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Ausgabe:

1990

Spalte:

676-678

Kategorie:

Judaistik

Autor/Hrsg.:

Denis, Albert-Marie

Titel/Untertitel:

Concordance grecque des pseudépigraphes d'Ancien Testament 1990

Rezensent:

Holtz, Traugott

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Theologische Literaturzeitung 115. Jahrgang 1990 Nr. 9

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and formal litcrary analysis" (25). Die Bedingungen des Exils haben
Ez veranlaßt, auf die Schriftform zur Übermittlung seiner Botschart
anstelle der mündlichen Verkündigung zurückzugreifen. Der Prophet
wird Schriftsteller (37fT). Das Vorkommen vieler mit mündlicher Verkündigung
verbundener Stilformen bei Ez erklärt die Vfn. mit der
Annahme, Ez habe seine Texte mündlich vor Zuhörern verlesen (45).
Auch eine holistische Sicht steht dabei im Hintergrund: der Inhalt des
Buches geht im wesentlichen auf Ez selbst zurück. M. Greenbergs
Kommentar (AB, 1983tT) war der Vfn. wichtig, dem sie jedoch vorwirft
, er habe die Möglichkeit, Ez sei der Autor, und auch von diachronischen
Entwicklungen bei diesem selbst nicht berücksichtigt
(200.

Ihre These, das Ezechielbuch sei das Produkt literarischer Prophe-
tie. sucht die Vfn. an verschiedenen Aspekten nachzuweisen. Als
Cicsamtüberschrift der Studie bot sich die Schriftrollenvision an (dazu
500. aber als eigentlichen Ausgangspunkt wählt sie das „Stumm-
heits"-Motiv in 3.26 (48fT). Das alte Dilemma, wie Langzeit-Stummheit
Ezechiels mit seiner zwischenzeitlichen Verkündigung zu vereinbaren
sei, löst sie mit der Auskunft, Ez habe seine Botschaft schriftlich
aufgezeichnet. Im übrigen entdeckt ein kontinentaler Leser bei Davis
die Auflassung von der Prophetie, wie sie Smend u. a. bereits für
Arnos annehmen, hier aber als Neuerung Ezechiels bezeichnet: "With
Ezekiel, the goal of prophecy undergoes a profound shift. No longer is
it aimed at opening the ears of the people ... now the function of the
prophet is simply to make known ... the author ofjudgement and the
just grounds for its execution" (56). Davon abgeleitet wird ein Bild der
Propheten als eines „Archivars", der seine Botschaft sorgfältig zu
Papier bringt, sie systematisiert und ergänzt (58fT); er ist "in the
transition from prophet to scribe" (66). Auch die Zeichenhandlungen
erklären sich großenteils am besten als Schreibtischprodukte. "It is
best to remain agnostic wheter any of the sfgn-actions was actually
performed." (71)

Weitere Aspekte betreffen Ezechiels Hörerschaft (Kap. 4, 73(T).
Vfn. hält Ez 1,1 IT für einen von Ezechiel selbst stammenden Bucheingang
, der - im Ich-.Stil gehalten und ohne Einführung des Propheten
sowie mit dem bewußt elliptisch angesprochenen „30. Jahr" als
einem Prophet und Hörern vertrauten Zeitbezug - eine Intimität mit
einem bestimmten Hörerkreis verrät, der dann auch als Opposition
innerhalb der Exulantenschaft aufgebaut wird ("Establishing the
Opposition", 85ff). Auch der Gebrauch von Metaphern (95fT), von
Geschichtsrückblicken und Visionen (Kap. 5, 105fT) gehören in diese
Demonstrationsabsicht des Propheten hinein. Hier hat dann aber
auch (im Unterschied zu Greenberg), die Ergänzung durch spätere
Herausgeber durchaus ihren Platz (124). Die Gesamtabsicht Ezechiels
liegt darin, die Tradition im Lichte der Katastrophe des Falls von
Jerusalem zu reformieren. Das bedeutet auch eine Änderung in der
Stellung des Propheten (Kap. 6,127fT). Die Bedeutung der Prophetie
änderte sich seit dem Exil in der Weise, daß nun der schriftlich vorliegende
Prophetenkanon anstelle der lebendigen Wortverkündigung
zum autoritativen Erbe Israels wurde; Ez als Autor seiner „Buchrolle"
spiegelt den Übergang zu dieser neuen Situation. In Sach 1-8 glaubt
die Vfn. eine ähnliche Verschiebung zu beobachten (135).

Die Vfn. will nicht eigentlich eine Exegese liefern, sondern eine
Methoden-Hypothese für neue Interpretationsmöglichkeiten dieses
prophetischen Buches. Dieses Vorgehen macht - wie bei ähnlichen
Unternehmungen mit anderer Zielsetzung - Stärke und Schwäche
ihrer Arbeit aus. Es liegt viel Nachdenkenswertes darin, aber die
eigentliche Nagelprobe steht noch aus, denn daß Ez eine Hörerschaft
hat ("audience" ist ein wichtiger Begriff in der Arbeit) ist an vielen
Stellen seines Buches deutlich, und so sieht die Vfn. sich auch genötigt
zuzugeben, daß sich Ez zumindest als Prophet gegenüber den Exulanten
verständlich machen mußte; "many individual passages remain
close to the inherited forms of oracular speech" (126). Zu fragen wäre
manches, z. B„ ob Zeichenhandlungen als rein literarische Form
denkbar sind, ob der Ich-Stil nicht auch fiktiv sein kann (vgl. die sog.
Esra-Memoiren!), usw. Es ist gut, über neue Methoden nach/.u

denken. Aber erst ein eingehender Kommentar, der diese Überlegungen
mit einzubeziehen versuchte, konnte über das Maß ihrer
Anwendungsmöglichkeiten entscheiden.

