwirksamkeitsgedanke und dann
die Prädestinationslehre behandelt.

Man hat oft die Frage gesteift, wie sich die Theologie des Olavus
Petri zur Lehre Luthers verhält. Der Verfasser stellt fest, daß er in den
entscheidenden Fragen dieselbe Position wie Luther einnimmt.
Bemerkenswert ist, daß er die Lehre von der Allwirksamkeit Gottes,
die er in Luthers Schrift de servo arbitrio 1525 kennengelernt hatte,
bis zum Schluß seines Lebens in aller Radikalität festhält. Olavus ist
in seinem Denken wie in seiner Darstellungsweise markiert selbständig
und ein Mann mit einem eigenen Profil, der zuweilen die
Akzente der Verkündigung anders als die deutschen Reformatoren
setzen kann.

Auffallend ist, daß Olavus in der Frage der natürlichen Gotteserkenntnis
die Gedankenlinie Luthers im Großen Katechismus in
seiner persönlichen Weise wiedergibt: Jeder Mensch hat einen Gott
auf den er vertraut; er hat auch in der Schöpfung deutliche Zeugnisse
vom Vorhandensein und Wirken Gottes; er dreht aber das alles in
einer falschen Richtung; statt Gottesvertrauen herrscht Egoismus,
statt den wahrhaften Gott zu lieben, hält er sich an falschen
Göttern.

Ein anderes Gebiet - außerhalb der Theologie - wo die Gotteslehre
im Schrifttum des Olavus Petri eine wichtige Rolle spielt, ist die
Geschichtsschreibung. Olavus schrieb unter anderem aus eigenem
Antrieb eine umfangreiche schwedische Chronik, worin er kritisch
und ohne Verherrlichung der Obrigkeit die Quellen beurteilte, was
eine Zeitlang das Mißfallen des Königs verursachte.

Nicht ohne Einfluß der frühen reformatorischen Theologie in
Deutschland sind die Gedanken des Olavus über das innere und das
äußere Wort. Direkte Vorbilder sind schwer festzustellen; der Verfasser
hat aber z. B. in Luthers frühen Predigten klare Parallelen
gefunden. Das Wort Gottes ist viel mehr, als durch unsere Kategorien
definiert werden kann. So wie es in der heiligen Schrift offenbart
worden ist, kann es trotzdem den inneren Sinn Gottes zum Ausdruck
bringen. Es wird gegen alle menschliche Satzungen als das, was im
geistlichen Regiment allein gelten soll, dargestellt. Eine der Hauptschriften
des Olavus hat zum Titel: Vom Wort Gottes und den
Geboten und Satzungen der Menschen, 1528.

Die Abhandlung gipfelt in den beiden letzten Kapiteln in einer
Darstellung über Allwirksamkeit und Prädestination. In einer Auseinandersetzung
mit dem dänischen Karmclitermönchen und Reformkatholiken
Paulus Helie betont Olavus in aller Schärfe die
göttliche Allwirksamkeit, die nicht nur alle menschlichen Verdienste,
sondern auch den freien Willen ausschließt. Der Verfasser prägt für
diese Vorstellung den Terminus Allkausalität. Für Olavus ist aber
diese ^eite der Gotteslehre nicht eine philosophische Überlegung,
sondern eine unausweichliche Konsequenz von dem, was die Bibel
von Gott dem Herrn und Schöpfer aller Dinge sagt. In einer expressiven
Ausdrucksweise sagt Olavus, daß „Gott sowohl den kleinsten
Wurm, der auf der Erde kriecht, wie den höchsten Engel im Himmel
regiert". Diese Allmacht ist der Vernunft zuwider und dem Menschen
undurchschaubar. Deshalb wird sie als „Gottes heimliche Wirkung"
bezeichnet.

Die Prädestination ist nach Olavus nicht so sehr an die Rechtfertigungslehre
gebunden, sondern wird eher als eine Folgerung der
Allwirksamkeit Gottes beschrieben. Das bedeutet aber für ihn keine
Ungewissheit über das eigene Heil, sondern im Gegenteil eine Verankerung
der Erlösung und des Glaubens daran in dem einzig wahrhaftigen
Grund, dem Wirken Gottes und dem Heilswcrk Christi.
Somit dienen für Olavus die kompromißlosen Gedanken über die
Allmacht Gottes zum Trost des Gewissens und zur Befestigung des
Glaubens.