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Ausgabe:

1990

Spalte:

11-12

Kategorie:

Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Lortz, Joseph

Titel/Untertitel:

Erneuerung und Einheit 1990

Rezensent:

Bräuer, Siegfried

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Theologische Literaturzeitung 115. Jahrgang 1990 Nr. 1

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Allgemeines, Festschrifen

Lortz, Joseph: Erneuerung und Einheit. Aufsätze zur Theologie
und Kirchengeschichte. Aus Anlaß seines 100. Geburtstages hg.
von P. Manns. Stuttgart: Steiner 1987. IX, 895 S., 1 Porträt gr. S' =
Veröffentlichungen des Instituts für europäische Geschichte Mainz,
126. Abt. f. abendländ. Religionsgeschichte. Lw. DM 98,-.

Die Entscheidung des Hg., gegenwärtiger Leiter der von Lortz
gegründeten Abteilung des Mainzer Institutes, anstelle einer üblichen
Festschrift, eine Reprint-Auswahl von Aufsätzen aus allen Schaffensperioden
des Jubilars vorzulegen, ist sehr zu begrüßen. In einer [, Abt.
sind fünf Beiträge zum Konzept der Kirchengeschichtsschreibung
zusammengefaßt. Vorangestellt wurde die autobiographische Rede
„Mein Umweg zur Geschichte" von 1960. Die weiteren Arbeiten sind
chronologisch geordnet, so daß die Gedächtnisrede zum 100. Geburtstag
Sebastian Merkles von 1962 den Abschluß bildet. Die II. Abt.
enthält sechs Beiträge zur alten und mittelalterlichen Geschichte,
voran Lortz' erste wissenschaftliche Arbeiten über Tertullian und
Vincentius von Lerin. Den Übergang zur Abt. III bildet der Aufsatz
von 1949: Zur Problematik der kirchlichen Mißstände im Spätmittelalter
. Die erwartungsgemäß umfangreichste Abt. III (16 Beiträge
) ist überschrieben: Reform, Reformation und Ökumene und
setzt mit der frühen Untersuchung über die Leipziger Disputation von
1519 ein (1926), gefolgt von Lortz' Rezension zur Neubearbeitung der
Lutherbiografie von Otto Scheel (1933). Im Mittelpunkt stehen die
unvergessenen Untersuchungen über Luthers Römerbriefvorlesung
von 1961 (veröffentlicht 1962), der Festschriftbeitrag für Hubert Jedin
von 1965 (Martin Luther, Grundzüge seiner geistigen Struktur), aber
auch der 1969 im Lutherjahrbuch erschienene Beitrag über ..Sakramentales
Denken beim jungen Luther". Den Abschluß bilden die
ökumenischen Arbeiten „Luther und wir Katholiken heute" (1973),
„Die Einheit des Christentums in katholischer Sicht" (1959) und
..Ökumenismus ohne Wahrheit?", eine Stellungnahme zum „Malta-
Papier", 1974 veröffentlicht, im Jahr vor dem Tod von Lortz. Dem
Auswahlband ist eine Bibliografie in Auswahl angefügt, die auch Auskunft
über die ursprünglichen Publikationsorte der Lortzschen Arbeiten
gibt. Nicht enthalten sind in der Regel Zweitveröffentlichungen
und Übersetzungen sowie Artikel für Zeitungen und Handreichungen.
Nicht verzichtet hat der Hg. in der Bibliographie auf die wichtigsten
problematischen Schriften und Aufsätze, „in denen der Jubilar in den
kritischen Jahren der Machtergreifung den keineswegs glücklichen
Versuch unternahm, für die Katholiken einen legitimen Zugang zum
Nationalsozialismus zu schaffen" (VIII). Der Hg. verdient Respekt,
daß er die Existenz der Schriften nicht verschwieg und das Engagement
von Lortz in dieser Hinsicht „als folgenschweren Irrtum und
auch als Schuld" kennzeichnet (VIII). Immerhin hat Lortz seinen in 3.
Aufl. (nicht in 2.) im Juni 1934 erschienenen Vortrag vor Königsberger
Studenten von 1933: „Katholischer Zugang zum Nationalsozialismus
" (Münster 1934) mit den beiden Thesen abgeschlossen: 1.
„Der Nationalsozialismus ist heute nicht nur die rechtmäßige Gewalt
in Deutschland, er ist zum größten Teil Deutschland selbst: doppelte
Gewissensverpflichtung, zu ihm ein volles .Ja' zu sprechen". 2. Entweder
reißt diese Bewegung hindurch zur Rettung, „oder wir landen
im Chaos" (30). Im Nachtrag vom Juni 1934 hatte Lortz noch immer
die Hoffnung, daß seine Analyse stimmt, da die „Revolution", die
durchlebt und durchlitten werde, „in der gesamten europäischen Geschichte
keine einzige Parallele" habe (38). Der Hg. kann gute Gründe
dafür nennen, daß „der Jubilar der Verirrung des Nationalsozialismus
nicht verfallen war" (VIII), zumindest nicht für längere Zeit. Immerhin
stimmt es nachdenklich, daß in der autobiographischen Rede, die
den Auswahlbd. eröffnet, in der auch nicht im kritischen und selbstkritischen
Bemerkungen zu Personen und Zeitauffassungen gespart
wird, die heiklen Jahre ausgespart werden. Noch in den Arbeiten der
Zeit nach 1945 kann man außerdem auf Formulierungen stoßen, die -
wenn auch abgeblaßt - an Thematisierung und Vokabular an die
zurückliegende Zeit erinnern. Das gilt z. B. von den Ausführungen

