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Ausgabe:

1990

Spalte:

529-531

Kategorie:

Christliche Kunst und Literatur

Autor/Hrsg.:

Möbius, Friedrich

Titel/Untertitel:

Buticum in Centula 1990

Rezensent:

Mai, Hartmut

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Theologische Literaturzeitung 115. Jahrgang 1990 Nr. 7

530

Lüpke zu der These, daß es der Erfahrung der vorausgehenden Gnade logischen Befundes vertraut gemacht wird, g.bt Vf. in einem l Haupt-
Gottes bedarf, wenn man wirklich zur Weisheit Zugang gewinnen teil einen großzügig angelegten Problemaufriß zur arch.tektur-
will. Lüpke weiß, daß Lessing eine Bindung dieser Einsicht an die geschichtlichen Bedeutungsforschung. Abgesteckt wird das sich bis
Mittlerfunktion Christi nicht mehr akzeptiert hat, kann aber doch mit heute wandelnde Beziehungsfeld zwischen dem Kunstwerk in seiner
gutem Grund auf den lutherischen Wurzelgrund dieses theologischen Existenz und seiner Rezeption, die gegenwärtig be, manchen Kirchen
Denkens verweisen in dcm Wechsel von kultischer zu kultureller Funktion erkennbar

"vu*sim verweisen. - —.....------- _ . ... „ e

So überzeugend diese Deutung der Theologiekritik Lessings wirkt, wird. Möbius erläutert Stand und Entwicklung der Bedeutungsfor-

*> müssen doch kritische Rückfragen gestellt werden. Sie kommen schung(Ikonologie der Architektur) und tritt Pur e.m: Ausweitung und

von zwei unterschiedlichen Aspekten her: Vertiefung derselben unter Auswertung aller verfugbaren Quellen

- Die Arbeit verzichtet auf historische und biographische Unter- ein. ,..,„-_ ,. ._. ...

Rehungen. Wo Lessing Anteil hat an dem dcnkcrischcn Allgemeingut Diesem Impuls folgt ,m II. Hauptte, als Modellfall die bedeutungs-
der deutschen Aufklärung und wo sein spezifischer Ansatz zu sehen geschichtliche Erforschung von Centula. Der Vf. dnngt auf verweist
, wird nur a* wenigen einzelnen Stellen erfragt. Es ist immer wieder denen Wegen in die Deutung des Ostbereichs der Ab.eiki^he e n^ Er
auffallend, wie weit der Grundkonsens Lessings mi, der von Leibniz überprüft die bisherigen ^f^^^^T^
und wolff geprägten Schulphi.osophie und mit dem praxisorientier- um schließlich die überlieferten 1*^^ ^ ^ ^^
««« Ansatz der Aufklärungsthco.ogie geht. Das würde stärker zum scher Genauigkeit zu befragen. ^^"^"^"^
Ausdruck kommen, wenn der Komplex des Fragmentenstreits sowohl Angilberts (entstanden um 802) und ^J*"^™^j"
;„ . .... o i»m;i, vcrPiRic Chronik des K östers, weiterhin die von Anscher im Ii. Jn.

setner strategischen Inszenierung w e in seiner besonderen Polemik vertäute v-nran» uo» > _

eint, »«»«*ia*:ncn iiKKcnicruiia wk ~ Beschriebene Vita Angilberts. So ist für das Verständnis der Gesamt-

nhezogen worden wäre. Dann konnte auch Lessing Spez^kum geschnebe * und ^ iff| wechselnden

Tenger herausgestellt werden: die eigentümlich optimistische Bewer- « 23-27) als Ausdruck von Bedeutungsverschie-

ung einer radikalen Kritik gerade für die AulK ärung der Theo log e i^Att- Nebeneinander von Salvato,

und dle Auseinandersetzung mit der Theodizee der Religions- Dungen zu ocdcmcn. l.uh a B .

geschieht AUSCinanacrse,zun8 m" °C patrozinium für den Westteil und R.chanuspatroz.nium für den Ost-

rv C' . , , | * i_ i . •• „ .;„t Ha7„ drh an teil folgt die Übernahme des Salvatorpatroziniums Tür die ganze

- Die systematisch-theologische Interpretation neigt dazu, mcan te to g , das Richariuspatrozl.

^nzelne Hauptschriften Lessings zu halten, um aus ihnen eine K rchIn^naen g anschließenden philologischen Unter-
Gesamtkonzeption zu erheben. Zum Beispiel lassen sich aber der nium diese Funktion. Bei aer ansen e p 6 r .
MalL , . „. „ . , . . uu^utc-nirhi leicht suchung von „buticum . die von Angilben als Bezeicnnung iur aen
■Nathan und .Die Erziehung des Menschengeschlecht nicht leicht suerm^ ^
JJ einen Grundkonsens beziehen. Sie sind jeweils Veiwchc <J» OsUurm ^itwuro« g g _ ^ ^ ^
MenschheitstVagen pe.pek.ivisch näherzukommen. Nicht zufa l ^««J, archltektonischen Kulminationspunkt der
nat Lessing der .Erziehung des Menschengeschlechts ein Motto aus ncnen «nn«■ .

