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Ausgabe:

1990

Spalte:

667-668

Kategorie:

Allgemeines

Titel/Untertitel:

Tradition und Wertung 1990

Rezensent:

Haendler, Gert

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667

Theologische Literaturzeitung 115. Jahrgang 1990 Nr. 9

668

Sehr ergiebig ist der 2. Bd. für Ekklesioiogie und Kirchenrecht, da er
die Stichwortc ..Gemeinde" und „Kirche" mit vielen Komposita enthält
. Der Art. ..Kirche" ist mit 48 Sp. der umfangreichste und wohl
auch inhaltlich gewichtigste des Bandes, eine komprimierte ökumenische
Ekklesioiogie. Auf eine systematische Einführung in die Probleme
folgen gelungene Übersichten über die neutestamentlichen und
kirchengeschichtlichen Befunde. Es schließen sich Darstellungen der
orthodoxen, römisch-katholischen, anglikanischen, lutherischen,
reformierten und freikirchlichen Ekklesioiogie an. Recht gedrängt
kommt der soziologische Aspekt ins Sicht, während den abschließenden
systematischen Überlegungen zur „Kirche im Wandel" relativ
viel Raum gegeben wurde. Hier wäre der Ort, einiges über das Verhältnis
von Kirche und Gemeinde sowie Gemeindeautbau zu sagen.
Die Kritik mancher Vertreter des Gemeindeaufbaus an der kirchlichen
Institution und die Bedeutung der kritischen Gruppen müßten
stärker berücksichtigt werden.

Als bemerkenswertes Beispiel für die Aufnahme ökumenischer
Impulse sei der im alten EKL nicht vorhandene Art. „Heil" erwähnt.
Nach einer Einführung in das Thema und einer biblischen Grundlegung
werden die jüdische, orthodoxe, römisch-katholische und
reformatorische Tradition des Heilsvcrständnisscs dargestellt, jeweils
von ihrer klassischen Form bis zur gegenwärtigen Sachlage. Die
aktuelle Thematik wird sodann im Kontext Asiens, Afrikas und
Lateinamerikas behandelt. Unter ökumenischem Aspekt wird die
Frage bedacht, wie eschatologisches Heil und irdisches Wohl
zusammengehören, und abschließend auch die Bedeutung einer
pragmatisch-politischen „Salutologie" im Unterschied zur religiösen
Soteriologie erwähnt.

Meisterhaft gelungen ist der Art. „Gottesdienst", der auf knappem
Raum eine ökumenische Liturgik in nuce enthält. Wer mehr Hinweise
zu aktuellen liturgischen Fragen wünscht, findet dazu vieles in
anderen Artikeln. Geht man den zahlreichen Verweisen nach, bleibt
man leicht bei anderen Artikeln hängen, die das Interesse wecken und
sich gut lesen lassen. Insgesamt hat das Werk die im Vorwort zum
I. Bd. formulierten Aufgaben so gut erfüllt, daß man ihm nur ein
zügiges Erscheinen der weiteren Bände und viele Leser wünschen
kann.

Halle (Saale) Eberhard Winkler

begriff ist und bleibt für ihn der Begriff des schriftlich beglaubigten
Wortes, der litterae, die in diesem Falle nicht tötet, sondern zu bewahren
vermag und, geheiligt durch Gott selbst, in der heiligen Schrift ihr
absolutes und unzerstörbares Modell gefunden hat" (71). AlfÖnner-
fors bringt „In Nithardi Libros Annotatiunculae" (75-84), die u. a.
die Begriffe credulus und fidelis betreffen (810- Michael W. Herren
informiert über "A Copy of Eriugena's Glossed Greek Gospcls", die
in der Stiftsbibliothek St. Gallen vorliegt (97-106). Walter Berschin
bietet „Uodescalc-Studien III: Historia S. Uodalrici" (155-164). Der
wohl 1125 verfaßte Text einer Offiziendichtung auf den heiligen
Ulrich wird vollständig geboten (157-162). Peter von Moos untersucht
„Literatur- und bildungsgcschichtliche Aspekte der Dialogform
im lateinischen Mittelalter" mit dem Untertitel „Der Dialogus Ratii
des Eberhard von Ypern zwischen theologischer disputatio und
Scholarenkomödie" (165-209). Eberhard schrieb „als etwa Siebzigjähriger
, zwischen 1191 und 1 198" für seinen Lehrer Gilbert Porretanus
gegen Bernhard von Clairvaux. Sein Dialog ist ein „Zeugnis einer
neuen Kultur des probiematisierenden Dialogs", die mit Anselm von
Canterbury und Abaelard begann (199). Nicht erst die Humanisten
haben nach der Antike „als erste Gespräch und Kommunikation
wiederentdeckt" (204). Günter Glauche machte „Neue Beobachtungen
zur Überlieferung von Exaggeratio. Dicta Herigeri und verwandten
Eucharistietexten" (231-244). Texte von Ambrosd Hinkmar
kommen in den Blick. Fidel Rädle gibt Erkenntnisse „Zur Vorgeschichte
eines mittelalterlichen Erzählstoffes" unter dem Titel „De
Udone quoddam horribile". Die Legende von einem Erzbischof Udo
von Magdeburg, den der Teufel holte, wird auf spätantike Quellen
zurückgeführt: Cassians Collationcs, die Vitae patrum sowie auf
Gregors Dialoge. Bengt Löfstedt bietet „Not,Notizen eines Latinisten
zu Albert Krantz" (295-305). Krantz war 1463-68 Student in
Rostock, wurde dort Dekan und 1483 Rektor, ehe er in Lübeck und
Hamburg wirkte. Bekannt sind seine historischen Werke Wandalia
und Saxonia, aus denen u. a. eine Liste biblischer Zitate vorgelegt wird
(2970-

