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Ausgabe:

1989

Spalte:

155-156

Kategorie:

Referate und Mitteilungen über theologische Dissertationen und Habilitationen in Maschinenschrift

Autor/Hrsg.:

Langer, Jens

Titel/Untertitel:

Beziehungen zwischen Evangelium und Kultur in ihrer Bedeutung für Zeugnis und Gestalt der evangelischen Kirchen in der DDR, praktisch-theologische Aspekte einer ökumenischen Debatte 1989

Rezensent:

Langer, Jens

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155

Theologische Literaturzeitung 114. Jahrgang 1989 Nr. 2

156

Götzenverehrer dar. Sie sind den Frevlern (57.200 und Edom
(63.1-6) vergleichbare Feinde Jahwes. Als solche wird Jahwe sie bei
seinem Erscheinen vernichten. Die Heilsworte Tritojesajas bezieht
der Redaktor auf die Frommen. Nur sie werden die Heilszeit erleben,
in der alle Völker zum Tempel ziehen, um Jahwe zu dienen.

Tritojesaja und der Redaktor betonen, daß das rechte Handeln des
Menschen eine Voraussetzung des Heils ist. Tritojesaja antwortet in
einer Zeit der Not auf die ungeduldige Frage, wann das von Deutero-
jesaja verkündete Heil endlich komme, daß man alles Unrecht erst
ausrotten müsse. Der Redaktor antwortet in einer Zeit der Gemeindespaltung
auf die Frage, wem das von Tritojesaja verkündete Heil zuteil
werde, daß alle Frevler vernichtet, aber alle treuen Gerechten - ob
Jude, ob Heide-das Heil sehen werden.

1 57.6b/?. 19b/?: 59.5-8.18b.21; 60.12.191.22; 61.3a«; 65.6h/f.7b.15a/?.16n«.
25;66.!6b.l9a/(.20a*.b.23l'.

Langer, Jens: Beziehungen zwischen Evangelium und Kultur in ihrer
Bedeutung für Zeugnis und Gestalt der evangelischen Kirchen in der
DDR. Praktisch-theologische Aspekte einer ökumenischen Debatte
. Diss. (B) Rostock 1988. II. 198 und 205 S.. Anlagen I—VII.

Der vom ORK initiierte Studienprozeß (Bangkok 1973. Vancouver
1983) lebt im wesentlichen von regionalen und lokalen Untersuchungen
zur Sache. Entsprechend stellt sich die Arbeit einem
bestimmten Kontext, der näherhin auf die im Bund der Evangelischen
Kirchen zusammengeschlossenen Landeskirchen eingegrenzt wird.

Im ersten Teil wird die Geschichte dieser Kirchen nach 1945
zunächst an ausgewählten Beispielen in ihrer Verquickung mit Wertorientierungen
der bürgerlichen Gesellschaft beschrieben. Diese Fakten
werden bei der Analyse der Auseinandersetzungen mit sozialen
Veränderungen in Rechnung stellt. Dabei zeigt sich, wie jene Bindung
sich kontraproduktiv auswirkte, verstanden sich die evangelischen
Kirchen doch unter den gegebenen Zeitumständen als Anwalt
gegen einen unhistorisch interpretierten Totalitarismus, was der
Transparenz der eigenen Rolle abträglich war. Die sich neu formierende
Gesellschaftsordnung wurde zu leicht als ein Gegenüber der
kirchlichen Botschaft aufgefaßt, dem kritisch vor allem das Gesetz zu
verkündigen sei. Dadurch wurde das Evangelium tendenziell auf den
kirchlichen Binnenraum eingeschränkt. Da eine historische und politische
Analyse des kirchlichen Weges nach 1933 weitgehend ausgeblieben
war. schien die Voraussetzung einer nahezu ungebrochenen
kirchlichen Identität gerechtfertigt, so daß institutionell auch kein
Anlaß für Konsequenzen im Blick auf die soziale Gestalt der Kirche
angezeigt schien. Mit der Konstituierung des Bundes der Evangelischen
Kirchen wurde in der Ekklesiologie einer „Kirche für andere"
aus eigenständiger Verantwortung ein Konzept dargestellt, mit dem
sich die Kirchen in Bindung an die eigenen Quellen und in Offenheit
für die Wirklichkeit den Herausforderungen ihres kulturellen Kontextes
zu stellen suchten. Dieses Konzept ist in der Selbstvcrständigungs-
formel „Kirche im Sozialismus" aufgehoben, ohne in seiner Dynamik
voll ausgeschöpft zu sein. Will man diese Eigeninterpretation über
eine Verabschiedungsformel an die Identifikation mit bürgerlicher
Gesellschaft hinaus konstruktiv erfassen, so führt der Weg dazu nicht
über alte und neue Tabuisierungen oder Identifikationen, sondern
über eine Auseinandersetzung mit der Kultur der sozialistischen
Gesellschaft.

