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Ausgabe:

1990

Spalte:

450-452

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

Speer, Andreas

Titel/Untertitel:

Triplex veritas 1990

Rezensent:

Kern, Udo

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Seite 1, Seite 2

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Theologische Literaturzeitung 115. Jahrgang 1990 Nr. 6

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harung als Mittel dienen, um auf dem Gebiet des Dogmas und der Befreiung des Menschen in seiner .rdischcn und transzendenten
Praxis den Inhalt der apostolischen Überlieferung festzustellen" Dimension" (ebd.). Und: ..der angemessene theolog.schc Horizont lur
(S. 51). Andererseits stellt G.elot einen gewissen Parallelismus zwi- dasVerständnisderSoziallehrcistdasRe1chGottes"(45).
sehen den gesellschaftlichen und den kirchlichen Strukturen nicht in Zum anderen: Die Entfaltung dessen, was unter diesem Aspekt zu
Frage, aber er wirft seinem Gegner vor. diesen Parallelismus nur ein- diesem Thema zu sagen ist. geschieht nahezu durchweg in ganz
zeitig und ausschließlich als eine ..Ansteckung" der kirchlichen durch bewußtem und sehr ausführlichem Rückgriff auf oftizielle Lehrte
gesellschaftlichen Strukturen zu sehen, ohne jemals das grundsätz- dokumente: die Verlautbarungen der Papste, die gm en Sozu.1-
üche Problem der „Einhcimischwerdung der Kirche in einer sich ver- zykliken seit ..Rerum novarum" Papst Leos X II. 1891. die Be-
ändemden Gesellschaft und Kultur" ins Auge A, fassen (S. 100). Schlüsse des II. Vatikanischen Konzds, besonders ..Gaudium et

P.Grclo. befürchtet, diese Verzerrungen und dieses Wunschden- spes". und natürlich die entsprechenden Kundgaben der latenten
, diese Einseitigkeiten und Kurzschlüsse auf den Eifer von Schille- amerikanischen Bischöfe, sei es in der gemeinsamen Cencralkon-
boeckx für die Basisgemeinden und auf seine gutgemeinte Absicht. ferenz oder sei es in den nationalen Konferenzen. So begegnen
dem Unmut der Frauen und der verheirateten Priester Abhilfe zu außerordentlich viele Zitate, mehrfach hintereinander gereiht, zu-
sehaffen. zurückführen zu müssen. Er bestätigt seinem holländischen weilen ganze Seiten füllend, und stets so. daß der jewe, hgc Gegen-
Xollegen diese löbliche Absich,, verwirf, aber seine Lösung und for- stand sowohl aus der Perspektive der Umvcrsa kirchc als auch aus
den die Theologen auf. in ..aktiver Geduld" (S. 155) eine Lösung zu der der regionalen Eigensituation Lateinamerikas beleuchte, wird,
suchen, die der Schrift, der Tradi.ion und den faktischen Entwick- Auf diese Weise wird eines ganz deutlich herausgearbeitet: Das An-
'"ngen in der Kirche entspricht. Hegen, die Option, aus der heraus hier Theolog.e ge neben wird. ,s so

Vieles können wir aus diesem Buche lernen im Bezug auf die Bewäl- partikular nicht. D.e Wurzeln der Theo og.eder Befreiung reichen t,c.

'igung des Ämterpröblems. das auch ,n unseren Reihen weiterhin zur und weit, entspringen dem Kern des ehnsthehen Glaubens und sei-

Diskussion steht. Daß E.Schillcbcecks manchen evangelischen Theo- ncr Verantwortung.

'«Ben näher ist. braucht nicht hervorgehoben zu werden. P. Grelo, Und so kann man zum dritten aufs Ganze gesehen "gerade 'm

Gilten wir allerdings nich, zu schnell in das Lager der Ul.rakonserva- Hinblick aufdiesen Entwurf.wo hl festhalten: Theologi de« reiung

'iveneinreihenKiewißtläßtdasGewicht.daserderTradi.ionundder und Sozial.ehre der Kirche s.nd keine Alternativen ir

Cast möchte man sagen) unwiderruflichen Entwicklung der Ge- die Theologie*fn.chte^^UOO^Mä^

Richte zumißt, wenfg von ..ecclesia Semper reformanda" durch- kömmhehen Soziallehre sei. und noch dazu womogth rm

^ngen. Aber er selbst wehrt sich entschieden gegen den Verdacht. verdächtigen Drall von wegen von außen komn^t^lo^)

ireend etwas mit Msg Lefebvre und seiner ..Pseudo-Theologie" Einflüsse. Theologie der Befreiung ist eine theologische Crundposi-

* 98) zu tun zu habZn^TauS von jener Seite her heftig ange- tion. die in allen Disziplinen zu beweisen hau was sie • -log.ch zu

* Ten (S. 10). So ,s, es also möglich, dieses Buch je nach dem eigenen leisten vermag «und ,e Reihe J*^*^*£££
S'andpunk, als ..konservativ" oder ..progressiv" einzuschätzen, und dokumentiert das sehr eindruckhch >. Daß ^ ™™J^J™"_
d«s sprich, wohl zugunsten eines gewissen Gleichgewichtes in den Soziallehre Erhebliches besteuern kann zur Wahrnehmung ureigen
d;,nn vorgebrachten Urteilen ster christlicher Verantwortung, zeig, dieser Band.

