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Ausgabe:

1990

Spalte:

739-741

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Wiefel, Wolfgang

Titel/Untertitel:

Das Evangelium nach Lukas 1990

Rezensent:

Strobel, August

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Seite 1, Seite 2

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Theologische Literaturzeitung 115. Jahrgang 1990 Nr. 10

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einer sein wird' (Sach 14,9)." (137). Entsprechend endet auch der Art.
,Erwählung': Juden und Christen sollen „zu ihrer je eigenen Erwählung
gläubig stehen. Sie sollen aber hoffen, daß das letzte Erwählungs-
wort Gottes für beide ausgesprochen werden wird" (112). Demgemäß
heißt es im Art. .Eschaton': „Beim letzten Endpunkt der Menschheitsgeschichte
, wenn alle und alles ins Erdreich Gottes übergehen
werden, wird es keine jüdisch-christliche Konkurrenz vor dem ,Gott
alles in allem' geben." (117), vgl. 1 Kor 15,28. Rückfragen werden geweckt
, wenn im Art. ,Holocaust' „Jesus ein jüdisches Holocaust-
Opfer des heidnischen Antijudaismus" (157) genannt wird. Ist die
jüdische Einordnung auf dieser Linie „christliche Glaubenserkenntnis
" (ebd.)? War Pilatus heidnischer Antijudaist? Vgl. Art. ,Jesus von
Nazareth'(180).

5.) Dem Buch ist ein Personen- und Sachregister beigegeben
(459-474) mit über 950 Namen, Begriffen, hebräischen Worten. Eine
Liste der Gestalten der jüdisch-christlichen Geschichte wird hinzugefügt
(451-458). Daß Martin Buber hier fehlt, kann nur ein Versehen
sein, da sogar Chagall, Jaques Maritain, Joseph Roth genannt werden.
- In der Begriffstabelle ist Scho'a (XV) als Verweiswort zu kennzeichnen
, da ein eigener Artikel fehlt.

Für die genau umschriebene Zielgruppe der im Dialog engagierten
Nichttheologen kann das Buch von großem Nutzen sein.

Magdeburg Christoph Hinz

Neues Testament

Wiefel, Wolfgang: Das Evangelium nach Lukas. Neubearbeitung.
Berlin: Evang. Verlagsanstalt 1988. XVIII, 418 S. gr. 8" = Theologischer
Handkommentar zum Neuen Testament, 3. Lw. DM 27,-.

Wolfgang Wiefel (Leipzig) liefert die Neubearbeitung des seit 1961
in 10 Auflagen verbreiteten und geschätzten Kommentars von W.
Grundmann. Er war über lange Zeit der einzige vollständige neuere
wissenschaftliche Kommentar zum dritten Evangelium. Nach mehr
als einem Vierteljahrhundert schien es in der Tat endgültig angezeigt,
das Werk einer Neubearbeitung zu unterziehen und es auf den Stand
der wissenschaftlichen Diskussion zu bringen. Sollte auch die Auslegung
ihrer Substanz nach in einem vertretbaren Maß erhalten bleiben
, so hat nun Wolfgang Wiefel doch bei alledem eine gründliche
Revision, Fortschreibung und Ergänzung vorgenommen, die man nur
begrüßen kann, zumal es ihm gelungen ist, der neueren Forschung
und Auslegung mit Fleiß, Hingabe und Sorgfalt zu entsprechen. Die
Hinweise auf die Literatur und Forschungslage sind eingehend und
ausgewogen, dazu in jeder Hinsicht up to date, wobei man besonders
anerkennen wird, daß die Einleitung (S. 1 -37) perfekt informiert und
in hohem Maße einen ausgewogenen Standort vertritt, dem sich der
Leser gerne anvertrauen kann, zumal der Zugang zur neueren Diskussion
ebenso glaubwürdig wie ausgewogen kritisch hergestellt wird.
Was die ohne Zweifel schwierige Verfasserschaftsproblematik angeht,
so vermeidet der Vf. im Blick auf die traditionelle Gleichsetzung mit
dem Paulusbegleiter Lukas primär unter Hinweis auf die umstrittene
Authentizität des Kol (s. 4,14) und des 2Tim (s. 4,11), jede Kombination
(S. 1), zumal er auch der altkirchlichen Tradition nicht in dem
gebotenen Maße vertrauen könne. Ein prägender Einfluß der Theologie
des Paulus sei zudem nicht oder nur in sehr abgeschwächtem Maße
erkennbar" (S. 4). Was die Abfassungszeit angehe, so weise die im Ev.
vertretene Bedeutung Jerusalems mit der Schilderung seines Schicksals
(Lk 21.20-24) überdies in die Zeit nach 70, wogegen am wenigsten
die Apg spreche. Die Folgerung lautet dementsprechend konsequent
(S. 5), „die Abfassung des lukanischen Schrifttums nicht vor 75
n. Chr. anzusetzen und für den Abschluß des Doppelwerkes bis in die
Zeit etwa um 85-90 herabzugehen". Wer anders denkt, weiß somit
klar, wo er kritisch mit seiner Argumentation anzusetzen hat, die
Position des Vf. selbst ist jedenfalls auf den Punkt gebracht und in sich

