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Ausgabe:

1989

Spalte:

111

Kategorie:

Altes Testament

Titel/Untertitel:

Zur ältesten Geschichte Israels 1989

Rezensent:

Bernhardt, Karl-Heinz

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111

Theologische Literaturzeitung 114. Jahrgang 1989 Nr. 2

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Smend. Rudolf: Zur ältesten Geschichte Israels. Gesammelte Studien
, 2. München: Kaiser 1987. 258 S. gr. 8' = Beiträge zur Evangelischen
Theologie, 100. Lw. DM 48,-.

Der zweite Band der ,,Gesammelten Studien" des Göttinger Alt-
testamentlers Rudolf Smend ist Arbeiten zur Geschichte vornehmlich
der vorstaatlichen Zeit Israels vorbehalten. Den größten Teil des
Bandes beansprucht der Wiederabdruck zweier Monographien. Es
handelt sich um die aus einer Baseler Preisarbeit vom Jahre 1957 hervorgegangene
und 1959 veröffentlichte forschungsgeschichtliche
Studie „Das Mosebild von Heinrich Ewald bis Martin Noth". nunmehr
unter verändertem Titel „Die Methoden der Moseforschung"
(45-115). Hinzu tritt die gedruckte Fassung von Smends Habilitationsschrift
„Jahwekrieg und Stämmebund" (116-199) nach der
2. Aufl. von 1966 (FRLANT 84). Aufgenommen wurden weiterhin
sechs Aufsätze aus den Jahren 1967-1983, die z. T. an entlegenen
Orten erschienen sind. Alle Arbeiten werden unverändert in der
Originalfassung geboten, abgesehen von geringfügiger Aktualisierung
der Literaturangaben in den Anmerkungen. Register der Bibelstellen,
Stichworte und Autoren (247-258) ergänzen den Sammelband, dem
der Vf. ein kurzes Vorwort vorangestellt hat, das Einblick in die Entstehung
der gebotenen Veröffentlichungen und in die gegenwärtige
Position Smends zu den in ihnen behandelten Fragen gewährt
(9-11).

K.-H. B.

Noth, Martin: The Chronicler's History. Transl. by H. G. M. Wil-
liamson with an Introduction. Sheffield: JSOT Press 1987. 200 S. 8°
= Journal for the Study of the Old Testament, Suppl. Series 50.
Kart. £ 5.50; Lw.£ 15.-.

Der erste Teil von Martin Noths Werk „Überlieferungsgeschichtliche
Studien" (Halle 1943) ist bereits 1981 als Band 15 der monographischen
Reihe des JSOT in englischer Übersetzung unter dem Titel
"The Deuteronomic History" erschienen. Nun folgt auch der zweite,
weniger diskutierte Teil (Kap. 14-25), der das Chronistische Geschichtswerk
unter überlieferungsgeschichtlichen Gesichtspunkten
analysiert. Der Übersetzer H. G. M. Williamson würdigt in einer ausführlichen
, speziell für den studentischen Leser bestimmten Einführung
fl 1 -26) M. Noths Beitrag nach seiner forschungsgeschichtlichen
Position. Es ist W. gelungen, M. Noths für den Ausländer etwas
kompliziertes Deutsch ohne Substanzverlust in ein weniger kompliziertes
Englisch zu bringen.

K..-H.B.

Judaica

Skehan. Patrick W.: The Wisdom of Ben Sira. A New Translation
with Notes. Introduction and Commentary by A. A. Di Lella. New
York: Doubleday 1987. XXIII, 620 S. gr. 8" = The Anchor Bible,
39. Lw. $ 22.-.

Das große Interesse an den Apokryphen bzw. deuterokanonischen
Schriften des Alten Testaments ist in den vergangenen 20 Jahren in
einem ungeahnten Ausmaß gestiegen. Dies hat nicht nur die Tatsache
, daß weitere aufsehenerregende Textfunde zu der erwähnten
Schriftengruppe gefunden wurden, als Ursache, sondern auch das vermehrte
Fragen nach der lange Zeit hindurch vernachlässigten Betrachtung
der zwischentestamentlichen Zeit. Es ist immer deutlicher
geworden, wie stark die verschiedensten Strömungen innerhalb der
jüdischen Gemeinde in hellenistischer und römischer Zeit die Entstehung
der neutestamerftlichen Gemeinde hervorgerufen und beeinflußt
haben.

