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Ausgabe:

1990

Spalte:

525-527

Kategorie:

Dogmen- und Theologiegeschichte

Titel/Untertitel:

Der Deventer Endechrist von 1524 1990

Rezensent:

Bräuer, Siegfried

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Theologische Litcraturzeitung 115. Jahrgang 1990 Nr. 7

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fcngiert. Dies gilt auch von der Differenz zwischen den romanischen Im Antichrist-Teil, von dem die polemische Schritt den Titel erhal-

und den germanischen Sprachen. Hier bietet sich nun ein hermeneu- tetl hat. bezieht der anonyme Autor den Wehcrul von Mt 23.13 und

tischer Schritt in umgekehrter Richtung an: Vom unterschiedlichen die Apokalypse von Mt 24 auf das Wirken der zeitgenössischen Vor-

Wortgebrauch zum differenzierenden Bedeutungsgehalt. Vorausset- läufer des Antichris.s, der ..valsche(n) Martimaens broders vfl duuels

zung Tür ein exaktes Vorgehen is, allerdings ein sorgfältig erstellter. secten" (8), „Martinus lucer mytte sine", die Nachfolge, der böh-

inhaltlich sachgerecht analysierter, quellenkritisch nachgewesener mischen Ketzer (4). Für sie hat er eine reiche Auswahl an Schimpl-

Te«. Die Edition von Witte biete, ihn in dieser dreifachen Hin- namen bereit, z. B. Endechnsts Derevanten (3). Ketzer (4, duldoren

Sjcn[ (|0). Martinische Verräter (76). falsche C hnsten (22). Teutelstraban-

ten (97), martinianische Plumenstrickcrs d. i. Schmeichler (92) und

Erfun Ftia 1,ollmann vor ancm immer wieder ..martiniaens clanten", d. i. Vagabunden (3 u.

ö.). Die Antichristlehre wird in 5 Kapitel entfaltet. Die ersten 3

Nfebaum, Hermann. Peters, Robert. Schütz, Eva. u. Timothy |auten: 1. Die Namen des Antichrists (160. 2. seine Verkündigung

Sodmann [Hg.]: Der Deveater Endechrist von 1524. Ein reforma- (17-23), 3. die Erkennungszeichen (23-38). Belege werden aus dem

Üonsgeschichtliches Zeugnis. I: Faksimile-Druck mit einführenden AT und NT aber aucn aus den Schriften der Kirchenväter, voran

Beiträgen. Köln-Wien: Böhlau 1984. XLV1II, 240 Faks. S. gr. 8'= Augus,jn und Gregor, aber auch Bernhard beigebracht sowie Paral-

Nicderdcutsche Studien. 31. 1. Lw. DM 98,-. Ie|en zu Mohamed (41) gezogen. Die Gegenwart wird im Lichte von

kr. „r , . - t « ,.,rin «mkalvn- Prophezeiungen und Prognostiken (8. 20. 24. 28. 30. 32. 36) gedeu-

Kerne Refomat.onsgesch.chte versäum, auf die starke apo- >P ™£™jE*n abcr cxtcnsiver im umfangreichen 4. Kapitel, dem

'ehe Komponente ,m frühen 16. Jahrhundert hinzuweisen dennoch lc ^'c Ant|dlrist.Teilcs (38-97), das die traditionellen

'»es um die Quellenerschlicßung der apokalyptischen Schriften nicht Kernstuck des.Anne nn . verfflhnmr i

„ ,w • ■ ■ j- i i „h™ AMlTM^uneen Wirkungsmittel des Antichrists schildert, die lernen« V erluhrung. 1.

tut bestellt. Wenig wtssen wir über die apokalyptischen Auflassungen vvi k B Verkündigung (39-52). 2. durch Wunderzeichen

altgläubiger Kreise, vor allem über die altgläubigen Reaktionen aul durch geschickte Vcrkunu.fcun» , Gewahanwendun«

I i„u ■ . , ■ i u r„o.;.,„r.Ho l lhpr- l51-68) 3 durch Geschenke (68-76). 4. duren uewananwenaung

Luthers sich schon zu Beginn der zwanziger Jahre festigende Uber 52 6 . . Verführungsme.hode ist reichem
der Paps, sc, der Antichrist. Hieronymus Emser und w t c 6 97 ^ Abscto,« ^ , ^

^ ■lutherische Polemiker schlugen sei, ca. 1523 mit der G*ff*- (,U^ ^ Treiben der cntlaurenen Mönche und

^hauptung zurück. Luther selbst sei der Vorlauter des Antic^sK a^ cm er da s„ ^ ^ ^ ^

D«B bereits im darauffolgenden Jahr cm niederland.se er Theologe No,ne. ^ zum ersten Mal

Jeser Thematik ein ganzes Buch gewidme, hat bheb den Rc form - auch Er smu de P ^ Qbff & ^

onshis.or,kern bisher verborgen. Ers, um .92, entdeckte <£ jj^JJ^i Luther in die Ketzergeschichte ein. Der

huedisehe Bibliothekar Isaak Collyn ein Umkatdes Deventer End - ^hrungsm« AugenZeugen, der in Wittenberg er-

»hnst-Druck« von 1524. das 1621 durch die Schweden ,m Zuge der Anon mus bu . ^ ^

Ehrung Rigas seinen S,andort vom Jesuitcnkol.eg Riga nach der ££^2232 se,en. Die ,.bl,ndcn fursten de sodanen

