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Ausgabe:

1990

Spalte:

611-613

Kategorie:

Dogmen- und Theologiegeschichte

Autor/Hrsg.:

Orbe, Antonio

Titel/Untertitel:

Introduction a la Teologia de Los Siglos II y III 1990

Rezensent:

Wendelborn, Gert

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Theologische Literaturzeitung I 15. Jahrgang 1990 Nr. 8

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eigenen Worten „zwischen den Fronten". Am 1. Januar 1934 übernahm
er ein Pfarramt in Dortmund. Von dort aus beteiligte er sich am
Autbau der Bekennenden Kirche in Westfalen, auch jetzt noch ,,nicht
ohne Skrupel"' (S. 1 1). Diese Entwicklung wird jedoch nur noch angedeutet
.

Edith Stallmann erweckt auf keiner Seite ihres Buches den Anspruch
, eine Haupt- oder Schlüsselfigur des Kirchenkampfes in Westfalen
darzustellen. Der Wert der Untersuchung besteht denn auch
eher darin, allgemeintypisch und exemplarisch herauszuarbeiten, wie
ein junger Theologe unter den Bedingungen einer tiefgreifenden
,.Wende" einen eigenen Standpunkt sucht und warum er erst spät zur
Bekennenden Kirche stößt. Pfarrerbiographien aus dieser Zeit gibt es
- abgesehen von den prägenden Persönlichkeiten des Kirchenkampfes
- so gut wie gar nicht. Deshalb verdient dieses Buch auch außerhalb
Westfalens Beachtung.

Bielefeld Martin Stiewe

Dogmen- und Theologiegeschichte

Orbe, Antonio: Introduction a la Teologia de Los Siglos II y III.

Tomo l'Il. Roma: Editrice Pontificia Universita Gregoriana 1987.
XIX, 1053 S. gr.8° = Analecta Gregoriana, Vol. 248. Series
FacultatisTheologiae: sectio A, n. 28. Lire 98000.

Der bereits durch viele einschlägige Veröffentlichungen hervorge-
tretene kath. Gelehrte bietet in diesem nach Quantität und Qualität
gewaltigen Werk eine Zusammenschau seiner Erkenntnisse zur
Dogmengeschichte des 2. und 3. Jh. Er bedient sich dabei der im
deutschen Sprachraum kaum noch gebräuchlichen Methode, sämtliches
Material den einzelnen dogmatischen Loci zuzuordnen, was
freilich zu einer gewissen Atomisierung des Stoffes führt. Der Leser
muß die Gesamtschau der einzelnen Theologen und Schulrichtungen
aus der Zusammenstellung des überreich an verschiedensten
Stellen gebotenen Materials weithin selbst erschließen. Auch kann
man nicht eigentlich von einer christlichen Dogmengeschichte des
genannten Zeitraums sprechen, da ständig eine Gegenüberstellung
von Rechtgläubigen und Irrgläubigen erfolgt, wobei Orbe sich in
seinem Urteil erstaunlich zurückhält und die Fakten für sich reden
läßt. Dieses Verfahren hat indes den Vorteil, daß so die Gegensätze
scharf konturiert sichtbar werden. Naturgemäß kommen die verschiedensten
Stimmen zu Wort, aber auf Seiten der Irrlehrer überwiegen
die Valentinianer, mit denen sich ein Dialog am ehesten
führen läßt, und die in mancher Hinsicht weit schrofferen Marcio-
niten, auf rechtgläubiger Seite Irenaus, mit dem etwa Tertullian
und Hippolyt verglichen werden. Auch die Mittelposition der
kirchlichen Alexandriner tritt gut hervor. Gerade in den Anlängs-
kapiteln wird den Gnostikern sogar weit mehr Raum als den Rechtgläubigen
eingeräumt, was sich aus ihrer Vorliebe für phantasiereiche
mythische Spekulationen in zahlreichen Varianten wie
von selbst ergibt, weil ihnen gegenüber gerade in der Schöpfungslehre
die frühkatholischen Theologen als eher gedankenarm
erscheinen.

Der Abriß geht im Grunde heilsgeschichtlich vor, wie wir dies noch
von der lutherischen Orthodoxie her kennen, erstreckt sich also von
der Gotteslehre bis zur Eschatologie, so jedoch, daß gemäß dem
vorherrschenden Charakter der damaligen Theologie im Dialog mit
ihrer Umwelt das erkenntnistheoretische Grundinteresse gut verdeutlicht
wird, das bei den Gnostikern besonders virulent war. Orbe
ordnet den riesigen Stoff in 49 Kap. und behandelt nacheinander
die Erkenntnis Gottes (Gottes Transzendenz und Immanenz. Theologie
und Philosophie, Erkennbarkeit und Geheimnis Gottes, vermittelnde
Hypostasen Gottes, Offenbarung und Spekulation, Einheit
und Trinität Gottes, buchstäbliches und allegorisches Bibelverständnis
, Glaube und Wissen), Gottes Geheimnis (Einsamkeit
und Kommunikation Gottes, sein Verhältnis zu Zeit und Raum.

