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Ausgabe:

1989

Spalte:

109-110

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Hausmann, Jutta

Titel/Untertitel:

Israels Rest 1989

Rezensent:

Waschke, Ernst-Joachim

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Seite 1

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109 Theologische Literaturzeitung 114. Jahrgang 1989 Nr. 2

Der Kommentar setzt kerne Hebräisch-Aramäisch-Kenntnisse vor- nachexilischen Verarbeitungen der all. Surfte entscheidend ausgeprägt
aus. bietet weder eine eigene Übersetzung, noch eine durchgehende hat. Gerade angesichts des gegenwärtigen Strci.esum Datierung und
Erklärung des biblischen Wortlautes, sondern ist eine teils bibelkund- Tradierung theologischer Überlieferungen im AT schlagt H mctho-
lich und historisch informative, teils erbauliche Paraphrase von Text- disch einen Weg ein. der überzeugen kann. S.e beginnt ihr. Analyse
^schnitten und gar ganzen Kapiteln (wie Esra 2). Statt einer Korn- ..bei den gesicherten nachexilischen Texten .. . (I) um von den dort
mentierung im üblichen Smne werden Antworten aur Fragen ver- erhaltenen Ergebnissen her genauer che Belege in den exilischen (II)
such,, die sich dem heutigen christlichen oder .üdisehen Leser nach und vorexHischen (III) Schriften untersuchen zu können, so daß eine
Meinung des Autors autdrängen. Folgende Fragen werden beispiels- mögliche nachexilische Datierung dieser Belege endM«»ZU voH-
weise erörtert- Jahwes Hilfe für Israel durch den Heiden Kyros: die ziehen isf(S. 2). In diesen drc.analyt.schcn Teilen ,S. 5-197) werden
breite Kluft zwischen den Weissagungen neuen Heils und der tatsäch- die wesentlichen Aussagen zum Thema anhand der einzelnen Beleglichen
Erfüllung- die Berechtigung einer bleibenden Diaspora trotz stellen erarbeitet, und die Aussagen werden ,m theologischen Kontext
Heimkehrerlaubnis - damals wie in der Gegenwart -: die Bedeutung der jeweiligen Bücher naher untersucht.

der genealogischen Listen im Zusammenhang mit der Reinerhaltung H. gelangt dabei zu dem grundsätzlichen Ergebms. ..daß die Vorder
nachexilischen Gemeinschaft und der erzwungenen Scheidung Stellung vom Rest als theologisch gefaßter Große ihren Haltpunkt m
v°n den heidnischen Frauen, zu der die Ausführungen des Paulus der Erfahrung des Exils und damit auch ihre eigentliche zeitliche
"Kor 7.12-16) in schroffem Widerspruch stehen. Hier tritt in der Tat Wurzel im Exil hat. ihr Schwergewicht und ihre cndgult.ge Aus-
die Problematik von Esra-Nehemia an den Tag. und es dürfte deshalb prägung dann allerdings erst in nachcxilischcr Zeit liegen" (S. 198). Es
von Interesse sein die gebotene Antwort zu referieren: Solches sei lassen sich nur wenige vorexilischen Belege finden (Jet 1,8;
heute im allgemeinen nicht mehr der beste Weg. aber man könne Am 5.140. ..die möglicherweise Ansatzpunkte lur die Ausprägung
Esras Entscheidung wohl verstehen, weil Ehen immer auch für die des Restgedankens bildeten" (ebd.).

Gemeinschaft und den Glauben Folgen haben: "The ideal ofopen- n einem vierten Teil (S. 198-219) versucht sie, die Geschichte der

ness to others may not always be an option." Auch andere Probleme Vorstellung vom Rest dadurch näher zu erfassen, daß sie die aus der

werden harmonisierend überspielt. So wird Nehemias Rachegebet Analyse gewonnenen Ergebnisse unter folgenden Themenschwer-

0J6f) als ..Aufschrei des Opfers" ("cry of the victim") interpretiert. punkten systematisiert:

Wo es um eher ..unanstößige" Widersprüche geht - wie z. B. die ..|)das verwendete Vokabular: 2)Gattungen . . .: 3)Glieder des

unterschiedliche Beurteilung Serubbabcls durch Haggai und Sacharia Restes: 4) Begründungen für die Existenz eines Restes: 5) Rest und

euerseits und im Esrabuch andererseits - wird korrekt Auskunft Messias; 6) Rest und Zion; 7) Entstehungsort und Entstehungshinter-

erteilt. grumj ; 8) Rest als Bindeglied vom Gericht zum Heil: 9) Funktion

Übergangen oder überspielt werden nicht nur manche Einzel- dcs Restgedankcns" (S. I98IT). Ausgehend davon, daß ..das Reden

Probleme. Eine auch nur summarische Erörterung der Einlcitungs- vom Rcst jm Alten Testament als eine der (Sclbst-)Definitionen der

'ragen fehlt. Ohne jede Diskussion wird die u. a. von Sara Japhet ver- nachexilischen jüdischen Gemeinschaft" zu begreifen ist (S. 223).

