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Ausgabe:

1990

Spalte:

672-673

Kategorie:

Bibelwissenschaft

Titel/Untertitel:

Le temps des Réformes et la Bible 1990

Rezensent:

Reventlow, Henning

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Theologische Literaturzeitung 115. Jahrgang 1990 Nr. 9

672

des Neuen Testaments nicht in der LXX belegt sind, doch liegt es
weder in der Absicht noch in der Möglichkeit dieses Werkes, auch das
darzustellen.

Endlich ist jedem Wort eine (selten auch mehrals eine) Übersetzung
beigefügt, bei Transkription auch die hebräische Grundlage. Nicht
immer ist dabei volle Gewißheit zu erreichen, und vor allem ist so die
Bedeutungsbreite und -Variation nicht zu erfassen. Aber es wird doch
ein erstes Angebot gemacht, und das ist eine wertvolle Hilfe für die
eigene Arbeit. Daß die Komposita-in Anlehnung an das Lexikon von
Pape - nach ihren Bestandteilen markiert werden, kann ihr Verständnis
zusätzlich fördern.

Das Buch ersetzt noch nicht ein dringend erwünschtes LXX-
Wörterbuch; es ist aber schon in dieser Form eine wirkliche Hilfe für
das Studium der wichtigsten literarischen Voraussetzungen des Neuen
Testaments und regt hoffentlich Bemühungen um die umfassende
Erarbeitung eines Wörterbuches zur LXX an. Doch hätte schon in
seiner jetzigen Form dem Buch eine kurze Bibliographie der wichtigsten
Hilfsmittel zur sprachlichen Bewältigung der griechischen Übersetzung
des Alten Testaments beigegeben werden sollen.

Hallc(Saale) Traugott Holtz

Stuhlhofer, Franz: Der Gebrauch der Bibel von Jesus bis husch. Eine
statistische Untersuchung zur Kanonsgeschichte. Geleitwort von
R. Riesner. Wuppertal: Brockhaus 1988. 160 S. 8° = TVG, Monographien
und Studienbücher, 335. Kart. DM 28,-.

Weder der Haupt- noch der Untertitel geben genau wieder, was in
dem Buch verhandelt wird. Der Vf., kein Theologe, sondern ein
Historiker, untersucht mit statistischen Methoden die Benutzung der
kanonischen und deuterokanonischen Bücher der Bibel von den Patr.
Apost. bis zu Kirchenvätern des 4. Jh. (Euseb, Athanasius, Augustin);
der Schriftgebrauch, den das Neue Testament selbst reflektiert, wird
nicht in den Blick gefaßt. Probleme der Kanongeschichte werden zwar
immer wieder vom Vf. - allerdings in Form reichlich allgemeiner
Erwägungen - angesprochen, tatsächlich aber nicht behandelt. Der
Vf. sieht selbst, daß das mit seinen Methoden auch gar nicht möglich
ist, da „aus dem Zitierverhalten (Frage: was wird oft zitiert?) zwar auf
die faktische Autorität zurückgeschlossen werden kann, aber nicht
unmittelbar auf die formelle Autorität" (S. 24).

Gleichwohl ist die Frage nach der Intensität der direkten Benutzung
der einzelnen biblischen Bücher durchaus aufschlußreich. Denn sie
richtet sich auf die tatsächliche Wirkung, die von der gleichsam theoretischen
Autorität des Kanons sehr zu unterscheiden ist. Allerdings
ist die Erfassung des Materials, das der Vf. statistisch präzise auswertet
, sehr grobmaschig. Er zählt die Anführungen aus biblischen
Büchern aus, die die Indizes der Ausgaben frühchristlicher Schriften
und insbesondere die Biblia Patristica Vol. I—III nennen; das ist ein
aus mancherlei Gründen unsicheres Verfahren, vor allem bei den
Synoptikern (z. T. sieht der Vf. die Probleme und versucht sie zu mildern
, betritt damit aber weitgehend den Bereich des Ermessens).
Gänzlich außer Betracht bleibt dabei der Gegenstand der ausgewerteten
Literatur, der auf die Anführung biblischer Stellen doch von entscheidender
Bedeutung sein kann. Im übrigen ist der Umfang des Materials
keineswegs allemal groß genug, um sichere Aussagen zu gestatten
.

In der Auswertung des derart unsicheren statistischen Materials
finden sich viele ungesicherte Vermutungen und Überlegungen, die
durch Quellen nicht gedeckt sind. So bleibt als Ergebnis doch nur die
Andeutung von Tendenzen, die in allgemeiner Weise anderweitig
gewonnene Einsichten in die Bibelanwendung der Alten Kirche
unterstützen können.

Halle (Saale) Traugott Holtz

Bedouelle. Guy, et Bernard Roussel: Le temps des Reformes et la

Bible. Paris: Beauchesne 1989. 811 S. gr. 8* = Bible de Tous les
Temps, 5. Kart, ffr 480.-.

