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Ausgabe:

1989

Spalte:

101

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Stolz, Fritz

Titel/Untertitel:

Grundzüge der Religionswissenschaft 1989

Rezensent:

Heidrich, Peter

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung I 14. Jahrgang 1989 Nr. 2

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Religionswissenschaft typisch amerikanisches Lokalkolorit; 2. ein unverwechselbares Cha-

risma seines Verfassers: 3. eine aufregende, neue Gnosis-Konzep-

Stolz. Fritz: Grundzügc der Religionswissenschaft. Göttingen: tl0.n' . . A, _

Vandenhoeck & Ruprecht 1988. 260 S. 8' = Kleine Vandenhoeek- 1 ■ Es ,st zunächst d.c für den Europaer ungewohnt andere Art. w.e

Reihe. 1527. Kart. DM 21.80. amerikanische Hochschullehrer auf ihre Studenten eingehen, die dem

ganzen Buch den Stempel aufdrückt. Auch ein Yale-Professor holt
Das kleine Buch hält, was es verspricht. Wer es studiert, ist zuver- selbstverständlich seine "undergraduates" da ab. wo sie wirklich sind,
lässig in die Grundfragcstellungen heutiger Religionswissenschaft ein- Das Buch will zwar neben den Studenten (und allgemeiner Leser-
geführt. Es beantwortet nicht alle Fragen, geht nicht auf alles gleich schaft) auch die Fachgelehrten ansprechen: aber profilbestimmend
ausführlich ein. aber es vermittelt Grundwissen: nicht über einzelne sind dabei natürlich die schwächsten Glieder. Das heißt, es wird mög-
°der gar alle Religionen, sondern über heutige Religionswissenschaft. liehst nichts vorausgesetzt, und es wird so gut wie alles (explizit oder
Es informiert über die vita der Forscher, die zur Religionswissenschaft implizit) erklärt. Nun kann man das sicher verschieden gut machen,
beitrugen. Es liest sich gut. Gibt es bessere Empfehlungen? Das Buch Und Layton macht es eben so, daß gerade durch diese, das Gewohnte
gehtauf Vorlesungen zurück. neu artikulierende Art der Darstellung die Lektüre auch für den Fachin
sieben Kapiteln wird die Thematik abgehandelt. Zuerst wird das kollegen zu einem Erlebnis wird. Mit diesem Grundzug hängen nun
Phänomen Religion definiert, und zwar von Gott oder dem Heiligen auch mancherlei Einzelaspekte zusammen, vor allem das Streben
her wie im Blick auf die Funktion von Religion. Heiler. Söderblom. nach Veranschaulichung und Überschaubarkeit. Der Illustration des

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utoren grundlegender Werke. gezeichnete Karten. Daß durch die letzteren zugleich eine Festlegung

Um zu wissen, was der Leser von der Religionswissenschaft erwar- in Raum und Zeit von Sachverhalten erfolgt, die weithin doch nurden

^n c'ar^ ist von Belang, sich über den Ort des Fragens klar zu werden. Wirklichkeitsgrad von Hypothesen haben, muß dabei in Kauf genom-

ird Religion von innen erörtert, als Theologie, oder wird sie von men werden. Um die Orientierung beim Lesen der Texte zu erlcich-

''ußen betrachtet? Vf. referiert nicht nur die verschiedenen Möglich- tern, wie es scheint, werden diese in der Regel wie Dramen behandelt,

en. sondern setzt sie auch zueinander ins Verhältnis. Bestimmte insofern als sich in ihren Einleitungen, wo es irgend geht, jeweils ein

8estc"ungen, die weiter unten (192) erörtert werden (Frcmddar- Abschnitt findet, wo unter der Überschrift "Mythic characters" die

Stellungen seien immer eine Infragestellung), bleiben hier offen. „Personen" der folgenden „Handlung" aufgelistet sind. Um des Prin-

^ t Religion Sache eines einzelnen oder einer Gemeinschaft? Diese zips willen ist das so auch bei Texten, die zwar „Personen", aber keine

v 'S'onssoziologische Frage wird im 3, Kapitel behandelt. Das Werk Handlung haben, wie z. B. beim EvThom. wo man dann u. a. eben

Dürkheim. Weber. Berger-Luckmann wird u. a. dargestellt. den Samaritaner (von Log. 60) als „Rolle" aufgeführt findet. Mit den

as 4. Kapitel wendet sich dem „Inhalt" zu. Vf. nennt ihn die Adressaten ersten Grades hängt vielleicht der auch sonst festzustel-

«^ otschaft" der Religion. Hier wird der Leser mit dem Symbolsystcm lende Schematismus der Einleitungen, besonders in den katalogarti-

.'-'iraut gemacht, Levi-Strauss ist nicht der einzige, aber der wich- gen Teilen, zusammen.