schlüssig. Auch für die Quellenbenutzung und ihre Verwendung (§ 2)
empfängt der Benutzer des Kommentars die erwünschte eingehende
Information,, nämlich (S. 16): „Unbeschadet einer Fülle darüber hinausgreifender
hypothetischer Möglichkeiten glauben wir damit rechnen
zu können, daß Lukas neben Markus und Q eine ihm vorliegende
Sondergutquelle (SLk) benutzt hat und zusätzlich auf eine vorgeformte
Kindheitsgeschichte und gestaltete Passions- und Ostertradi-
tion zurückgreifen konnte". Seinen Vorlagen gegenüber habe sich der
Evangelist eher konservativ verhalten. Ein weiterer § 3 handelt über
„Die Gestaltung der Uberlieferung zu einem einheitlichen Werk
durch Lukas", worin der Leser vorweg über sprachliche und stilistische
Sachfragen die gebotene Auskunft erhält. Hinzu kommen sodann
die prägnant gehaltenen wesentlichen Hinweise auf die thematischen
Eigentümlichkeiten der lukanischen Theologie (S. 17-22), wobei als
Thema festgehalten ist (S. 19): „Als Mitte der Zeit, die sich von der
Schöpfung bis zur Parusie Jesu Christi erstreckt, ereignet sich das
Kommen Jesu in die Geschichte. Ihm gilt sein Bericht". Endlich folgt
mit § 4 eine nicht minder wertvolle Darstellung der exegetischen
Arbeit am Evangelium „von der Mitte der fünfziger bis zum Beginn
der achtziger Jahre" (S. 22-41). Sie gibt dieser Neuauflage im besonderen
das Gesicht, zumal die Übersicht auf Vollständigkeit bedacht ist
und in der Tat nach einer Phase des allzu kritischen Umgangs mit
diesem Evangelium erneut überzeugend auf die Anerkennung seines
theologischen Ranges pocht. Unbeschadet offener Fragen, „vor allem
im Bereich der Quellenkritik" (S. 37), werde heute der theologische
Rang der lukanischen Konzeption wieder anerkannt und zugleich
„eher positiv als kritisch" gewertet. Von dieser Überzeugung und
Einsicht her hat der Vf. den Kommentar mit Hingabe neu bearbeitet,
und man wird ihm hierfür dankbar sein müssen, wobei es hier nicht
die Aufgabe sein kann, auf Details einzugehen, die verständlicherweise
der Meinungs- und Deutungsvielfalt unterliegen. Eingehen
möchte der Rez. aber freilich etwas näher auf die folgenden Sachfragen
von einigem Gewicht.

Bei der Auslegung der Stiftungsperikope des Herrcnmahls (Lk
22,19t) bleibt des näheren außer Betracht, ob und wieweit die luka-
nische Fassung etwa bewußt die damalige urchristliche Gemeindefeier
und Abfolge widerspiegelt, obschon richtig und wegweisend
erkannt ist, „daß die auf eigenständiger Überlieferung beruhende
Einheit V. 19.20 dem nach Ergänzung verlangenden Passamahlbericht
V. 14-18 angeschlossen wurde, um die Stiftungsworte Jesu
festzuhalten und das Geschehen des letzten Mahles Jesu zu verdeutlichen
. Es nimmt den Platz ein, in dem in den urchristlichen Mahlzeiten
das Herrenmahl gestanden hat, nämlich nach dem Sättigungsmahl
" (S. 366). In der Tat zeigt die lukanische Darstellung hier in
hohem Maße den „Sitz im Leben" des Zeugnisses an, verbunden mit
dem entschiedenen Willen, die historisierende Berichterstattung zür
unmittelbaren kerygmatischen Vorlage der eigenen urchristlichen
Feier zu erheben. Deren Ablauf trug in der Tat der Abfolge von Agape
(Sättigungsmahl) und Eucharistie (Herrenmahl) konsequent Rechnung
. Zutreffend erkannt ist ferner (S. 385), daß die Gestaltung des
Verhörs vor dem Synhedrium (Lk 22,66-71) „weitgehend selbstständig
" geschehen ist und daß damit die „umstrittene Frage nach der
Gerechtigkeit des Prozesses Jesu vor dem Hohen Rat" unmittelbar
berührt ist. Wir vermissen aber für diesen wichtigen Zusammenhang
anderwärts gegebene Hinweise und Hilfen zum tieferen Verständnis
der Sache selbst, die eine gewisse Klärung hätten liefern können,
zumal gerade die lukanische Darstellung jede Beachtung verdient (s.
A. Strobel, Die Stunde der Wahrheit, Tübingen 1980). Luk. hat In
diesem Zusammenhang eine ganze Reihe von Korrekturen vorgenommen
, die zeigen, daß seine verarbeitete Überlieferung mit der
historischen und juristischen Problemlage in hohem Maße vertraut
war. Der Vf. ist sich der schwierigen Sachfragen zwar bewußt (S. 385),
verbleibt aber bei der traditionellen Meinung, daß die „rechtsgeschichtlichen
und quellenkritischen Fragen kaum überzeugend geklärt
werden können". Wir möchten diesen Standpunkt respektieren,
vermögen ihn aber nicht zu teilen, wofür andererwärts hinreichende