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Ausgabe:

1989

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

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Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 114. Jahrgang 1989 Nr. 2

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(144). Ansatzweise wird das Grundgerüst der Eucharistiefeier erstellt,
bis es dann 1982 zur Lima-Liturgie kommt. In Bristol weitet man
1967 die Anamnese auf das ganze Christusereignis aus: Vergegenwärtigung
des Vergangenen, Vorwegnahme des Zukünftigen (181). In
Löwen revidierte man die Lunder Begriffsskala; man behält den
„Begriff der Gemeinschaft. . . der Übereinstimmung von Kirchen-
und Abendmahlsgemeinschaft als dem Ziel der ökumenischen Bewegung
vor" und trägt mithin „dem ekklesiologischen Charakter dieses
Begriffs Rechnung" (190). In Accra kommt man 1974 zur Zusammenfassung
des Erreichten, aber die Reaktion der Kirchen zeigt, daß das
„Erreichte . . . auf einen engen Kreis von .Ökumenikern' beschränkt
blieb". Trotz ihres Namens haben die Papiere „keinen Konsenscharakter
" (2180- Manches findet in den Kirchen Anklang, anderes
stößt auf erhebliche Kritik. Immer deutlicher erkennt man: „Bedingung
der einen'Eucharistie ist vielmehr die Einheit im ganzen Glauben
" (220).

Seit Bangalore 1978 verarbeitete eine Gruppe unter M. Thurians
Vorsitz die Reaktionen. Galt den Teilnehmern von Lima die einstimmige
Verabschiedung der Konvergenzerklärungen als ,,,kairos' der
ökumenischen Bewegung", so bedeutete „die einmütige Verabschiedung
. . . nicht, daß alle Sitzungsteilnehmer sämtliche Aussagen . . .
gutgeheißen hätten" (225). Vf. hält zu Recht die „formulierten Konvergenzen
" für „beträchtlich", doch sei „kein voller Konsens erreicht
" (264). Die Lima-Liturgie hält er für ein „ökumenisches Ereignis
kat'exochen" (266).

Obwohl Vf. eingangs bemerkt, Ziel der Untersuchung sei es nicht,
sie „in die Darstellung einer eigenständigen Position einmünden zu
lassen" (5), benennt er am Ende doch deutlich sich ergebende Probleme
. Er fragt, ob es nicht sinnvoll gewesen wäre, der dreiteiligen
Lima-Erklärung eine Erklärung voranzustellen, die ausdrücklich das
Evangelium behandelt. Er erkennt, daß Schriftzitate den Text nicht
tragen, sondern wie dicta probantia wirken. Er beklagt auch die
„terminologische Unscharfe der Texte" (230). Volltönend hofft Vf.,
„daß sich mit der Rezeption der Erfahrungen und Erkenntnisse dieses
Weges ein Wachstum zur vollen Gemeinschaft vollzieht" (282). Das
Nein der Orthodoxie und manche kritische Stellungnahme läßt den
Enthusiasmus von Lima verblassen. Trotzdem behalten die Texte ihr
großes Gewicht. Vf. hat den Weg dahin einfühlsam beschrieben. Seine
Untersuchung ist bei der Weiterarbeit unbedingt zu berücksichtigen
und bleibt eine wertvolle Hilfe. Rez. bekennt, aus der Arbeit viel
gelernt zu haben.

Dem Rez. ist es hier nicht möglich, in die Lima-Debatte erneut einzusteigen
, aber er möchte stichwortartig nennen, woran s. E. weitergearbeitet
werden muß:

1. Unklar bleiben trotz aller Erklärungsversuche die Begriffe Konvergenz
und Rezeption. Eine Konvergenz (Annäherung) kann man
doch nicht annehmen, sondern muß sich ihr prüfend stellon; eine
„Rezeption" von „Konvergenzen" kann kaum ein „fundamentaler
Glaubensvollzug" sein.

2. Das Übergewicht anglikanisch-orthodoxen Denkens ist unverkennbar
. Hat man auf den weiteren Weg auch andere, auch calvini-
stisch und - summarisch - freikirchlich geprägte Kirchen mitgenommen
? Erstrebt man nicht einen „Consensus quinqucsaecularis"? Man
kann 1 500 Jahre Kirchcngeschichtc nicht überspringen. Der Ruf der
Reformation lautet „sola scriptura". darum kann für sie die altkirchliche
Tradition nicht der Maßstab sein.

