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Ausgabe:

1990

Spalte:

457-461

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Evers, Tilman

Titel/Untertitel:

Mythos und Emanzipation 1990

Rezensent:

Scharfenberg, Joachim

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Theologische Literaturzeitung 115. Jahrgang 1990 Nr. 6

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dieser Partizipation begründet ist und deshalb hierin auch das der klaren, daß er sich mit seinem Versuch einer Annäherung m befreien-

Theologie Vorgegebene und der Grund der Theologie entstehen" der Absicht zwischen die Stühle hergebrachten Denkens setzt, geh.

C99); daß die Ursprünge ckklcsialcr Gemeinschaft nicht - wie ein aber unbeirrt einen Weg. auf dem er versucht. Wege und Abwege m

vom Schriftprinzip beherrschtes Glaubensverständnis meint - schon Umgang mit dem Mythos auseinanderzuhalten (S. I8)JFürihn ist der

«schöpfende Quelle und Norm sein können, sondern im ekk.esialen ' ..verschlingende Mythos des Dritten Reiches das Menetekel, das

Prozeß Wirklichkcitserschließung geschieht, durch die Einsicht in politische Schärfe in die heutige Mythen-Diskussion mit ihrer«B-

«üeriale Existenz immer noch wächst (293); daß in ekklesialer übersehbaren Tendenz zur Remy.holog,s,erungh,ne1ntragt(S. 19).

Gemeinschart, wenn sie auch wesentlich "facc-to-face Community" Seine These, daß m den bisherigen Entwürfen vonMn,

m „„„ ,, . .. imnw in die dem Paradigma Marx/Freud tolgen, etwas unerfüllt geblieben sei.

IM- von ihrem Ursprung und von ihrer Entelechie her immer in cue uem b _^ -~- __ ._.

. • n r ...ihh ,inrrh Hie Hvnothese ereanzt. daß in dem Bcgnrt der „Indivielua-

«lendeiner Weise universale Einheil präsent sein muß (264). Damit wird durch die Hypotncsc trgan/i.5,r,1u,1„,„ä„,i,r„n„

w;n r . , , , . ,___u»i-_»IUti lion" eine vorwärtstreibendc, zur Selbst- und Strukturveränderung

Wl|l !'. dem gerecht werden, was für ihn schon in der traditionellen tion eine „voiwausi j„„ v^,hi™

Fr.rm„i j ■ .. in* | i?( befähiuende Potenz- S. 43 hegen konnte, die den Vorschlag nahe-

r°rrnel von dem „C hristus praesens" ausgesagt ist (102,217 a. l,ZZ3. oeidiugcnut " y ° l(„,;„i,„;„„„;„h»

245 ->98) lcgt-Freud durch Jung zu erweitern. Mutig begibt er sich mitten in die

»Li. . . .. r j ir— «,hwipripkeiten die ein solcher Vorschlag notwendigerweise auslösen

Zeichnet sich mit einer solchen Entscheidung in bezugaul das Ver- Schwierigkeiten.aieem so c >e cZfc,t,mp~;t4™,

uKU . . .....- . ... o p:n, f.. r(. .,nci scharfsinnige Ana vse der rreudschen Position

"altnis von Rechtfertisuns und Kirche" schon deutlich ein Schrill muH. hmc laire unu schummm, b , __

aufdas von F., te c er." eing ings genannte Ziel hin ab. so setz, er mi. mach, deutlich, daß Freud sich nie ganz von ^^Be^ttun«

mmi ai h»c l fnlvmnißten Ösen konnte, wicwohi er zuuestenen muu. uaw in

ememGrundverständnisdesChris,.ichene,nenwe,terenAkzen..d ^^^^X .archaisches Erbe der Menschheit"

? WC'ChCr RiChtU"8 d'C traditi0"d'en VcnW;5S2 eli rt Vsf nd n cht nur „Persönlich-Verdrängtes" ,S. 96). An
grmhehen sich überschreiten müssen. Er betont naen^ckheh^ bestich, daß er. ..statt sich von dem bedrohlichen

E esial.täivonihremUrsprungsereignishergeradedessen univ - ^'^^^ abzuwenden" (S. 85). sich ihnen zu-

salisierende" Kraft wirksam vereeucnwärtmen muß: ..Je mehr ekkle- innucn nnuun

Gerne nS ISTZT Zeit wird, eine Alterna- wandte, der Gefahr ins Auge ^"^^A^^

live zu provinziellen Räumen und Zeiten der All.agswelt. um so mehr dadurch Jungs Lehre f^^^tj^^^

verliert sie ihren ekklesi«lenC'lv,rakter"P36) ja wird das Gedächtnis Bannzaubers" (S. 86) mit einer deutlichen Entwertung der Außen
un,i lMLinru1ekklLS,alLnLhd,dMcr U3°''J7 ... „ Even Besteht nach der Auseinandersetzung mit Jungs „person-

nd die Vergegenwärtigung des Uisprungscreign.sses zum „selbs - ^ E^^! durchaus 7U: „Vorsicht vor so viel Verinner-
-torenden Widerspruch" (240). Denn ..das Ziel ^n^ TS . möchte aber auch zeigen, daß die Weise, in der die

"*i2FZ R Ä 'h ^cXT A"U8 rmeisten gesellschaftlich interessierten und polnisch engagierten

