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Ausgabe:

1989

Spalte:

127-128

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Autor/Hrsg.:

DeMolen, Richard L.

Titel/Untertitel:

The spirituality of Erasmus of Rotterdam 1989

Rezensent:

Augustijn, Cornelis

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Seite 1

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127

Theologische Literaturzeitung 114. Jahrgang 1989 Nr. 2

128

Sp. 1 824). Darüberhinaus wird ein Sermo 55 geboten, den J. Leclercq
1964 gefunden hatte; er war in der Revue d'ascctiquc et de mystique
40. 1964. 277-288 erschienen. Es folgen noch drei Fragmente: ..In
epiphania Domini" (282-295). ..Sermo peregrinationis" sowie ..De
quatuor superbis" (304-307). Anmerkungen und drei Indices
beschließen den Band. Man darf gespannt sein, ob die Sources Chrc-
tiennes nach den Sermones auch noch andere Werke des Isaak von
Stella herausbringen werden. Insbesondere die Schrift ..de anima" hat
Interesse gefunden, so daß eine neue Edition naheliegen könnte.

ü. H.

Kirchengeschichte: Reformationszeit

DeMolen, Richard L.: The Spirituality of Krasmus of Rotterdam.

Nieuwkoop:deGraafl987. XVIII.224S.. 1 Taf.gr.8° = Bibliotheca
Humanistica & Reformatoriea.40. Lw. hfl 90.-.

Das Buch enthält acht Aufsätze, die (vielleicht mit einer Ausnahme
) alle schon früher in verschiedenen Zeitschriften oder Sam-
mclbänden erschienen sind. Sie sind samtlich von DeMolen geschrieben
und bilden, obwohl sie im Laufe der Jahre 1971 bis jetzt publiziert
wurden, eine Einheit, arbeiten sie ja alle einen bestimmten Teilaspekt
eines Ganzen aus. Dieses Ganze ist das Erasmusbild des Autors.
Dieses Bild kann folgendermaßen beschrieben werden: Erasmus sei
nur als orthodoxer katholischer Christ zu verstehen. Er fände sein
Lebensziel im Kloster Steyn 1489. als Zwanzigjähriger. Das Lebensziel
könne in den eigenen Wortes des Erasmus umschrieben werden
mit den Worten, er sei gesinnt, fortan nur über heilige Männer und
über Heiligkeit zu schreiben. Sein ganzes Leben habe er dieser selbstgewählten
Aufgabe gewidmet.

Das erste Kapitel bietet eine allgemeine Lebensskizze des Erasmus
aus diesem Blickwinkel. An zweiter Stelle behandelt DeMolen die
Krisis der Jahre 1482-1487: sie endete in dem Profeß 1487. Danach
und besonders, nachdem er das Kloster verlassen hatte, schätzte Erasmus
seinen Orden besonders. Im dritten Kapitel führt DeMolen aus,
die ..philosophia Christi" des Erasmus sei identisch mit der undogmatischen
Spiritualität der Devotio moderna. Das vierte Kapitel
bietet einen kurzen Überblick über die Werke des Erasmus. Im fünften
Kapitel kehrt der Autor zum jungen Erasmus zurück und behandelt
De conlemptu mundi und Anübarbari in ihrem historischen Kontext
. Das sechste Kapitel trägt den Titel "Erasmus on Childhood".
ratsächlich reicht der Inhalt aber viel weiter. Es erörtert die Stellung
von Kindern und Jugendlichen in der Gesellschaft des 16. Jh.. besonders
anhand der Zulassung zur Konfirmation ihren Status in der
Kirche. Dabei bekommt Erasmus dann einen wichtigen Platz. Im
siebten Kapitel werden die bekannten Erasmusbriefe aus Steyn diskutiert
. Der Autor sieht sie als einen Versuch, die biblische Anweisung
zu erfüllen, den Nächsten zu lieben wie sich selbst. Danach führt er
aus. auf welche Weise Erasmus diesen Auftrag außerhalb des Klosters
erfüllt hat. Im letzten Kapitel finden wir eine Auseinandersetzung
über Erasmus und die Augustiner Chorherren. Der Autor macht klar.
Erasmus sei auch nach der Dispenz Chorherr geblieben, den Regeln
unterworfen und seinen Obersten Gehorsam schuldig.