Einfachheit und Komplexität Gottes, sein überquellender Reichtum
im Verhältnis zur Ordnung der Welt), die göttliche Relation
Vater-Mutter-Sohn vorrangig in gnostischen Spekulationen (das
Männliche und Weibliche in Gott, seine Kräfte und Hervorbringungen
). Es folgen „Von der Empfängnis zur Erzeugung des Wortes",
wo auch Äonenspekulationen behandelt werden und die Engcllehre
erstmals anklingt, die spezifische Relation Vater-Sohn, der personhafte
Hl. Geist, wo auch das Problem des Modalismus erörtert wird
und Vorstellungen einer göttlichen Familie kraft geistlicher Ehe
besprochen werden. Darauf kann sich Orbe der Schöpfung zuwenden,
beginnend mit der Erschaffung der Welt als freiem und gnadenhaftem
Akt Gottes samt ihrer Vorgeschichte in Gegenüberstellung zur
gnostischen Vorstellungeines Demiurgen. läßt er die Erschaffung aus
dem Nichts folgen in ihrem Verhältnis zur Materie (Problem des
Bösen) und fragt darauf, ob die Schöpfung seit Ewigkeit oder in der
Zeit erfolgt sei (Gottes Verhältnis zur Ideenwelt), ob sie freie oder
notwendige Schöpfung war. Kap. 11 behandelt den Menschen als
Zentrum der Schöpfung. Kap. 12 das Sechstagewerk Gottes im
wörtlichen oder allegorischen Verständnis, Kap. 13 die Erschaffung
des Menschen in seinen drei dann immer wieder hervortretenden
Dimensionen (der Mensch als Bild und Ähnlichkeit Gottes), Kap. 14
Sohn und Geist als Gottes Hände. Es folgen Ausführungen über das
Paradies (sein Ort. des Menschen Unschuld, der Baum der Erkenntnis
), Evas Ursprung (ihr Verhältnis zu Adam wie zu Maria), Gottes
Gebot (ist der Baum des Gesetzes ein böser Baum?, welche Rolle
spielte die Schlange?, die Beurteilung des Geschlechtlichen), die
Sünde des Engels und sein Verhältnis zum menschlichen Sündenfall,
Evas Sünde, Adams Sünde (Adam als Sünder wie als Prototyp Christi,
der Charakter seiner Verfehlung, persönliche und naturhafte Schuld,
die Rolle von Ungehorsam und Ignoranz), den Tod in seinen unterschiedlichen
Dimensionen (das Verhältnis von natürlichem und geistlichem
Tod), den Fluch, abgehoben von bloßer Schelte, mit seinen
unseligen Folgen für die ganze Schöpfung, Vertreibung und Gefangenschaft
mit der interessanten Frage, ob Gottes Neid oder seine
Barmherzigkeit erstere verursachte. Weitere Themen sind das AT
(Wertung Abrahams, des Gesetzes, der Opfer und der Propheten).
Irenaus und der prophetische Geist in Antithese zu Marcions radikaler
Abwertung des AT, das Opfer des neuen Gesetzes nach
Irenäus mit wichtigen Ausführungen zur Eucharistie, das NT mit
der grundlegenden Frage nach seiner Verhältnisbestimmung zum
AT unter verschiedenen Aspekten und dem Wesen des Neuen in
ihm, die Inkarnation (wer wurde präzise wann inkarniert?, nahm
Christus wirklich menschliches Fleisch oder eine Körperlichkeit
sui generis an?, Erörterung auch des ebjonitischen und modali-
Stischen Standpunkts). Von da geht Orbe über zu Geburt und
Beschneidung Jesu (Bethlehem und die Davididen, die Engel von
Bethlehem, körperliche und geistliche Beschneidung) und zu Jesu
Darbringung (Bewertung Simeons), den Weisen aus dem Morgenland
und ihrem Verhältnis zu Astronomie und Astrologie (der
Charakter des Sterns Jesu, die Gaben der Magier in ihrer symbolischen
Bedeutung, der verborgene Sieg des Kindes über Herodes)
und zeichnet darauf die Deutung des Weges des Kindes Jesus von
Ägypten nach Nazareth nach. Dem folgen Ausführungen über den
Vorläufer Johannes (sein Verhältnis zu atl, Propheten wie zu Christus
, Wasser- und Geisttaufe, der Täufer als Gestalt des Übergangs,
seine Bußpredigt), Jesu Taufe im Jordan und ihre Bedeutung für
Christi Auftrag-(Problem des Adoptianismus), Jesu Versuchungen
und öffentliche Wirksamkeit (die Macht der Dämonen, ihr Charakter
und ihre Überwindung), Jesu Wunder (die Deutung des Weinwunders
und der Hochzeit in Kana, Stellung zu Jesu Heilungen und
ihre Deutung, ihr Verhältnis zur Sündenvergebung). Dem schließt
sich Marcions Lehre über Jesu Leiden und Tod an. Kap. 38 behandelt
allgemein Christi Kreuz (Kreuz auch als Schlüssel des AT. als
Erweis von Langmut wie als Überwindung der gottfeindlichen
Gewalt), Kap. 39 Christi Tod (wer starb präzise?, fuhr Christus
auch in die Unterwelt hinab?), Kap. 40 die Erlösung nach Irenäus