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Ausgabe:

1990

Spalte:

234-235

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Titel/Untertitel:

Frieden und Gerechtigkeit 1990

Rezensent:

Krusche, Günter

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233

Theologische Literaturzeitung 115. Jahrgang 1990 Nr. 3

234

büchcr des 5.-10. Schuljahres; er verzichtet auf eine aufwendige
quantitative Inhaltsanalyse. Doch auch mit diesen Einschränkungen
treten Ergebnisse zutage, die bei der weiteren Entwicklung von
Büchern für den Religionsunterricht ernst zu nehmen sind.

Nach einer knappen Einordnung der Thematik ,,Hinduismus" in
den Gesamtkontext westdeutscher Rcligionspädagogik, in der die
Weltreligionen - trotz der wachsenden weltweiten Interdependenzcn
- immer noch eine eher marginale Rolle spielen, setzt sich der Vf. mit
dem Hinduismusbegriff auseinander, dessen schillernde Vielfalt
bereits eine Ursache für häufige Mißverständnis und Fehleinordnungen
bei den Religionsbuchautoren ist. Nach Abklärung des methodischen
Vorgehens (mit im Anschluß an U. Tworuschka formulierten
Fragen) folgen ..Buchprofile mit Kurzbewertung": Bei insgesamt 110
durchgesehenen Titeln kommen verwertbare Aussagen über den Hinduismus
in 43 Büchern vor - in sehr unterschiedlichem Umfang,
unterschiedlicher Qualität, unterschiedlichen Zusammenhängen.
1 Her und in der folgenden thematisch-inhaltlichen Analyse findet der
Vf. nur drei Darstellungen, die den Hinduismus hinreichend genuin,
exemplarisch, nicht verzerrend und ohne die Belastung einseitiger
Abwertung aus christlicher Sicht darbieten. Als Inhalte dominieren:

e Verehrung der Kuh. Gandhi, die Kasten, das Karma sowie die
Wiedergeburt. „In der Regel fehlen völlig: Vertreter und Ideen des
Neo-Hinduismus, heilige Persönlichkeiten des Hinduismus, die Bedeutung
des Dharma-Gedankens, die großen theistischen Schulen des
Shivaismus und des Vishnuismus. die zentrale Bedeutung des
trlösungsgedankens im indischen Denken u. v. a." (S. 84) Ein besonderes
Problem stellt die häufige, meist sehr pauschale Behandlung von
••Jugendsekten" im Zusammenhang mit dem Thema „Hinduismus"
dar, da hierdurch der Hinduismus als ganzer leicht im Kontext
destruktiver Kulte erscheint. Auf der anderen Seite ist in katholischen
Religionsbüchern der Einfluß des II. Vatikanums mit seiner positiven
Wertung der Religionen, auf evangelischer Seite das Bemühen um
eine religionswissenschaftlich differenzierte Sicht zunehmend wahrzunehmen
. Deutlicher noch wäre das geworden, wenn die Religionsbücher
nicht in alphabetischer, sondern in der Reihenfolge ihres Ersterscheinungsjahres
besprochen worden wären. Durch die Ausklammerung
der Sekundarstufe II fällt auch ein so wichtiges Werk wie das
Religionsbuch „Große Fremde Religionen" (Hannover: Schroedel

l986) mit seinem langen, differenzierten Hinduismuskapitel aus der
Pachtung.

Der Vf. fordert zu Recht eine bessere Zusammenarbeit von Reli-
Kionswissenschaftlern und Rcligionspädagogen bei der Erstellung der
St'hulbücher, wie es etwa in Großbritannien längst der Fall ist. Ergänzen
möchte man: Auch (christliche) Theologen müssen hier inten-
Slver in die Verantwortung genommen werden, damit im konfessions-
b«ogcnen Religionsunterricht das Themengebiet Weltreligionen
nicht wie ein Fremdkörper bleibt. Es müßten schließlich die entgehenden
Religionsbuchkapitcl auch von kompetenten Vertretern
der dargestellten Religion gegengelesen werden. Erst in solcher
Zusammenarbeit kann man in angemessener Weise der Sachinfor-
mation und Sensibilität im Blick auf die andere Religion, der Motiva-
ll°n im Blick auf die Schüler und einer zusammenhängenden Verleitung
der Thematik gerecht werden.

Nürnberg Johannes Lühncmann

,üenk mal nach . . .' mit Luther. Der Kleine Katechismus - heute
gesagt. Im Auftrag des Rates der Evang. Kirche der Union (Bereich
Bundesrepublik Deutschland und Berlin-West) hg. von der
K'rchenkanzlei der EKU. Gütersloh: Mohn 1989. 240 S. m. zahlr.
*• T. färb. Abb. gr. 8 Kart. DM 16,80 M.