Bc C ^°r^crer dieser religionswissenschaftlichcn Fragestellung. Die 2. Weitere auffallende Züge der Anthologie ergeben sich daraus,

Rehungen zur Spekulation, zur Ethik, zum Ritual, zur „Zivilreli- daß es dem Wesen des Vf. entspricht, möglichst alles von Grund auf

M u Wcrt^cn deutlich gemacht. Latenz und Manifestation des neu zu machen und nur auf ganz sicheren Fundamenten zu bauen. So

schließt diesen Abschnitt ab. stammen die gebotenen Übersetzungen alle von ihm selbst und sind

as 5. Kapitel beschreibt die seelischen Vorgänge. Hier ist der Bei- nach gleichartigem Prinzip gemacht. L. hat auf die Übersetzungen

(jp^ ^rcuds und Jungs zum Verstehen von Religion gewürdigt. Auch auch die allergrößte Sorgfalt verwendet, wie der Rez. bezeugen kann

tik) 'fCzur Problematik heutiger religiöser Erziehung (Symboldidak und möchte, weil er Gelegenheit hatte, den Vf. in seiner „Werkstatt"

werden hier besprochen. in New Häven bei der Arbeit zu erleben. Daß sie auch wohlgelungcn

<s vorletzte Kapitel trägt dem Rechnung, daß die Religionswis- sind und nicht nur auf der Höhe der Forschung stehen, sondern auch

Mode C'Cr **e''£'ons8cscmc'h'e hervorging. Es fragt nach das Verständnis der Texte an vielen Stellen vertiefen, ergab sowohl

st h C"Cn Un<^ Theorien der Entwicklung in der Religion. Dabei der Probegebrauch im Berliner Arbeitskreis als auch die gezielte

um nil:nt nur Fragen der Vergangenheit zur Debatte, es geht auch Kontrolle an ausgewählten notorisch problematischen Stellen. Die

as Verstehen aktueller Vorgänge. Übersetzungstechnik weist zwei hervorhebenswerte Besonderheiten

gie pS 'Qtztc ^aP'te' behandelt Probleme der Religionsphänomenolo- auf. L. übersetzt alle wichtigen Ausdrücke, wo imnier sie auftauchen.

• s reflektiert Fragen der Analyse und des Verstchens. in der gleichen Weise, so daß der Benutzer, auch über große Entfer-

ei ^P'tcl wird eingeleitet mit einem ausführlichen Hinweis auf nungen hinweg, aus der Gleichheit der englischen Wörter auf die

ehlägige Literatur. Auf das Literaturverzeichnis am Schluß ver- Gleichheit des Ausdrucks der Ursprache schließen kann. Außerdem

r£rsc^".'^ngar,cn im Text des öfteren; bei einer Neuauflage sollten die vermeidet L. sowohl die Benutzung des theologischen Fachjargons als

6 Sc' nunBsj;,hrc einheitlich verwendet werden. Ein Register von auch die bloße Transkription von griechischen Fachausdrücken (vgl.

en schließt das wertvolle instruktive Büchlein ab. S. XI) - und bringt so herrliche Verfremdungseffekte zustande.

Rostock Pctcr Hcidrich Genauso große Sorgfalt hat erdarauf verwendet, jeweils die bestmögliche
Textgrundlagc für seine Übersetzungsarbeit ausfindig zu machen

fentley: The Gnostic Scriptures. A new Translation with "nd/oder selbst herzustellen. Dem gleichen Streben nach Sicherheit

nnotahons and Introductions. Garden City. NY: Doublcday entspringt aberauch cm gewisser konservativer Zug im Falle der Frage

'■ Xl.ll, 526 S. m. 2 Abb.. 4 Tabellen. 6 Ktn gr. 8'. v°n Textrekonstruktionen und. daß er sich nicht gern festlegt (lieber

gjn neutral bleibt), wo es um die Aufnahme eines Vorschlags zur Vcrbcs-

dens VOn ^cn freunden in den einzelnen Etappen seines Wer- serung des Textverständnisses gtgen etwas Eingebürgertes geht. Am

'nteress' ^ ^onz'r,'erun8 ~ aus der Nähe und in der Ferne - mit Anfang von EvThom Log. 60 steht z. B. nach wie vor: "[THEY SAW]

g'gcn)"° ''cgt nun endlich vor. Es sieht aus wie eine (der gän- a Samaritan man carrying a lamb as he went into Judaea" (S. 390).

m(vi ^n,h°Iogie(n) gnostischcr Original- und Sekundärtexte in Und wie hatte ich gehofft - da er sich schon vor Jahren davon über-

Lat„ . Übersetzung (aus dem Koptischen, Griechischen oder zeugt erklärt hatte- . bei ihm zum erstenmal das allein richtige "[HE

durch i n'' ^nt^ doch ist es etwas Besonderes. Es sind drei Punkte. SAW]" etc. zu sehen! Denn "as he went into Judaea" kann sich doch

man .,.""* es s'L'h von dem Üblichen unterscheidet und unter denen sinnvollcrwcisc nur auf Jesus <*und nicht den Samaritaner) beziehen,

-'ne Besonderheit am einfachsten beschreiben kann: 1. ein Aber vielleicht ist die diesbezügliche Einsicht auch nur - über der