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Ausgabe:

1990

Spalte:

575

Kategorie:

Religionswissenschaft

Titel/Untertitel:

The listening heart 1990

Rezensent:

Bernhardt, Karl-Heinz

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575

Theologische Literaturzeitung I 15. Jahrgang 1990 Nr. 8

576

Jesu Rede von Gott - als christlicher Beitrag im Gespräch mit Menschen anderen
Glaubens (443-456).

T. H.

[Murphy. Roland E.:] The Listening Heart. Essays in Wisdom and the
Psalms in honorof Roland E. Murphy, O. Carm. Ed. by K. G. Hog-
lund, E. F. Huwiler, J. T. Glass, R. W. Lee. Sheffield: JSOT 1987.
XIV, 351 S. 8' = The Journal for the Study of the Old Testament,
Suppl.Series58. Lw. £ 22.50.

Der Band wurde von Schülern Roland E. Murphys aus Anlaß seiner
Emeriticrung nach 16jährigem Wirken an der Divinity School der
Duke University zusammengestellt. Die Thematik der Beiträge entspricht
den Forschungsschwerpunkten Murphys, der sich seit seinen
ersten wissenschaftlichen Veröffentlichungen in den Jahren 1948 und
1949 insbesondere der Weisheitsliteratur und den Psalmen in zahlreichen
Arbeiten zugewandt hat (Bibliographie 19-43). Die wissenschaftlich
-theologischen Hauptanliegen des zu Ehrenden würdigt J. L.
Crenshaw in einem einleitenden Essay (1-17). C. geht dabei ausführlich
auf die in verschiedener Hinsicht kritische Position Murphys zu
G. von Rad und dessen Schülerkreis sowie überhaupt zur europäischen
Weisheitsforschung ein. Die Titel der Beiträge:

C. V. Ca m p. Woman Wisdom as Root Metaphor: A Theological Considera-
tion (45-76); T. W. Cartledge, Conditional Vows in the Psalms of Lamcnt:
A New Approach to an Old Problem (77-94); CR. Fontaine. Qucenly
Proverb Performance: The Prayer of Puduhepa (95-126); B. R. Gaventa.
The Rhetoric of Death in the Wisdom of Solomon and the Letters of Paul
(127-145); J. T. Glass, Some Observations on Psalm 19 (147-159): K.G.
Hoglund. The Fool and the Wise in Dialogue (161-180); J. C. Howcll.
Jerome's Homilies on the Psalter in Bethlehem (181-197); E. F. Huwiler.
Patterns and Problems in Psalm 132 (199-215); D. W. Jamieson-Drake.
Literary Structure. Genre and Interpretation in Job 38 (217-235); E. L.
Lyons, A Note on Proverbs3l, 10-31 (237-245): J. Clinton McCann.
Jr.. Psalm 73: A Microcosm of Old Testament Theology (247-257); B. H.
Geller Nathanson. Rellections on the Silent Woman of Ancient Judaism
and Her Pagan Roman Counterpart (259-279): J. M. O' Brien . Becausc God
Heard My Voice: The Individual Thanksgiving Psalm and ihe Vow-Fullillmant
(281-298); J. B. White, The Sages' Strategy to Prescrve Salöm (299-31 I);
F. M. Wilson. Sacrcd and Profane? The Yahwistic Redaction of Proverbs
Rcconsidered (313-334).

K.-H.B.

Religionswissenschaft

Rouleau Donald: L'Kpitre Apocryphe de Jacques (NH 1,2). Roy,
Louise: L'Acte de Pierre (BG 4). Quebec, Canada: Universite
Laval 1987. XV, 236 S. gr. 8* = Bibliotheque Copte de Nag Ham-
madi.Section «Textes». 18. BF2.200.

Obgleich es das Prinzip der Editionsreihe BCNH ist, jeden Einzeltext
für sich herauszugeben, wird doch gelegentlich - wie hier - aus
praktischen Gründen die Ausgabe einer kürzeren Schrift mit der
Ausgabe einer größeren Schrift in einem Bande vereinigt. Es besteht
also kein Anlaß für den Benutzer, darüber nachzudenken, was EpJac
und ActPt in den Augen der Herausgeber der Reihe etwa sachlich verbinden
könnte. Diebeiden je autonomen Editionen dieses Bandes sind
nur äußerlich dadurch verbunden, daß beide dem für BCNH obligatorischen
Schema entsprechen und daß mit ActPt keine neue Seiten-
/ählung beginnt, sondern die Seiten des ganzen Bandes durchgezählt
werden (EpJac = S. VII-XIV. 1-161; ActPt = S. 163-233). Beide
Editoren haben sorgfaltig gearbeitet und in ihren Einleitungen, der
Darbietung des koptischen Textes, seiner Übersetzung und Kommentierung
etwas sehr Brauchbares geschaffen. (Im koptischen Text von
ActPt habe ich überhaupt keinen Druckfehler bemerkt, und lür
EpJac wäre - abgesehen von zwei fehlenden Unsicherheitspunkten
und sieben vermißten Supralinearstrichen - nur die Verwechslung
von Hori und Cima p. 4,18 Ende und die [sich übrigens schon in der

Ed.pr. findende] Vertauschung des falschen Ypsilon im Wort Für
Heuchelei zwischen Zeile 18 und 21 von p. 7 zu verzeichnen.) Mit den
„textkntischen" Apparaten und den Registern kann man allerdings
nicht in gleichem Maße zufrieden sein; und dabei hängt das ZU
Beanstandende nicht nur mit einigen zugrundeliegenden, und m. E.
problematischen, Prinzipien zusammen (wovon zu reden aber hier
nicht derOrt ist).

