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Ausgabe:

1990

Spalte:

231-232

Kategorie:

Religionspädagogik, Katechetik

Autor/Hrsg.:

Scheibe, Ernst

Titel/Untertitel:

Konfirmanden fragen 1990

Rezensent:

Hoenen, Raimund

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Seite 1

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231

Theologische Literaturzeitung 115. Jahrgang 1990 Nr. 3

232

Praktische Theologie:
Katechetik/Reiigionspädagogik

Scheibe, Ernst: Konfirmanden fragen. Unterrichtsmodelle für die
Konfirmandenarbeit. Berlin: Evang. Verlagsanstalt 1988. 383 S. m.
Abb., 1 Falttaf.8'. Lw.M21,-.

Pfarrer Ernst Scheibe legt ein Doppelwerk für die Konfirmandenarbeit
vor, das aus dem eigenen Konfirmandenunterricht in den
Gemeinden Leisnig und Böhlen/Sachsen erwachsen ist. Für die kirchlichen
Mitarbeiter in der DDR wird damit eine große Bedarfslücke
gefüllt, denn Arbeitsmaterialien für Konfirmanden sind seit langem
vergriffen wie: „Ich möchte Leben haben", 1987 (in Verbindung mit
dem ,,Rahmenplan für die kirchliche Arbeit mit Kindern und Jugendlichen
[Konfirmanden]" - Kurs V, 1973/1977), „Dem Tag entgegen.
Konfirmandenbriefe der Kirche", 12. Aufl. 1976, und „Du gehörst
Gott. Handbuch für den Katechismusunterricht.", 2 Teile, 1960 ff.

„Mit dem Arbeitsbuch wird versucht, die wesentlichen Aspekte
unseres Christseins in zehn Themenkreisen anzusprechen in der Hoffnung
, dabei die biblische Botschaft im Kontext unserer Zeit sachlich
zu entfalten" (S. 7): Ich lebe in meiner Gemeinde - Ich lebe als Christ

- Ich lerne die Bibel kennen - Ich vertraue auf Jesus Christus - Ich lebe
inmitten der Welt - Ich bitte um Entschuldigung - Ich bin ein Mensch

- Ich lebe in Gottes Schöpfung - Ich glaube an die Kirche - Ich bete,
glaube und bekenne. Die Themen sind als wiederholt aufzugreifende
Angebote für einen dreijährigen Unterricht gedacht, ohne zwingende
Abfolge, jedoch sind die drei letzten Kapitel wegen Umfang und Art
des Stoffangebotes vorwiegend dem dritten Unterweisungsjahr vorbehalten
. Das Konfirmandenheft ist für die Hand des Konfirmanden
bestimmt und enthält aus dem Konfirmandenbuch vollständig die
Lieder, Gebete, meditativen Texte, Karikaturen (vorwiegend von
Henry Büttner), Bilder, Katechismus-Merkblätter, Arbeitstexte
(darunter vier sog. Lückentexte) und teilweise zusammenfassende
Übersichten. Darüber hinaus bieten die Kapitel des Arbeitsbuches
Informationsteile, die mit Impulsen, Denkanstößen und Fragen aufbereitet
sind, und Anleitungen zu Spielen und zur Gestaltung einer
A5-Arbeitsmappe, die durch ein Leporello ergänzt werden kann.

Die Themenwahl ist orientiert an einem Katechismus-Unterricht,
der Martin Luthers Kleinem Katechismus folgt, ergänzt durch das
1. Kapitel über die Kirchgemeinde und das 3. Kapitel über die Bibel,
wie auch die Katechismus-Merkblätter in der Reihenfolge der Kapitel
deutlich machen: Taufe und Abendmahl, Jesus Christus, Gebote,
Beichte, Schöpfung I und II, Gott, Heiliger Geist, Kirche und Vaterunser
. Auch wenn die Themen in bekenntnisartigen Sätzen existentieller
Betroffenheit formuliert sind („Ich lebe . .. lerne kennen .. .
vertraue . . . bin .. . bete, glaube und bekenne"), begegnet hier ein
anderes didaktisches Konzept als der thematisch-problemorientierte
Ansatz des Rahmenplanes, Kurs V: Es ist stoff-orientiert und von den
Fragestellungen der Kirche, besonders in ihrer evangelisch-lutherischen
Tradition, bestimmt. Durch alle Themen zieht sich eine konfes-
sorische Intention, die folgerichtig mit dem Schlußkapitel in das Bekenntnis
(mit der Arbeit am Kleinen Katechismus, S. 353IT) und in
das Gebet (mit dem „Fries des Lauschenden" von E. Barlach, S. 363 ff
und Anlage) mündet. Deshalb werden die Konfirmanden zu Stellungnahmen
und Entscheidungen herausgefordert. Das gilt für die generelle
Entscheidung, zu Jesus zu gehören (vgl. die Bildbetrachtung zum
Linolschnitt „Entscheidung" von Horst Räcke, S. 43) ebenso wie für
die durchgängig hervorgehobenen ethisch-moralischen Fragen. So
wird zur Botschaft Jesu vom „nahegekommenen Himmelreich"
gefragt: „Wie überzeugend gelingt es dir, die neue Welt Gottes in
deinem Leben anfangen zu lassen? Was willst du mit deiner Überzeugungskraft
erreichen?" (S. 110), zur Bergpredigt (Mt 7): „Jesus gibt
dir acht .Wandertips': . . . Welchen Ratschlag mußt du besonders
beachten? Begründe! Fertige dir ein Merkblatt an, auf das du drei
Sätze aus diesen acht Wandertips schreibst, die für dich besonders

wichtig sind! Jeder Satz könnte mit ,Ich will . ..' beginnen. Bring dir
den Merkzettel dort an, wo du oft hinsiehst! Denk über die Lieder
EKG 249 und 274 nach! Such dir einen Vers als dein Gebet aus und
schreibe es noch auf deinen Merkzettel!" (S. 113)

