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Ausgabe:

1990

Spalte:

464-465

Kategorie:

Religionspädagogik, Katechetik

Autor/Hrsg.:

Manderscheid, Hejo

Titel/Untertitel:

Kirchliche und gesellschaftliche Interessen im Kindergarten 1990

Rezensent:

Mette, Norbert

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Theologische Literaturzeitung 115. Jahrgang 1990 Nr. 6

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sen die „wenigen" vom übernatürlichen Licht der Rechtfertigungslehre
„erleuchteten Sätze" (87. 77. 17f. 105f) des Dokuments. Also
genau diese „bezeugte" (79) Gemeinsamkeit besteht schon als „wahrhaft
konsensfähig" (78. 90). Und sie ist die einzig notwendige, aber
auch hinreichende Basis der (äußeren) Einheit der Kirche(n).

Auf diesen Wegen befinden sich die evangelischen Konziliatoren
nicht. Denn sie sagen das nicht so klar und präzise, „eindeutig und
unmißverständlich" (28), wie das die beiden reformatorischen Konfessionen
inzwischen untereinander (Gott sei Lob und Dank)
können.

Marburg (Lahn) Theodor Mahlmann

Systematische Theologie: Ethik

Nürnberger, Klaus: Ethik des Nord-Süd-Konflikts. Das globale
Machtgefälle als theologisches Problem. Gütersloh: Gütersloher
Verlagshaus Gerd Mohn 1987. VI, 333 S. gr. 8° = Missionswissenschaftliche
Forschungen, 20. Kart. DM 42,-.

Schon beim Lesen des Titels stutzt man: Es läge nahe, daß ethische
Probleme, die der Nord-Süd-Konflikt aufwirft, dargestellt werden
sollen. Aber nicht dies kündigt der Titel an. vielmehr ist von einer
Ethik die Rede. Damit wird ein Anspruch von enormer Tragweite
erhoben, der zu sorgfältiger Prüfung herausfordert, dies ganz besonders
auch deshalb, weil Vf. sich als Angehöriger des Lehrkörpers der
Abteilung für Systematische Theologie und Theologische Ethik an
der University of South Africa vorstellt und das Buch seinen dortigen
Kollegen und Studenten widmet.

Die zehn Kapitel des Buches tragen folgende Überschriften: 1.
Worum es geht. 2. Die Evolution des globalen Machtgcfälles. 3. Das
strukturelle Machtgefälle im Modell. 4. Ursachen des strukturellen
Machtgefälles. 5. Reflektionen über Macht und Sinn der Wirklichkeit.
6. Sozialethik unter biblischen Voraussetzungen. 7. Zusammenprall
der Extreme. 8. Dominanz und Dependenz. 9. Interesse und Ideologie
. 10. Grundriß einer Strategie auf struktureller Ebene.

Im 1. Kap. bemängelt Vf.. daß es für die Beschäftigung mit dem
Nord-Süd-Konflikt eigentlich nur eine liberale und eine neomarxistische
Ausgangsposition gebe (9). Demgegenüber stellt sich Vf. die
reichlich anspruchsvolle Aufgabe, eine „theologische Aufarbeitung
des Machtgefälles zwischen Nord und Süd" vorzunehmen (10).

Bereits vom 2. Kap. an präsentiert sich Vf. nicht nur - dies würde
uneingeschränkte Anerkennung verdienen - als mit allen Methoden
und Begriffen moderner Soziologie bestens vertraut, sondern bedient
sich seinerseits im ganzen wie im einzelnen dieser durch und durch
säkularen Wissenschaft, ohne ihre Grundlage auch nur ansatzweise
theologisch ernsthaft zu hinterfragen. So ist z. B. der unterschiedslose
Gebrauch des Begriffes „Eliten" - das Wort findet sich beinahe auf
jeder Seite - dazu angetan, eine unzulässige Vercinerleiung der verschiedensten
Kulturen aus -der sich absolut setzenden technischen
Perspektive der Moderne zu bewirken.

Noch folgenschwerer ist es, daß Vf. ganz so, wie die heutige Soziologie
es gebietet, den Lebensvollzug vollständig in „Mechanismen",
„Strukturen", „Systeme" usw. eingefangen sieht. Dieses total mechanistische
Denken, von dem sich die Naturwissenschaft mehr und
mehr distanziert, dem aber groteskerweise die Soziologie, die sich als
Humanwissenschaft zu verstehen hätte, noch immer anhängt, ist
schlechterdings ungeeignet, als Grundlage eines theologisch legitimen
Herangehens an die Probleme zu dienen, denen Vf. sich stellen
möchte. Die ohnehin fragwürdige programmatische These „Sozialethik
ist Mission" (9 u. ö.) überzeugt nicht, wenn sie eine christliche
Sozialethik meint, die sich in der bezeichneten fragwürdigen Weise
auf den Boden moderner Soziologie stellt. Sehr eindrucksvoll und
überzeugend sind die Analysen des 7. Kap., in denen Vf. aufgrund
langjähriger persönlicher Erfahrungen und eindringender Studien die
Religion und Kultur der Sotho Südafrikas und die Wirkung ihrer Begegnung
mit der westlichen technischen Zivilisation wie mit dem

