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Ausgabe:

1990

Spalte:

447-449

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

Grelot, Pierre

Titel/Untertitel:

Les ministères dans le peuple de Dieu 1990

Rezensent:

Greiner, Albert

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447

Theologische Literaturzeitung 1 15. Jahrgang 1990 Nr. 6

448

8' = Philosophische Bibliothek, 420a; Schriften des Nikolaus von
Kues in deutscher Übersetzung, 20a. Kart. DM 32,-.

Nachdem L. Hagemann 1986 die kritische Edition der Cribratio
Alkorani vorgelegt hat (vgl. ThLZ 1 12, 1987, 550, bringt er nun in
der bekannten Reihe das erste der drei Bücher in einer lat.-deutschen
Parallelausgabe heraus. Bereits 1943,21948 war in dergleichen Reihe
das Buch von P. Naumann (Einführung, Übersetzung) und G. Hölscher
(Anmerkungen) herausgegeben worden. Damals umfaßte die
Einführung 72 Seiten, jetzt die Einleitung 13; damals die Anmerkungen
27 Seiten, jetz.t 26. Es ist selbstverständlich, daß die Auslührungen
über den historischen Hintergrund der Schrift, ihre Intention und
ihren Inhalt jetzt zu kurz kommen, vor allem wird keine Lesehilfe für
den Gedankengang der Schrift gegeben. Trotzdem ist erstaunlich was
auf den wenigen Seiten der Einleitung doch mitgeteilt wird.

Es geht Nikolaus von Kues(NvK) um „eine theologische Verständigung
zwischen Christentum und Islam". Angegangen werden die zwischen
beiden Religionen umstrittensten Themen: Trinität, Zwei-
Naturcn-Lchre und Eschatologie. Der Koran wird zitiert und mit der
christlichen Offenbarung konfrontiert. NvK sucht Anknüpfungspunkte
, um den Muslimen die christliche Heilsbotschaft nahezubringen
. Er „sichtet" den Koran auf seinen biblischen Gehalt hin und will
ihn für das Christentum geltend machen. Ersieht (und dem stimmt die
moderne Koran-Forschung weithin zu!) als Hintergrund für den
Koran jüdische und christlich-häretische Gedanken. Muhammad hat
offensichtlich das Christentum nur in häretischer Gestalt (Nestoria-
nismus) kennengelernt. NvK sieht, wie andere auch, im Islam letztlich
eine christliche Sekte.

So legt NvK den Koran weitherzig aus christlicher Sicht aus (,.pia
interpretatio"). nimmt die Muslime an der Hand, um sie zum orthodoxen
Verständnis des christlichen Glaubens zu führen („manuduc-
tiones ad trinitatem") und geht dabei vom Glauben, nicht von der
Vernunft aus. um den christlichen Glauben spekulativ vor der Vernunft
zu rechtfertigen. Wohl steht NvK in der Tradition antiislamischer
Apologetik, aber er hat sich sachlich und intensiv mit dem
Koran befaßt. Die literarischen Quellen für seine Arbeit gibt er selbst
an. Erstaunlich bleibt, wie trotz aller Apologetik er missionarisch um
die Muslim bemüht ist, war doch erst sieben Jahre zuvor Kanstan-
tinopel gefallen.

Die Schrift kann noch heute im interreligiösen Dialog hilfreich sein,
vor allem meine ich darin, daß für Christen ein solcher Dialog nie
voraussctzungslos, sondern letztlich immer missionarisch ausgerichtet
sein muß. Das erfordert große Sachlichkeit, Einfühlsamkeit und
Behutsamkeit. Das Denken des NvK war darauf gerichtet, „aus dem
Koran die Wahrheit des Evangeliums zu erweisen" (n. 4), denn
Muhammad wollte „offensichtlich nichts gegen die allerheiligstc
Dreieinigkeit und die ewige Zeugung schreiben, (sondern) nur die
Vielheit der Götter verurteilen", aber er weiß auch, daß „Muhammad
vom wahren Verständnis des Evangeliums weit entfernt war" (n. 150-
Er vermutet schon richtig, daß der Koran erst nach seinem Tod zusammengestellt
worden ist(n. 21).

Im Literaturverzeichnis fehlt die Ausgabe der Acta Cusana 1/2, die
in Anm. 20 genannt wird. „Idiota dem mente" wird nach der Ausgabe
von 1937 zitiert, obwohl die neue Edition seit 1983 vorliegt.

Leipzig Karl-Hermann Kandier

Kirchen- und Konfessionskunde

Grelot, Pierre: Los ministcres dans le peuple de Dieu. Lettre ä un
thcologien. Paris: Cerf 1988. 169 S. 8" = Apologique. Kart,
ffr 82.-.

