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Ausgabe:

1990

Spalte:

226-228

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Ruether, Rosemary Radford

Titel/Untertitel:

Frauenbilder - Gottesbilder 1990

Rezensent:

Lüthi, Kurt

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Theologische Literaturzeitung 1 I 5. Jahrgang 1990 Nr. 3

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Marburg (Lahn) Hans-Martin Barth

sich mit Drewermanns Fußnoten beschäftigt hat, auch seltsam beck- mit denen gnostischen Tendenzen heute begegnet werden könne.

Wcsserisch. Sachlich gewichtiger erscheinen die grundsätzlichen theo- Doch ihr Einsatz will sorgsam geprüft sein, das weiß gerade der

.logischen Anfragen. Kirchengeschichtler. Jeder Versuch, den Glauben auf neue Weise zu

Die „Geschichtlichkeit der Offenbarung" sei für Drewermann vermitteln, sei zu begrüßen: „Angst braucht die Kirche davor nicht zu

'.nicht Ausdrucksgestalt der unableitbaren Freiheit, mit der Gott aus haben" (66).

seiner Verborgenheit heraustritt, um sich selbst uns mitzuteilen"-auf Ob „die Kirche" - gedacht ist hier wohl ausschließlich an die
e>ne radikal neue und schlechthin einmalige Weise (Kasper 19). Die römisch-katholische - doch Angst davor hat? Gönnerhaft-versöhn-
»Reduktion der heilsgeschichtlichcn Schau" der Bibel wirke sich. lieh meint Görres am Ende: „Im ganzen könnten wir uns alle von Dre-
auch tiefenpsychologisch gesehen, negativ aus (Schnackenburg 38). wermann helfen lassen, unsere oft schiefen Bilder geradezuhängen. Es
die Stelle biblischen Offenbarungsglaubens trete „archetypische ist für uns so nötig wie für ihn" (174). Müssen Bilder gerade hängen?
Gottinnerlichkeit" (ebd.) Damit ist m. E. zweifellos ein entscheiden- Und wer verfügt über die Wasserwaage? Im Vorwort heißt es bezie-
der Schwachpunkt in Drewermanns Konzeption markiert: anderer- hungsreich, durch Drewermann (!) werde die Frage aufgeworfen, „ob
seits wird von den Kritikern nicht ins Auge gefaßt, inwiefern bibli- und inwiefern bei ihm das unterscheidend Christliche hinreichend gescher
, auf Geschichte bezogener Offenbarungsglaube mit den in der wahrt ist" (5). Die Vielzahl der Aspekte, die eine interdisziplinäre
Gcschöpflichkeit des Menschen begründeten psychischen Strukturen Untersuchung eines profilierten theologischen Ansatzes zutage för-
yermittelt werden kann und muß. dem kann, ist durchaus eindrucksvoll. Aber zwischen den kirchen-
Besonders eklatant zeigt sich das von Drewermanns Gegnern an- amtlichen und dogmatischen Klischees leuchten doch nur selten
gemahnte Problem natürlich im Blick auf die Christologie. Die weiterführende theologische Fragen auf: Wie steht es mit dem „escha-
-qualitative Einmaligkeit Jesu Christi" werde aufgelöst (Kasper 20); tologischen", also dem „in die Zukunft hinein offenen Sinn der bibli-
das „Sterben Jesu" für viele, das der Urkirche für ihre Erlösungsbot- sehen Bilder" (Sudbrack 108)? Und wie mit dem „Widerstand", den
Schaft im Mittelpunkt stand, komme bei Drewermann „nirgends zur uns das Evangelium leistet (Görres 154)? Eine wirklich umfassende
Sprache" (Schnackenburg 36). Jesus werde zur „Symbolgestalt", die theologische Würdigung, die vom Bekenntnis zum dreieinigen Gott
.im Reflex der archetypischen Bilder in der Seele Befreiung von her gewonnen wäre, ist mit alledem noch nicht geleistet. Drewermann
Angst, Vertrauen und Jenseitsglauben" erzeuge (Schnackenburg 42). hat seinen Meister - oder besser: den ihm angemessenen Gesprächs-
^'e Naturvergessenheit des modernen Menschen, die Drewermann partner-noch nicht gefunden.
. eklage, sei nicht Folge von „Christozentrik", sondern „die Folge
'hrer Preisgabe" (Bürkle 130). Gerade auch aus der Sicht evangelischer
Theologie kommen in diesen Urteilen wichtige Anfragen zum

Ausdruck; doch sind Drewermanns christologische Aussagen in sei- Ruether, Rosemary R.: Frauenbilder - Gottesbilder. Feministische

nem Markus-Kommentar dazu erst noch sorgsam zu prüfen. Erfahrungen in rehg.onsgeschichtlichen Texten. Aus dem Amerik.

Ai,f!„,, . i - , , ,-, .• i_. i: von B. Keune unter Mitwirk, von M. Baumotte. Gütersloh: Mohn

^ut interessante anthropologische mplikationen macht die reli- _ . , _ ,, ... „. r-ra,*.-.

airmn, - ■■ ..„,. ,- , „ , . 1987. 411 S. m. zahlr. Abb. 8 = GTB/Siebenstern. 490. Kart.