über die Germanisierung und Romanisierung des Christentums im
Aufsatz über Erasmus für die Festschrift von Fritz Tillmann von 1950
(430: „und als Luther im Namen seines christlichen und germanischen
Gewissens auftrat gegen die .römische' Verderbnis, da erhob
er sich gegen Dinge, deren Verderbnis ursprünglich aus germanischen
Wurzeln kommt"). Der Hg. weist mit Bedacht zugleich auf eine noch
zu leistende Aufgabe, auch im Blick auf die Erforschung der kirchlichen
Zeitgeschichte, hin: „Die fraglichen Artikel bedürfen einer eingehenden
Interpretation und Untersuchung" (VIII). Für eine internationale
Lutherforschung in ökumenischer Gesinnung hat Lortz mit
seiner Untersuchung entscheidend mit den Grund gelegt. Das
markiert z. B. die souveräne Formulierung aus dem Festschriftbeitrag
„Luther und wir Katholiken heute", mit der ein langer Weg der Vorurteile
beendet wird: „Rechtfertigung im Lutherischen Sinn hat nichts
mit Individualismus und Subjektivismus zu tun" (783). Dem Hg., der
von Lortz im Vorspann seiner Arbeit über Luthers Römerbriefvorlesung
selbst als sein „engster Mitarbeiter" (540) bezeichnet wurde,
gebührt Dank für die Auswahl und die respektvoll kritische Einleitung
.

Berlin Siegfried Bräuer

Severus, Emmanuel v., OSB: Itinera Domini. Gesammelte Aufsätze
aus Liturgie und Mönchtum. Emmanuel v. Severus OSB zur Vollendung
des 80. Lebensjahres am 24. August 1988 dargeboten. Im
Auftrag der Mitarbeiter hg. von A. Rosenthal. Münster/W.:
Aschendorff 1988. 370 S„ 1 Porträt gr. 8" = Beiträge zur Geschichte
des alten Mönchtums und des Benediktinertums, Suppl. Bd. 5. Lw.
DM 68,-.

Im Vorwort teilt Anselm Rosenthal mit, daß die Zahl der Veröffentlichungen
des Jubilars, des langjährigen Priors von Maria Laach, „die
Tausendzahl schon lange überschritten hat" (5). Aus der Festschrift
seien sechs Beiträge näher vorgestellt. Balthasar Fischergeht einer altkirchlichen
Formel nach: Bonum Dominum habemus - Wir haben
einen guten Herrn - Ein „Rhema" des heiligen Ambrosius (99-105).
Augustin deutete den „Dominus" auf Gott-Vater, Ambrosius auf
Christus. Es gab also eine „Spannung zwischen dem stärker theozen-
trisch denkenden Augustin und dem stärker christozentrisch denkenden
Ambrosius" (103). Michaela Puzicha untersuchte „Monastische
Idealvorstellungen und Terminologie im sechsten Jahrhundert". Ein'
Vergleich der Benediktinerregel mit der Vita des Fulgentius von
Rüspe führt zu dem Ergebnis, „daß es im 6. Jahrhundert quer durch
die geographischen Regionen und literarischen Gattungen einen inneren
Zusammenhang des Mönchtums gibt, der vor allem erkennbar
wird an der Darstellung gemeinsamer Ideale und im Gebrauch einer
einheitlichen und geprägten Mönchssprache" (107). Ludger Bernhard
schreibt über Ursprung und Sinn der Formel „Et cum spiritu tuo". Er
wendet sich (erneut) gegen die Meinung, die Worte „Und mit deinem
Geist" meinten nur soviel wie „Und mit dir". Er zitiert drei Zeugen
aus der Antiochenischen Schule: Narsai von Nisibis, Theodor von
Mopsvestia und Chrysostomus. Zusammenfassend formuliert er.
„daß für Johannes Chrysostomus und für alle diese Kirchenlehrer und
Theologen der Antwortgruß der Gemeinde .Et cum spiritu tuo' ein
Doppeltes bezeugt, nämlich daß beim Vollzug des Gottesdienstes
außer dem Wirken Gottes durch das menschliche Instrument, den
Priester, die helfende Gnade, die ihm als Amtsgeist bei der Weihe verliehen
ist, aktiv mitwirkt" (156).

Der Aufsatz von Karl Josef Benz „Die Regula Benedicti in den Briefen
Papst Gregors VII." führt zu einem überraschenden Ergebnis:
„Wenn überhaupt vorhanden, dann sind wörtliche Entlehnungen aus
dem Text der Regula Benedicti in den Briefen des Papstes äußerst selten
" (266). Ulrich Faust bringt unter der Überschrift „Der Name des
Klosters Nonnberg" eine 12 Jahrhunderte umfassende Geschichte
dieses Salzburger Klosters, die 1916 verfaßt wurde: „Das Adelsprädi-
Rat des Stiftes Nonnberg". Nach Abschaffung des Adels 1919 in Österreich
blieb der eigentümliche Titel „Benediktinen-Frauenstift Nonnberg
" (360). Den Band beschließt Paulus Gordan: „Die Kirche als