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Ausgabe:

1990

Spalte:

286-287

Kategorie:

Kirchengeschichte: Neuzeit

Autor/Hrsg.:

Müller, Christine-Ruth

Titel/Untertitel:

Bekenntnis und Bekennen 1990

Rezensent:

Kuske, Martin

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Theologische Literaturzeitung 1 15. Jahrgang 1990 Nr. 4

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seiner Meinung nach in vielen wichtigen Punkten mit der für den len Frieden zu wirken als Voraussetzung für den Anbruch des Golde-

Chiliasmus typischen Argumentation übereinstimmte. Die ethischen nen Zeitalters (Richard H. Popkin).

und politischen Konsequenzen, die Meyfart aus dem unmittelbar Gewiß bietet der Band kein geschlossenes Bild des Chiliasmus im
bevorstehenden Jüngsten Tag zog. rücke ihn in die Nähe des hetero- 17. Jh. Das kann ja auch nicht von einem solchen Arbeitsgespräch
doxen Spiritualismus und Chiliasmus (eine m. E. problematische erwartet werden. Unter den Aspekten, die ich vermisse, ist die Erfor-
These!). Martin Brecht gibt einen interessanten Einblick in den sehung der Erbauungsliteratur unter der eschatologischen Problema-
Chiliasmus in Württemberg im I 7 Jh. Sein Beitrag ist den wichtigsten tik der wichtigste. In der Untersuchung von Elke Axmacher über Mar-
Traditionen des rosenkreuzerischen Chiliasmus auf der Spurt Aus vor tin Moller (FKDG 43, Göttingen 1989, 314ff) werden dazu bedeuteinigen
Jahren aufgefundenen Akten der Tübinger Theologischen same Ausführungen gemacht, die in der Frühneuzeitforschung disku-
Fakultät. die den Juristen und paracelsistischen Arzt Dr. Tobias Heß tiert werden sollten.

betreffen, einem Autor der echten Rosenkreuzerschriften, schildert Das Jahrbuch enthält auch einen anregenden Vortrag von Bettina

Brecht hier erstmals das Verfahren wegen Chiliasmus gegen Heß. Da- Wirsching über Andreae und Herder sowle von Bernhard Bonkhofl

bei wird eine Tradition sichtbar, die in den Spiritualismus des 16. Jh. den Bericht über den Stand der Pietismusforschung in der Pfalz,

zurückreicht zu Martin Ccllarius (Borrhaus) u. a. Bei dem Juristen Wichtige Rezensionen und die bewährte Pietismus-Bibliographie

Christoph Besold. „einer der bewegtesten Geister des frühen 17. Jahr- 1988 mit Nachträgen beschließen den gehaltvollen Band,

hunderte" (320. dem zweiten Tübinger Rosenkreuzer, lassen sich Neuendettelsau Wolfgang Sommer
ebenfalls chiliastische Interessen nachweisen, aber von Besold aus
«eilt Brecht vor allem die wichtige Frage nach der Verbindung zu
Spener. Er kommt zu dem Ergebnis, „daß Speners Eschatologie direkt

oder indirekt aus dem radikalen Protestantismus stammt. Dessen ein- Müller. Christinc-Ruth: Bekenntnis und Bekennen. Dietrich Bonschis
«; „ ,i i u u „k™ „nr Cnmrr im hoeffer in Bethel (1933). Ein lutherischer Versuch. München: Kai-
schldglge Vorstellungen lassen sich nunmehr schon vor Spener im 8-= Studienbücher zur kirchlichen Zeitgeschichte,
Bereich der Lutherischen Kirche nachweisen" (36). Die Einwände -f Karl dm 49 _
Alands gegen Speners „Chiliasmus" kann Brecht somit nicht teilen.

An dem württembergischen Pfarrer Johann Jakob Zimmermann ^ y ^ ,Juch bcreitet E Bclhge wie cr jm Vorwor, (7f )

(1644-1693) zeigt Brecht die Verbindung von Chiliasmus mit Natur- ^ ^ ^ Befrjedigung„ na, er doch Ende der rünf.

Philosophie. Astronomie und Apologie Jakob Böhmes. Auch hier ist ^ ^ ^ fa ^ ^ dje Emstehung des

°as Verhältnis Zimmermanns zu Spener recht aufschlußreich. Betheler Bekenntnisses zu bringen. Es war ein „Alleingang", der „fast

Wilhelm Schmidt-Biggemann stellt den Millenansmus des großen ^ ^ ^ Ergcbniss£ dieses Versuchs |iegen in

Herborner reformierten Gelehrten Johann Heinrich Alstedt p ßonhoeffer. Gesammelte Schriften Band II, 77-119, vor. In der

"588-1638) dar. und zwar unter dem Titel: „Apokalyptische Uni- Vorbemerkung stellte Bcthge 1959 fest: „Leider ist das archi-

versalwissenschaft", d. h. der Verbindung seiner pansophischen Wis- Materja, d£s ganz£n Untemehmens noch nicht aufgefunden

senschaftsvorstellungen mit den chiliastischcn Erwartungen Alstedts. ^ findet jhn (gc Aktenberg) aur? Wer vervoll.

