Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1990

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Titel/Untertitel:

Rezensionen

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

35

Theologische Literaturzeitung 115. Jahrgang 1990 Nr. 1

36

Hällström hat sich offenbar nicht die Frage gestellt, was dies Ergebnis
im Kontext des 3. Jh. wohl bedeuten konnte. Andernfalls wäre er
sehr bald selbst darauf gestoßen, daß seine These weit davon entfernt
ist, einer Nachprüfung an den Quellen standhalten zu können. Hier
die Gründe dafür. Hällströms Hauptreferenztext ist ein Stück aus dem
4. Buch gegen Celsus. Ihm wird der Leitbegriff „epanorthosis" entnommen
. Hällström selbst ist nicht entgangen, daß dieser Begriff aus
dem Text des Celsus stammt. Aber er zieht daraus nicht die nötige
Konsequenz. Nämlich die, daß aus dieser offenkundigen Akkommodation
an die Sprechweise des Gegners die Terminologie des Origenes
selbst nicht zu erfassen ist. Dies gilt um so mehr, als das Stück wie die
beiden von Hällström herangezogenen benachbarten aus der Antwort
des Origenes auf Celsus' Polemik gegen die Inkarnation stammen, die
den platonischen Begriff der Unveränderlichkeit des guten Göttlichen
gegen den zentralen Satz des christlichen Glaubens ins Feld führt.
Und unverkennbar läßt Origenes hier ironisch anklingen, daß schon
der Begriff epanorthosis, des Zurechtbringens und Wiederherstellens,
dieser Grundvoraussetzung platonischer Ontologie widerspricht.

Der Gedanke an eine „charismatische Sukzession" liegt dem Text
des Celsus wie dem des Origenes nicht nur terminologisch, sondern
auch sachlich fern. Der einzige Anhalt, den Hällström für seine These
hier findet, ist jenes „aei" des Origenes in dem Satz: „Aber ich schäme
mich nicht zu sagen, daß er (Sc. Gott) immer (aei) welche schickt, um
zurechtzubringen". Von Propheten ist erst in zweiter Linie die Rede,
weil Origenes zuerst nur von logoi (Reden, Botschaften) spricht, in
denen der Logos Gottes sich ohne Unterbrechung manifestiert. Offenkundig
hat Hällström nicht beachtet, wie Origenes, sich der Ausdrucksweise
des Celsus bedienend, hier Gebrauch macht von einem
Grundgedanken seiner Trinitätslehre, nach der der Logos in ständiger
wirksamer Verbindung zu allen Logoswesen steht. Denn er ist nicht
nur, wie Hällström annimmt, deren Lehrer, sondern zuallererst ihr
U rsprung und die Voraussetzung ihrer Existenz.

Schon aus diesem Grund muß das, was Hällström über Christus als
Ende der Prophetie vorbringt, zurückgewiesen werden. Die Stellen
aus der Commentariorum series zu Mt wie die aus den Lk Homilien
besagen allesamt das Gegenteil von dem, was Hällström aus ihnen
herausliest.

Im 28. Kapitel jener wird gerade vom Vorhandensein von Propheten
in der Kirche ausgegangen. Und im 40. Kapitel ebenda wird von
der Besiegelung (signatio), nicht etwa am Ende der Prophetie
gesprochen. Noch deutlicher der Satz aus der 32. Lukashomilie. Das
zweimalige „sie" sagt unüberhörbar, daß das Wort „Organa" nicht
eine Rangminderung, sondern lediglich eine der Transformation des
Gottesverhältnisses der Menschheit post Christum entsprechende
Verallgemeinerung bedeutet hat. Es gibt eben auch nach Christus solche
wie Jesaja, Jeremia, Ezechiel und Daniel.

Hier rächt es sieh, daß Hällström die für des Origenes Konzept der
Prophetie so grundlegenden Texte aus der Einleitung des Johanneskommentars
und vor allem in den Kapiteln 15-18 von dessen
6. Buch in seiner Monographie ebensowenig behandelt hat wie das,
was über die prophetische Bedeutung des Passalammes im 18. Kapitel
des 10. Buches des gleichen Kommentares ausgeführt wird.

Welchen Sinn machen die von Hällström angeblich entdeckten
terminologischen Schwierigkeiten des Origenes, wenn dieser soviel
über den prophetischen Sinn der Existenz der ganzen Gemeinde zu
sagen hat, die als Gemeinde des geopferten Passalammes Christus
allein schon durch ihr Dasein auf das noch ausstehende himmlische
Passa des Herrn hinweist. Diese Sicht wird durch den erst 1979 von
Nautin edierten, neugefundenen Passatraktat des Origenes auf das
nachdrücklichste unterstützt. Und im Licht dieser Eschatologie hat
auch die von Hällström für so dunkel gehaltene Stelle aus Gegen
Celsus VI 68 von der himmlischen Prophetie des Elia nichts Rätselhaftes
.