Universitätsbibliothek Uppsala wechselte 550 E-mphre eine ^m~^mgem ^ ^ ^ ^ ^

F<«ks.m,le-Druekcs. den der Philologe Elol Colliandcr zum /wecke kettetvraege, n der d h

Edition auf eigene Kosten herstellen ließ, gelangten 1981 durch ""^^^ t0 rvtcn ^ Schoren« .118. vgl. auch

»Senkung nach Münster. Im gleichen Jahr noch beschloß die Korn- £"^U™^ ^hmen der vierten Verfuhrungskuns, die

"^.onturMundart-NamenforschungWcstlälensdie »MJ^j 2C (7 » Hier findet sich auch die Legende. Luther habe sich in

D.ese verschlungenen Wege zum Neudruck schildert einleitend RedJ m ^ mi| cincm Roaenkranz an

-mann Niebaum (IX-X.M): Timothy Sodmann irdorm,er,übe ^ (73). M scincn Ausführungen über

£'Druck von 1524 (XV-XXVI). den er der O.lizm Albert I afraets se nc»£™em mclhode ta||, der altgläubige Polemiker vor
n Deventer zuweis,, in der auch die bereits 1522 abgeschlossene atei- Verheiratung von Nonnen, die in seinen Augen schlim-

™**e Fassung vom gleichen Autor erschien: „Prognost.eon multa et atra i ^ ^ Im ? refericrt dgr Au(or

„!rabll,a de tcrribilissimo malcdiciti antichr.st. aduentu loquens An^hluß an die apokalyptische Tradition über das Ende des Anti-

(^n'eat in Strasbourg). Konzeption und Aufbau des ..Deventer Ende- .m Anschlub an

skizziert Eva Schütz (XXVII-XXXVI). Im Rahmen der chnstsj - ^sejnes Buches absehließt. n,mm, er
^'tionellen apokalyptischen Vorstellungen werden Luther als vor- _ gegliederte große Einschaltung vor, um sich noch einmal

*"ter des Antichrists und sein Anhang als neuer Ketzer angeprangert, e ^ ^ Zeitsituation auseinandersetzen zu können. Zuerst

m vor dem nahen Endgericht zu warnen und zur Umkehr aulzulor- i ^ ^ ^ ^.^ ^ ^ m|( |ha,n martinischen

^rn- Der unbekannte Autor lehnt sich dabei matcrialiter eng an den vve auf Lucifers Fall zurück und fordert die Obrigkeit zur

'•^ermo de adventu Antichristi" aus dem Predigtzyklus ..Rosarium Le r gegen sje auf (104-114). Danach werden Luther

Serinonum'- des Bernardinus de Bustis an. Die Bezüge zur Refonma- °e*a in die Ketzergeschichte eingeordnet, d. h. vor

nspov„i,:„i... , ~ , ...____________,m «nnoHpiitri ollen- Uno sein nuwa . .

..u,vji..u. u<- ——----------- - . und scjn Anhang erncui in uic rs.ti/.'.ie.^os.i..^...» ^.-■e-«1«------.....-

"onsgeschichte werden von Schütz nur sparsam angedeutet, ollen- Nachfolge Mohammeds und des Paulicianer Sergins. de.

S'ch,'ich um dem angekündigten Kommentarband nicht vorzu- a it m^dancr vcrdächtigt wurde (114-130). Als positives

^rei'en. An werkimmanenten Indizien über den anonymen Autor a» ^ ^ umfangreiche Schlußglied der Einschaltung zu ver-

dssen sich erheben: Kontakte zu Htrzog Karl von Geldern: Bc- > k Es ist dem „leuen vOdort der presters" gewidmet (130-187).

,rcuung von reformierten Benediktincrinnen über mehr als 20 Jahre s • prieste|spieger so„ zunachst den Zölibat angesichts der

Unti vermutlieh selbst Benediktiner, ein Kloster Mar.engarde als L» ^ ^ Gclübdcbruches verteidigen. Das Treiben der

^'ureibort (entweder das friesische Prämonstratenscrkloster bei _ brcchcr der Susannitcn. wie er sie nach Dan 8 nennt, wird

"•«um oder das geldrische Kloster bei Ophcusdcn). Aul Grund der 6« ,usgcmalt. die Höllcnstrafcn für die Schuldigen ebenfalls

Jjfcchlichen Merkmale plädiert Robert Pctcrs(XXXVII-XLVIII)lur an» Luther, Opposition gegen die päpstliche Autorität, die ihn

7f engarde in Friesland als Entstehungsort. obleich er zugeben mulJ. I dcr os,kirchlichen Schismatiker ausweisen, wird mit

^er Druck als mischsprachlich zu charakterisieren ist. Die Grenze ^»JTJn,, christi und Antichristi" von 1521 belegt, das der

7 Philo|0g,sehen Beitrags zur Lokalisierung eines Druckes -s. be, demu. ^ to ,,64|). Erwähnt werden auch Luthers

Mangel an Hankierendcn Quellen unübersehbar, zumal Peters ^ * „einrieb VIII. sowie die Schrift über den Papstesel und

^lbst neue arch.valischc l orschungen für notwendig hält und die ScmmJRF^ ^ m) ^ scjner Überzeugung ist für die Monchv

^hsprachliche Form auf das Bemühen des Autors zurückfuhrt. dasM^ ^ ^ dcr Klosterreform maß-

Unem Werk einen größeren Verbreitungsraum zu ermöglichen.