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Ausgabe:

1990

Spalte:

500-501

Kategorie:

Altes Testament

Titel/Untertitel:

The world of the Old Testament 1990

Rezensent:

Schunck, Klaus-Dietrich

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499

Theologische Literaturzeitung 115. Jahrgang 1990 Nr. 7

500

adäquat zu verstehen ist, daß in der Sprache des Chaoskampfmythos
nicht etwa weltweites Gericht (qua apokalyptische Konzeption) beschrieben
wird, sondern die nationale Katastrophe von 587 v, Chr.
Die Zerstörung Jerusalems, des Weltzentrums (24,13), samt anschließendem
Exil konnte nur als Rückkehr ins Chaos aufgefaßt werden.

In den Augen des Verfassers von 24,1 -20- so J. - ist diese Gerichtsansage
, die kurz vor 587 entstanden ist, aber nicht das letzte Wort
Jahwes über sein Volk. In zwei Schüben (24,21-27,1; 27,2-13) hat
vermutlich derselbe Verfasser im Laufe des Exils (27.2-13 ev. kurz
danach) die Zuversicht auf eine bevorstehende Wende dokumentiert.
Für den Abschnitt 24,21-27,1 (S. 49-84) ist J.s Identifikation der
Stadt mit Babylon hervorzuheben (25,2; 26,5f, vgl. schon 24,16) — die
Moabpassage 25,10b— 12 wird als spätere Zufügung außer acht gelassen
-sowie seine Interpretation von 26,19 als nationale Auferstehung
bzw. Exilsende. In 27.2-13 (S. 85-96) legt erden Schwerpunkt auf die
(bevorstehende) Vereinigung der beiden Häuser Israels, wobei in seiner
Argumentation Parallelstellen in- und außerhalb des Jesajabuehcs
eine zentrale Rolle spielen.

Zusammengebunden wird die ganze Komposition durch das übergreifende
traditionelle Chaoskampf-Pattern Drohung(24,1-20)-Sieg
(24,21-27,1)/ Fest (25,6- 10a)- Wiederherstellung (27,2-13).

Die Stärke der Arbeit liegt in der Betonung der zukünftigen Ausrichtung
von 24-27 (mit Ausnahme von 26,7IT), der durchdachten
Anlage des Textkomplexes und der Verbindung zum näheren und
ferneren Kontext. Gerade J.s Ausführungen zu Anlage und Kontextbezügen
geben aber auch zu Fragen Anlaß. Warum wird beispielsweise
nicht zu Beginn einmal der ganze Text 24-27 auf mögliche
durchlaufende Kompositionshinweisc geprüft, sondern gleich
24,1 -20 abgetrennt und nur für sich interpretiert? Daß ein sehr grobmaschiges
durchgehendes Plattern über den in mehreren Etappen entstandenen
Text gelegt wird, vermag das Problem der Gesamtkomposition
nicht befriedigend zu lösen. Hinsichtlich der Kontextbe/üge
verführt J. allzu eklektisch. Intensiv daraufhin befragt werden nur
27,2ff und z.T. 24,1 ff, und auch da werden wichtige Bezüge weggelassen
(vgl. z. B. 24,7 mit 16,8). Nur selten wird wirklich untersucht,
ob ein Bezug traditionsgeschichtlichcr oder literarischer Natur ist. was
nicht zuletzt auch Auswirkungen auf die Beurteilung der - von J.
kaum berührten - Stellung und Verankerung von 24-27 im Jesaja-
buch hätte. Und schließlich: J. geht zu selbstverständlich davon aus,
daß in 24-27 ältere Texte oder Traditionen homogen aufgenommen
werden. Er rechnet zuwenig mit der Möglichkeit, daß die Aufnahme
vorgegebenes Gut anders versteht als dieses sich selbst. Berücksichtigt
man dies für die Fragen dar Identifizierung der Stadt/Städte sowie der
Datierung, so. ergeben sich alternative Varianten.

J. hat auf jeden Fall eine anregende und bemerkenswerte Arbeit
vorgelegt. Sie bietet Material und Anstöße, die zu einer weiteren
Überprüfung herausfordern.

Zürich Erich Bosshard

Costacurta, Bruna: La Vita Minacciata. II tema dclla paura nella
Bibbia ebraica. Roma: Editrice Pontificio Istituto Biblico 1988.
360 S.gr.8° = Analecta Biblica, 1 19. L 48.000.

Die am päpstlichen Bibelinstitut unter M. Gilbert erarbeitete Dissertation
setzt sich zum Ziel, das Phänomen der Furcht als vor allem
menschlicher Gemütsbewegung in allen seinen Variationen durch das
Alte Testament hindurch zu verfolgen. Das geschieht in drei Schritten
: Im ersten Teil (13-90) wird nach einem ersten Kapitel, in dem
eine allgemeine Übersicht über die Aspekte der Furcht (Subjekte,
Situationen usw.) gegeben wird (17-28), vor allem die reichhaltige
hebräische Terminologie für ,,Furcht" untersucht (Kap. 2,29-90).
Die Vfn. zählt 25 HauptbegrilTc, nicht gerechnet die Hapax Legomena
und selteneren Ausdrücke. Dieses Kapitel ist eigentlich das interessanteste
der ganzen Arbeit. Vor allem der Vergleich zwischen den
wichtigsten Konkordanzen (Mandelkern, Lisowsky. Eben Shoshan),

dazu von Lexika. Wörterbuchartikeln. Spezialliteratur zu den Begriffen
usw., bringt manche neue Einsicht zur Bedeutungsabgrenzung der
einzelnen Termini und.ihrer Verwendung in verschiedenen Kontexten
. Vor allem dieses Kapitel ist für die exegetische Arbeit an
Zusammenhängen, in denen die Begrifflichkeit vorkommt, sehr hilfreich
.