3. L. Lies hat von der „Trinitätsvergessenheit gegenwärtiger Sakramentstheologie
" (ZKTh 105, 1983. 290-314) gesprochen. Trotz des
trinitarischen Aufbaus der Lima-Erklärung ist m. E. eine Lösung noch
nicht in Sicht. Vor allem betrifft das nach wie vor die Gabenepiklese.
Hier hat sich, auch in röm.-kath. Theologie, weithin orthodoxes Denken
durchgesetzt. Wohl steht das Abendmahl innerhalb des von Gottes
Geist gewirkten Gottesdienstes, er wirkt durch die Gnadenmittel
den Glauben. Deshalb ist eine Epiklcsc über die Gemeinde sinnvoll,
wenn auch nicht nötig. Aber die Wirkkraft der Einsetzungsworte des
erhöhten, lebendigen Herrn wird in Zweifel gezogen, wenn der

Heilige Geist herabgerufen wird, um Brot und Wein zu Christi Leib
und Blut zu machen. Christi Worte sind nicht nur Verheißungs-,
sondern vor allem doch Wirkworte (zu 250). Man wird auch nicht das
„lebendige Wort Christi" und die „Macht des Heiligen Geistes"
unverbunden nebeneinander stellen können, wie es die Lima-Erklärung
tut (Zi. 15). Es geht nicht um einen isolierten Konsekrationsakt.
sondern daß Jesus Christus als die zweite Person der Trinität ebenso
lebendig wirkt wie die beiden anderen in ihrer trinitarischen Einheit.
„Der traditionelle Dissensus" zwischen Ost und West scheint mir
noch immer nicht überholt zu sein (gegen 251).

4. Wie die Untersuchung erkennen läßt, ist im ökumenischen
Eucharistiegespräch die Sündenvergebung als Gabe des Abendmahls
nie thematisiert und nur selten erwähnt worden. Darum wird sie auch
in der Lima-Erklärung (Zi. 2) nur erwähnt. Hier wird sich lutherische,
reformatorische Theologie künftig stärker zu Wort melden müssen.
Das gilt auch hinsichtlich der Opferproblematik.

Freiberg Karl-Hermann Kandier

Hoffmann, Paul [Hg.]: Priesterkirche. Düsseldorf: Patmos 1987.
368 S.8' = TheologiezurZeit,3. Kart. DM 34,-.

Überwiegend katholische Theologen entfalten hierein Gemeinde-
und Amtsverständnis, das mit der mündigen Gemeinde Ernst macht.
Der Neutestamentier P. Hoffmann beschreibt „Priestertum und Ami
im Neuen Testament" (12-61) als Pluralität der Gemeindcordnun-
gen. von denen keine eine letztgültige Verbindlichkeit beanspruchen
kann. Dem paulinischen Modell gehört aber nach seiner Meinung die
Zukunft. Im Schlußkapitel entwirft H. die Perspektive „Von der
.Priesterkirche' zu einer Kirche des Volkes Gottes". Die verschiedenen
Autoren ziehen in dieser Perspektive unterschiedlich radikale
Konsequenzen, aber insgesamt ergibt sich eine geradezu reformatorische
Sicht. Der geschichtlichen Entwicklung des Problems wird weiter
Raum gewidmet, um die historische Bedingtheit und damit Überhol-
barkeit heutiger Strukturen zu erklären. Die Hauptbeiträge behandeln
das Thema in neutestamentlicher, feministisch-theologischer
(E. Schüssler-Fiorenza), kirchengeschichtlicher (E. L. Grasmück)-
soziologischer (M. N. Ebertz), psychologischer (H. Wahl) und praktisch
-theologischer Sicht (P. M. Zulehner. N. Mette). Diesen grundlegenden
Informationen und Reflexionen folgen im zweiten Teil Beispiele
aus der katholischen und ökumenischen Praxis. Die Baptisten
(E. Brandt), das protestantische Amtsverständnis (M. Weinrich), das
Amtsverständnis in der Theologie der Befreiung (L. Boll), die katholische
Diaspora in der DDR (C. Herold) sowie Erfahrungen aus der
Schweiz und der Bundesrepublik finden Beachtung. O. MoosbruggC
(früher Regens eines Priesterseminars) hält den Zölibat als Gesetz
nicht mehr für verantwortbar, fordert den Zugang von Frauen zum
ordinierten Amt und „mehr basisfundierte Auswahl und Ausbildung
von Priestern". Mensch unter Menschen, Christ unter Christen zu
sein, das Amt partnerschaftlich in und mit der Gemeinde auszuüben-
ist das Anliegen der Autoren. „Das Amt wird in der Zukunft", so vermutet
einer, „sehr vielgestaltig werden" (326).

E.W.

Adler. Gerhard [Hg.]: Tausend Jahre Heiliges Rußland. Orthodoxie im
Sozialismus. Freiburg-Basel-Wicn: Herder 1987. 190 S. kl. 8" = Herder
Taschcnbueh, 1506. DM 10.90.

Amberg, Ernst-Heinz: Apostolisch glauben: Das Bekenntnis (In: Apostoli'
zilät und Ökumene. Fuldaer Hefte, 39. S. 30-36).

Barth. Hans-Martin: Die Wcltversammlung der Christen. Vorbereitungen
einer Friedenskonferenz zwischen Management und Inspiration (MdKl ?*•
1987. 128-130).

Bienert, Wolf'gang A.: Die Verwerfungen in der Reformationszeit - treffe'1
sie heute noch den ökumenischen Partner? Anmerkungen zur Dokumentation
des Ökumenischen Arbeitskreises evangelischer und katholischer Theologen
: ..Lehrverurteilungen - kirchentrennend?" (Luther 58. 1987-
132-147).