W. nicht ein begrenzter Raum der Kirche (241). Menschen leben denken und handeln, an Veräußerlichung krankt

Was nun aber das Hauptziel des ganzen Unternehmens^ F£- ^^^Xlemn^patorische Latenz", die über die Begrenzun-

J Ht. die Befreiung des Glaubens und der Theologie aus dem Haus <a.^ 0)de P ^ ^ .

der Autorität", so muß gewiß als erstes die Frage gestellt werden, ob gen Jungs hinauswcisi, n i g d d ko||ektivc

J*£ d,e große Tradition christlicher Theologie und deren leben- ^^^tÄ^ <S- .0.) zu

'Be Gegenwart in einem solchen Zerrbild vereint werden kann, wie F. Unbcwumc mcni

^konstruiert. Er muß ja selbst eingestehen, wie großzügig er dabei
er Unterschiede hinwegsieht (XlVf, 44 A. 17, 96 A. 19, 108, 112

dies
eh

betrachten Die vieldiskutiertcn „anthropologischen Konstanten"
würden dann ..gleichsam Rahmenbedingungen desGeschichtsproz.es-

» le wu» Ftwis davon sieht Evers ansatzweise in den Weiter-

117). Aber es ist dann auch ehrlich weiterzufragen: Trifft er mit ses (S. iu4). " verwirklicht, wobei er vor allem auf

-m Zerrbild „ich, doch eine Mentalität, die noch weithin das J^^^ hingerichtete Berliner Psycho-

'Etliche Glaubensverständnis und das ^^"«'^^ anaKtTker) und Erich Neumann verweis,. Er war es. der bereits .948

u " Praßt? U"d hat daS "icht dan" eine" ÜrUnd; o " n als ude d Wahrhei, aussprach, daß nur aus denselben menschlichen

» der Ebene der ..Volks-Re.igion". sondern auch in jenen Rang cn JjJJ^taS ^ dJn djc Gifte dcs Faschismus und des Krieges

'n *nen Kirchen regiert und verwalte, werden. Denken und Handeln Tic cn c ^ ^ ^ ^

-"rnm,. Deshalb wäre es sehr zu wünschen, daß sein Buch lern- gebuu, wu^„ hd e ^ Vcrgangcnne,,. bis

^re'tc und nachdenkliche Leser Tande und etwas von seinem Pro- Tabu.sicrung; 11

JJftbewußtsein auf viele Christen der Gegenwar, überspränge. Aber "CUtescneuen ^ ^ ^ ^ ^

J*ri« nicht zu erwarten, daß sich dieser Wunsch erfüll,. Denn da- ^ ft einem kritischen Bewußtsein von der

[Uf ^Wn, der Preis, den eine fruchtbare Lektüre forder,, etwas zu Nat.ona^ahsmus ^ ^

f^h. wobei nicht zuerst an die Dollars gedacht ist. die das Buch Mach, kollekt ver unbewußter

kostet fordernis. IVI).

Frei|jch stößt er damit an den lange verschwiegenen ..eratischen

Walschleben Siegfried Hübner von Jungs eigener Beziehung zum Nationalsozialismus, die

mit schonungsloser Offenheit (und Vollständigkeit aller einschlägigen
Zitate') unter der Überschrift „Schattenbegegnung" ausführlich dar-

E**». Tilman: MythM und Emanzipation. Eine kritische Annähe- wcrdcn sic kommt m dem Ergebnis, daß Jung zwar früher als

r"n8 an CG. Jung. Hamburg: Junius 1987. 318 S. 8*. Kart. » en habe daß dem Nationalsozialismus psychische

DM 29.80. Enc jcn aus mythischen Bereichen zuflössen" (S. 142). daß aber

ry u a h,r andererseits Jungs Form der Weltbewältigung ..Bannen durch Benen-

U|w ist ein sympatisches und anregendes Buch; Bescheiden, aber a jn |emen, Verhä!tnis zum Nationalsozialismus in

^az,se in der Zielsetzung, klar in der Diktion, weiterführend in den « Das,ei aber zu wenig gewesen. Evers äußert

^""dgedanken. Ohne sich in den psychotherapeutischen Schulstreit ihrem Bann hit^U(S^ 14. )^Dav ^ ^ ^ ^

Unrnischen zu wollen, fragt Tilman Evers als Sozialwissenschartler. «m*e «tt«« ^ ^ „ damals irrte- (..Jawoh|. ich bin

•p angesichts der Bedrohung durch übermächtige Dingwcltcn noch mn . „afiem darauf, worin er recht hatte und hat: „Jung

7* Kraft und Orientierung Tür emanzipatorisehes Handeln her- ^^T''a^ unbewältigter Verpmienheh, in dem zu bewälti-

^men so.." (S. 9, und warum wohl so beharrlich an C. G. Jung und ^^^^ deswegen kann die Wunde seiner Ver-

möglichen Beitrag dazu vorübergegangen wird oder für die gende Zuk"""sVchschlechfschließen?" (S. 153).

^bigen" Jun61aner Geschichte und Gesellschaft so äußerhe ^«^^^S« gedanklicher Tiefe sind die von

Je,en- -daß jedes Interesse daran nur als Flucht vor dem inneren B™ dcs Kan7en Ruches empfundenen 6. und 7. Kapitel.

Rhenen wahrgenommen wird" (S. .3). Evers ist sich darüber ,m mir a.s Herzstück des ganzen