Leider fehlt eine Bibliographie des Jubilars, der sich trotzdem über
diese Gabe mit so vielen weiterführenden Beobachtungen freuen
dürfte.

Rostock Gert Haendlcr

[Brunhölzl. Franz:] Tradition und Wertung. Festschrift für Franz
Brunhölzl zum 65. Geburtstag. Hg. von G. Bernt, F. Rädle.
G. Silagi. Sigmaringen: Thorbecke 1989. XI, 332 S„ 6 Taf. gr. 8
Lw. DM 120,-.

Der Jubilar lehrt lateinische Philologie des Mittelalters an der Universität
München, also ein Fachgebiet, das auch theologische Probleme
berührt. Seine „Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters
" (I, 1975) erwies ihn als Kenner theologischer Fragen, die er
knapp und verständlich darlegt. Die Festschrift enthält theologische
Bezüge, die z. T. besprochen werden, sollen. Claudio Leonardi ,.Una
Scheda per Ugeburga" geht auf die angelsächsische Nonne Hugeburg
ein, die im 8. Jahrhundert im Kloster Heidenheim Heiligenleben
schrieb (23-26). Dieter Schaller fragt, wer der „Verfasser des Carmen
de conversione Saxonum" war (27-46); er schlägt Paulinus von Aqui-
leja vor in Auseinandersetzung mit Karl Hauck, der Lullus von Mainz
als Verfasser angenommen hatte. Gabriel Silagi und Bernhard
Bischoff bieten unter der Überschrift „Scheidung auf Galiläisch"
einen neuen Text, der bisher nur auszugsweise bekannt war (47-58).
Daraus ergibt sich eine neue Deutung: „Thema sind nicht Scheidungsprobleme
im keltischen Milieu des 7. Jahrhunderts, sondern der
Protest der von ihrem Mann verlassenen Ehefrau des Apostels Petrus"
(53). Gedichte des Hrabanus Maurus erörtert Hans F. Haefele
„Decerpsi pollice flores" (59-74). In der Frage der Heiligenbilder soll
Hraban der kritischen Einstellung der Libri Carolini nahegestanden
haben (70). Wort und Buchstabe waren wichtiger als Bilder. „Grund-

[Hanson. Richard P. C.:] Scripturc, Tradition and Reason. A Study in
the Criteria of Christian Doctrine. Essays in Honour of Richard
P.C. Hanson. Ed. by R. Bauckham and B. Drcwery. Edinburgh:
Clark 1988. VIII, 297 S., I Porträt 8°. Lw. £ 14.95.

Im Vorwort schreiben die Herausgeber: Hanson ist ein Anglikaner
durch und durch; nur wenige Themen können dem anglikanischen
Gedanken mehr kongenial sein als Schrift, Tradition und Vernunft,
das dreifache Band aller Reflexion über den christlichen Glauben
(VII). In den Schriften von Hanson findet man "an acceptancc of
scripturc as the norm of doctrine. a respeel for tradition, and an appeal
to reason and sound learning" (25). Zwei einleitende Beiträge
würdigen Leben und Werk des 1916 geborenen Richard Patrick Cros-
land Hanson. dessen Bibliographie die Seiten 27-32 füllt. Neben
Kommentaren zum 2. Korintherbrief (1954) und zur Apostelgeschichte
(1967) sowie einigen systematisch-theologischen Arbeiten
sind es überwiegend Arbeiten zur Geschichte der alten Kirche. Vor
allem über Patrick hat er immer wieder gearbeitet. Die beiden Schriften
Patricks, die Confessio und sein Brief an den Britenkönig
Corotieus, sind von Hanson ediert in der Reihe Sources Chretiennes
(Band 249, 1978).

Nachstehend seien die Mitarbeiter der Festschrift und ihre Beiträge
genannt: Benjamin Drewery: R. P.C. Hanson - A short Biographi-
cal Memoir (3-12): Antony T. Hanson: An Account of the Writings
of R. P. C. Hanson (13-26); Frederik F. Bruce: Scripturc in relation
to Tradition and Reason (35-64); A. Robert C, Lcany: The Virgin