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Ausgabe:

1990

Spalte:

736-738

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Nielsen, Kirsten

Titel/Untertitel:

There is hope for a tree 1990

Rezensent:

Waschke, Ernst-Joachim

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Theologische Literaturzeitung 115. Jahrgang 1990 Nr. 10 736

735

Schmidt, Werner H.: Exodus, 4. Neukirchen-Vluyn: Neukirchener
1988. VII, S. 241-312 gr. 8° = Biblischer Kommentar. Altes Testament
, II, 4. Kart. DM 26,80.

Die hier zu besprechende Lieferung (zu Lief. 3 s. ThLZ 111, 1986,
8090 umfaßt die Kommentierung der Kapitel Ex 5 und 6. Das erste
Stück, Ex 5,1-6,1 (S. 241-265), versteht der Vf. als einen einheitlichen
Text, der vom Jahwisten gestaltet wurde und die Einleitung zu
dessen Plagenzyklus bildet, aus dem daher auch Mose nicht eliminiert
werden kann. Als Zusätze können nur 5,4 sowie die Wendung „mit
starker Hand" in 6,1 und die Nennung Aarons in 5,1 .(4.)20, an dessen
Stelle ursprünglich möglicherweise die Ältesten fungierten, angesehen
werden. Vorgegebene Überlieferungselemente, die in frühe Zeit
zurückführen, sind wohl einerseits der Titel „Gott der Hebräer" (5,3,
dazu Exkurs 9, S. 259f), mit dem allerdings von vornherein Jahwe
gemeint ist, wie auch der Begriff der Hebräer nur auf Israel als ethnische
Größe bezogen werden kann, und andererseits das Motiv des
Opferfestes in der Wüste (dazu Exkurs 8, S. 251-253). Das letztere
dürfte mit Ex 18 und der dort bezeugten Überlieferung von einer
Beziehung Moses zu den Midianitern zu verbinden sein. Der Text als
ganzer ist jedoch durchgängig das Werk des Jahwisten, so daß es nicht
möglich ist, eine ältere Überlieferungsstufe zu rekonstruieren.

Auch das priesterschriftliche Stück Ex 6,2-12 (S. 266-292) ist für
den Vf. ein literarisch einheitlicher Text, der allenfalls in V. 6 einen
redaktionellen Zusatz erhalten hat („mit ausgestrecktem Arm"). Der
Vf. ist hier vor allem bemüht, den genauen Ort und Stellenwert des
Stückes innerhalb der Priesterschrift, insbesondere durch Vegleich
mit Gen 17, herauszuarbeiten und dabei erneut die Eigenständigkeit
der Priesterschrift als einer in sich geschlossenen Quellenschrift zu
erweisen. Darüber hinaus geht er auf Einflüsse von Seiten der Prophe-
tie, vorrangig Ezechiels, sowie auf den jetzigen Gesamtzusammenhang
im Exodusbuch ein. So deckt er ein dichtes Beziehungsgeflecht
theologischer Aussagen auf und leistet damit einen gewichtigen Beitrag
zur theologiegeschichtlichen Bedeutung der Priesterschrift als
ganzer, sowohl für sich besehen als auch im Rahmen des Penta-
teuch.

Die Genealogie in Ex 6,13-30 (S. 293-312) ist ein späterer und in
sich uneinheitlicher Einschub in die priesterschriftliche Darstellung.
Darauf kann hier nicht näher eingegangen werden.

Mit der vorliegenden Lieferung ist der erste Teilband dieses wahrhaft
monumental angelegten Kommentars abgeschlossen. Wie
schwierig die dabei zu lösenden Probleme sind, zeigt vor allem die bei
Ex 5 erneut aufgeworfene Frage nach der Erfaßbarkeit alten Überlieferungsgutes
innerhalb der jetzigen Texte und der ursprünglichen oder
sekundären Zuordnung von Texten und Stoffen im Werk des Jahwisten
(S. 254). Daß solche Fragen gestellt werden müssen, aber oft
nicht sicher zu beantworten sind, macht der Vf. zur Genüge deutlich.
Gleichwohl bietet er stets gründlich durchdachte und ausführlich
diskutierte Lösungen an, die die Forschung durchgängig weiterführen
und die nicht zuletzt auch beim Streit um die Pentateuchquellen sehr
ernst zu nehmen sind. So stellt bereits dieser Teilband fraglos einen
Markstein für die Auslegung des Exodusbuches dar. Möge der Vf. die
Kraft finden, seine Arbeit mit gleicher Intensität für einen weiteren
Teilband fortzuführen.

Jena Joachim Conrad

Stansell, Gary: Micah and Isaiah: A Form and Tradition Historical
Comparison. Atlanta, GA: Scholars 1988. VII, 165 S. 8" = SBL. Dissertation
Series,85. Kart. $ 10.95; Lw. $ 16.95.