Bochum Henning Graf Reventlow

Uffenheimer, Benjamin, and Henning Graf Reventlow [Ed.]: Creative
Biblical Kxegesis. Christian and Jewish Hermeneutics through the
Centuries. Sheffield: JSOT Press 1988. 225 S. 8" = Journal for the
Study of the Old Testament, Suppl. Series, 59. Lw. £ 27.50.

Auf Einladung der Tel-Aviv-Universität und in Kooperation mit
der Evang.-theologischen und der Kath.-theologischen Fakultät der
Ruhr-Universität Bochum fand am 16./17. Dezember 1985 in Tel
Aviv eine Konferenz von Bibel- und Religionswissenschaftlern sowie
Philosophen über Fragen der christlichen und der jüdischen Bibelexegese
statt. Die auf dieser Konferenz gehaltenen Vorträge haben
B. Uffenheimer und H. Graf Reventlow zusammengestellt und einen
ausführlichen Bericht über die abschließende Podiumsdiskussion hinzugefügt
(195-217). Verfasser und Titel der Beiträge:

M. Banitt, Exegesis or Mctaphrasis (13-29); P. Carny, Philo's Uni-
quencss and Particularity (31-38); M. Dubois. Mystical and Rcalistic
Elements in the Exegesis and Hermeneutics of Thomas Aquinas (39-54); D.
Flusser. Today if You Will Listen to this Voice'. Creative Exegesis in
Hebrews 3-4 (55-62); C. Frey, The Function ofthe Bible in Recent Protestant
Ethics (63-70); Y. Hoffman, The Technique of Quotation and Citation asatl
Interprctive Device (71-79); J. Levinger. Maimonides' Exegesis ofthe Hook
of Job (81-88); R. Liwak, Litcrary Individuality as a Problem of Hermeneutics
in the Hebrew Bible (89-101); K. Raiser, A New Rcading ofthe
Bible? Ecumenical Perspectives from Latin America and Asia (103-113): H.
Smolinsky, The Bible and its Exegesis in the Controvcrsics about Reform
and Reformation (115-130); E. Touitou. CourantsetContre-Courantsdans
TExcgcse Bibliquc Juivc cn France au Moyen-Äge (l3l-l47);J.Wallmann.
Lutheron Jcws and Islam (149-160); B. U Ifen hei mer, Some Reflections on
Modern Jewish Biblical Research (161-174); H.GrafRevcntlow. Huma-
nistic Exegesis: The Famous Hugo(irotiusl 175-191). K-H R

Judaica

Denis, Albert-Marie: Concordanee Grecque des Pseudepigraphes
d'Ancien Testament. Concordanee. Corpus des textes. Indices. Par
A.-M. Denis avec la collaboration d'Y. Janssens et le concours du
CETEDOC. Louvain-la-Neuve: Universite Catholique de
Louvain. Institut Orientaliste 1987. XXI, 925 S. Beilage: 9 Micro-
fiches4°. Lw. BF 7.500.

Seit 1960 beschäftigte sich der um die Erforschung der frühjüdischen
Literatur so überaus verdiente P. A.-M. Denis mit der Erarbeitung
der großen Konkordanz, die er 1987 mit der Hilfe von Y. Janssens
und dem Centre de Traitement Electronique des Documents der
Katholischen Universität Löwen vorlegen konnte. Ich erinnere mich
eines vor Jahrzehnten vorgelegten Probeblattes für diese Konkordanz,
das hohe Erwartungen weckte. Es war noch in hergebrachter Weise gesetzt
(und erarbeitet); das jetzt vorliegende Werk präsentiert sich im
Computer-Satz. Abgesehen von der schlechteren Lesbarkeit und vielleicht
in manchen Fällen dem unbefriedigenden Textausschnitt, hat
es durch den technischen Einsatz nur gewonnen. Zumal mit den beigefügten
Mikrofichs, für deren Benutzung allerdings besondere Lcsc-
technik erforderlich ist, bietet es eine große Fülle von Informationen
zum Wort- und Formenbestand der griechisch auf uns gekommenen
Pseudepigraphen des Alten Testaments. Und gekrönt wird das durch
den beigefügten Abdruck aller Texte, die in der Konkordanz erfaßt
werden, eine »editio minima, demunie evidement d'introduction
critique, d'appart et de notes« (S. IX).

Aufgearbeitet sind 14 komplette Schriften oder größere griechisch
überkommene Teile, nämlich VitAd; Hen(gr.); TestAbr; TcstXIL