Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1989

Spalte:

108-109

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Holmgren, Fredrick Carlson

Titel/Untertitel:

Israel alive again 1989

Rezensent:

Gunneweg, Antonius H. J.

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

107

Theologische Literaturzeitung I 14. Jahrgang 1989 Nr. 2

108

Das 5. Kap. (303-331) faßt die gewonnenen Erkenntnisse zusammen
. Danach sei die Vielfalt der konkreten wie aufgrund rhetorischer
Absichten anonymen außenpolitischen Anspielungen (u. a. in
4,27-31 u. 5.15-19 die Skythen) aus der gesamten Wirksamkeit des
Propheten zu erklären. Die Einheit 1,1-3; 2-6 habe man dabei (ohne
3,1-4,4, das in exil.-nachexil. Zeit den Weg zu einer zukünftigen Hoffnung
beschreite) bald nach dem Unheilsgeschehen konzipiert und
nach der dtr Bearbeitung des Jeremiabuch-Grundbestandes mit diesem
zusammengearbeitet. Die Sprachformen von Jer2-6 würden
schließlich weder durch Narrative noch durch das Axiom der Folge
dominiert, so daß „ein unveränderbar chronologisches Prinzip sekundär
" bleibe (317) und die aristotelische Unterscheidung zwischen
Dichtkunst (mögliche Geschichte) und Geschichtsschreibung (geschehene
Geschichte) nicht anwendbar oder gar auf unterschiedliche
Sprachformen aufteilbar wäre.

Die Komposition der „Geschichtsdoxologie" (312) Jer2-6 deute
auf deren didaktisches Interesse, eine Warnung für Gegenwart und
Zukunft im Typos der „historia magistra vitae" (314) zu sein, und
wird vom Vf. als „ungeteilte Erkundung des empirisch Vorfind-
lichen" (322) charakterisiert.

Ein Stellen- und ein geographisches Register erleichtern den Umgang
mit diesem übersichtlich aufgebauten und solid gearbeiteten
Buch, für das allerdings ein weniger pauschaler, auf den wirklich
bearbeiteten Teil der Prophetenschrift Bezug nehmender Untertitel
wünschenswert gewesen wäre.

Leipzig Dieter Viewegcr

Tängberg. K. Arvid: Die prophetische Mahnrede. Form- und traditionsgeschichtliche
Studien zum prophetischen Umkehrruf. Göttingen
: Vandenhoeck & Ruprecht 1987. 215 S. gr. 8° = FRLANT,
143. Lw. DM 56,-.

Die von M. Saebo angeregte Osloer Dissertation stellt sich die Aufgabe
, das vielbehandelte Problem der prophetischen Mahnrede -
umstritten ist nach wie vor, ob die vorexilischen Gerichtspropheten
Mahnworte gebraucht haben oder nicht - form- und traditionsgeschichtlich
anzugehen. Nach einem forschungsgeschichtlichen
Überblick (Kap. 2, 11-37, darunter einem Sonderabschnitt zur Mari-
Prophetie) und einer näheren Eingrenzung (Kap. 3, 38-42: essoll um
die Mahnung zur Umkehr gehen; auch die grammatischen Begriffe
werden geklärt) behandelt der den größten Teil der Arbeit einnehmende
Hauptabschnitt (Kap. 4, 13-141), ausgehend von Arnos
und Hosea als den ältesten Schriftpropheten, in chronologischer Abfolge
bis zu Maleachi alle Abschnitte in der prophetischen Literatur,
die in dem genannten Sinne als Mahnrede identifiziert werden können
. Schon bald stellt sich heraus, daß in der Tat bereits in der vorexilischen
Prophetie Mahnworte vorkommen, die an ihrem Thema:
Aufforderung an die Hörer zur Umkehr (positiv: als Imperativ, Jussiv.
Injunktiv formuliert; negativ: als Vetitiv, Prohibitiv) und an bestimmten
Aufbauelementen (Verbindung von Mahnung mit einer Motivation
, meist in Form einer bedingten Verheißung oder auch bedingten
Drohung) erkannt werden können. So werden bei
Arnos 5,4-6.14f.21-24; bei Hosea 2,4f; 4,15; 10,12; 12,7; 14,2-9;
bei Micha6,l-8; bei Jesaja 1,10-17.18-20; 7,3-9; 8,12f;
28,12.16.22; 30,11.15 als Mahnreden identifiziert. Häufig ist die
Form bei Jeremia; bei Zephanja kommt 2,1-3 in Frage; bei Ezechiel -
etwas überraschend nach den bisher meist kurzen Stücken - die Abschnitte
14,1-11; 18; 33,10-20. Es folgen Deuterojesaja (44,21 f;
45,22; 46,8-13; 48,17-19; 50,10; 55,1-5.60; Tritojesaja (56,1-8;
58.1-12); Joel (2,1-17); Haggai (1,2-11; 2,10-19); Sacharja (1,1-6;
7,9f; 8,16f.l9) und Maleachi (2,10-16; 3,6-12). Als Zwischenergebnis
(140f) wird formuliert: Es gibt den „Umkehrruf als eigene prophetische
Redeform"; die Aufforderung zur Umkehr (mit den Wurzeln
31B>, Ern und E*pD): der Appell - meist in Form von Imperativen oder
Vetitiven - und die Motivation sind für das, meist kurze, Mahnwort
konstitutiv.