Christentum beschreibt. Als weniger gelungen muß der im 8. Kap.
vorgenommene Vergleich der auf Madagaskar bezogenen Arbeiten
Mannonis mit dem neomarxistischen Lateinamerikaner Paulo Freire
bezeichnet werden. Letzeren richtig einzuordnen gelingt dem Vf. in
Anbetracht eines bestimmten „Afrozentrismus", der seiner gesamten
Betrachtungsweise eignet und sogar als deren Stärke anerkannt
werden könnte, nur unzureichend.

In Kap. 9 wird am Beispiel Brasiliens und Südafrikas die Bedeutung
„ökumenischer Interaktion" auf interessante Weise dargestellt, ohne
freilich die Fragwürdigkeit dieses Aspektes moderner Ökumcnizität
hinreichend auszuleuchten.

Die Anregungen und Forderungen des abschließenden 10. Kap.
sind nachdenkenswert, doch ohne davon überzeugen zu können, daß
sie so und nicht anders als die Leitlinien christlicher Sozialethik zu
gelten hätten.

So vermag also das Buch den von ihm selbst gestellten hohen
Ansprüchen nicht wirklich gerecht zu werden, doch soll das nicht den
Dank an den Vf. für die von ihm aufgewandte große Mühe und die
umfassenden Studien mindern. Sie sind es wert, daß sie ernsthaft
aufgenommen werden und als kräftige Anstöße zu weiterer Beschäftigung
mit den so brennenden und weitreichenden Problemen dienen,
um die sie kreisen.

Leipzig Siegfried Krügel

Praktische Theologie:
Katechetik/Religionspädagogik

Manderscheid, Hejo: Kirchliche und gesellschaftliche Interessen im
Kindergarten. Ein pastoraltheologischer Beitrag zur Frage nach
dem katholischen Profil. Mit einem Vorwort von R. Zerlaß. Freiburg
-Basel-Wien: Herder 1989. 206 S. 8' = Freiburger theologische
Studien, 141. Kart. DM 24,-.

Im Kindergartenbereich nimmt die katholische Kirche in der
Bundesrepublik Deutschland eine hcrausragende Rolle ein:..Mehr ais
jeder dritte Kindergarten und über zwei Fünftel der insgesamt .. •
angebotenen Plätze sind in katholischer Trägerschaft." (21) Nicht nur
die quantitative Präsenz, sondern darüber hinaus aktuelle Entwicklungen
in Gesellschaft und Kirche (z. B. Geburtenrückgang, wachsender
Ausländeranteil unter Kindern, finanzielle Kürzungen im sozialpolitischen
Bereich, gesellschaftlicher Wertewandel, epochale Einbrüche
im Bereich der religiös-kirchlichen Sozialisation) lassen seit
einiger Zeit wieder einmal fragen, ob und inwiefern sich dieses starke
kirchliche Engagement im Kindergartenbereich „lohnt". Es zeigt sich,
daß höchst heterogene Leitbilder zu Ziel und Auftrag eines katholischen
Kindergartens miteinander konkurrieren.

Die vorliegende praktisch-theologische Studie - eine von Rolf
Zerfaß, der auch das Vorwort beigesteuert hat, begleitete und von der
Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Würzburg angenommene
Dissertation - nimmt diese sog. „Profildebatte" zum Anlaß,
sie ihrerseits zu problematisieren und insbesondere die sie maßgeblich
beeinflussenden Voraussetzungen und Interessen herauszuarbeiten, um
so überhaupt erst einen theoretisch fundierten und zugleich praktisch
gehaltvollen Zugang zur Frage nach einem möglichen Leitbild des Kindergartens
in katholischer Trägerschaft zu gewinnen.

Dafür muß der weithin unklar gebrauchte Profilbegriff selbst
zunächst einmal so präzisiert werden, daß er ein analytisch brauchbares
Instrumentarium an die Hand gibt. Allerdings kommt es bereits
hier - so zeigt der Vf. im 2. Kap. - zu erheblichen Divergenzen, je
nachdem ob ein System- oder ein handlungslheorctischer Zugang
gewählt wird. Läßt sich dieser nämlich „von einer radikalen Option
für die Sicherung der Subjektwürdc" (58) leiten, so steht bei jenem die
Frage nach den den funktionalen Erfordernissen angemessen Rech
nung tragenden Strukturen einer Institution (z. B. Kindergarten) im
Vordergrund. Eine mögliche Vermittlung der Dialektik von Handlung
und Struktur erblickt'der Vf. in der Unterscheidung von