Der zweite Teil (91-167) beschreibt die Furcht in verschiedenen
Situationen. Dabei handelt Kap. 3 (94-123) von der Furcht vor
Menschen und Tieren. Kap. 4 (124-154) von der Furcht vor dem
(göttlichen) Geheimnis. Hier kommen die Probleme der göttlichen
Transzendenz, der Rolle Gottes als Angreifer und als Ankläger an
ausgewählten Texten (Ex 19.16-25; 20,18-21: 2Sam6,l-22;
I Sam 5-6: 1 Sam 12,1-25) zur Sprache. Für das Wirken Gottes in erschreckenden
und bedrohliehen Naturerscheinungen wird Jon 1,1-6.
für das Arcanum lSam 28,3-25 behandelt. Auch die Furcht vor
körperlicher Bedrohung (durch Krankheit, dazu Jcs 38,9-20: und
durch Geburt) findet hier seinen Platz(Kap. 5. 155-167).

Der dritte Teil (169-277) bietet eine das gesamte Alte Testament
umfassende Untersuchung der „Strukturelemente" der Furcht, dargestellt
in ihren Phasen. Kap. 6 (174-206) handelt von der Entstehung
der Furcht: von dem sie auslösenden Element der Beobachtung der
Gefahr, von dem Objekt der Furcht (den furchtbaren Eigenschaften
des Feindes usw.), auch von der für Feinde und Gefahr gebrauchten
Metaphorik. Kap. 7 (207-256) behandelt das Phänomen der Furcht
in seinen körperlichen Manifestationen, aber auch die für die Furcht
und ihre Intensität gebrauchten Begriffe, Bilder (wie die der Gebärenden
), Reaktionen (wie Schreien und Flucht) und Gegenmaßnahmen.
Auch Begriffe für „Ängste" (4.3) werden besprochen. In Kap. 8 (..Das
Ende der Angst", 257-277) geht es um Ermahnungen zur Furchtlosigkeit
(u. a. die Formel 'altira), um die Überwindung der Furcht und das
Leben ohne Furcht. Dies ist eine Möglichkeit, die nach alttestament-
lichem Zeugnis nur von Gott geschenkt werden kann, insofern kommt
hier der theologische Aspekt, der aber alle Aussagen des Alten
Testaments zum Thema Furcht durchzieht, am deutlichsten zum
Ausdruck.

Im Schlußabschnitt mit der Überschrift ..Das Leben im Tode*'
(279-285) ist nouh einmal eine Textbehandlung enthalten: Raheis
Tod bei der Geburt (Gen 35,16-20). Abkürzungsverzeichnis (darin
auch die Titel einiger Werke, die nicht mehr in der Bibliographie
wiederholt werden), Bibliographie und Indices besehließen das
Werk.

Im ganzen behandelt die Arbeit ein reiches Textmaterial. Sie hat
nur eine Schwäche - die allerdings den Gebrauch beträchtlich einschränkt
: es wird jeweils vom Endtext ausgegangen. Die Vfn. kennt
die einschlägige Sekundärliteratur zu den behandelten Texten gut und
führt sie jeweils sorgfältig auf, aber sie geht auf literarkritischc und
andere methodische Fragen zu den Texten nicht ein. Allenfalls textkritische
Probleme werden, wenn erforderlich, angeschnitten. Vermutlich
hätte die Breite des Stoffes ein anderes Vorgehen nicht zugelassen
. So ist statt dessen ein flächendeckendes, ausschließlich an dem
Phänomen der Furcht selbst und seinen sprachlichen und inhaltlicher)
Aspekten auf der Ebene der jetzt vorliegenden Texte des Alten Testaments
interessiertes Werk entstanden. Doch ist auch das ein durchaus
der Mühe wertes Unternehmen. Von den üblichen Begriffsunter-
suchungen unterscheidet es sich durch die umfassende Anlage. So
wird der Leser befähigt, das Phänomen der Furcht in allen seinen
Aspekten zu überblicken.

Bochum Henning Graf Reventlow

Woude, A. S. van der [Ed.]; The World of the Old Testament. I ransl.
by S. Woudstra. Grand Rapids: Eerdmans 1989. XI, 300 S. m. 65
Abb. u. Ktn gr. 8° = Bible Handbook, 2. Kart. £ 19.50.

Mit diesem Buch wird eine englische Übersetzung der 1982 unter
dem Titel ,,Het Oude Testament" als Band II A des großen nieder-