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Ausgabe:

1990

Spalte:

682-683

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Trobisch, David

Titel/Untertitel:

Die Entstehung der Paulusbriefsammlung 1990

Rezensent:

Lindemann, Andreas

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Seite 1, Seite 2

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Theologische Literaturzeitung I 15. Jahrgang 1990 Nr. 9

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Auch wenn man diese zum Teil eigenwilligen Wortbildungen ab- da. wo er nicht dem heutigen Gebrauch entspricht, lebendig, alles in

lehnen sollte, so sind sie doch durchweg für jeden Leser nicht nur ver- allem eine beeindruckende, ausgezeichnete Vermittlung der Aussagen

ständlich, sondern vermögen auch den Text weithin gut aufzu- des griechischen NT. Dabei handelt es sich, im Vergleich zur Fülle

schließen. Unmögliche Worte - z. B. für map*; (Korb) 4mal der fast gerade auch neuerer Übersetzungen, um eine eigenständige, schöpfe

unbekannte Ausdruck „Zaine" - sind eine ganz seltene Ausnahme. rische Erarbeitung. Sie hat Kanten und Ecken, an denen man sich

Stier entscheidet sich für diese Wortwahl, um die im Urtext vorhan- stoßen kann. Das aber spricht nicht gegen, sondern für sie. Sie regt

dene Differenzierung (neben mupk für „Korb" auch »iwvrjc. vgl. Mk auch diejenigen evangelischen Leser, denen der Luthertext geläufig

8.19 und 8.20) nachzuvollzichcn. Solche Korrektheit der Über- ist, zu erneutem Nachdenken an und hilft zu tieferem Eindringen in

Setzung findet sich mehrfach. So Mk 5,41: Während Luther und den neutestamentlichen Text. Daß der Kösel-und der Patmos-Verlag

andere ..Mädchen, steh auf aufweisen und fortfahren „sogleich es gewagt haben, Stiers Ubersetzung zu verlegen, obwohl keine gro-

-stand . . . auf, liest man bei Stier „Mädchen, wach auf - „und gleich ßere Auflage zu erwarten ist, muß gewürdigt werden. Vor allem ist den

stand . . . auf". Das entspricht genau der griechischen Differenzie- Herausgebern, Eleonore Beck, Gabriele Miller und Eugen Sitarz. zu

mng: tfape-xai r.MiK Aw.mr,. Oder Rom 7.19: „Nicht dasGute, das danken, die als Hörer und Mitarbeiter des theologischen Lehrers die

ich will, tue ich (JttHtt», sondern das Üble, das ich nicht will, das mache nicht geringe Mühe auf sich genommen haben, das Manuskript druck-

ich Ixpdoow)." Oder Mt 7 25 .. und fielen jenes Haus an" fertig zu machen. Das von ihnen verfaßte, der Ubersetzung zugefugte

toooftmmv) und Mt 7.27: .....und schlugen jenes Haus an Nachwort ist ebenso lesenswert wie aufschlußreich.

lt/*wm(faii". Lehnitz Werner Scheidacker

Für die. wie mir scheint, besonders gelungene Wiedergabe von Verdopplungen
im Urtext seien aus der Fülle der Fälle lediglich drei ver- _ . t.,
schiedene Beispiele iiifecluhri Trobisch, David: Die Entstehung der Paulusbr.efsammlunR. Studien

nicdcnc Beispiele aufgeführt. Anlangen christlicher Publizistik. Freiburg/Schweiz: Uni-

- Mk 4.12: „Umherblicken und umherblicken - und doch nicht ^^S^ingcn: Vandenhoeck & Ruprecht 1989. IX.
sehen, hören und hören - und doch nicht verstehen." (M § gr g. = Novum jestamentum et Orbis Antiquus. 10. geb. sFr

- Mk 4.41: „Und Furcht überkam sie. große Furcht." 42-

- Mk 5.42: „Und gleich gerieten sie außer sich - gewaltig außer

Sjch.. Die frühe Geschichte der Sammlung der Paulusbriefe liegt lur uns

Zur Genauigkeit seiner Übersetzung gehört auch, daß sich Stier an weitgehend im Dunkel: um so üppiger blühen die - auf Vermutungen

die im Griechischen vorhandenen Tempora hält. So gib. es. manch- und allgemeinen Erwägungen beruhenden und daher einander oh

mal in ein und demselben Vers (z B Mk 8.1) und ,n einem Absatz widersprechenden - Spekulationen. Es ist angesichts dessen sehr ver-

-hrmals einen Wechsel zwischen Vergangenheit, und Gegenwart. dienstvoll. daß die bäGJtaJ» £ eitctc J—^

form. Was in einem deutschen Aufsatz nicht möglich wäre, der neu- wendung moderner Hilfsm, tel sowohl das ^"^r «

•estamenthehe Text verliert dadurch auch in seiner Übersetzung zum Corpus Paulinum vollständig s ehtet ^ »uch anüke Br^

njchts eh- r t i Sammlungen zum Vergleich heranzieht. T. geht so vor. daß er die

Der-Emd^kX^erschen Übersetzung soll durch zwei Reihen (nach seiner Zähhing: neun, <~******

"gänz, werden. Auch dabei handelt es sich lediglich um eine Bei- briefe ,n Handschritten und ^

spielausw-ihl rückwärts verfolgt, ausgehend von den Minuskeln bis hin zu den

7tm . . , , . . . n pmmmU,, die zum Papyri und den Kanonsverzeichnissen. Er kommt dabei zu dem Erzürn
ersten nenne ich evemn arisch aus den rastoraitn tut /.um '«w11 _ _*__, «_■

