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Ausgabe:

1990

Spalte:

491-495

Kategorie:

Religionswissenschaft

Titel/Untertitel:

Christentum und chinesische Religion 1990

Rezensent:

Tröger, Karl-Wolfgang

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Theologische Literaturzeitung I 15. Jahrgang 1990 Nr. 7

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ter verfaßt, der auch die „Einführung ins Judentum" geschrieben hat;
die drei anderen Mitarbeiter für den Bereich dieser Religion beschränken
sich ausschließlich auf die ersten Buchstaben des Alphabets. Breiter
gestreut ist das Feld nur für das C hristentum (21 Autoren), die Einführung
dazu stammt von Prof. Dr. L. Hagemann.

Die einzelnen Artikel sind in der Regel so aufgebaut, daß nacheinander
die jüdische Seite, die christliche und die islamische der behandelten
Sache dargestellt werden. Der Umfang, den die einzelnen Religionen
dabei einnehmen, ist - entsprechend dem Gegenstand - unterschiedlich
. Gelegentlich hat nur eine Religion ihr Wort zur Sache zu
sagen, häufiger der Islam (z. B. zu „Hadith", „Khalif, „Schia",
,,Sünna*'), zu ,,Sakrament" etwa aber auch das Christentum. Zu
„Zionismus" kommt nur das Judentum und der Islam zum Zuge, zu
„Kirche" nur das Christentum und der Islam. Die Artikel selbst sind
besonders in ihrem jüdischen, aber auch im christlichen Teil häufig
stark historisierend mit besonderem Gewicht auf dem biblischen und
frühen nachbiblischen Bereich. Hier wäre eine stärker systematische
Durchdringung und ein strafferer Bezug auf die gegenwärtige Situation
gelegentlich erwünscht. Das gilt auch für die zusammenlässende
Einführung. Die Darstellung des Christentums dort ist an dem klassischen
Schema der Dogmatik orientiert, das biblizistisch ausgeführt
wird, nachdem zuvor ein kurzer Einblick in die Grundgeschichte
(Jesus) gegeben worden ist.

Den Beiträgen sind Literaturangaben beigefügt, die freilich einen
öfter mehr zufälligen Charakter tragen. Abgeschlossen wird der Band
durch eine „synoptische Zeittafel", in der wichtige Etappen oder
Erscheinungen der drei Religionen (nach Zeittafeln in Standardwerken
) zusammengestellt sind.

Insgesamt macht das Werk den Eindruck, etwas rasch erarbeitet
worden zu sein. Es ist von dem Willen zur Verständigung unter den
Religionen getragen und vermittelt durchaus dem Verständnis dienliche
Informationen und Urteile und vermag so, den interreligiösen
Dialog gewiß zu fördern.

Halle (Saale) Traugott Holtz

Küng, Hans, u. Josef van Ess: Christentum und Weltreligionen. I:

Islam. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn (Lizenzausgabe
des Piper Verlages, München) 1988. 204 S. 8" = GTB Sachbuch
, 779. Kart. DM 9,80.

-, u. Heinrich von Stietencron: Christentum und Weltreligionen. 2:
Hinduismus. Gütersloh: Güterslohef Verlagshaus Gerd Mohn
(Lizenzausgabe des Piper Verlages, München) 1987. 234 S. 8° =
GTB Siebenstern, 780, Sachbuch. Kart. DM 12,80.

-, u. Heinz Bechert: Christentum und Weltreligionen. 3: Buddhismus.
Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn (Lizenzausgabe
des Piper Verlages. München) 1988. 234 S. 8- = GTB Sachbuch,
781. Kart. DM 12,80.

-, u. Julia Ching: Christentum und Chinesische Religion. München-
Zürich: Piper 1988. 319 S. 8'. Lw. DM 39,80.

Wer sich über die großen Religionen Asiens sachgerecht orientieren
möchte, dem seien diese Publikationen nachdrücklich empfohlen. In
ihnen führen Fachleute in den Islam, Hinduismus. Buddhismus und
in die chinesische Rcligionswelt ein. Das Besondere dieser Titel liegt
darin, daß ein christlicher Theologe katholischer Provenienz das von
Religionswissenschaftlern Geschriebene kapitelweise aus christlicher
Perspektive betrachtet und kommentiert. So wird aus den gediegenen
Einführungen in die Religionen ein engagierter interreligiöser Dialog,
der ganz und gar die Handschrift von Hans Küng trägt. Die Dialogpartien
, die natürlich kritisch gelesen sein wollen, sind so geschrieben,
daß man unmittelbar in das Gespräch mit den Religionen hineingenommen
wird und so zu einer eigenen, sachlich fundierten Position
finden kann - sofern man sich auf den vom Autor intendierten herme-
neutischen Prozeß einläßt. Doch das ist ja gerade der Sinn dieses ungewöhnlichen
Unternehmens und rechtfertigt erst seinen Aufwand.