Dieser Überblick zeigt schon, daß DeMolens Buch in mancher Hinsicht
der modernen Erasmusliteratur schroff entgegengesetzt ist. Das
gilt natürlich nicht für alle seine Thesen. So wird Erasmus von manchen
Forschern mit der Devotio moderna in Verbindung gesetzt.
Ebensowenig ist das Bild des ..gut katholischen" Erasmus neu. Es gibt
aber in dieser Studie viele Gedanken, die mir aus der Erasmusliteratur
völlig unbekannt sind. Am erstaunlichsten ist die These, Erasmus
habe schon 1489 sein Lebensziel gefunden und seine Entwicklung
zeige seitdem nur eine Vertiefung auf. jedoch keinen Bruch, keinerlei
prinzipielle Zieländcrung. Diese These ist grundlegend für DeMolens
Sicht. Ich linde aber in diesen Artikeln keine Spur von Begründung.
Ich meine damit nicht, daß DeMolen keine Zitate gibt oder keine
Ouellcn befragt. Er zitiert ausführlich die Briefe aus Steyn und weist

auf den dortigen Freundeskreis hin. dessen Zentrum Erasmus war.
Nach DeMolen handelte es sich dabei um rein platonische Liebesbande
und um einen Versuch des Erasmus, eine neue Reformgruppe
/u bilden zur Realisierung der Ideale Augustins, im Sinne von dessen
Regeln. Alles andere in der Lebensarbeit des Erasmus ist nach DeMolen
eine Ausarbeitung dieser grundlegenden Zielsetzung. Ich kann
nur sagen, daß diese These m. E. trotz aller Zitate nicht bewiesen wird
und unbeweisbar ist. Die ..Liebe", von der diese Erasmusbriefe immer
zeugen, hat nichts mit Nächstenliebe im biblischen Sinne zu tun, alles
aber mit Sehnsucht und Weltschmerz eines jungen Menschen, der
weder sich selbst noch die Welt kennt.

Leider finden sich in diesen Studien viele solcher unbewiesenen und
unbeweisbaren Thesen. Reizthesen können die Forschung fördern,
auch wenn sie nur teilweise belegt werden. Thesen, die der Realität
widersprechen, haben keine positive Wirkung. Hinzu kommt noch,
daß der Erasmus, der hier gezeichnet wird, ein braver Durchschnittsordensmann
und -Theologe wird; er kann kaum Widerspruch hervorrufen
und ist uninteressant, alles Zweideutige ist aufgehoben - kurz:
Erasmus ist verschwunden.

Amsterdam Cornelis Augustijn

Müller, Gerhard: Zwischen Reformation und Gegenwart II. Vorträge
und Aufsätze. Hannover: Luth. Verlagshaus 1988. 194 S. 8'. Kart.
DM 24.80.

Der Braunschweiger Landesbischof legt hier eine Folge von 19.
zwischen 1983 und 1987 entstandenen. Vorträgen und Aufsätzen vor.
die zum Teil schon an anderen Stellen gedruckt worden sind. Eine"'
der Themen lautet: ..Luther als Lehrer der Kirche". Es macht deutlich
, was der Vf. intendiert, nämlich die wichtige Vermittlung reformatorischen
Denkens an die Gegenwart. Es geht dabei nicht in erster
Linie um historische Forschung - sie ist vielmehr das solide Fundament
-. sondern um aktualisierende Besinnung. Dem Zweck entsprechend
, wird auf überspitzte Thesen verzichtet und eher der
Grundkonsens zur Geltung gebracht. Der Strauß der Themen läßt
erkennen, was gefragt ist, wobei nicht von ungefähr mehr als die
Hälfte von ihnen sich auf Luther bezieht: Vom Revolutionär zum
Fürstenknecht; Luthers Bibelkritik; Missionarischer Gcmcindeaul-
bau bei Luther; Luther und die Juden; Luthers Gedanken zu Aufruhr.
Krieg und Frieden; Luther und die moderne Welt; Luther und die
öffentliche Verantwortung des Christen; Luthertum und Mönchtum.
Reform und Reformation, Reformatorische Frömmigkeit heute:
Unmittelbar zu Gott - verantwortlich in der Welt; Gott gehorchen
macht frei. Dazu kommen Würdigungen von Melanchthon. Bugenhagen
und Chemnitz. Der Vortrag „Lutherische Theologie und Barmer
Theologische Erklärung?" deutet die Barmer Thesen bemerkenswert
als mit einer lutherischen Position vereinbar. Eher der Gegenwart
als der Reformation sind die beiden letzten Beiträge über Kirche
und Handwerk sowie die Frage der Organtransplantation zuzuordnen.

Münster Marlin Brecht

Dogmen- und Theologiegeschichte

Reblin. Klaus: Freund und Feind. Franziskus von Assisi im Spiegel
der protestantischen Theologiegeschichte. Göttingen: Vandcn-
hoeck & Ruprecht 1988. 327 S. 8"= Kirche und Konfessionen. 27.
Kart. DM 36.-.

K. Reblin (geb. 1932) verteidigte die vorliegende Arbeit 1987 als
theol. Diss. in Kiel. Dem Klappentext isi voll zuzustimmen: Das glänzend
geschriebene Buch ist eine Theologie- und Geistesgcschichtc des
Protestantismus am Beispiel seiner Siellung zu Franz. Vf. bearbeitete
hier größtenteils Neuland und schuf die erste Gesamtdarstellung des
Gegenstandes, die den Leser in jeder Zeile fesselt. Über seine Wertun-