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Ausgabe:

1989

Spalte:

150-152

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

Schäfer, Gerhard K.

Titel/Untertitel:

Eucharistie im ökumenischen Kontext 1989

Rezensent:

Kandler, Karl-Hermann

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Theologische Literaturzeitung 114. Jahrgang 1989 Nr. 2

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Kopenhagen Eberhard Harbsmeier

Sören Kierkegaard, obgleich Theologe, hat sich nicht der direkten Menschsein"? Ich habe diesen Begriff bei Kierkegaard nicht gefunden.
Mitteilung der Verkündigung als Pfarrer bedient, sondern der indirek- dagegen bei seinen Kritikern (K. E. Logstrup). Kierkegaard spricht
«* Mitteilung, ist als Erzieher aufgetreten, der nicht direkt verkündi- nicht davon, daß das Leben zu gelingen habe, sondern vom Erleiden
gen. sondern sokratisch zum Christsein erziehen, „einüben" wollte. des Lebens, z. B. in seiner - bei H. Diem zitierten - letzten Tage-
Es liegt daher auf der Hand. Kierkegaards Denken auch für die Päd- buchaufzeichnung: ..Die Bestimmung dieses Lebens ist: Daß es bis
agogik, insbesondere die Rcligionspädagogik fruchtbar machen zu zum höchsten Grad des Lebensüberdrusses geführt werde."
Wollen. Zugleich aber liegt in Kierkegaards Lehre von der indirekten
Mitteilung eine Infragestellung und Problematisierung aller pädagogischen
Bemühungen. Inwiefern kann man überhaupt zum „Menschsein
" und zum Glauben erziehen"? ' T Kampmann: Kierkegaard als religiöser Erzieher. Paderborn 1949;

Zu diesem Thema. Kierkegaard als religiöser Erzieher, gibt es bis- Helmut Sehaal: Erziehungbci Kierkegaard. Heidelberg 1958.

her nur relativ wenige Untersuchungen1. deshalb ist es erfreulich, daß ; Kierkegaard as Educator. Berkeley - Los Angeles - London ^

, 6 . _ r~.' . . 2 j . u- Sinn und Grenze ehnstheher Erziehung. Kierkegaard und die Problematik

nun neben der Arbeit von Ronald J. Manheimer zwei deutsche dcrchrjstIichcnErzichunginunscrcrZcit.Frankfurl, M. ,978.

Arbeiten über Kierkegaard als Pädagogen vorliegen, die vorliegende , .,Mcddclclsens Dialektik". Kopenhagen/Lund 1962. eine Arbeit, die dem

Arbeit und die Untersuchung von Ingrid Blanke'. Außerordentlich Vr.aus sprachlichen Gründen leider nicht zugänglich war.

bedauerlich nur. daß Michael Heymel die Arbeit von I. Blanke offen- s Pap x(/2 A 439 vg| h. Diem: Die Existenzdialektik von Sören Kierke-

bar übersehen hat, und dies vor allem deshalb, weil die beiden Arbei- gaard, Zürich 1950.
ten Kierkegaard in ganz verschiedener Weise in die religionspädagogi-

Schc Diskussion einbringen: Wo I. Blanke die pädagogische Theorie ÖklilTienik: Allgemeines

Kierkegaards, seinen existenzdialektischen Ansatz beim Humanen,

kritisch gegen die religionspädagogische Konzeption der „Evangeli- ^ Kucharistie jm ÖUumenischen Kontext. Zur

senen Unterweisung" ins Feld führt, betrachtet Heymel Kierkegaard DjskUSsion um das Herrenmahl in Glauben und Kirchenverfassung

a|s notwendiges Korrektiv zu moderneren „sozialtherapeutrschen" vQn LaUsanne 1927 bis Lima 1982. Göttingen: Vanden-

K°nzeptionen. Ein Gespräch zwischen beiden Untersuchungen zu noeck & Ruprecht 1988. X, 351 S. gr. 8* = Forschungen zur syste-

diesem Thema wäre interessant gewesen und würde vielleicht er- matischen und ökumenischen Theologie. 55. Kart. DM 78,-.
geben, daß „Evangelische Unterweisung" und sozialtherapcutischer

•Religionsunterricht aus der Sicht Kierkegaards dies gemeinsam Die zu besprechende Untersuchung wurde 1985 in Tübingen als

haben: die Überschätzung der pädagogischen Möglichkeiten. Dissertation angenommen. Vf. will den mühsamen Weg darstellen.

Michael Heymels Arbeit ist breit angelegt, sie beschränkt sich nicht. den die Kommission für Faith and Order zurückgelegt hat. um in der

w'e die Untersuchung von L. Bejerholm4 auf eine Untersuchung der ...großen Stunde' der Ökumene" die Lima-Erklärungen vorlegen zu

kierkegaardschen Auffassung von Sprache und Kommunikation, son- können. Vf. beschränkt sich darauf, die Eucharistie-Debatte zu unter-

de<ri entfaltet in einer Gesamtdeutung die Grundgedanken Kierke- suchen. Es kann ihm bescheinigt werden, daß er dies mit liebevollem

^ards in ihrer pädagogischen Relevanz. Es handelt sich um eine dezi- Einfühlungsvermögen tut. Er schreitet den Weg ab: „ 1. Lausanne

die" theologisch-kirchliche Kierkegaardinterpretation aus der Schule 1927" (7-40), „2. Edinburgh 1937" (41-75), „3. Lund 1952"