Pans

Albert Grciner Schöneichc bei Berlin Hubert Kirchner

Philosphie, Religionsphilosophie

Speer. Andreas: Tripfex Veritas. Wahrhcitsversländnis und philoso-

»ncich. Ricardo, u. Jose Miguel Munärriz: Die Soziallehre der phische Denkform Bonaventuras. Werl/Westf: Coelde 1987.

I9x« AuS dem Span- von R-Dickmann. Düsseldorf: Patmos 233 S. gr.8- = Franziskanische Foschungen. .12. Kart. DM 78,-.
s. °8, 2A8 & 8" = Bibliothek Theologie der Befreiung: Die Kirche.

krament der Befreiung. Kart. DM44,-. Für Bonaventura ist die Wahrheitsfrage nicht zu trennen von der

£j Scinsfräge. Ja, für ihn gilt, wie er in seinen „Questioncs disputatae de

lls n'er nur eben anzuzeigende Buch zweier namhafter Vertreter scientia Christi" schreibt: „veritas idem est quod rci entitas"(ScChrq

^r -Theologie der Befreiung" aus Lateinamerika ist in mehrfacher 2 ad 9 [V 10 a]; Speer 43). Der Wahrheitsbegriff hat ontologische

nsicht ein bemerkenswerter Entwurf. Zu einem ist der Titel absolut Bedeutsamkeit. Von hier aus gesehen stößt die 1987 gedruckte, von
orreki- P

dies . 1 Clnc Soz'a"ehre. worin die großen klassischen Themen Wolfgang Kluxen betreute Bonner philosophische Dissertation von

■chaft D'sz'plm zum Tragen kommen, wie Individuum und Gemein- Andreas Speer aus dem Wintersemester 1985/86 zu einem Zentral-

jst . Ameit. soziale Konflikte, Gcsellschaftsmodcllc usw. Aber es punkt Bonavcnturschen Denkens vor.

drü^0 So/,a"cnre aus einer ganz klaren Option heraus. Unter aus- Die antike „Korrespondenztheorie der Wahrheit als Übcrcinstim-

ko r 'Cnem ßezug auf eine Aufforderung durch die III. General- mung von Gedanke und Gegenstand____von Denken und Sein" (22)

crenz des Lateinamerikanischen Episkopats von Puebla 1979, gilt auch für Bonaventura: „Veritas est adaequatio rei et intcllcctus"

cj'L nir"er die Sache der Armen zu stellen, als ob es sich um ihre (I Sent d 40 a 2 q I ad 1-3 [I 707 b]: Speer 37). „Die adaequatio-

j^-'* Sache, nämlich die Sache Christi selbst, handele" (Zitat S. 19). Formel bildet aber nur den Ausgangspunkt für Bonaventuras Bestre-

hier der Versuch gemacht, die Soziallehre der Kirche unter dem ben. zu einem wahrhaft integralen Begriff von Wahrheit vorzustoßen.

^*<-htgWinkel der Parteinahme für die Sache der Armen der Welt zu der schließlich seinen hervorragendsten Ausdruck in der Denkfigur

I a ten. Entsprechend wird sofort im ersten Kapitel („Die Sozial- der triplex veritas finde,, die zu einem entscheidenden systcmbilden-

des'v/11-''' K'rchc und die Verpflichtung zur ganzheitlichen Befreiung den Element seines philosophischen Denkens wird." (22) Der Aufriß

Sozi-i°lkCS"- S' l9_49) gleichsam als grundlegende Weichenstellung der Spcerschen Arbeit folgt der Strukturder Wahrheitsfrage bei Bona-

''»Mehre deliniert als (wieder mit den Bischöfen in Puebla) „Leit- Ventura. Der triplex veritas Bonaventuras - veritas rerum (erkennt-

ttaTV^r d'e Glaubenslehre und Kriterien für das Handeln", und nistheoretisch-metaphysisch). veritas morum (moralisch-praktisch)

hj| ,r cz°gen auf „die persönliche Würde des Menschen als Eben- und veritas vocum (sprachphilosophisch-hermeneutisch) - entspre-

(S |t.°0,tcs sowie den Schutz seiner unveräußerlichen Rechte" chend baut Andreas Speer seine Arbeit überzeugend der Sache und

f)- Und dabei geht es sofort um „die Förderung der umfassenden dem Material nach auf. Gut wird die Textgrundlage bei Bonaventura