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Ausgabe:

1990

Spalte:

721

Autor/Hrsg.:

Blumenthal, Elke

Titel/Untertitel:

- 730 Hiob und die Harfnerlieder 1990

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Theologische Litcraturzeitung 115. .lahrgang 1990 Nr. 10

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Hiob und die Harfnerlieder

r

Von Eike Blumenthal, Leipzig
Kür Siegfried W »gner zum 5. September 1990

„. ,. ... . j-. Leben bejahen und keiner allgemeinen Todesschnsucht das Wort

D,c erste von vielen weiteren Klagereden, die H.ob. von Gott^ t sjc jhr poslllu, Urteil ühcr dcn Tod aus.

den, Verlust seiner Habe und seiner Kinder und m.t schwere Krank- yM mjl cnlcm lebensunwertcn Leben, das

Jett geschlagen, vor seinen Freunden anstimmt, mach, d« dritte Schicksi„cn von lndividucn. Kohclcl .llerdings daneben

Kapitel des nach seinem Helden benannten alt.estamen Hachen '^*^^^m fc^gen Zu«andder Weh darstellt. Zu,

H« es aus. Nachdem der Geplagte den Tag. an den, er g b EEmcWin dem Jcnseitsbild ^on Hi 3 .ragen die

und die N*ht seinu ^^^^^ l^Ji * beiden anderen Schriften aber nichts bei. da sie gleichzei.ig bzw.

« zunächst die Frage, warum er nicht bei seiner Geburt gesto bn s u als das Buch Hiob und es also nicht beeihfluÖt

da doch der Tod Frieden und Gerechtigkeit bedeute (V. 11-19). unti spawi cm

•Vag. dann weiter, wieso Jahwe denen, die. wie er. zu Tode betrübt ^J^STuch ^ Hjnwejs ^dje BagguJmm der „Könige"

Mnd. die Guns. zu sterben verweigere (V. 20-26). y |4/|S njcht eindeutig genug überliefert, um die

Der Text sieh, in der Tradition der Klagepsalmen, welche die Schil- unJenseitsvorstellung zu erhellen. Der Textbefund

derung des eigenen Elends zu hoher Ausdruckskralt entwickelt haben. He ^ ^ ^ Zusammenhang ;„ dem man

geh. aber in seinem ersten Teil mit der radikalen Ablehnung semer ^Jj^^eiiwlo eine Aussage über die W iederherstellung von

eigenen Existenz über sie hinaus: vergleichbar im AT .st nur tut ^ ^ djc Vergänglichkeit der Friedhofskultur, sondern

Selbstverfluchungdes Propheten Jeremia (Jcr 20. 14-18). . rwnteil über die Stabilität der fürstlichen Grabbauten erwartet.

L>ie beiden ersten Verse der mittleren Strophe (V. ii-iv)genoit ^ ^ Forschung den fraglichen Ausdruck

noch in diesen Zusammenhang: 1 Ruinen (haraboth)" emendiert und mit dem arabischen Wort haram

V. I I Warum verstarb ich nicht seit Mutterleibe, " jn Verbindung gebracht.4 das in der mittelalterlichen arabischen

verschied ich nicht, alsausdem Schoß ich kam? Literatur, wie auch später, zur Bezeichnung der ägyptischen Pyrami-

V. 12 Weswegen nahmen Knie mich entgegen ^ verwendet wird/ Nimmt man aber an. daß es auch im Hc-

und wozu Brüste, draus ich saugen mußte? bräischen ein *!iaram(ah) „Pyramide" gegeben und daß dieses W ort

Auch der möglicherweise dislozierte, vielleicht als Glosse zum Fol- ursprüngiicn jn y. 14 gestanden habe, so beruhte die Lesung haraboth

Senden eingefügte V. 16 ist an diesen (ictlaiikenganganzuschlicßen: au,-cincm Mißverständnis des Kontextes.

V. 16 Oder: wie eine verscharrte Fehlgeburt würde ich nicht Dje Vcrmutung mehrerer Alttestamcntler. die großen Pyramiden

dasein. von eiza hätten zu Hiobs Zeit als Ruinen gewirkt, ist wegen der

wie Kinder, welche nie das Licht gesehen. ' Berichte zeitgenössischer Reisenden unwahrscheinlich, denen die

Mit der anschließenden Beschreibung des Jenseits beginnt etwas Grabn1onumenteals W eltwunder erschienen, und sie wird noch heute

Neues, Für das sich im älteren Schrifttum des Kanons, wo ein d.stan- durch den Augenschein widerlegt. Weniger bekannte pharaon.schc

Wertes. ia ablehnendes Verhältnis zur Scheol vorherrscht, kein Vor- pyramiden ,agen freilich schon im Altertum in Trümmern, doch .st

b'W findet.' Im Unterschied auch zu anderen Äußerungen des H.ob- frag|ich ob mj, den ..(Bauten, die jetzt) Ruinen (sind)" notwendig