^"'spnilosophischc Perspektive autmerksam. Jorg Splett deutet DM 2g grj

rewermanns Ansatz als Fluchtphänomen. Immer habe es dem Mensehen
, der mit sich selbst, insbesondere mit Verantwortung und In 12 Schwerpunkten wird der Leser mit religionsgeschichtlichen.
' ehuld, mit seinem Gewissen und somit letztlich mit seiner Personali- dann mit biblischen und aktuell-feministischen Texten konfrontiert
tat nicht klar kam, nahegelegen, aus der „Zeit" zu fliehen - entweder und mit einer umfassenden Symbolik des Weiblichen bekannt
n Jen Bereich „abstrakter Vernunft", so in der Aufklärung, oder gemacht: 1. Geschlechtsspezifische Vorstellung von Gott, 2. Die Fülle
Unlermenschlicher Natur", so z. B. in der Gegenwart (81). Zu dem. des göttlichen Lebens, 3. Schöpfungsberichte, 4. Die Krone der
was den Menschen in seiner geschichtlichen Einmaligkeit konsti- Schöpfung: Der Mensch als Mann und Frau, 5. Die Entstehung des
tUlere. gehöre aber konkrete Schuld, die ganz handfest und ohne Aus- Bösen, 6. Die Versöhnung: Männliche und weibliche Erlöser. 7. Buße.

uchte in metaphysische Zusammenhänge gesehen werden müsse. Umkehr und Heiligung, 8. Befreiende Gemeinschaft. 9. Vorläuferinarum
könne die Rettungauch nur in der autoritativ zugesagten Ver- nen einer Frauenkirche, 10. Die neue Erde: Visionen einer befreiten
gebung liegen, wie sie in der „freien Freigebigkeit eines angst- und Gesellschaft und Natur, I l, Der neue Himmel, 12. Neue Anfänge.
ruckhaItlos liebenden Gottes" begründet sei (87). In der Begegnung Den Texten sind jeweils „Weiterführende Überlegungen" angeschlos-
m,t Gott werde Liebe nicht als diffuse Verschmelzungssehnsucht, son- sen; hier werden die Leser aufgefordert. Themen der Texte mit eige-

ern als „selbstlose Antwort" innerhalb eines bleibenden Gegenübers nen Erfahrungen zu verbinden. Man spürt darin die Anliegen der

erfaßt (89). Die hier vorgetragenen Überlegungen haben im Blick auf Autorin (seit 1976 Professorin für Praktische Theologie am Garrett-

,e gegenwärtige religiöse Stimmungslage gewiß über die Ausein- Evangelical Theological Seminary in Evanston. Illinois). Das ganze

andersetzung mit Drewermann hinaus Bedeutung. Buch kann nun als nützliches Nachschlagewerk für verstreute Texte.

D|e Vorwürfe des Verrats der Geschichtlichkeit, der einmaligen die hier in guten Übersetzungen vorliegen, gebraucht werden.

Und universalen Relevanz Jesu Christi und schließlich der Personali- Das systematische Ziel der Sammlung ist kritisch, anspruchsvoll

Xp des Menschen sammeln sich in dem immer wieder thematisierten und herausfordernd:.....feministische Theologie muß letztlich einen

n°sis-Verdacht. mit dem sich Drewermann selbst wiederholt aus- neuen Kanon hervorbringen, eine neue Textbasis als Konsens der sich

^'nandersetzt (Kasper 20f, Schnackenburg 40fu. ö.). Es war ein guter neu konstituierenden Gemeinde" (S.II). Oder S. 17: ein neues

'n,aH. dem Sammelband eine knappe Darstellung der „histori- Bewußtsein müßte neu Midraschim schreiben, denn der Kanon ist

Schen" Gnosis aus kirchengeschichtlicher Sicht beizufügen (Dass- nach Auffassung der Autorin nicht abgeschlossen (vgl. auch S. 383).

ar>n 4811"). Der Autor macht darauf aufmerksam, daß die „gnosti- Im neuen Textbestand dürften dann die spezifischen Erfahrungen der

Sctle Bedrohung" der Urkirche in einem Doppelten bestanden habe: Frauen nicht mehr verschwiegen oder marginalisiert werden. Und.

n der Ablösung des Glaubens von dessen geschichtlichen Grundlagen das neugewonnene Schriftverständnis wird die Frau autorisieren.

Und im Verlust der Welthaftigkeit (49). „Negatives Weltverständnis „sich selbst zu definieren" (S. 15). Hermeneutisch bedeutet dieses

Und Erlösungssehnsucht" machten die ..Grunderfahrung des Gnosti- Programm: Patriarchalisch-geprägte Literatur muß „gegen den

se.rs'" aus (52). Der antignostische Abwehrkampf der Kirche habe zur Strich" gelesen werden und damit kann dann eine „verschlüsselte Bot-

^arkung des Amtes und des Sukzessionsprinzips, zur Ausbildung des schaff entdeckt werden (S. 15).

eutestamcntlichen Kanons und der altkirchlichen Bekenntnisse und Die systematischen und hermeneutischen Postulate verbinden sich

. Blick auf die nötige ethische Profilierung zur Etablierung des Büß- bei der Autorin mit einem spezifischen Geschichtsbild: Das alttesta-

"stituts geführt (580: Damit sind denn auch die Waffen aufgezählt. mentliche Gottesverständnis weist auf ältere Religionen und Kultu-