Da es sich bei beiden Texten um solche handelt, deren Inhalt seit
kürzerer oder längerer Zeit wohlbekannt ist, darf man sich in diesem
Rahmen ganz auf die besondere Weise beschränken, in der die Her-
ausgeberdiese Texte verstehen und behandeln.

Das Neue, um das Rouleau die bisherige Erforschung der EpJac
meint bereichern zu können, besteht darin, daß er EpJac als eine
(indirekt) polemische Schrift versteht und erklärt: hier opponiere eine
bestimmte christliche Gruppe (noch von innen) gegen die hierarchische
Struktur der Großkirche und die ihr entsprechende Auffassung
von der Vermittlung des Heils. Eben so erklärt sich ihm am
besten der dialektische bzw. paradoxe Charakter vieler Passagen und
die merkwürdige Rolle, die Petrus in dem Text spielt (seine Figur
repräsentiere die Großkirehe). Diese Auffassung wird in der Einleitung
begründet (vgl. besonders S. 21 f) und im Kommentar konsequent
durchgeführt. So richtig und fruchtbar diese - den Neutcsta-
mentler an die sog. redaktionsgeschichtliche Methode erinnernde -
Interpretation im Prinzip und stellenweise ist, bei der Anwendung als
..Hauptsehlüssel" eines so vieldimensionalen Textes, wie es EpJac ist.
führt sie automatisch auch zu Einseitigkeiten. Schon das Ziel der
Polemik (Hierarchie der Großkirche) ist sehr eng gefaßt. Obgleich das
Ende der Schrift, in dem ja eine bestimmte Traditionstheoric mit
Einschluß einer charakteristischen Variante vom ,,Messiasgeheimnis
" enthalten ist, von R. zutreffend und besonders schön erklärt wird,
wird diese Partie nicht (auch) mit den Paradoxien in Beziehung gesetzt
. Außerdem gibt es in EpJac Komplexe, die sich sowieso nur bei
formgeschichtlicher Optik erschließen. Daß R.s Erklärung von EpJac
nicht ganz aufgeht, wird vielleicht auch an einer gewissen Unscharfe
in der Bezeichnung der Position, von der aus die Polemik geführt
wurde, erkennbar. Während nämlich die Einleitung den Eindruck
hinterläßt, daß R. die Meinung derjenigen teilt, für die EpJac an sich
nicht gnostisch ist (vgl. S. 22. 24). bezeichnet oder verstehl der
Kommentar die Polemik - wie selbstverständlich - als von Gnosti-
kern getragen (vgl. z. B. S. 108. 131. 137). An dem Kommentar - als
fortlaufende Erklärung konzipiert, am Gedankengang der Schrift
orientiert und ihren roten Faden herauszuarbeiten bemüht -. der
Exegese also in großen Zügen betreibt und dabei die Darstellung
durch zahlreiche listenartige und schematischc Aufstellungen veranschaulicht
, mag bei kritischem Lesen noch als bemerkenswert
erscheinen, daß eine wirklich durchgehende (explizite) Diskussion
mit den im Literaturverzeichnis, in der Einleitung und im kritischen
Apparat zum koptischen Text genannten Vorgängern, mit Ausnahme
der Autoren der Ed.pr., nicht erfolgt.

Was das Verständnis von Einzelfragen anbelangt, so möchte ich mir
noch Bemerkungen zu zwei Stellen erlauben: In R.s Übersetzung von
p. 14,29: «qui (m-) attendent lä-haut dans lescieux» repräsentiert das
«lä-haut» fälschlicherweise dasjenige Element des koptischen Textes,
das das nur ergänzte Element («mc») wirklich ausdrückt: d. h. ahn'i
ist hier nicht das häufige Adverb, sondern die Präposition ahm- „zu"
„gegen". ..entgegen" im Status pronominalis mit dem Suffix der
I. Pcrs. Sgl. (nebst der in diesem Fall dialektspezifischen Hebung des
Tonvokals). In der „Leidensweissagung" der EpJac enthält die letzte
Aussage (p. 5.18 f; in R.s Übersetzung: «ni ensevclis dans le partum»)
eine schon vielumrätselte und -diskutierte crux interpretum. Es
handelt sich um das Wort, das R.-einc Kon jektur Kassers (problematisch
) aufnehmend - mit «partum» übersetzt, das aber in Wirklichkeit
„Sand" bedeutet. Im Lichte der bohairischen Version von Ex 2.12
erscheint mir das Wort „Sand" jetzt gar nicht mehr so unverständlich-
Ja. es könnte sogar eine sehr wichtige traditionsgeschichtliche Relevanz
bekommen. Denn, wenn der auferstandene Jesus den Aposteln