D'e große Bedeutung Alstedts für das 17. Jh. kommt u. a. auch ,n sei- das ßjld und korrigjert esr (GS II 87).

"er geistigen Beziehung zu J. V. Andreae, Johann Arndt und Come- ^ ( auf Archjvarbeiten von J. van der Kooi und For-

"'us zum Ausdruck. - Nicolette Mout weist unter dem historischen sarbcitcn C G. Carters aufbauend (14), im Bctheler und ande-

BegnfT „Calvinoturcismus" auf die Bündnisbemühungen zwischen ^ Arcniven vie| gefunden! Bcthge hatte nur von der „Erstform des

rurken und Calvinisten zur Rettung Böhmens vor dem Haus Habs- Bethe|er Bekcnntnisscs-, entstanden im August 1933, und der auf-

burg hin, die nicht selten chiliastischen Charakter annahmen. - In ^ Gutachten überarbeiteten „Letztform" gesprochen, die

dem Beitrag von Dietrich Blaufuß „Zu Speners Chiliasmus und seinen ^ ^ ^ Bekenntnjs der Vater und dje bekennende

Kritikern" kommt die kritisch-bedenkliche Haltung vieler lutherisch- Gemeindc„ jm NovCmber 1933 von M. Nicmöller herausgegeben

^hodoxer Theologen gegenüber Speners „Hoffnung besserer Zeiten M dagcg£n unterscheidet fünf Fassungen:

'urdie Kirche auf Erden" in Verbindung mit der Bekehrung der Juden f ^ ^ .Vorentwurf, verläßt von H. Sasse und D. BonhoefTer. . .

und dem größeren Fall des Papstes in Rom zum Ausdruck, also sei- J' August.Fassung verfaßt von D. BonhoefTer. G. Merz. H. Sasse. G. Stra-

nem Chiliasmus subtilis im mittleren Teil der Pia desideria. Wichtige tcnwcrth w Vischer...

Grundanliegcn Speners waren mit seiner „Hoffnung besserer Zeiten" nj Die sog .Erstform' = Berliner Abschrift der August-Fassung, verteilt von

Verbundcn. die er auch in seinen Predigten vor der Gemeinde nicht D Bonhoeffer und Studenten ...

verschwieg. - Ernestine MM der H all zeigt die hohe Erwartung, die |V. November-Fassung = überarbeitete Erstform, nach Einarbeitung der

ehristliehe Theologen in Holland (vor allem Petrus Serrarius) an die Gutachten...

Bußbewegung und das Auftreten des jüdischen Messias-- ^^^^^«^ worden

SU? ?? knÜP;r in W^^^T^f£^ (8 Fassungen waren bisher nur im BeT.er Archiv Zu-

un8 der Juden zu Christus - Die enge Verbindung von Politik uno =• .„,,,., . . ,.

Relioi , , 1, . ^ILCB * . • „änglich. Nebeneinander werden Fassung 1/11 und III/IV abgedruckt.

h,„ ■ , t r .„„,:„„ pinp andere Anordnung war wohl nicht moglicn.'

^rmann berichtet über den Versuch der Transformation eine andere Ano g dcr Vorgeschichte durch Ab-

m>st,sch-apokalvptischcrGeschichtslheologic in eine moderne hbe- M bringt weiter l.cni ■ * .

rale V,rf. d , A c lgnH«r. Hrnrv Vancs einer druck zweier Briefe junger Berliner Studenten vom 31.7. und

Sehl» ,rSSUng am ne,SP'c , ken8l!nde" ,hnln " d e cntrale 1 8 .933 an Friedrich von Bodelschwingh, in denen sie als ..Rieht-

2'usselfigur «er großen Englischen Revolu ton - De zentral K ^ ^ ^

^cutung der Bekehrung der Juden für die englischen c h hasten als ^ » J

-—.,g oer «cKcnrung oer juuc.. .». u«- —( Bekenntnis" fordern und zugleich neben anderen Theologen D. Bon-

für den Beginn des Millenniums stell, 2 h lWals Mitarbeiter an diesem Bekenntnis vorschlagen , 195f,.

J us. [„ dlCscm Zusammenhang berichte. David S. Ka.z über die Bonhoefrers in

^•he nach einem gereinigten Text des Alten Testamentes und J^bS«!»: I 5 _20. August .933 (.9). Nach diesem Zeitpunkt
n verlorenen Stämmen des Hauses Israel. - Johannes » d«, * V ™ J Lhel ,700. Diese Fests.e.lung is,

** an den Schriften Henry Mores, einem Schüler Joseph Mede, den -r «onh , Mitverantwortung BonhoeOers an der

;f«bl,mierungspro2eD« des englischen Ch.l.asmus nach der Revo u äuBe« «^C g Bekenntnisses" ausschließ.

,IOn- - Der letzte Beitrag ist John Dury (1596-1680) und sc.ncn vielen Abschwachung

Re'sen durch die Länder Europas gewidmet, um für den konfcssioncl- (71).