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Ausgabe:

1990

Spalte:

439-440

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Autor/Hrsg.:

Maron, Gottfried

Titel/Untertitel:

Martin Luther und Epikur 1990

Rezensent:

Bräuer, Siegfried

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439

Theologische Literaturzeitung 115. Jahrgang 1990 Nr. 6

440

vorkommende Personen biographisch vor. Beiläufig kommen neue
Forschungsergebnisse zur Sprache, so S. 40 Anm. 7 für den viel verhandelten
Ausdruck „präst".

Den Texten ist eine konzentrierte Gesamteinleitung „Zwingiis
Leben und Werk" (S. 1-10) vorangestellt, in der neben der eigentlichen
Biographie die politisch-gesellschaftliche Situation der Eidgenossenschaft
zu Beginn des 16. Jh.. die Eigenart und der Ertrag der
Reformation Zwingiis zur Sprachen kommen.

Nicht ganz eingehalten ist der Grundsatz (S. 13), von Zwingli ausdrücklich
als Bibelzitate gekennzeichnete Sätze durch Anführungszeichen
zu markieren. Das ist an einigen Stellen S. 18 und 31 nicht der
Fall.

Hilfreich sind die beigefügten Bibelstellen-, Personen- und Ortsregister
. Es ist jedoch zu befürchten, daß die von den Herausgebern
der Reihe offenbar gehegte Erwartungsich nicht erfüllen wird, daß mit
der Veröffentlichung der „Grundtexte" eine Erweiterung der Quellenbekenntnisse
von Studenten eintreten wird (S. V). Gerade deshalb
kann die Lektüre zunächst dieses Bandes und seiner Texte nur dringend
empfohlen werden. Denn mag mancher auch mit der Auswahl
der Texte nicht restlos zufrieden sein, so bieten sie doch einen ausgezeichneten
und sorgfältig aufbereiteten Zugang zu Zwingli an, dem
weite Beachtung und intensive Nutzung zu wünschen sind.

Leipzig Ernst Koch

Denn: „Wer Gott leugnet, beschädigt und verleugnet zugleich auch
den gesamten Bereich des Menschen!" (59). Der „alte Luther" ahnt
somit eine neue Dimension der menschlichen Einstellung, den .Nihilismus
'. Aus dieser Ahnung und ihrem apokalyptischen Ausmaß
erklärt sich auch Luthers zugespitzte Polemik. Im reichhaltigen Anmerkungsteil
weist Maron auf weitere unerledigte Aufgaben hin,
z. B. auf die Prüfung des mittelalterlichen Epikurbildes (im Lexikon
des Mittelalters fehlt bezeichnenderweise ein entsprechender Artikel).
Dem Epikurverständnis bei den humanistischen Autoren wäre ebenfalls
genauer nachzugehen. Neben dem von Laurentius Valla und
Erasmus war auch die traditionelle Polemik gegen den Vulgärepiku-
rismus im Schwange. So ließ der Pariser Pädagoge Ravisius Textor in
einem Schuldialog Epikur vor den Augen zweier Anhänger vom
Teufel holen (Wilhelm Creizenach: Geschichte des neueren Dramas.
2 I. 2. Aufl. Halle 1918, 59), und Ulrich von Hutten bezeichnet in
seiner „Klage an Friedrich von Sachsen" die „romanisten und curti-
san" als „die unreyn schul und zunfft der Epikurcr und lust begierigen
" (Adolf Laube u. a., Hg.: Flugschriften der frühen Reformations-
bevvegung. Bd. 2. Berlin 1983, 702). Im Anhang gibt Maron Luthers
„Sarcasmus in Epicurum" mit Übersetzungen und Erläuterungen
wieder (zu einem weiteren Druck mit Übersetzung vgl. Wilhelm
Stapel: Luthers Lieder und Gedichte. Stuttgart 1950, 107).

Berlin Siegfried Bräuer

Maron, Gottfried: Martin Luther und Epikur. Ein Beitrag zum Verständnis
des alten Luther, vorgelegt in der Sitzung vom 13. Mai
1988. Hamburg: Joachim Jungius-Gesellschaft der Wissenschaften;
Göttingen: Vandenhocck & Ruprecht i. Komm. 1988.66 S. gr. 8" =
Berichte aus den Sitzungen der Joachim Jungius-Gesellschaft der
Wissenschaften e. V. Hamburg, Jg. 6, 1988, 1. Kart. DM 16.-.