Wenn nun in der weltweit angesehenen Reihe der Anchor Bible
zwei so profunde Kenner dieser Problematik einen Kommentar zu
Ben Sira schreiben, darf als sicher angenommen werden, daß hiermit
ein besonderer Einschnitt in der Erforschung der Probleme dieses
Buches ccsetzt wird. Das ist in der Tat voll erreicht worden. Denn

sowohl P. W. Skehan als auch A. A. Di Lella haben seit Jahren nicht
nur die Probleme des Buches Ben Sira, sondern auch die ganze Breite
der jüdischen Literatur in hellenistischer und römischer Zeit erforscht
. Es darf darum als eine glückliche Entscheidung angeschen
werden, daß die beiden Gelehrten von den Hgg. der Reihe gemeinsam
gebeten wurden, den Kommentar zu übernehmen. Man kann sogar
von einer providentiellen Fügung sprechen, wenn man die einschneidende
Veränderung zur Kenntnis nehmen muß. daß der Erstgenannte
im Zuge seiner Arbeiten am 9. September 1980 verstarb.

Die Arbeit von P. W. Skehan besteht in der fast vollständigen Übersetzung
des Textes, mit Ausnahme kleinerer Stücke, z. B. 38,24-34:
39,1-11; 40.1-43,33 und 51,13-30. Diese Übersetzung, die auch für
die New American Bible erstellt wurde, übernahm Di Lella unverändert
, auch dann, wenn seine Erklärung zu anderen Übersetzungsmöglichkeiten
Anlaß gibt. P. Skehan hat für seine Übersetzung auch
umfangreiche textkritische "Notes" erarbeitet, die die ganze Fülle der
Textüberlieferungen in hebräischer, syrischer, griechischer und lateinischer
Sprache berücksichtigen.

Die von A. Di Lella erarbeitete Einleitung behandelt alle mit dem
Buch zusammenhängenden Fragen zu den geschichtlichen, einleitungswissenschaftlichen
und theologischen Problemen (S. 1-92).
Daran schließt sich die Bibliographie, nach verschiedenen Gesichtspunkten
geordnet, an (S. 93-127).

Die Kommentierung erfolgt nach von Di Lella selbständig gewählten
größeren Einheiten, die er mit eigenen Überschriften versieht
(S. 131-580). Seine willkommenen Register über die zitierten Autoren
(S. 581-591) und über die behandelten Themen (S. 593-620)
schließen das Werk ab.

Bei der Übersetzungsarbeit, die Skehan geleistet hat. fällt auf. daß er
sich weitgehend an den zu 68 % vorliegenden hebräischen Text gehalten
hat. Hierbei hat er immer wieder eine von ihm durchgeführte Auswahl
der verschiedenen Textzeugen bis hin zu den Funden von
Masada durchgeführt. Gelegentlich greift er zur Verbesserung der
hebräischen Tradition auf syrische und vor allen Dingen natürlich auf
griechische Übersetzungen zurück. Es kommt eine gut lesbare und
dem Geist der hebräischen Diktion entsprechende Übersetzung zustande
.

Die von Di Lella gebotene Erklärung ist von zwei Schwerpunkten
gekennzeichnet. Beide zeigen sowohl große Kenntnis der speziell alt-
testamcntlichen Probleme wie auch der speziell englischsprachlichcn
Erfordernisse seiner Leser. Viel Mühe verwendet er nämlich auf die
formale Gliederung und Erschließung des vorliegenden Materials.
Immer wieder betont er die formkritischen Erkenntnisse, wonach die
Ausführungen Ben Siras als rein poetisch, in Gedichte und Verse
gegliederte Abschnitte anzusehen seien. Daß häufig eine literarische
Einheit als in 22 bzw. 23 Verse gegliedert angesehen wird, führt er auf
das Ordnungsprinzip der durch das hebräische Alphabet gegebenen
Sinneinheit zurück. Diese Einteilung ist selbstverständlich immer
wieder für 51,13-30 erkannt worden. Von hier aus sucht Di Lella
auch in anderen Zusammenhängen das gleiche Ordnungsprinzip,
auch wenn die äußeren Bezüge nicht auf die Reihenfolge der hebräischen
Buchstaben hinweisen.

Der zweite Schwerpunkt der Erklärung bezieht sich auf die in
reichem Überfluß gebotenen Parallelstellen. Häufig wird in beinahe
konkordanzmäßiger Vollkommenheit auf die Vorkommen einiger
Termini im Buche Ben Sira und im Alten Testament überhaupt hingewiesen
. Als Beispiel hierfür kann die Behandlung von 10.22 gelten,
wo über die Stellung des Fremdlings eine kleine, das ganze Alte Testament
betreffende, Abhandlung mit reichen Belegstellen geboten wird
(S. 2300- Diese so erschöpfend durchgeführte Kommentierung greift
auch gelegentlich über das Alte Testament hinaus und führt viele Beispiele
aus der nachfolgenden Literatur im jüdischen und nichtjüdischen
Bereich an. Mit Staunen nimmt man die bedeutsame Nach-
geschichte der im Buche Ben Sira ausgesprochenen Gedanken auch in
der vor allem englischsprachlichcn profanen Literatur bis in unsere
Tage hinein zur Kenntnis.