Dieses „Buch soll kein neuer Katechismus sein, vielmehr dazu
d,cr|cn, Luthers Kleinen Katechismus für die heutige Zeit kritisch zu
Schließen". Das ist gelungen, und das besonders für Konfirmanden.
abcr auch für die Familie gedachte Buch zeigt, daß die Zeit des Klei-
nen Katechismus nicht vorüber ist. Luthers Aulbau wurde beibehalten
. Vor jedem Hauptstück wird in einer Bildgeschichte gefragt:
„Wie ist's gemeint, Herr Luther?". Auf jugendgemäße Fragen antwortet
Luther zumeist mit echten Zitaten. So gelingt auf originelle und
originale Weise der Brückenschlag zwischen Luthers Botschaft und
heutigen Jugendlichen. Dem revidierten Text des Kleinen Katechismus
werden biblische und moderne sowie ältere literarische Texte.
Lieder und Bilder in ansprechender Weise zugeordnet. Außerdem formulieren
die Autoren jeweils eine neue Erklärung in kurzer, der
Knappheit bei Luther entsprechender Form. Zum Beispiel beginnt die
Erklärung jedes der Zehn Gebote mit dem Satz: „Gott ist Einer, er ist
mein Befreier." Beim 4. Gebot folgen die Sätze: „Er gibt mir Helfer
zum Leben. Die soll ich ernst nehmen, ihnen danken und beistehen."
Die knappe Form wird nie alle Erwartungen erfüllen, doch ist den
Autoren um so mehr zu danken, daß sie sich darauf einließen. Neben
der kurzen, einprägsamen Aussage steht die Erzählung, der meditative
Text und der optische Impuls. Insgesamt ein gelungener Wurf!
Hoffentlich ermuntert dieses schöne Buch viele Pfarrerund Rcligionspädagogen
. wieder gemeinsam mit jungen und auch älteren Menschen
die Aktualität des Kleinen Katechismus zu entdecken!

E.W.

Ökumenik: Allgemeines

Planer-Friedrich. Götz [Hg.]: Frieden und Gerechtigkeit. Auf dem

Weg zu einer ökumenischen Friedensethik. München: Kaiser 1989.
231 S. 8* = Kaiser Taschenbücher, 57. Kart. DM 19,80.

Götz Planer-Friedrich, Studiensekretär in der Studienabteilung des
LWB. hat es unternommen, eine Studienkonsultation, die der LWB
im Nachgang zur Vollversammlung 1984 in Bad Boll 1987 unter dem
Thema „Theologie des gerechten Friedens" veranstaltete, nicht nur
zu dokumentieren, sondern auch auswertend zu reflektieren. Daraus
ist ein gedankenreiches, vielschichtiges, zur nachgehenden Reflexion
einladendes Buch entstanden. Titel und Untertitel bezeichnen zwei
wesentliche Problemfelder im konziliarcn Prozeß für Gerechtigkeit.
Frieden und Bewahrung der Schöpfung: 1. Die lallige Klärung des
Verhältnisses von Frieden und Gerechtigkeit. 2. Die Suche nach einer
ökumenischen Friedensethik, die alle Kontexte und Konfessionen
einschließt, ohne die der konziliare Prozeß weltweit nicht Fuß fassen
kann.

Auf den einführenden Beitrag des Hg. („Theologie des gerechten
Friedens - ein ökumenische Aufgabe" [10-31]) folgen drei methodisch
aufeinanderbezogene Abschnitte, die dem Zusammenhang von
frieden und Gerechtigkeit I. in verschiedenen Kontexten, 2. in den
ethischen bzw. konfessionellen Traditionen und 3. im Hinblick auf
Lehre und Gestalt der Kirche nachgehen.

Die Kontextualität christlichen Fricdcnsz.cugnisses belegen Alex
Bhiman (Südafrika) und Vitor Westhelle (Lateinamerika) in parteilichen
und Betroffenheit auslösenden Beiträgen: und auch Sibusiso
Bcngu als LWB-Stabsmitglied („Frieden durch Gerechtigkeit"
[271 -280]) macht deutlich, daß die vorrangige Beschäftigung mit dem
Friedensthema im Norden in der südlichen Hemisphäre den Verdacht
nährt, es handle sich doch um die Hegemonie der Reichen, die Festschreibung
des Status quo. ja um eine Neuaullage der Pax Romana.

Im Bereich der ethisch-theologischen Tradition kommen weniger
Kontroversen zum Austrag als ursprünglich angenommen. Die lutherische
Theologin Marcia Bunge (USA) untersuchte die römischkatholischen
und methodistischen Bischofsworte von 1983 bzw. 1986
(81-103). In beiden Dokumenten wird die starke Betonung des ökumenischen
Charakters einer Theologie des Friedens ermittelt. Zwar
zeigen sich teilweise unterschiedliche Bezugnahmen zur Bibel als
Quelle christlichen Friedenszeugnisses (das zeigt sich vor allem in der
Pazifismusfrage); dennoch gewinnen beide Konfessionen ihre Friedensvision
aus der Bibel (Reich Gottes/Schalom). Während die
katholischen Bischöfe bei der Ablehnung des Atomkrieges vor allem