'retene These von der Eigenständigkeit des Esra-Nehemia-Wcrkcs wjrd in cinem fünften Teil nach ..dem Selbstverständnis der nachexili-

Scgenüber Chr übernommen (kritisch hierzu vgl. jetzt D. Talshir: A schen Gemeinde" gefragt (S. 220-257). ..Theokratie - Eschatologie"

Reinvestigation of the Linguistic Relationship betwecn Chronicles (S 224-237). ..Kultgemeinde-Nation" (S. 237-246) und ..Universa-

andEzra-Nehemiah. VT 38. 1988.165-193). Die Unterbrechung der |jsrrlus _ partikularismus" (S. 246-253) bilden die drei Stichwort-

Nehemiaerzählung in 7.7.3bff wird im Anschluß an den Kommentar paare. die im Verhältnis zum Restgedanken untersucht und beschric-

Von R- J. Coggins (1976) als wahrscheinlich so beabsichtigt erklärt. ncn wcrdcn. Abschließend steht dann ..die Frage nach dem .wahren

°nne daß das Problem wirklich entfaltet würde. Das chronologische |srae|- und die Trägerkreise der einzelnen Hoffnungen" (S. 253-256).

Verhältnis von Esras und Nehemias Tätigkeit wird als vermeintlich )n diesem letzten Teil kann H. u. a. aufzeigen, daß Eschatologie und

onne theologische Bedeutung offengelassen. Nicht einmal der Wech- Theokratie in exilischer Zeit keine wirkliche Alternative darstellen.

v°n hebräischen und aramäischen Abschnitten findet Erwäh- da die Theokratie - wie etwa in der Chronik - zum Inhalt der Eschato-
nung. logjc wcrdcn kann (S. 226ff). Für den Restgedanken insgesamt bleibt
Eine angemessene Bewertung dieses Buches ist allerdings schwer. das Ergebnis festzuhalten, daß er ..nicht nur in einer einzigen, ein-
?umal für den. der mit dem amerikanischen Markt weniger vertraut deutjg zu bestimmenden Redaktionsschicht im Alten Testament sei¬
's'- Die Zielsetzung ist überaus sympathisch. Eine theologische und nen Qrt hat. Vielmehr begegnet er in sehr unterschiedlichen Arten
^eh nicht fundamentalistische Lektüre der Bücher Esra und von Schichten. Zusätzen und auch inhaltlichen Füllungen mit offon-
^cncmia am Rande des Kanons im Rahmen des Kanons von AT und sichtlich sehr unterschiedlichen Trägerkreisen. Dies läßt rückschlic-
^T unter besonderer Berücksichtigung von Fragen, die den heutigen ^ auf ein bleibendes, immer neues und neu zu formulierendes Inter-
Leser bewegen mögen - das ist gewiß ein wünschenswertes Unter- cssc an der Rede vom Rest, das in der Prophetie wie auch in der pro-
"fhmen, das zur Nachahmung anregt. Daß es jedoch unter Aus- phctisch beeinflußten Geschichtsschreibung seinen Ausdruck fand"

amnierung von so vielen, auch umgreifenden Problemen nur sehr (S 256).
*um Teil gelingen kann, dürfte deutlich sein. Das Ergebnis kann in dem von H. selbst abgesteckten Rahmen der

Bonn Antoniu, H J Günne**, Arbeit überzeugen. Allerdings bleibt zu fragen, ob die Eingrenzung

des Themas auf solche Belege, an denen die Restvorstellung positiv

aus-"ann. Jutta. Israels Res, Studien zum Selbstverständnis der und der Restgedanke expressiv verbis zur Sprache kommen (S. 20. die

i^'SAS - Berlin (West, - Köln - Vorstellung nicht doch an einigen Stellen verkurzen muß
^«"tt: Kohlhammer 1987 IX 301 S gr. 8" = BWANT. 124. Kart. sicher ist das Thema so eindeutiger delimerbar. Auf S. 213 deutet

°M 69.-. H aber selber an. daß die negative Rede vom Rest in der positiven

H

Bei der i- ... Restvorstellung ihre Umkehrung gefunden haben könnte, womit zu-

H r> erliegenden Arbeit handelt es sich um eine von . . , . . „._, , „. .. ../,,„„,„ , ,, „ ,

■ D. pr., gleich cm erweiterter Hintergrund lur die Wurzeln des all. Restgedan-

leirh. angeregte und betreute Dissertation, die lur den Druck f • . ••

gekürzt wurde kens angezeigt wäre.

^as Thema k~i_lr ■ •• • r-.- . i Dennoch gebührt dieser Arbeit zweifellos das Verdienst, die atl.

tyP;._ . , "ld rjcdarl in der gegenwartigen Diskussion kaum einer , _ . ., , .. ,.....

-■ ««eichend«,. »,.„.. - a u , . n .___, Vorstellung von ..Israels Rest in ihren grundsätzlichen Linien neu

Riw "ULn Begründung, gehört doch die Vorstellung von ..Israels 6

mit /„ :,,„„„ t-, .. .. r . t, . aulgezeigt und ausgezogen zu haben,
denen . 1 ncn 'hemen atl. Überlieferung und Theologie, an

s,ch das Verständnis von vorexilischen Vorgaben und exilisch- OiulftwM Ernst-Joachim Waschkc