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Ausgabe:

1990

Spalte:

521-522

Kategorie:

Kirchengeschichte: Neuzeit

Autor/Hrsg.:

Robertson, Edwin H.

Titel/Untertitel:

Dietrich Bonhoeffer 1990

Rezensent:

Kuske, Martin

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 115. Jahrgang 1990 Nr. 7

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(7X9 Tcxt.dcr Bullc Unigenitus in französischer Sprache genossen" wandelt (208). In der Sicht R. s war Bonhoeffer auch schon

-805) beschließen bibliographische Notizen und Register den Zeitgenosse, als er „die Erbitterung seiner Zeitgenossen" über den
|nstruktiven Band, der auch durch seine zahlreichen Quellenzitate berüchtigten Artikel 231 des Versailler Vertrages (alleinige Kriegs-
UUo"'st- schuld Deutschlands) teilte (44). Auf die von Bethge beschriebene

Rostock (}ert Haendler erste Wcndung Bonhoeflers des Theologen zum Christen geht R. nicht

ein. Meines Erachtens dürfte aber in einer Bonhoeffer-Biographie. die
..dem heutigen Leser den Menschen BonhoetTer in seiner Unmittel-
m Etiw'"H - Wem«* Bonhoeffer. Leben und Verkündi- barkeit... nahebringen" möchte (13). ein Hinweis auf die von Bethge
Mühlcnh Tr 1? T Ru Be!hgC' AUS dCm Eng'- V°" M' herangezogenen Selbstzeugnisse Bonhoeflers über jene Wende nicht

8r 8? Ka^DM^T1 Vande"h0eCk & ^P™* 335 S fehlen (Bethge. D. Bonhoeffer. 1989.24611).

Es ist anerkennenswert, wenn BonhoefTer-Forscher es unterneh- Tcterow Martin Kuske

men. nach dem Jahrhundertwerk der Bonhoeffer-Biographie E. Beth-

geseine weitere Biographic über diesen Mann zu schreiben. R..derdie „ . „ . . __ . , „ ,.. „ .„
Gesammelten Schriften Bonhoeflers und - zusammen mit R. G. ^2?**?'2 ffSf' S u Ra" 1 J™ t^-i-Kirche nach der
Smith - m„.h H^.h„ i; i r ,• u u u . • Kapitulation. Bd. 1: Die Allianz zwischen Genf, Stuttgart und

Buch i UU Cng herausgegeben hat, hat ein Bcthc, Stuttgart-Berlin-Köln: Kohlhammer 1989. 310 S. gr. 8"

g vorgelegt, das besonders denen zu empfehlen ist, denen Bethges Kart. DM 58,-.
onhoeller-Biographie zu umfangreich ist. Um der Sache willen, d. h.

m einer große ren Leserschaft Bonhoclfcrs Erbe zu erschließen, sind Der vorliegende Band ist der erste in einer Reihe von drei Doku-
■otehe kürzeren Biographien notwendig, zumal wenn sie, wie R. in mentationsbänden. welche die kirchliche Entwicklung zwischen der
seinem Vorwort schreibt, „dem heutigen Leser den Menschen Bon- Kapitulation und den Kirchenkonferenzen von Frankfurt und Treysa
pJ)e'Jer m seiner Unmittelbarkeit und die historische Gestalt Bonhoef- behandeln werden.

^ ,ni Kontext ihrer Zeit nahebringen" möchten (13). Beides ist R. Band I behandelt das Zustandekommen der ersten Kontakte
^ungen. zwischen Genf, Stuttgart und Bethel. Bald nach Kriegsende waren die

n der deutschen Ausgabe wird der Untertitel der englischen Aus- mit diesen Ortsangaben bezeichneten kirchlichen Leitungsgestalten
e - Dietrich Bonhoeffer's Life und Preaching - zum Haupt- und bemüht, inmitten der allgemeinen Notlage einen Weg Tür eine
ntertitel; auf den englischen Haupttitel - The Shame and the Sacri- Neuordnung der Kirche zu finden. Dies hatte zur Voraussetzung, daß
-Wird verzichtet. Wollte man dem deutschen Leser diese Würdi- sie einen Modus der Zusammenarbeit mit den Besatzungsmächten
eungBonhoen"ers durch R. nicht zumuten? erzielen konnten.