Mit Recht ist der erste Teilband der Taschenbuchausgabe (in der

Buchausgabe von 1984 bei Piper = Teil A) dem Islam gewidmet,
nähert sich doch die Zahl seiner Gläubigen der Milliardengrenze. Die
(oftmals militante) Ignoranz mancher Mitchristen, welche die /weit-
stärkste Religion der Erde nicht zur Kenntnis nehmen wollen, es sei
denn als vitale Konkurrentin des Christentums, ist nicht nur anachronistisch
, sondern in einer Welt, in der der friedliche Wettstreit die
Oberhand gewinnen soll, auch gefährlich. Das vorliegende Buch ist
geeignet, wesentliche Vorstellungen und Haltungen des Islam zu vermitteln
und festsitzende Vorurteile abzubauen, aber auch - was
H. Küngs Beitrag betrifft - die Gemüter zu beschäftigen bzw. zu
erregen. Küng stellt bereits in seiner ersten Antwort auf die Darlegungen
des Orientalisten Josef van Ess zu „Muhammad und der Koran:
Prophetie und Offenbarung" (Kap. 1) die drei entscheidenden Fragen:
„Der Islam-ein Heilsweg'.'; Muhammad-ein Prophet'?; Der Koran-
Wort Gottes?", und er beantwortet sie alle drei mit, ja". Das wird (vor
dem Hintergrund des II. Vatikanischen Konzils) ausführlich begründet
. In diesem Zusammenhang behandelt Küng den Offenbarungsbegriff
(„Offenbarung außerhalb der Bibel"), die Frage der Verbalinspiration
sowie das Problem der Bibel- und Korankritik. Er plädiert
nachdrücklich für „eine historisch-kritische Interpretation des
Koran" und auch des islamischen Gesetzes. Küngs „christliche Antworten
" beschäftigen sich weiter mit dem Paradigmcnwcchsel in
Geschichte und Religionsgeschichte (u. a. Reformation, Moderne und
Aufklärung, Postmoderne), mit dem Problem der Säkularisierung und
dem Funktionswechsel der Religion („Der dritte Weg" als „neues
ökumenisches Paradigma der Säkularität vor religiösem Horizont".
S. 90), mit Fragen der Reform des Islam und des Fundamentalismus
und mit dem islamischen Gesetz im Vergleich zum Gesetzesverständnis
Jesu. Besonders lesenswert sind die Ausführungen zur Toleranz,
zum islamischen Jesusbild, zur Trinität und Gottesfrage und zum
Thema „Islam und Judenchristentum" (vor allem die Traditionslinie
„Jesus als Gottesknecht"). Schließlich fragt Küng „Wie könnten
Christen Muhammad sehen?" (S. 188) und antwortet: „Als Christ
kann ich .. . der Uberzeugung sein, daß ich, wenn ich für mein Leben
und Sterben diesen Jesus als den Christus gewählt habe, seinen Nachfolger
Muhammad, insofern ersieh auf den einen und selben Gott und
Jesus beruft, mitgewählt habe" (189).

Das religionswissenschaftliche Rüstzeug für diesen Dialog steuert
Josef van Ess in 4 Kapiteln „islamische Perspektiven" bei. Im 2. Kapitel
„Sunniten und Schiiten: Staat, Recht und Kultus" geht es um die
verschiedenen „Geschichtsbilder" und Nachfolgeprinzipien, um
„theonomes Gesetz, weltlichen Staat und individuelles Gewissen"
(Gewissen „als autonome Instanz" gibt es im Islam nicht, 75) und um
die Frage der Menschenrechte. Im 3. Kapitel „Gottesbild und islamische
Mystik. Menschenbild und Gesellschaft" widmet sich van Ess
u. a. dem NaturbegrilT. Fragen der Sexualität, des Eigentums und dem
Problem der Willensfreiheit („Der Mensch hat keinen Willen, sondern
er erhält ihn jedesmal von neuem, wenn er vor eine Wahl gestellt
ist", 119). Im 4. Kapitel „Der Islam und die anderen Religionen. Jesus
im Koran" wird auch die Toleranzfrage aus islamischer Sicht und das
Problem von „Bekehrung und Mission" besprochen. Was macht nun
die „Stärke und Schwäche des Islam" aus? Van Ess zu den Vorzügen
des Islam: „in der Lehre die absolute Rationalität, in der Praxis eine
gewisse Freizügigkeit, das was er den Goldenen Mittelweg nennt"
Und seine Schwäche? Sie „liegt dort, wo auch seine Stärke liegt: in
seinem Erlolg. Das Bewußtsein der eigenen Rechtgläubigkeit verbindet
sich darum mit der Erwartung innerweltlicher Größe; .Kirche
unter dem Kreuz' ist in muslimischen Kategorien kaum denkbar"
(160).-Viel Stoff also zum Nachdenken.

Der zweite Teilband (Teil B der Buchausgabe) hat den Hinduismus
zum Gegenstand und ist eine anspruchsvolle, gleichwohl benutzer-
frcundliche Darstellung dieser vielgestaltigen Rcligionswelt aus der
Feder von Heinrich von Stietencron. Aus profunder Sachkenntnis
vermittelt der Indologe Durchblicke und Einsichten, die für das.
Gespräch mit Hindus unabdingbare Voraussetzungen sind. Vf. behandelt
zunächst (Kap. I) Begriff und Wesen. Ursprung und Ge-