Aber seien wir fair gegen den Vf., und sehen wir im Mißlingen
seiner These einen Hinweis auf das Ausmaß der Arbeit, das im Feld
der vornieänischen Dogmengeschichte noch zu tun ist. Man ermesse

hieran, in welchem Licht wir die uns so bekannt dünkende nach-
nieänische sehen werden, wenn diese Arbeit einmal geleistet sein
wird.

Berlin Wolfgang Ullmann

Frickel, Josef: Das Dunkel um Hippolyt von Rom. Ein Lösungsversuch
: Die Schriften Elenchos und Contra Noetum. Graz: Institut
für Ökumenische Theologie und Patrologie an der Universität Graz
1988. V, 325 S.m. 1 Abb. 8° = Grazertheologische Studien, 13.

Hippolyt: ob er Schriftsteller, Märtyrer, Theologe, Bischof - sei es
von Rom, Bostra, Porto oder einem Ort in Kleinasien - war, ist immer
wieder erörtert worden. Ein Grund für die vielen Unsicherheiten in
der Geschichte Hippolyts ist das Fehlen früher Zeugnisse über den
Sitz (wenn er Bischof war), z. B. bei Euseb. Dieser nennt neben der
Osterberechnung und dem auf einem 16jährigen Zyklus beruhenden
Osterkanon noch sieben andere Schriften mit Titel und betont, es gebe
noch viele weitere. Auch Epiphanius, der Hippolyt eingehend für
seine Ketzerbekämpfung im Panarion ausbeutet, nennt ihn nur einmal
bei Namen. Die westlichen Autoren verschweigen sogar den
Namen, mit Ausnahme des Hieronymus, der ihn öfters nennt. Er bezeichnet
Hippolyt als Märtyrer, nicht als Bischof.

Auf die Erörterung dieser Fragen läßt der Autor einen ausführlichen
Abschnitt über den Kult des Märtyrers Hippolyt folgen, dann
eine Untersuchung aller alten Zeugnisse über einen Bischofssitz. Da
war schon sehr zeitig vieles unklar. F. entschließt sich zu der vorsichtigen
Aussage: wenn es einen Bischof Hippolyt gegeben hat, sei er
mit dem Märtyrer von Rom identisch gewesen. Es folgt ein wissenschaftsgeschichtlich
bedeutsamer Exkurs über die sogenannte Hippolyt
-Statue, die heute an der Eingangstreppe der Vatikanischen Bibliothek
steht und 1564/65 von Pirro Ligorio aus verschiedenen Teilen
verschiedener Provenienz zusammengesetzt wurde. Für den Patri-
stiker interessant ist das echte Stück des Ganzen, der Sessel, auf dem
neben den Ostertafeln noch andere Titel von Schriften Hippolyts eingemeißelt
sind.

Den größten Teil des Buches (S. 90-300) füllt eine Untersuchung
zweier umstrittener Schriften, des Elenchus (Widerlegung aller
Häresien) und von Contra Noetum. Wegen der inhaltlichen und formalen
Unterschiede zwischen ihnen postulierte Pierre Nautin zwei
Autoren (Hippolyte et Josipe. Contribution ä l'histoire de la litte-
rature chretienne du troisieme siecle, Paris 1947). Die These wurde
heftig bestritten von Marcel Richard. Die Frage schien zu ruhen,
wurde aber nach dem „Hippolyt-Gespräch" in Rom 1977 neu belebt,
so daß auch die „Biblia Patristica" (Paris 1977) sich Nautins Theorie
wenigstens teilweise anschließt. F. glaubt nicht an zwei Verfasser. Die
ausführliche Untersuchung dieser beiden Schriften, aber auch einiger
anderer, die er zum Vergleich heranzieht, scheinen ihm mit ziemlicher
Sicherheit zu beweisen, daß beide Werke, „hinsichtlich ihrer
literarischen und doktrinellen Komposition sehr komplexe Gebilde",
dem gleichen Verfasser zuzuschreiben sind.

Auf seine vielseitige, mit Akribie durchgeführte Behandlung einzelner
, vor allem philosophischer Probleme wie auch der exegetischen
Methode Hippolyts ist hier nicht näher einzugehen. Das Buch bietet
eine umfassende Sammlung und Kritik der neueren Arbeit an dem so
schwierigen Autor, ohne die früher geleistete zu übersehen. Dabei
werden keine Patentlösungen aufgedrängt. Eine sehr ausführliche,
auch die älteren Titel erfassende Bibliographie, dazu Register von
Namen, Autoren und Sachen ergänzen das in jeder Hinsicht gewissenhaft
gearbeitete und nützliche Buch.

Berlin Ursula Treu

Egender, Nikolaus: Palästina im Übergang vom Asketentum zum Mönchtum
(EuA 65,1989,95-106).

Lorenz, Rudolf: Die griechische Vita Antonii des Athanasius und ihre
syrische Fassung (ZKG 100,1989,77-84).