Der Benutzer des Arbeitsbuches erhält zu den zehn Themen
umfangreiche und übersichtlich geordnete Informationen - nur beispielhaft
seien genannt: „Wer war Jesus von Nazareth?" (S. 96ff), 200
Fakten aus 2000 Jahren Kirchengeschichte (S. 290ff), die Religionen
der Erde (S. 309ff). Er bekommt viele Anregungen für Tafelskizzen
und Ideen zur Aktualisierung biblisch-christlicher Fragestellungen.
Er stößt weniger auf Fragen, die die Konfirmanden stellen, als auf
Fragen und Aufgaben, die an die Konfirmanden zu stellen sind. Er
wird allerdings oft auch selbst mit der Beantwortung der Aufgaben
allein gelassen, z. B. mit den Lückentexten, mit Literaturverweisen
und lexikalischen Erklärungen (S. 145, 339 u. ö.). Das Arbeitsbuch
nimmt ihm die Gestaltung eigener Stunden und eines eigenen Arbeitsplanes
mit den Konfirmandengruppen nicht ab, es bietet keine fertigen
Stundenentwürfe und nötigt zu intensiver Vorbereitung.

Trotz der Anleitungen zu Spielen, Basteltips, Aktionen und situativer
Beispiele erscheinen die Konfirmanden einseitig intellektuell und
voluntativ gefordert: Methodisch wird viel an Texten mit Papier und
Stift gearbeitet, Quizfragen und Spiele rufen Wisseji ab und zielen auf
die kognitive Dimension. Auch die affektive Dimension wird angesprochen
, indem Spiele auf Sieger konzipiert sind und Aufgaben zu
Werthaltungen und Urteilen herausfordern (z. B. S. 101, 210), aber
auf Kosten der Emotionalität, der Kreativität und der Kommunikation
, so daß der Verlierer, der Schwache, der Außenseiter leichtaus
dem Blick gerät. Wie anstrengend muß ein Fest sein, zu dem in Imperativen
angewiesen wird: „. .. bei dem fest zu dem du eingeladen wirst
mußt du dich selbst auftischen du mußt schmecken du mußt riechen
alle müssen dich riechen können . . ." (S. 219)? Wird der Konfirmand
in seiner Situation ernst genommen, wenn ihm das Evangelium mehr
als Anforderung als ein befreiendes Angebot begegnet? Die eigene
Sprache der Jugendlichen kommt weder in aktuellen Beispieltexten
(vergl. S. 25 f, 31 f) noch in den Gebeten in liturgisch gebundener Form
zu Wort. Hilfreich wären Beispiele selbstformulierter Fürbitten, zu
denen die Jugendlichen mehrfach aufgefordert werden. Daß das
gesamte Doppelwerk keine Praxisbeispiele aus durchgeführten Stunden
enthält, zeigt auch an, daß die Unterrichtsplanung allein vom
Leiter bestimmt wird.

Die Stärken des Arbeitsbuches liegen für mich in dem teilweise
umfangreichen Angebot aufgearbeiteter Themen, in anschaulichen
Lernhilfen, „Faustregeln", Beispielen wie dem „Welt-Dorf (S. 1530
oder der bekannten kosmischen Uhr (S. 2390 und in den klein-
gedrucktep Hinweisen zur Vor- bzw. Weiter- und Nacharbeit. (Zitate
erfolgen nach dem Arbeitsbuch: Unterrichtsmodelle für die Konfirmandenarbeit
.)

Naumburg (Saale) . Raimund Hocncn

Mlurken, Sebastian: Gandhi und die Kuh. Die Darstellung des
Hinduismus in deutschen Religionsbüchern. Eine kritische Analyse
. Marburg: Diagonal 1988. 141 S. 8° = Religionswissenschaft'
liehe Reihe, 1.

Hinter dem halb banal, halb reißerisch wirkenden Titel verbirg1
sich die erste deutschsprachige Schulbuchuntersuchung zu einer der
großen fernöstlichen Religionen. Sie füllt eine wichtige Lücke in der
Weltreligionen-Didaktik, nachdem bereits die Darstellung des Judentums
(hg. v. H. Jochum/H. Kremers. Paderborn: Schöningh 1980)
und des Islam (hg. v. A. Falaturi/U. Tworuschka. Braunschweig-
Georg-Eckert-Institut 1986ff) in westdeutschen Schulbüchern untersucht
worden sind. Das vorliegende Werk - hervorgegangen aus einer
Marburger Magisterarbeit - ist weniger ambitioniert und aufwendig
als die früheren Untersuchungen: Der Vf. analysiert die RcligionS'
bücheraus religionswissenschaftlicher (nicht pädagogischer) Perspek'
tive; er beschränkt sich auf evangelische und katholische Religions'