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Ausgabe:

1989

Spalte:

137-138

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Ruschke, Werner M.

Titel/Untertitel:

Entstehung und Ausführung der Diastasentheologie in Karl Barths zweitem "Römerbrief" 1989

Rezensent:

Beintker, Michael

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 1,14. Jahrgang 1989 Nr. 2

furchtbarer Erfahrungen in Werken der bildenden Kunst Gestalt Vertiefungen. Es sei nur an die - dem Vf. problematische (109) -

gewinnt. Daraus ergeben sich wertvolle Anregungen zur angemesse- Wendung von der Dialektik zur Analogik erinnert. Auch sollte

nen Beschäftigung mit diesen Zeugnissen und zu ihrer Bewahrung. genauer berücksichtigt werden, daß Barth in Römer II dem Gedanken

Leipzig Itartmut Mai dcr Diastase komplementär den Gedanken einer - freilich allein in

Gott zu denkenden - Synthese, einer Einheit der Gegensätze in Gott,
zuordnete. Der Vf. sieht das (vgl. 113, 117, 1240, interpretiert es aber

Systematische Theologie: Allgemeines einseitig antihegclianisch, so daß ihm die unterschwellige Berührung

Barths mit Hegel entgeht und dioFrage gar nicht aufkommen kann, ob

Ruschke. Werner M.: Entstehung und Ausführung der Diastasentheo- R°mer " ^uptete Einheit (des Menschen) mit Gott" (vgl.

'ogie in Karl Barths zweitem „Römerbrief". Neukirchen-Vluyn: 1 l4) ,m Proton/Eschaton als Kehrseite der Diastase theologisch ver-

Neukirchencr Verlag 1987. X, 229 S. 8* = Neukirchener Beiträge tretbar ist. Es ließe sich zeigen, wie gerade Barth dieses Einheitsden-

*Ur Systematischen Theologie, 5.Pb. DM 64,-. ken überwand, indem er es von der Menschwerdung Gottes in Christus
her christologisch neu bestimmte. Das vollzog sich in ersten

Werner Ruschkes Untersuchung - eine überarbeitete und gekürzte Schritten bereits in den 20er Jahren, aber erst nach Römer II, so daß

assung seiner 1977/78 in Münster vorgelegten Dissertation - ordnet die Römer II vom Vf. offenbar zuerkannte christologische Konzentra-

su-h in den inzwischen beachtlich angewachsenen Fundus von Mono- tion (vgl. 189f) genauer als eine christologisch akzentuierte eschatolo-

gniphien ein. die sich mit den Anfängen der Theologie Karl Barths gische Konzentration begriffen werden müßte, die in dieser Form

^lassen. Sehr betont hat sich Ruschke auf die Interpretation der schon wenige Jahre nach Römer II von Barth aufgegeben wurde.

-Auflage von Barths „Römerbrief" (= Römer II) konzentriert, um „ .„ , . ....

Motiv»/- . u j r- u i n .u Halle (Saale) Michael Beintkcr
"l've, uestalt und Erprobung dessen zu analysieren, was er Barths

■ Diastasentheologie" nennt. Im Einspruch gegen alle Formen der , . n , r. . .. . „ . . ........ . _. - ,

Verm; u . ■■ , . . ., . Jaspert. Bernd, u. ( arl Hein/ Ratschow: Paul hllich. 1 in leben hu

Wi u ü 8 "dentifizicrung von göttlicher und menschlicher die Re|igion Kassei: Verlag Evang. Presseverband 1987. II. 85 S. 8'

«wichkeit, der dem Römer II das Gepräge gab und sich in der Tat _ Didaskalia, 32.

1 s »diastatisch" charakterisieren läßt, sieht der Vf. eine konstitutive
k

oistante des Barthschcn Gesamtwerks. Er geht weiter davon aus. Das Bändchen vereinigt zwei Vorträge, die B. Jaspert und C. H.

•daß potentiell fast alle späteren Ausformungen von Barths Denken Ratschow unabhängig voneinander aus Anlaß des 100. Geburtstages

R(ömer) II bereits in nuce enthalten sind" (6). Auf diese Weise gerät von Paul Tillich 1986 an unterschiedlichen Orten gehalten haben.

mer II zU einem hermeneutischen Schlüssel für die Denkbewegung Das gemeinsame Interesse der beiden Autoren an Tillichs Religionslos
überhaupt. Über eine solche Bewertung des von Barth selbst als Verständnis ist im Titel ausgedrückt. Bernd Jaspert gibt unter der
j^hgangsstadi um empfundenen Werkes läßt sich streiten. Der Vf. Überschrift ..Die Neuentdeckung der Religion im 20. Jahrhundert -

nn sie indessen mühelos verfechten, weil er darauf verzichtete, die Das Lebenswerk Paul Tillichs (1886-1965)" einen informativen bio-

Pwilischen Theologumena von Römer II mit dem sich bald danach graphischen und wcrkgeschichtlichen Überblick über Tillichs weitge-

Utlich abzeichnenden Wandel im Denken Barths zu konfrontieren. spanntes Wirken als Philosoph. Theologe, religiöser Sozialist und als

I gesehen von dem erhellenden Vergleich des Römer II mit seiner politisch wacher wie aktiver Zeitgenosse. Perspektivischer Zielpunkt

jc^U^age (175-192) wird auch der Blick in die Römer II flankieren- der Ausführungen ist das Religionsverständnis, das Tillich - angeregt

Arbeiten und Aufsätze Barths über Gebühr vernachlässigt. durch Einsichten der dialektischen Theologie, aber im Untcrschied-vu

. ^as Buch leistet gute Dienste, wenn man es gemäß der leitenden der inzwischen vor allem durch Barths Theologie eingeschliffenen

n|ention des Vf. (vgl. Vorwort) als kommentierende Leschilfe zu Religionskritik - für das 20. Jh. neu und wirkungskräftig formuliert.

