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1990

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Altes Testament

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Theologische Literaturzeitung 115. Jahrgang 1990 Nr. 5

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vermuten, daß das historische Gewicht der Siloüberlicferungen in
ISam 1-4 gering veranschlagt wird. Und so geschieht es. lSam 1-2
wird als Saulüberlieferung verstanden und der Verlust der Lade in
ISam 4 mit Sauls Niederlage im Gilboa verbunden. Erst Jerusalemer
Tendenz (Gen 49,10-12) habe Samuel in ISam 1-4 mit Silo verbunden
. Wie aber verhält sich das zur Tradition der Königserhebung
Sauls in Gilgal (ISam 11,15) gerade dann, wenn D. G. Schley der
Überlieferung Jos 22 historische auswertbare Erinnerung zumißt?
Ps 78,60-72 und Jer 7,12-15; (26.6-9) als jeweils vordtr Überlieferungen
werden schließlich als Zeugnisse der bis in das 8. Jh. ungebrochenen
Geschichte des Heiligtums von Silo gedeutet. "In any event,
the earliest interpretation of 1 Samuel 4 in terms of a destruetion or
abandonment of Shiloh was offered from by Moses Maimonides, the
great twelfth-century philosopher and physician to the sultan Saladin,
some two millennia after the presumend events" (S. 182). Die Traditionen
über Silo gliedern sich also in eine nordisraelitische Gruppe,
deren Hauptkontingent priesterliche Traditionen sind (Jos 18.1-10;
19,51; 21,1-3; 22,9-34; [24,33]). Diesem Strang verwandt sind die
Erzählungen vom benjaminitischen Krieg Ri 20,1-21,5: Davon
unabhängige Kulttradition sind Ri 21,16-24; ISam 1-4; 14;
1 Kön 11-15 (Ahia von Silo). Sie zeichnen Silo als herausgehobenes,
wenn auch nicht exklusives Heiligtum aaronitischcr Priester, die im
Zeltheiligtum dienten. Die zweite, judäische Übcrliefcrungsgruppe in
Gen 49,10-12; Ps 78,60-72; Jer 7.12-15; 26,6-9; 41,5 wertet dagegen
Silo zugunsten Jerusalems ab. Offen bleibt, warum in Jerusalemer
Tradition Silo abgewertet und gleichzeitig versucht wurde, durch
massiven Eingriff in die Nordtraditionen einen Legitimationszusammenhang
zwischen Silo und Jerusalem (ISam 1-4) herzustellen.
Warum schließlich wurde in Jerusalem nicht an die Wüstentradition
angeknüpft, wenn diese in Silo beheimatet war und statt dessen ein so
stark von kanaanäischen Zügen geprägtes Bild des silonischen Kultes
gezeichnet? Vor allem aber bleibt offen, wie die in P vorausgesetzte
Kultzentralisation (Gen 35,9-15 ist kein Gegenargument) vor Dtn zu
erklären ist.

Forschungsparadigmen wie das. nicht history, sondern story sei die
den erzählenden Texten des Alten Testamentes angemessene Kategorie
der Exegese, leben von ihren Gegenbewegungen, zu denen diese
Arbeit gehört. Wollen sie nicht zur flachen Mode werden, müssen sie
sich daran bewähren. In allergegenwärtig heftig geführten Diskussion,
ob das pentateuchisch-priesterschriftliche Stratum Quelle oder bearbeitende
Redaktionsschicht sei. erinnert diese Arbeit daran, daß P
Materialien enthält, die weit in die vorexilische Zeit zurückreichen,
und nicht Jerusalemer Ursprungs sind. Allerdings ist von einer Arbeit,
die so konsequent gegen den Strom der Forschungstrends schwimmt,
auch zu erwarten, daß sie diese zur Kenntnis nimmt und sich kritisch
mit ihnen auseinandersetzt. Daran fehlt es in diesem Buch. Die entscheidende
Wendung, P als vordtr in Jos 14-22 zur Grundlage der
Untersuchung zu machen, wird nur postuliert, nicht aber begründet.
"In the subsequent treatment it is aeeepted, on the basis of language
and style as well as the deliberate literary connectives between the
final priestly chapters of Nunibers and the material in Joshua 14-22,
that the priestly conclusion to the Hexateuch is found in Joshua"
(S. 104). Damit ist das Ergebnis vorgezeichnet, in Zeiten größer
werdender exegetischer Divergenzen ist die ständige Rückbindung der
eigenen Arbeit an die Forschungsgeschichte notwendig. Der Vf. hat
dieses mit großer Akribie getan, wenn es auch bedauerlich ist, daß er
den jeweiligen theologie- und philosophiehistorischen Kontext, der
erst die alttestamentliche Forschungsgeschichte des 19. Jh. verständlich
werden läßt, zugunsten der Konzentration auf die Ausführungen
zu Silo ausblendet. Ebenso wichtig aber ist in Zeiten größer werdender
exegetischer Divergcnwcn statt eines positionellen Statuierens das
sensible und offene Hören auf die Argumentationsweisen der an denselben
Texten Arbeitenden. Der Vf. wollte ein historisch geschlossenes
Bild-es ist allzu abgeschlossen geraten. Aber nicht nur eine intensivere
exegetisch-literaturhistorische Vermittlung hätte dem wehren
können, sondern auch die intensivere Einbeziehung der Archäologie.

Bedauerlicherweise hat der Vf. die Monographie von I. Finkelstein
(The Archacology of the Israelit« Settlcment. Jerusalem 1988) nicht
mehr genutzt (vgl. S. 219 Anm. 29), sondern auf der Basis vorläufiger
Ausgrabungsberichte in IEJ argumentiert. Nicht nur wäre intensiv zu
diskutieren gewesen, ob Finkelstcins These eines früheisenzeitlichen
Heiligtums in Silo haltbar ist. sondern vor allem, wie sich die These
einer Rückführung der früheisenzeitlichen ..Israeliten" auf Seßhafte
der Mittclbronzezeit zur These eines Wüstenkultcs in Silo verhält.

Osnabrück Eckart Otto

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Judaica

Dschulnigg. Peter: Rabbinische Gleichnisse und das Neue Testament.

Die Gleichnisse der PcsK im Vergleich mit den Gleichnissen Jesu
und dem Neuen Testament. Bern-Frankfurt/M.-New York-Paris:
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79.50.

Es ist verständlich, daß jede der inzwischen zahlreich gewordenen
Reihen zu christlich-jüdischen Themen eigene Schwerpunkte ZU
setzen bemüht ist. Dies gelingt um so eher, wenn sie als Schriftenfolge
eines Forschungsinstituts mit spezifischem Profil erscheint, wie es bei
der Reihe Judaica et Christiana aus der Theologischen Fakultät der
Universität Luzcrn der Fall ist. Schon fast zwei Jahrzehnte arbeiten
hier der jüdische Theologe Simon Lauer und der katholische, aus der
Schule Kurt Schuberts hervorgegangene ReligionswissenschaftIci
Clemens Thoma (zu dessen grundlegender Schrift Christliche Thcolo-