Mark K. Edwards wies 1983 noch darauf hin, daß jede einzelne
Streitschrift sorgfältig auszuwerten sei, wenn einmal die Biographie
des alten Luthers geschrieben werde. Das Bild des alten Luther werde
sich vermutlich als vielschichtiger herausstellen (M. K. Edwards: Die
Polemik des alten Luther. In: G. Vogler u. a.; Martin Luther. Leben,
Werk, Wirkung. Berlin 1983,265-278, bes. 275). Diese Biographie ist
inzwischen von Martin Brecht vorgelegt worden, und das Bild des
alten Luther hat sich als vielgestaltiger erwiesen. Die gehaltvolle
Akademieabhandlung von Gottfried Maron belegt, daß sich auch dem
vielgestaltigeren Bild noch neue Züge hinzufügen lassen. Brecht hat
auch Luthers Streitschriften ausgewertet, die Bedeutung des Epikuris-
musvorwurfs ist dabei noch nicht ins helle Licht gezogen worden. Das
geschieht erst jetzt durch Marens Studie, in der das mit den Predigten
von 1524/25 und der Schrift gegen Erasmus einsetzende reiche Quellenmaterial
umsichtig berücksichtigt worden ist. Erasmus bleibt der
Hauptadressat dieses Vorwurfes. Unter den Späteren, gegen die
Luther als Epikureer polemisiert, sind vor allem die Antinomer zu
nennen. Gegen sie, wie gegen den Epikurismus überhaupt, gibt es
nach Luthers Erkenntnis nur zwei wirksame Mittel, Predigt und
Lehre. Dieser Gedanke findet seinen Niederschlag in Luthers Engagement
für die Erhaltung von Pfarrstellen und Schulen. Maron faßt im
letzten Abschnitt noch einmal die drei wichtigsten Ergebnisse seiner
Untersuchung zusammen: 1. In den letzten beiden Lebensjahrzehnten
hat es der Reformator neben dem Papsttum und den Schwärmern
„nur noch mit einer dritten großen Frontstellung zu tun" (53), den
Epikureern, „den Verächtern des Evangeliums . . . einer dritten noch
schlimmeren Stufe der Gefährdung des Heils" (54). 2. „Unter dem
Thema .Epikur' bzw. .Epikurismus' verbirgt sich auch und vor allem
Luthers Auseinandersetzung mit dem Humanismus seit 1525".
Luther zielt damit allerdings nur auf „den rein diesseitigen, .atheistischen
', unbiblischen Humanismus, wie er ihn bei Erasmus zu sehen
meinte". (56). 3. Der Epikurismus-Vorwurf enthält zugleich eine Verschiebung
im Häresieverständnis. Luther meint, die Epikureer verletzen
„beidesgleichermaßen .. „Göttliches und Menschliches" (58).

Schwarz, Lausten, Martin: Kirkeordinansen 1537/39. Det danske
Udkast til Kirkeordinansen (1537). Ordinatio Ecclesiastica Regno-
rum Daniae et Norwegiae et Ducatuum Sleswieensis Holtsatiae etc.
(1537). Den danske Kirkeordinans (1539). Tckstudgave med
indledning og noter. Kopenhagen: Akademisk 1989. 270 S. 8°.
Kart. DKK 200.-.

In Dänemark ist das Gedenken an die 450jährige Wiederkehr der
Einführung der Reformation allem Anschein nach nicht mit einer
regelrechten Feier oder einer Festschrift begangen worden. Um so bemerkenswerter
erscheinen die offenkundig auf diesen Anlaß bezogenen
Publikationen des Kopenhagencr Reformationshistorikers
Schwarz Lausten, der im Jubiläumsjahr 1987 bereits drei wichtige
Veröffentlichungen zur dänischen Reformationsgeschichie vorgelegt
hat (s. dazu die Besprechung v. I. Montgomcry, Oslo, in dieser Zeitschrift
, Jg. 113, 1988, 906-908). Die hier anzuzeigende Ausgabe der
dänischen Kirchenordnung schließt würdig an die früheren Publikationen
an und macht in Form einer Neu-Edition die Grundlage greifbar
, auf der die lutherische Kirche in Dänemark errichtet wurde. Die
Ausgabe vereint drei Texte: einen undatierten Entwurf der Kirchenordnung
in dänischer Sprache, der vermutlich aus dem Frühjahr 1537
stammt (Text 1) und unzweifelhaft in die Vorgeschichte der lateinischen
„Ordinatio Ecclesiastica . . ." gehört, die im Hochsommer
1537 unter federführender Verantwortung Bugenhagens bearbeitet
und durch Unterschrift Christians III. am 2. September in Kraft gesetzt
wurde (Text 2), sowie schließlich die geänderte Kirchenordnung
in dänischer Sprache, die auf dem Herrentag in Odense am 14. Juni
1539 ihre verbindliche Bestätigung durch den König und den Reichsrat
fand (Text 3). Diese stellt die endgültige Fassung der dänischen
Kirchenordnung dar und wurde 1542 unter dem Titel gedruckt: „Den
rette Ordinans".

Vf. bietet in einer Einleitung (S. 9-37) zunächst eine informative
Darstellung der historischen Situation, in der es in Dänemark zur Einführung
der Reformation und zur Vorbereitung einer reformatorischen
Kirchenordnung kam. Dabei kann er sich wiederholt auch
auf seine eigenen Publikationen beziehen. Weiter behandelt er dort
die drei Kirchenordnungstexte, die dann S. 45ff abgedruckt werden,
nachdem zuvor ihre Überlieferung und die Prinzipien für ihre Edition
erläutert worden sind (S. 38-44). Der Entwurf von 1537, der 1852
zum ersten Mal publiziert worden war. ist auf der Grundlage des
Originalmanuskripls im Reichsarchiv Kopenhagen abgedruckt. Der