Ermann Diems, die religiöse Erziehung ist „dialektisch bezogen auf (76-134). „4. Montreal 1963" (135-155). „5. Von Montreal nach
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die Kategorie der indirekten Mitteilung, des, .Aufmerksammachens". ßendc Bemerkungen" (272-282). Anmerkungen und Litcraturvcr

- — .w-.io, uiv 1 w 1 i^iu.-v l.1liv11u115 ui ,AiHii.iti ivii t/vbv^v 11 um / w 1 1 /, ,,-r. iv iui iii (.ai l sJ-> i -J ~>— 1 ^ j/, . v um i vi vi i 11 Lül iiani

je kirchliche Verkündigung" (S. 62), im Gegensatz zu H. Schaal wird Accra 1974" (156-223). „6. Lima 1982" (224-271). „7. Abschließe
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**es sich jeder Verfügbarkeit entziehenden Geschehens, theologisch zeichnis beschließen das Buch,
urch den Begriff der Sünde interpretiert. Erziehung ist als indirekte Vf. gelingt es darzustellen, wie „das Mahl des Herrn ... die Beweib
e au^ d'e Verkündigung als direkte Mitteilung bezogen, gung für Glauben und Kirchenverfassung angestoßen und auf den

^ Gegenstand ist „menschliche Religiosität in der Spannung zwi- Weg gebracht" hat und wie auf diesem Weg „der fundamentale Dis-

Ln humaner Selbsterkenntnis und christlicher Sündenerkenntnis", sens zwischen den Vorstellungen einer geistlichen, unsichtbaren und
obpi

« es um die „Möglichkeit und die Wirklichkeit gelingenden einer organischen, sichtbaren Einheit, der die Frühphase der Bewe-

_^^nschseins" geht (S. 51). Heymel versucht, das an den zentralen gung mit prägte, allmählich überwunden" wurde, bis dann 1975 in

emen des kierkegaardschen Werks zu zeigen: den Grundbegriffen Nairobi die Zielvorstellung „von der sichtbaren Einheit in einem

r Angst, Schuld und Verzweiflung als „Möglichkeitsbedingungen Glauben und in einer eucharistischen Gemeinschaft" ihren Ausdruck

Agenden untl mißlingenden Menschscins" (S.68ff), seiner Vcr- auch in der Verfassung des ORK fand (20.

e"ung der eigenen religiösen Erziehung, seiner Analyse der Seit Lausanne war „die Alternative: Abendmahlsgemcinschaft als

ernc (in Auseinandersetzung mit Hegel), seiner Auffassung der Ziel oder Mittel der Einheit... vorgegeben" (30). Dem theologischen

"vinH»^_..*...... ___....... __. ... - ... ..... . . .. /, . . _ .

^'"^aufe als „Antizipation der Möglichkeit des Christwerdens" Gespräch wurde der Weg geebnet und die Überwindung der Lehr-
(S.

werde

. 107), seinem Sclbstverständnis als „Dichter des Religiösen" unterschiede als Aufgabe erkannt. In Lausanne und Edinburgh
48ff), seiner Auffassung vom Erzählen (S. 183 ff), schließlich bestimmte die „Inventaraufnahme" das Gespräch, doch begann man

g^0^11 die religiösen Reden Kierkegaards als Beispiele religiöser zwischen „kirchcntrenncndcn und nichtkirchentrennenden Unter-

Ki l '-Heilmittel") analysiert (S. I93IT). Heymel schreibt schieden zu differenzieren" und die „Unterschiede zu relativieren"

Ch egaard die durchaus traditionelle Auffassung zu, daß zum (71). Auch in Lund dominiert noch die „komperative Methode", aber

S lflü*ein nUr erz'enen könne, wer „selber als Christ lebt" (sie! es wird hinsichtlich der Interkommunion eine terminologische Klä-

selbs ^'erkegaards wiederholte Beteuerungen in seinen Schriften, rung und Systematisierung erreicht.

bei!' ^C'n g'äubigcr Christ zu sein, kann deshalb für Heymel nur War bisher Faith and Order „als anglikanisch-protestantisches

uten. „daß er sich selber als Sünder versteht" (S. 158). Gespräch im Beisein von Orthodoxen zu charakterisieren", so bedeu-

ge ^mel versteht Kierkegaards Pädagogik als kritisches Korrektiv tet Montreal eine Wende dadurch, daß Orthodoxe angemessen vertre-

"Wal m°<krne' mit humanwisscnschaftlichcn Methoden arbeitende ten sind und Rom sich beteiligt. Jetzt werden die Fragen der Anam-

aue'h t'1crapeut'sche Konzeptionen in der Rcligionspädagogik (wie nese und Epiklesc aufgegriffen, man wendet sich der pncumatologi-

des m ^cc'sorBe)- Es wäre aber zu fragen, ob er mit dem Begriff sehen Dimension des Abendmahls zu (1350- ..Die Einsicht in die

"gelingenden Menschseins" nicht gerade ein zentrales Stichwort Notwendigkeit trinitarischen Denkens ... gewinnt im Abcndmahls-

tel' i V°n 'mTI kritisierten. Konzeptionen übernimmt. Ist das Ziel gespräch zunehmend an Raum" (140). Man bemüht sich, „die strenge

'g'öscr Erziehung im Sinne Kierkegaards wirklich „gelingendes Antithese des .Katabatischen' und .Anabatischcn' zu überwinden"