Buches (10.21 f- 17 |3f- 24 ">0) erscheint das Totenreich hier als Königsgräber in Pyramidenform, ja überhaupt Grabmaler gemeint

erstrebenswertes Ziel Es ist eine Stätte friedlichen Schlafes, und zwar ^ müssen B|ejb, man aber im Hinblick auf den funerären Textzu-

,n ^Gemeinschaft mit den Mächtigen der Erde: sammenhang dennoch bei der Konjektur ..Pyramiden", so .st durch-

V n c«ia , JL- i ■ u . n„ r „;0hi «rhpr ob mit V. 14 tatsächlich eine direkte Assoziation on

* • i-< So läge ich letzt da und hielt mich stille. aus nicht siener. oo

loh Li- r • .. „ . _••„„. {«MivliMi verbunden ist. oder ob nicht eher dem Verlasser die an
ich schhelc.ia mir wäre Ruh vergönnt- Ägyptischem verounun . N,_____ B,;,h^

V u u . ., . . n-, „ „„„ Her thehan sehen Beamtenlncdhote des Neuen Reiches
v -14 bei Konigen und bei des Landes Raten. Formen du tneDaniscnc _ . s. _

a- t • - ■ ■ l . „■ • , «H,n von Pvramidcn bekrönten lurstlichen Grabmaler or

die Trümmerstätten filr schauferbauten; orientierten, von ryran"«»

V l«...... • i- uu.ivn « ......Hon die se t he enistischer Zeit, wahrscheinlich aber

v. 15 vielleicht auch bei Amtsträgern, die Gold haben. Augenstanden.aieseii.it

6 „,„ . e ;m ostmitte meerraum gebaut wurden und die es nach

die ihre Häuser voll mi, Silber ,uIlten. schon In. e, » CMnttteh ^ ^ ^

aufhört hKngt 8bCraUCh S0Zia'C" F tma ü' Vermutlich hat "aber Hiob an Bauwerke des Auslands

gehört haben: stina ga . ^ def großen Konjge ,sraels werden im AT

• n Dortstellen Friedensstörer ein ihr Toben. Rande erwähnt wogegen die ehrenvolle Bestattung in steiner-
. dort haben Ruhe, die an Kraft Erschöpften. Grüften nach Jcs 14.18.20 den Königen der Heiden als etwas

Schuldsklaven werden befreit: selbstverständliches zukam und nur dem besiegten, verworfenen
■ lx Gebundene sind gleichfalls sorgenlos. j* . vQn liabc| vorenthalten wurde. Ungewiß, aber fiir das Verdes
Treibers Stimme hören sie nicht mehr. ..-"dnis unerheblich ist schließlich, ob mit den ..Häusern" in V. 15
We Unterschiede zwischen Armen und Reichen sind aufgehoben: ^nWohnbau!en oder die Grabgebäude der Wohlsituierten gemeint
V- 19 IX-r Kleine und der Große sind dort eins. sj'nd denn was hier charakterisiert werden sollte, war vor allem der
und frei on seinem Herrn ist der Versklavte. märchenhafte Reichtum, der den Besitzern zu Lebzeiten wie im Tode
'"'hrer Grundstimmung sind diese Visionen denen Kohelcts . tand.
'7'eh. wenn er die Toten und mehr noch die Ungeborcncn gluck- 'u *m,ich ^Us man aber die beiden Verse nicht überbewer-
,ther schätz, als die Lebenden, die den, l inrecht dieser Welt ausgehe- ToüesVorstellungen in Hi 3. wo sich der Dichter einerseits an
e" sind < Koh 4.2-3). den Tag des Todes dem du Cicburt vorzieht tcn. l* ^ ^ amjcrerseits ^ Verschwinden
,Koh 7.|) und ^ Scmcksa| ejner Fchlgeburt für besser hält als das a e ^ ücgcnsätze erwartet, sind ja nicht aus einem Guß. Sie
Unseligen, der unfähig ist. sein irdisches Wohlergehen zu gerne- «w njch( ^ ^ Rahmenhand|ung abgeleitet: Weder das
»Koh 6.4-*>. Eine ähnliche Überzeugung vertritt auch Jesus m ^ ^-h üelängenschaft. Unfreiheit und Armut geho-
*WCh, der meint, daß der Tod besser sei als ein Dusein in Krankheit •«**. ^ öberdie sich Hiob beklagt. So muß man vermuten.
'"*» Leid (Sir 30.17). Die beiden Weisheitslehrer sind Hiob auch dann rtn |i|crarisches Jenseitsideal verwendet wonfcn «. /u
verwand,. dM Mc im < ,e,s, d« MMiscKM » Ibcrlie.uung grundsat/hch dal