£j "ler II benutzt. Es ist dem Vf. gelungen, maßgebliche Implikatio- Vf. verfährt bei seinem Durchblick nicht strikt chronologisch, setzt

Und Un<^ ^lru'4turrnornente ^er Barthschcn Dialektik nachzuzeichnen vielmehr thematische Schwerpunkte („Auf der Grenze", „Das neue

IIa C'ns'cnl'g zu machen (Kap. 2) sowie den W/mtmcharakter der Sein", „Die Neuentdeckung der Religion"), die durch zeitliche Rück-

jer",Scnen Dialektik an ausgewählten Schwerpunktthemen zu ver- und Vorverweisungen ihre jeweilige Ein- und Zuordnung im Gesamt-

(£Ul''chen: Ethik. Sakramentsverständnis und Rcligionsbegriff werk Tillichs erfahren. Überdies wird Tillichs CEuvre fortlaufend zu

$ot'Pin *^'er 'S' nur 7U bedauern, daß die für Römer II spezifische dem anderer prominenter evangelischer Theologen wie K. Barth.

„ Crio'ogie nicht schärfer und kritischer anvisiert wurde. Sehr R. Bultmann, F. Gogarten, E. Brunner, E. Hirsch, P. Althaus.

. cb|g ist das 4. Kapitel, in welchem die philosophischen Hinter- W. Eiert und D. Bonhoeffer in Beziehung gesetzt und so in seiner

de der Theologie von Römer II zur Sprache gebracht werden. Bedeutung für die Entwicklung der evangelischen Theologie im

^onders die - auch an anderen Stellen des Buches zum Tragen 20. Jh. einsichtig gemacht. Ein reichhaltiger Anmerkungsapparat

^Hmcnde - Aufmerksamkeit für die Querverbindungen zwischen belegt nicht nur die Urteile des Vf., sondern vermittelt dem Leserauch

l39(nÜdem Karl und Heinrich Barth (vgl. 25f. 57IT, 83ff, 118ff, 131 f. den neuesten Forschungsstand zu den einzelnen Themen und Proble-

„„, . ,setzt neue Maßstäbe und treibt die Erforschung dieser oft unter- men
^ctiat

da:

«en Beziehung weiter voran. Mit Interesse wird der Leser auch. Im Unterschied zu dieser mehr einführenden Art bietet Carl Heinz

in < scn''cßende 5. Kapitel zum Krisismotiv zur Kenntnis nehmen, Ratschow eine systematische Deutung der philosophischen Theologie

* "1 der Vf. die Krise als ..Grundgefühl" jener Epoche (I48IT) im Tillichs, die das Spannungsverhältnis von protestantischem Prinzip

hj ^"^enhang mit Barths eigenem Beitrag reflektiert und auch und religiösem Atheismus in den Mittelpunkt stellt. Mit dem Begriff

gefühnSCnen Zusammenhängen nachgeht. Auf die mit Wilfried Härle „Protestantisches Prinzip" bringt Tillich den Inhalt der lutherischen

stes ne Auseinandersetzung um die Rolle des sogenannten „Manife- Rechtfertigungslehre für das kritische Bewußtsein der Moderne neu

libe Cr ln,c"c'<,uc"en" für die Bewertung von Barths Bruch mit der zur Geltung. Er erweitert die personal-existentiellc Dimension des

pracn Theologie sei nachdrücklich hingewiesen (I69fl Rech/fertigiu/i^'jgcschehens, die ihm sein Hallenser Lehrer Martin

Sent'ja8'ich bleibt, ob mit dem unschönen Begriftsaggrcgat „Diastä- Kähfer erschlossen hatte, um die theoretisch-erkenntnismäßige Seite.

Ph- . e°'0g'e" dem Impetus des Bartschen Theologisicrens in der Nicht nur der sündige Mensch, auch der zweifelnde Mensch wird

Uc J"00 Römer || und darüber hinaus Genüge getan wird. Mit dem durch den Glauben gerechtfertigt. 1950 schreibt Tillich: „Die Situa-

pn "er Diastase, den Barth selbst übrigens kaum benutzte, ist eiht tiofo des Zweifeins, selbst des Zweifclns an Gott, braucht uns nicht von

vo|| Clt'ung dieser Theologie im Blick, die nie um ihrer selbst willen Gott zu trennen. In jedem tiefen Zweifel liegt ein Glaube, nämlich der

Hnt ?°eeri w*Jrde. Zudem erfuhr diese Entscheidung im Verlauf der Glaube an die Wahrheit als solche, sogar dann, wenn die einzige

■cklung Barths mannigfache Differenzierungen. Wendungen und Wahrheit, die wir ausdrücken können, unser Mangel an Wahrheit ist.