• teilt sein Buch in 15 Kapitel ein und versieht jedes Kapitel mit Das Buch versteht sich betont als Arbeitsbuch. Die Edition von
c reren Überschriften. Mit den Überschriftendes I. und 2. Kapitels Quellenmaterial ist Prüfstein Tür den Gebrauchswert. Im Blick auf
-Kindheit und Todessehnsucht": „Die Demütigung der Nieder- eine Angabe über ihren Ansatz verweisen die Herausgeber auf ihre
^ge - sctz, R Rjr den entsprechenden Zeitabschnitt Akzente, die anderweitigen Veröffentlichungen, wobei J. Thierfelders Monogra-
ull CtWaS ,ragwürdig sind. Denn seine Kindheit war doch nicht phie über das kirchliche Einigungswerk während der Kriegsjahre und
isp"1 tJUrch ••Todcsschnsucht" bestimmt. In diesem Zusammenhang G. Besiers ebenfalls monographische Analyse über die hannoversche
Uc«> aufden Abschnitt „Gedanken zum Selbstmord" im 7. Kapitel Landeskirche und ihren Landesbischof „.Selbstreinigung" unter bri-
* arramt in London" zu verweisen (I32f). Es ist m. E. nicht ange- tischer Besatzungsherrschaft" als die wichtigsten Voraussetzungen
ssen, wenn R um dic |n jjjgjgj ycll wjcc)er auftauchenden anzusehen sind. Ausdrücklich wird aber auch auf die erweiterte
],' PUrcn seiner (sc. Bonhoeffers) Todesfaszination" deutlicher werden Nummer der Zeitschrift Kirchliche Zeitgeschichte 1989/1 „Die Kirnen
. Aussagen der „Ethik" heranzieht, chen Europas 1944/48" verwiesen. Darin kommt die Mannigfaltig-
Sat R' de" Ahschnitt über den Versailler Vertrag (440 mit dem keit der Lage in den europäischen Ländern zum Vorschein, während
GjT hcctluet, daß es „in den Jahren 1919 und 1920 ... wohl kaum ein das Gesichtsfeld im vorliegenden Band vorwiegend auf Deutschland
traS?rai"h segeben haben" wird, „in dem nicht das Unrecht des Ver- begrenzt bleibt.

bCsgCS crwi'hnt wurde", dann ist damit ein berechtigter Akzent - dies In dem von G. Besier verfaßten Vorwort wird die Konzeption des
« - onders im Blick auf die englischen Leser - ein wenig zu stark gc- Bandes mit wenigen Strichen gekennzeichnet, wobei mit einer gewis-
* sen Schärfe zu anderen Positionen in der aktuellen Forschungslage

dc 'nc ähnliche Frage ergibt sich, wenn man folgende Sätze liest, in Stellung bezogen wird, Positionen, denen alle mehr oder weniger Ein-
ly"!11 R- die Wirkung der ersten Predigt Bonhoeflers - am 18. 10. seitigkeit zum Vorwurf gemacht wird. Die von den Herausgebern statt
"i der Stahnsdorfs Kirche über Lukas 17,7-10 - auf seine dessen befolgte historiographische Methode wurde „nicht unter
djeUl'cr ^schreibt: Sic „dürfte nicht wenig betroffen gewesen sein über irgendwelchen präskriptiven Kriterien personaler, organisatorischer.
UndMB Weise- wie ihr Sohn hier dic Frömmigkcit- Innerlichkeit theologischer oder sonstiger Art zusammengetragen, sondern bildet
Religiosität, in der sie aufgewachsen war, angriff... Seiner den gewiß gewagten Versuch, in einer integrativen Zusammenschau
«er muß beim Hören dieser Predigt bewußt geworden sein, daß einigermaßen repräsentativ alle Anstrengungen abzubilden" (S. 5).
ChScr Ar>grifT ihres Sohnes gegen die Hochburg des bürgerlichen Demzufolge geht es dem Vf. der Einleitung. J. Thierfelder, nicht
fersr,LlCnturns gerichtet war" (57). Da R. die Verkündigung Bonhoef- darum, irgendwelche neue Forschungskenntnisse herauszustellen,
und lusstcl|en will, ist es angemessen, daß er verhältnismäßig oft Beabsichtigt ist vielmehr eine pädagogisch angelegte Einführung,
ausfiihrlich auf seine Predigten eingeht und auch versucht, nicht bestimmt auch für andere als die Forschungskollegen, um damit die
°en Inhal, der Predigten darzustellen, sondern auch ihre Wirkun- Verwendung des Buches als Arbeitsbuch zu erleichtern,
p■** die Hörer, aber es sind Cirenzcn zu beachten. Im genannten J. Thierfelders Darstellung beginnt mit einer Beschreibung der Lage
erscheint es mir so während der Tage unmittelbar nach der Kapitulation. Die wichtigsten

Be,h isl' wic er im Vorwort schreibt, der Bonhoeffer-Biographie kirchcnpolitischen Gruppierungen werden vorgeführt, und die
"WS verpflichtet. Kein besonderes Interesse hat er aber an der Akzentunterschiede in der Kirchenpolitik der Besatzungsmachte wer-
,, '^s.crung des Lebens und Wirkens Bonhoelfers durch Bethge den erläutert. Ferner wird die Bestrebung des ökumenischen Sekreta-
W?* - ChrisI - Zeitgenosse). Fall nebenbei erwähn, er im 11. na.s in Genferwähn., eine Allianz zwischen den Einigungsbemuhun-
e,n" Cl "Teilhabe", daß der immer mehr in dic Verschwörung hin- gen von Landesbischof Wurm und den Bruderra.lichen Gruppen im
8c*>genc Chris. Bonhoeffer sich völlig ZU Bonhoeffer, dem Zeit- Sinne der VKL II anzuregen. Ohne s.ch d.rekt emzum.schen. empfah-