Vorliegendes Buch ist das vierte und z. Z. letzte Glied eines 1981
begonnenen harten aber durchaus sachlichen und respektvollen Disputes
. Im genannten Jahre veröffentlichte der „progressive", an der
niederländischen katholischen Universität Nijmegcn dozierende und,
wie verlautet, von der Vatikanischen Glaubenskongregation streng
überwachte Dominikanerpater Dr. Edward Schillebeeckx sein Buch:
„Das Amt in der Kirche", auf welches der am Katholischen Institut in
Paris für aramäische Sprache und für Neues Testament zuständige
Professor Dr. Pierre Grelot auf Ansinnen eines nicht mit Namen
genannten Theologen und Publizisten zwei Jahre später mit seiner
Schrift: „Kirche und Ämter" antwortete.

Auf die erste Runde dieses für den Außenstehenden schon an sich
hoch interessanten Disputes von hohem Range im römisch-katholischen
Lager folgte ab 1987 eine zweite Runde, in der der holländische
Pater unter dem Titel: „Eine Verteidigungsrede zu Gunsten des Volkes
Gottes" (im Original noch deutlicher: „zu Gunsten der Menschen
in der Kirche") seine Thesen allerdings unter Berücksichtigung mancher
Beanstandungen seines Disputanten noch einmal ausführte und
verdeutlichte, worauf P. Grelot mit dem uns vorliegenden Buche:
„Die Ämter in der Kirche" erneut Stellung bezog.

Durchaus beachtens- und lobenswert sind die Sorgfalt, die Akribie
und das große Wissen, mit welchen der Vf. die einzelnen Gedanken«
gänge seines Kollegen abschreitet und kritisch auf ihre Schriftgcmäß-
heit und auf ihre geschichtliche und theologische Richtigkeit prüft.

Wie E. Schillebeeckx gliedert er seine Studie in drei große Hauptteile
, die das Amtsproblem zuerst von der Hl. Schrift und der apostolischen
Überlieferung (S. ljl-67), dann von der Kirchengeschichte
(S. 69-1 12) und schließlich von einigen Gegenwartsproblemen wie
dem Priestcrmangel. dem Unbehagen der Frauen, der verheirateten
Priester und der Basisgemeinden her beleuchtet (S. 113-152). und die
in ein kurzes Schlußwort einmünden (S. 153-156). Im Anhang findet
Ar Leser ein Register der zahlreich angeführten Bibelstellen
(S. 157-159), ein Verfasserregister (S. 1600, ein Verzeichnis der im
Buche erklärten griechischen und hebräischen Vokabeln (S. 162) und
ein leider ziemlich unvollständiges Sachregister (S. 163-166). das
z. B. nicht einmal die sowieso sehr seltenen Stellen, wo von reforma-
torischer Theologie die Rede ist, alle aufzählt!

Hat der Vf. - wie der Leser es ihm gerne bestätigt - versucht, die
Arbeit seines Gegners „ohne Feindseligkeit" (S. 10) ZU lesen, und
stellt er sich auch „ohne Freude" (ebenda) der Aufgabe des Widerspruchs
, so bleibt die Auseinandersetzung dennoch hart- und ohne
Zugeständnisse. Obwohl er sie nicht besonders unterstreicht, erscheinen
die Stellen schwerwiegend, an welchen Grelot Schillebeeckx nach
genauer Überprüfung beim Zitieren. Übersetzen oder Kommentieren
einiger Texte Ungenauigkeiten vorwerfen kann, die wenigstens I"
einem Falle an Verfälschung grenzen - so bei der Übersetzung des
6. Kanons des Chalcedonensischen Konzils(s. 100-104).

Letztlich geht es aber dem Vf. nicht so sehr um Einzelheiten als um
das Ganze der Sache. Die Thesen und Tendenzen seines Widerparts
insgesamt scheinen ihm weder in der Bibel noch in der Geschichte
einen genügenden Rückhalt zu haben. Natürlich hegt Schillebeeckx
keinerlei Zweifel an der gottgewollten Sakramcntalität des Priesteramtes
. Aber er verficht eine ursprüngliche Gleichheit in der Kirche,
welche die Ausübung der Autorität gewiß nicht ausschließt, diese
Autorität aber auf der Geistlüllc beruhen läßt, von welcher wegen der
Geistestaufe „kein Christ - sei er Mann oder Frau - a priori ausgeschlossen
ist". Nur die Anpassung an die familiären, sozialen, kulturellen
und politischen Strukturen erklärt - so Schillebeeckx weiter -
den Umstand, daß sich das Amt in der Kirche zu einer „Hierarchie"
ausformte, welche die ursprüngliche Spontanität und Mündigkeit der
Mitglieder des Volkes Gottes unterdrückte.

Das eingehende Studium der biblischen Texte und der zwei von
Schillebeeckx besonders hervorgehobenen Worte „Charisma" und
„Ekklesia" führt den Vf. dazu, diese, wie er sagt, „romantische" Sicht
der Dinge abzulehnen und seinem Gegner den Vorwurf zu machen,
„das N.T. nicht in seiner Totalität gelten zu lassen, welche alle"1
einen regulativen Wert für die Kirche aller Jahrhundertc hat. weil d'e
geschichtlichen Erfahrungen, deren Echo wir darin finden, der Olle"'