Die nunmehr nach sieben Jahren gedruckt vorliegende, seinerzeit
von H. W. Wolff betreute Dissertation vergleicht die Prophetie des
Micha mit der des Jesaja, um die immer wieder und vielfältig behauptete
„Verwandtschaft" beider genauer zu klären, indem sie formkritische
Fragestellung und traditionsgeschichtliche Arbeit verbindet. Vf.

geht aus von einem sicheren Textminimum für Micha (Mi 1-3) und
ordnet ihm bei den Untersuchungen jeweils jesajanische Texte zu
("Introduction", 1-7).

Am Anfang steht die Untersuchung der Theophanie-Tradition
(9-38) (Mi 1,2-7; Jes 30,27-33; 29,5f; 31,4; 6,1 ff; 3,13-15), aus der
sich ergibt, daß beide Propheten dieselben Traditionen "in functio-
nally different ways" benutzen (34). Ein Exkurs zu Samaria und dem
Nordreich bei beiden Propheten (34-38) beschließt diesen ersten
Teil.

Danach wendet sich Vf. der Frage von Jerusalem und der Zion-
Tradition zu (39-66) (Mi 1,8-16; 3,9-12; Jes 8,18; 14,32;
28,16-17a; 8,9f; 17,12-14; 29,1 ff; 31,4-5; 1,21-26; 5,14.17;
32,9-14; ein zweiter Exkurs vergleicht Mi 1 ,(8f)10ff und Jes 10,27bff
[63f]). Wiederum wird die unterschiedliche Rezeption derselben Tradition
bei beiden Propheten deutlich.

Die sich anschließende Bearbeitung der Frage prophetischer Konflikte
und Oppositionen (67-99) (Mi 3,5ff; 3,11; 2,11; Jes 28,7-13;
3,1 ff; 9,14; 29,10 zum Thema des Konflikts und Mi 2,6f; Jes 30,9ff
zur Frage der Opposition gegen die prophetische Botschaft) führt trotz
vieler Ähnlichkeiten auch hier zu einer differenzierenden Sicht, um
sowohl Micha als auch Jesaja gerecht zu werden.

Schließlich greift Vf. das Thema der Sozialkritik auf (101 -132) (Mi
3,1-4; 3,9ff; Jes 3,13-15; 10,1 ff; l,21ff; 5,20.22f; 5,1-7; l,10ff zu
Ungerechtigkeit und Ausbeutung und Mi 2,1-5; 2,8-10; Jes 5,8-10
zum Thema der Enteignung von Land; ein dritter Exkurs vergleicht
den Begriff „mein Volk" bei Micha und Jesaja [117-120]) und erklärt
die Ähnlichkeiten erneut mit dem Hinweis auf "their adaptation and
dependenceonacommon heritage"(121, vgl. 129).

Eine Zusammenfassung (133-135) wiederholt die erarbeiteten
Erkenntnisse und bestätigt das gewonnene Bild: "In general it may be
said that no evidence of what might be called 'influence' has been
discovered. In those cases where a decided similarity has been found,
the evidence points rather in the direction of dependence upon common
tradition or common speech forms which were available to
them."(133).

Vf. hat mit dieser erfreulicherweise knappen Arbeit überzeugend
geklärt, in welchem Sinne Micha und Jesaja als „verwandt" bezeichnet
werden können. Er hat damit gleichzeitig die Orginalität beider
Propheten an entscheidenden Traditionen und Themen vorgeführt.
Die sich abschließend aufdrängende Frage, wie die weitergehende
Tradition der Micha- und Jesaja-Worte selbst vorzustellen sei,
benennt Vf. wenigstens nochj(135). Er verweist auf einen gemeinsamen
Redaktionsprozeß beider Bücher und auf die Rezeption der
unterschiedlichen Positionen beider Propheten durch Jeremia, der
Micha aufgreife, und Hananja, der mehr in der Tradition des Jesaja
stehe. Eine mögliche Rolle der deuteronomistischen Bewegung bei
solchen Traditionsvermittlungen und Redaktionsprozessen wird aber
vom Vf. nicht erwogen.

Literaturverzeichnis (137-148), Abkürzungsverzeichnis (149-151)
und ein Register zu Bibelstellen und Sachen (153-165) beschließen
die Publikation.

Leipzig Rainer Stahl

i

Nielsen, Kirsten: There is Hope for a Tree. The Tree as Metaphor in
Isaiah. Transl. by C. and F. Crowley. Sheffield: JSOT Press 1989.
301 S. 8' = Journal for the Study of the Old Testament, Suppl. Series
65. geb. £20.50.

Bei dem hier anzuzeigenden Buch handelt es sich um die englische
Übersetzung der zunächst in Dänisch publizierten Dissertation: „For
et trse er der häb. Om traeet som metafor i Jes 1-39", Kopenhagen
1985.

Der Titel ist aus Hiob 14, 7-9 gewonnen. Im Hintergrund steht
allerdings die Tatsache, daß der Baum als Bild, Bildmotiv und Metapher
von hohem Wert für die Sprache des AT wie für die altorientalische
Kultur- und Religionsgeschichte überhaupt ist. K. Nielsen stellt