T,.ii u . F .« ■ • h , ,n ,w Finheits- aebnis cs habe zwei Sammlungen gegeben - eine Sammlung von drei-

Tul sehr eingangige Wahl ^«^ ^^^^^ an Gemeinden und Einzelpersonen gerichteten Briefen in der

«nd der Lutherubersetzung unterscheiden. Sie linden „ch vor affemn ze .„Berdem eine „katholische" Sammlung,

den vielen Aufzählungen dieser Briefe. I T.m 1,9. Ruch lose. (c uns g au g g nimm, J an. daü

«*ne, Menschenmeuch.er. 1.13: Menschenjager GewaUrnens h im Hebr und im Eph ursprünglich nicht enthal-

£ ^eldscheftler 3. : Mfa-*^ ^ZlLc in, Röm und im 1 Kor für diese Ausgabe getilgt

J schentragensch. 4.7: Klatschweiberfabe.eien. . 3. Kla.sc • ^^^^ dicscs Befundes sieht er ein grundsätzhehes Pro-

^Migtuerei. 2Tim 2.24: lehrtüch.ig. 3.2: selbs.ve hebt. 3.4. tat wunde g ^ die Tex.geschich.e bi

,aud.g. gottfreudig, 3.2: protzig, lästerlich, 3.3: herzlos, hemmungs- blcm der i wronu»

Li k»r nipm ils weiter als bis zu den Ausgaben der Briefsammlung (S.

k|agt. unbotmäßig, 1.7: Trunkenbold. Schläger, 1,10: Seelenbetorer. aber niemals weiter

■ ™----■ v . . ["iiiij) MHMIIVIIt J,.'. in,i/.iU3, laxmiJim ajf1----------------- - --------■--------o--------------

os. lästerlich, 4.3: Ohrenkitzel, 4,4: Heilsbotenwerk. Tit 1,6: ange- zum „Urexcmplar" eines Briefes zurückzuverfolgen: man komme
Jagt, unbotmißig, |,7: Trunkenbold. Schläger, 1,10: Seelenbetorer. aber niemals weiter als bis zu den Ausgaben der Briefsammlung (S.
-3: Priesterlich würdig. 2.9: gutwillig. 3.3: widerwärtig, gehässig. I07I A 7). T. vergleicht dann antike Briefsammlungen echter Privatum
zweiten sollen einige Beispiele aus dem Römerbrief der lllu- briefe, die tatsächlich geführte Korrespondenz der Nachwelt über-
UfMion treffender, den Text gut erschließender und den griechischen liefern wollten (vorallem Cicero, Plinius d. J„ Cyprian, abcrauch an-

m. Be derc Autoren). Hier zeige sich die Tendenz, die Briefe nach Adres

"°nlaut adäquat wiedergebender Ausdrucke dienen. 2,25. -oe- chronologisch zu ordnen: auch seien Anhänge beigetügt

«hneidung nützt ja wohl, wenn du das Gesetz verwirklichst saic dum aocn grfghehte Briefe enthalten konnten. Für den

fw« 3,24: „Gerechtgesprochen werden sie geschenkwe,^ wjcntige Forrnmerkma|e (Datum, Grußlis.e. Beilagen

«**«H 5.14: „So wurde der Tod König" iifivitM). JJ* ™ ^ mm njcht se„en geti,gt. Dcr Ursprurig solcher Briefsamm-

« ein Voraushild (TWldtf des Künftigen" <r<»; fw/.?.ovw;). 5,2U. „aau « • ^ Vcrfasscr sc,bs, der sie am Lebensende

J Verfehlung sich häufe" (xtemfeff). 7.2: „Die Frau, die unter unge g ejnen ,estamemarischen Charak,er er-

^annesgewal. steht" (rj*n*OC* 7.14: „geistgewirkt" - ..Heisch- in d c Wege ,

glimmt" ixmpaa»* ~ 9.211 ..Ton, aus e.n und dem- n« ter. Meulcn diesc Beobachtungen nach Meinung

, en {;eknct (fop&ftamt^ ... das eine zu einem geachteten (« r///»/v). ^ ,ol ,ndcs- Die Briefedition ist ganz einheitlich erfolgt, wie die

as andere zu einem verachteten (rj( Axifuiv) Stück." 11.21: »natur- • verwendete Codexform zeigt: am Anfang stand Wahlschein-

fuchsigen Zweige" {xavi fötm). 12.1: ..wortgemäßen (ierflX/ff) « Sarnm,ung Röm. Kor, Gal. die dann durch eine zweite

l,°llesdienst". 13.4: (Gottes) „Rechtsprcchcrin" (HxAmK). Sammlung ergänzt wurde (andernfalls sei die Abfolge Gal - Eph nicht

^schließende H ürdigung. erklären) Denkbar, wenn auch nicht sicher zu erweisen, sei es. daß

rro«z im einzelnen zu erhebender Einwände, die zum Teil vor- . _ |s Bjschof von Ephesus zu Beginn des2. Jh. fürdie endgul-

ge"-agcn wurden, ist diese Studienausgabe einer Übersetzung des INI t verantwor,|jch sei: so lasse sich jedenfalls die Auf-

™ ganzen als ein wirklich gelungenes Werk zu bezeichnen. Es ist 'J ph|mjndasCorpuserklären.

exi*t. gu, lesbar, in der Wortwahl aufschlußreich, im Sa.zbau. auch nähme