Kap. 5 (142-159) vergleicht weisheitliche und prophetische Mahnungen
; Kap. 6 (160-168) deuteronomische Paränese und prophetische
Mahnung. Der zweite im Untertitel genannte Schritt: die traditionsgeschichtliche
Untersuchung der (bereits vorprophetischen?)
Herkunft des Mahnworts wird in Kap. 7 (169-197) unternommen.
Hier spielt Hos 6,1-3 als „Schlüsseltext" eine besondere Rolle für die
These, daß der „Aufruf zur Buße" (oder: „zur Volksklage") als Vorbereitung
zur Bußfeier eine kultisch gebundene eigene Gattung (vgl.
auch Num 14,9; Ps27,8) darstellt (178), an welche die prophetische
Form anknüpft. Drei Exkurse behandeln 1. außerbiblische Parallelen
zu Hos 6,1-3: 2. akkadische Analogien zur „Umkehr"; 3. allgemein
„Mahnungen zur Frömmigkeit im Alten Orient". Es folgen noch
Zusammenfassung und Literaturverzeichnis.

Man wird die Position, die mit dem Vorkommen von Mahnworten
bei den Propheten rechnet, nach wie vor für die plausiblere halten
müssen: die Gegenmeinung ist theologisch problematisch und hat von
jeher Mühe gehabt, Aussagen wie Am 5,4-6.14f wegzuerklären. Man
wird auch den hier vorgelegten Versuch einer formgeschichtlichen
Näherbestimmung begrüßen. Allerdings ist es dem Vf. wohl nicht allseits
überzeugend gelungen, eine genau bestimmbare Gattung
„Mahnwort" nachzuweisen. Abgesehen von den sehr allgemeinen
Bestimmungen des Aufweises von Appell und Motivation variieren
die Ausdrucksformen in den behandelten Abschnitten doch sehr stark
(der Vf. spricht selbst von „flexibel" und von den unterschiedlichen,
in den betr. Abschnitten begegnenden - aus verschiedenen Bereichen
übernommenen - Gattungsmerkmalen). Allgemein fallt eine eher
konservative Haltung auf: Der Vf. neigt dazu, die betr. Abschnitte für
„echt" zu erklären, d. h. von den betr. Propheten selbst herzuleiten.
Die Sekundärliteratur wird dabei etwas einseitig benutzt (aufiallig
z. B. bei Ezechiel, wo fast nur Zimmerli herangezogen wird - vgl. bes.
103, A. 377, nicht die neueren oft kritischen Äußerungen von Hossfeld
. Garscha, H. Schulz usw. Zu Jer wären auch Positionen wie die
von R. Carroll zu berücksichtigen - im Lit.-Verz. ist seine Monographie
genannt). In Kap. 5 vermißt man ein klares Ergebnis. Am
wenigsten überzeugend wirkt Kap. 7; der versuchte Nachweis einer
vorprophetischen Gattung „Aufforderung zur Umkehr" stützt sich
aufallzu spärliche und unsichere Belege.

Störend sind die zahlreichen Druckversehen, die auch die hebr Zitate (Punktierung
!) einschließen. Sinnentstellend: „Gottes/nann" statt ,,-namcn" (34);
„reuevoll" (73); „Gottheit" stau „Göttlichkeit" (74); „Göttinnen" (79,
A. 242); ..Doch ihr habt nicht gewollt" (80); „muß hier dahingestellt bleiben"
(84): „anscheinend" (93. A. 313); „auch" (98, Z. 2); in dem ersten hebr. Zitat
102 fehlt die Negation; 128 hebr. Zitat: falsche Zeilentrennung; 138. A. 612:
statt „sei" sc. „werde"; 139, A. 621: Mal 3,7; 158, A. 9: V«; 162, erstes hebr.
Zitat: Wortfolge vertauscht; 188, Z. 4: „das" statt „der"; 199: Ps27,8.
O. Kaisers Jes-Kommcntar (21963, Bd. 1) ist 66. A. 151 und im Lit.-Verz. im
Titel falsch zitiert; hier ist die Änderung in der 5. Aufl. wichtig! (67, A. 160 fehlt
Angabc der Aufl., ebenso 75. A. 213: 5. Aufl.!) Die Kommentarreihe N1COT
erscheint in Grand Rapids, MI (81, A. 251, ebenso falsch im Lit.-Verz.). Außerdem
: 82. A. 256: Scharbert.

Im ganzen sind die Ergebnisse der Arbeit beachtlich; daß sie in
vieler Hinsicht lückenhaft sind, wird vom Vf. selbst mehrfach festgestellt
. So wird das Problem der prophetischen Mahnreden auch
künftig weiter diskutiert werden.

Bochum HenningGraf Revcntlow

Holmgren, Fredrick Carlson: Israel Alive Again. A Commentary on
the Books of Ezra and Nehemia. Grand Rapids: Eerdmans; Edinburgh
: Handsei Press 1987. XVIII, 162 S. 8'= International Theo-
logical Commentary. Kart. £ 4.95.

Laut Vorwort will die Reihe, zu der das hier anzuzeigende Buch
gehört, eine theologische Interpretation für Pfarrer und Lehrer bieten,
verfaßt von Autoren, die das neutestamentliche Zeugnis von Jesus
C hristus anerkennen und für die die Heilige Schrift eine Einheit aus
AT und NT ist. Dabei soll berücksichtigt werden, daß das AT als
hebräische Bibel für Juden ebenfalls Heilige Schrift ist; auch sie will
die Auslegung ansprechen.