In der inzwischen zum Abschluß gekommenen Reihe «La Bible de
tous les temps» behandelt dieser Band das Jahrhundert der Reformation
. Die besondere Absicht der Sammlung, vor allem den praktischen
Gebrauch der Bibel, ihre Autorität und ihre Wirkungsgeschichte
in Kultur und Gesellschaft darzustellen, bestimmt auch in
diesem Band die Gliederung (1. Teil: «Lire la Bible»; 2. Teil: «Bible,
culture et societe»), die in ihren Unterabschnitten aus Einzelaulsätzen
über einen dadurch allerdings nur sehr pauschal zusammengefaßten
Themenkreis besteht. Er unterscheidet sich von anderen Bänden
dadurch, daß die beiden Herausgeber im ersten Teil überwiegend
eigene Beiträge publiziert haben, wodurch eine größere Einheitlichkeit
erreicht, auf der anderen Seite die sonstige Vielfalt etwas eingeschränkt
wird. Weniger als sonst kommen nichtfranzösischc Autoren
zu Wort; dadurch entsteht indirekt auch ein gewisses inhaltliches
Übergewicht eines von Frankreich ausgehenden Blickpunktes. Ein
frankophoner Leserkreis ist ohnehin die Zielgruppe der ganzen Reihe;
fremsprachige Artikel wurden, wie auch sonst, ins Französische übersetzt
.

Ein deutscher Leserdenkt bei den Stichworten „Reformation" und
„Bibel" sofort an Martin Luther und ist verwirrt, seinen Namen in
keiner der Artikelüberschriften zu finden. Er wird natürlich doch
behandelt, und zwar unter «Des auteurs» (Nr. 6, S. 199-282, vpn
B. Roussel), dort an erster Stelle, zusammen mit der „Wittenberger
Gruppe" (Melanchthon, Cruciger, Bugenhagen, Aurogallus u. a.),
aber auch katholischen Bibelherausgebern (Dietenberger, Eck) und
der „rheinischen Schule" von Exegeten (Buzer, Pellikan, Ökolampad.
Capito). Es folgen Brenz, Bullinger und Calvin, Musculus und
Bibliander; aus der Zeit um 1560 A. Mariorat, Sixtus von Sienna,
Flacius. Man könnte so fortfahren; der ganze Artikel bietet auf knappstem
Raum eine Fülle von Informationen. Luther erscheint dann
noch einmal in dem Abschnitt über die Autorität der Schrift, dessen
Artikel die Antworten der Konfessionen auf dieses dogmatisch-
hermeneutische Grundproblem darstellen. Nr. 8 «Des protestants»
(B. Roussel, S. 309-324) schildert kurz Luthers Schriftverständnis,
noch kürzer Zwingli und Calvin, anschließend viel ausführlicher
Müntzer, Schwenckfeld, Menno Simons und am Schluß die reformierten
Bekenntnisse in ihren Aussagen über die Schrift. Besonders
breit angelegt ist G. Bedouelles Beitrag «L'Humanisme et la Bible»
(Nr. 3, S. 53-121). In der Tat spielt die humanistische Bibelexegese
im 16. Jahrhundert eine entscheidende Rolle, nicht nur in ihrer
Bemühung um Urtext und Textausgaben, sondern auch in der geistigen
Wende hin zur Bibel, zu ihrem modernen Verständnis, zu der
Erasmus, Lefövre d'Etaples und viele andere, die hier genannt werden,
beigetragen haben. Erasmus erhält noch einmal in Artikel Nr. 18
(A. Godin: La Bible et la «Philosophie chretienne», S. 563-586), eine
ausführliche Würdigung.

Außer über das Bibelverständnis der Protestanten erfahren wir in
dem Abschnitt über die Autorität der Schrift etwas über die katholische
Reform (Nr. 9) und die englische Bibel (Nr. 10, beide Beiträge
von G. Bedouelle), über die zeitgenössische Orthodoxie (Nr. II.
A. Argyriou) und die jüdische Exegese (Nr. 12, G. Dahan). Nr. 13
«Commenter et traduire» (B. Roussel) führt uns Beza als Ausleger der
Bergpredigt vor und geht anschließend auf die Vielfalt von Übersetzungen
der Bibel ein. Beide Herausgeber gemeinsam würdigen
abschließend noch einmal die Bibelübersetzungen (Nr. 14).

Im zweiten Teil finden sich noch anregende Beiträge über die Umwälzung
gegenüber dem biblischen Weltbild durch die Entdeckung
neuer Erdteile (Nr. 15, M. Venard), über Bibel und pastoralen Dienst
(Nr. 16, P. Denis), über Bibel und Politik (Nr. 17, M. Soulie), über
katholische Mystik und Bibel (Nr. 19, M. Huot de Longchamp),"
weiter über die französische Literatur (20, M. A. Screech) und das
(französische) Theater (21, M. Soulie) in ihrer Verwendung biblischer