Im zweiten Teil werden unterschiedliche Beziehungen zwischen
Evangelium und Kultur unter den Stichworten „Synthese". „Dia-
stase" und „Dialog" geprüft. Neben der Feststellung von Verkürzungen
in theologiegeschichtlichcn Urteilen wird auf die Notwendigkeit
hingewiesen, eine Kultur des Dialogs zu entwickeln. Damit wird der
Anstoß aufgenommen, den Albert Schweitzer mit seiner ethischen
Kultur einer Ehrfurcht vor dem Leben vermittelt hat. Er kann über
theologische Schulen hinaus aulgenommen werden in der Authentizität
des christlichen Glaubens und in gemeinsam verpflichtender Ehrfurcht
vor dem Leben. Zu den Impulsen für eine Rekonstruktion des
christlichen Glaubens tritt neben Theologiegeschichte und aktueller
ökumenischer Diskussion die Annäherung an das marxistische Kulturverständnis
in Erscheinung. Dieses betont die Orientierung auf die
gesellschaftliche Produktion. Damit gibt es Bedingungen an, aufgrund
dererauch alle an der materiellen Produktion Beteiligten die Entwicklung
der Kultur bestimmen. Darin spielt das Individuum eine immer
wichtiger werdende Rolle. Denn die gesellschaftlichen Erfahrungen
werden mittels der subjektiven Resultate der individuellen Geschichte
angeeignet. Der Prozeß zwischen Gesellschaft und Individuum bereichert
die Gestaltung bzw. Entfaltung beider. Insofern ist die Kultur
der Gesellschaft ein Bewährungsfeld auch christlicher Persönlichkeit,
die in ihrer Aktivität soziale Erfahrung sammelt und damit die Wertorientierungen
der eigenen Geschichte im Zusammenhang mit der
christlichen Tradition ebenso prüft wie die gesamtgesellschaftlichen
Werte. In dieser Auseinandersetzung bilden sich neue Akzente heraus
, die sowohl der Gesamtgesellschaft wie auch der kirchlichen
Gemeinschaft vermittelt werden. Durch die Präsenz seiner konkreten
Träger ist christlicher Glaube in der sozialistischen Gesellschaft
öffentlich wirksam. Die Beschleunigung der friedensethischen Anstrengungen
von Marxisten und Christen aufgrund der Herausforderung
, sich für Frieden und Überleben der Menschheit einzusetzen, hat
zudem neue Bedingungen für Kooperation und Dialog von Christen
und Marxisten geschaffen. Das gilt weltweit und auch Für die Gesellschaft
der DDR. Der im Marxismus-Leninismus eingeforderte und
einsetzende Schub in der Theorieentwicklung bedarf einer Entsprechung
in Anstrengungen von Theologie und Kirche. Die Anerkennung
der grundsätzlich möglichen Progressivität christlichen
Glaubens bestätigt die Einschätzung der christlichen Tradition durch
an Jesus Christus glaubende Menschen und unterstreicht die Relevanz
des christlichen Glaubens für die Gesellschaft. Bündnis. Kooperation
und Dialog bedeuten für Christen eine aktuelle Aufgabe zur Gestallung
einer Kultur der Beziehungen. Sie zeigen, daß der Marxismus die
Religion nach seinem Selbstverständnis theoretisch hinter sich gelassen
hat, daß sie praktisch aber weiterhin als ein Aufgabenfeld vor ihm
liegt, das zu Antworten herausfordert. Das gilt ebenso praktisch wie
theoretisch, soll die Kultur des Zusammenlebens in der Gesellschaft
dem qualifizierten Wissens- und Bewußtseinsstand aller ihrer Mitglieder
entsprechend gestaltet werden.

Im dritten Teil wird als Hintergrund dieser Position ein kritisches
Verständnis von theologischen Interpretationen der Säkularisation
dargestellt. Letztere wird positiv als eine gesamtgesellschaftliche
Bewegung der Ausdifferenzierung sozialer Systeme (Luhmann) untC
Zunahme von deren Komplexität verstanden. In diesem Prozeß isl es
gesamtgesellschaftlich und ekklesiologisch bedeutsam, kommunikative
Anschlußstellen zu entwickeln. Dieser Differenzierung dient im
kirchlichen System das Instrumentarium der „Gemeindeberatung'
("Organization Development"). Es kann durch Ausbau der gemeindlichen
Kommunikation auch die Konziliarität innerhalb der Landeskirchen
fördern. Gesamtgesellschaftlich sind für die Beziehungen
zwischen Evangelium und Kultur unter den konkreten Konditionen
als Brückenfakloren bedeutsam; die Notwendigkeit und Faktizitat
von Subjektivität, wofür der Protestantismus in seiner Tradition ein
kreatives Potential besitzt; ein Humanismus der Toleranz und Emanzipation
sowie der Einsatz für Frieden. Gerechtigkeit und Solidarität-
Diese Elemente evangelischen Zeugnisses werden durch ihre Träge''
im Sinne einer prospektiven Kontextualisation wirksam und realisieren
damit wichtige Teile der christlichen Botschaft.

Timm, Gottfried: Die Heilsgemcinde in der Welt. Zur Ekklesiologie
der Johannesapokalypse. Diss. Rostock 1986. 254 S.

Die Johannesapokalypsc (= Apk) steht inmitten eines lebendige'1
Kommunikationsgeschehens zwischen ihrem Absender Johannes um'
sieben kleinasiatischen Gemeinden als Adressaten. Aus diese"'
Grunde bedient sich ihr Autor auch der Gattung ..Brief'. Die vor-