^gustins^,« vorangestellt: ««^^ ^£ l^^arSStonischen Konzeption würde

vera, unde in guibusdam falsa sunt. H. B. N.sbet hat (Zur Funk- J*™*"*£JV zum Karfrei erschließen: „Die feierliche

£ des Geheimnisses ,n Lessings "~£ ^^ÄTcS« in der Nacht zum Sterbetag des

To eranz. Sonderband zum Lessing Yearbook München 1M6, ^^^Td^Z^form des lürctengmndriases nach (Abb. 28),
^06)dieTheSeaufgestell..daßrürLessing.,alle,nst,tut,onal.s,erten ™ modum crucis. das jurmjoch mit den

. bestenfei., provisorisch gültig" seien. zum organisierenden Zentrum des

s,nd lur ihn alle sprachlichen Formulierungen gleichzeitig Verlal- angrenzenden vue

schunaen " liturgischen Bildes (S. 31).
nrf' .. _ „ ■ ,mralK zur Rekonstruktion des östlichen Rotundcnquerbaus dient ein Verfaß
die Weisheit zu begreifen ist als die allem Dasein voraus- Zur Re o Denkmälern in Fcrrieres-en-Gatinais und

ehende onade Gott.-s. ist sicherlich in Lessings Sinne wahr Aber gl ch m t den g ^ durchlaufende Laternenturm des

"?dem dles ^ auf cincn Begriff gebrach« wird, wird in eine Logos- Charroux. De Sa|vatorkirche von charroux durfte dem

2gt°8le WaS bei LeS5ing absichtl,Ch " Fm8C u^Z^u von Centula nahegestanden haben,

p. , . Srhließlich bringt Vf. das staatspolitisch motivierte Interesse Karls

Derlei kritische Rückfragen sind aber an alle Lessingdeutungen zu Schheb.«: g ^ ^ jn Ccn.

[Jten. Lüpkes Studie hat das Verdienst, die D.skuss.on durch wirk- des^Großen a IMJ WJH ausmachen, in Zusammenhang mi, der

neue Gesichtspunkte vorangebracht zu haben. Abbildung der Zentralräume als Schutz- und Hegeräume über kul-

jn»weise: S. 11. Zeile 11 muß es sicherlich lauten.....nicht zu ver- ausd g & schrejtet ^ ^ ^ ^ Problemalik

ennen.» - Es ware guti auf den sehr gründlichen Kommentar in der Usch und Arehitekturk0pie". um die ..Rundtürme"
^du.on Wolfgang Gerickes. Sechs theologische Schriften Gotthold ,,Rehqu,e ^ ^ Cen(uia ^ Architekturzjtat der
graim Lessings. , 985 = Quellen. Ausgewählte Texte aus der im West. Zentra,bauten über den Stältcn der Geburt, Kreuzi-
esch.chte der christlichen Kfrche, H. 3 hinzuweisen. ~™ und Auferstehung sowie Himmelfahrt zu interpretieren. AusBerlin
Harald Schultzc gehend von den Stätten des heiligen Landes wurde nach dem Vorbild

Konstantins das Zeremoniell für die Verehrung des Salvators als
„ideologisches Instrumentarium" für die „Stellung der Zentralgewalt

r-u i u ji :iAl.a»i,r im iungen fränkischen Staat" angewandt (S. 44).

Christliche Kunst Und Literatur 'miit8seinen die bisherige Forschung korrigierenden und weiterführenden
Studien hofft Vf. „auf einen Streit, der schärfer denken lehrt"
Mfbius. Friedrich Buticum in Centula. Mit einer Einführung in die 4J) Das betrjm vor allem das im „buticum" durch den von oben

Bedeutung der mittelalterlichen Architektur. Berlin: Akademie- kommenden Lichteinfall veranschaulichte Verhältnis von oben und

Vcrlagl985.7l S.. 30 Taf.gr. 8". M 10,50. un,en in seiner religiösen und sozialen Dimension.
V .. i nie Gründlichkeit des Vf. belegen 317 Anmerkungen. Die 35 z.T.

orhegende Studie ist einem der wichtigsten Kirchenbauten des kommentierten Abbildungen sind eine wesentliche Ver-

. a^l>ngerreiches gewidmet: der Abteikirche in Centula (790-799). ',us'" Tgxt

J besondere der Rekonstruktion und Deutung des östlichen Bauteils stana »n ^ g); Dje abgebiidete Oberkirche in

feiner in den Quellen als „buticum" bezeichneten Rothunde. Ehe • ^ Bachkirche vielmehr wird die ehemalige Boni-

Qer Leser mi, den di,r17iicn Problemen des philologischen und archao- Arnstadt