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Ausgabe:

1989

Kategorie:

Praktische Theologie

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Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 114. Jahrgang 1989 Nr. 1

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tischen Gespräch orientieren (108). Freilich sind auch die Unterschiede
zu beachten: Der Seelsorger steht in einer anderen Situation
(er macht z. B. Besuche, der Analytiker nicht), er muß in gewissem
Sinne „agieren". Dennoch muß auch er „Versagung" üben, nur
anders, eben durch die „Nennung Gottes" als einer „Modifikation der
Grundregel" (131) der Psychoanalyse. Nur so bleibt in der Seelsorge
klar: „Es geht bei aller Antwort um Fragen, es geht bei allen Vorschlägen
usw. um das Maß der gehörigen Versagung" (133). Seelsorge,
die sich so beschränkt, kann „weltliche, säkulare Seelsorge" (135)
werden. „Gott muß genannt werden, um der Frage, um der endlichen
Vernunft willen, die allein aus dem Vereinzelten den einzelnen konstruieren
, rekonstruieren kann." (ebenda)

B.s Gedankengängen ist nicht immer leicht zu folgen, sein Stil ist
gedrängt, die Zuordnung des Stoffes an einigen Stellen überraschend.
Die interpretierenden Kapitel - über Kant und besonders über Freud
- zeugen von besonderer Darstellungskunst.

Ob man dem Grundanliegen einer „weltlichen Seelsorge", wie sie
B. vertritt, zustimmen kann, hängt von vielen Faktoren ab. Die Konsequenz
der Beschränkung auf die „Nennung Gottes", die ja eben
wirklich nur Nennung, keineswegs Zuspruch, Verkündigung, Weisung
, Absolution sein darf, erscheint mir in der Praxis schwer möglich
. Die Abstinenzregel kann für den Seelsorger doch immer nur
bedingt gelten; er steht im seelsorgerlichen Handlungsfeld stets auch
als Glaubender, als Zeuge. Freilich muß er sich darin immer wieder
fragen lassen, was er hier kann und was die Grenzen seiner Möglichkeiten
unerlaubt überschreitet. Dafür kann der theoretische Ansatz
B.s eine wichtige Denkhilfe werden.

Für die Ausarbeitung einer Theorie der Seelsorge, für die in letzter
Zeit schon J. Scharfenberg und T. Bonhoeffer entscheidende Anstöße
geliefert haben, stellt Bernets Buch einen Beitrag dar, an welchem
nicht vorübergegangen werden darf.

Leipzig Jürgen Ziemer

Canitz, Hanne-Lore von: Gott Vater, Mutter Kirche und ihre schwierigen
Kinder. Fidegene Neurosen. Entstehung, Erscheinungsbild. Behandlung und
Vermeidung. Harsewinkel: Veit 1987. 139 S. 8

Fuchs, Ottmar: Theologische Aspekte zur Interaktion mit psychiatrischen
Patienten (WzM 40,1988.87-95).

Harsch, Helmut Ludwig: Geschichte der Seelsorgeausbildung am Theologischen
Seminar Friedberg (JHKGV 38 [. 1987,73-90).

Jacob. Wolfgang: Seelische Bereiche der Krebsentstehung und ihre Therapie
(Diakonie 13, 1987, 137-152).

Jaschke, Helmut: Psychotherapie aus dem Neuen Testament. Heilende
Begegnung mit Jesus. Freiburg-Basel-Wien: Herder 1987. 160 S. kl. 8*. = Herderbücherei
, 1347. DM 9,90.

Leiden (Themenheft Glaube und Lernen 3, 1988, Heft 1): Leiden (E. Välyi-
Nagy) (10-14) - Äußerer Schmerz und inneres Glück (J. Simon) (34-38) -
Psychologie des Schmerzes (W. Larbig) (38-49) - Leiden und Verzicht
(M. Seitz)(53-59)-Mit leidenden Kindern von Gott reden (A. Sauter)(60 -76)
- Wie begegnen uns Leid und Leiden? (Lesehinweise, G. Sauter) (77-84)

Luyten, Norbert A.: Ewigkeit des Menschen? Eine kritische Ausein-.ndefsct-
zungmit Theorien über das Leben nach dem Tod. Im Nachlaß hg. von H. Christoffels
. Freiburg/Schweiz: Universitätsverlag 1988. 191 S. 8°. sFr 24.-.

Obrist, Willy: Neues Bewußtsein und Religiosität. Evolution zum ganzheitlichen
Menschen. Olten-Freiburg/Br.: Walter 1988. 337 S. 8 Kart. DM
38.-.

Spiegel, Yorick: C. G. Jung unter den Theologen: Kritische Anfragen an die
theologische Jung-Rezeption (WzM 40, 1988. 157-162).

Stollberg. Dietrich: Seelosorge im therapeutischen Team (WzM 40, 1988,
105-111).

Ökumenik: Allgemeines

Link, Hans-Georg, [Hg.] in Zusammenarb. mit D.-I. Ciobotea u.
D. Ritsehl: EinGott-ein Herr - ein Geist. Zur Auslegung des apostolischen
Glaubens heute. Frankfurt/M.: Lembeck 1987. 155 S. 8"
= Beiheft zurÖkumenischen Rundschau. 56. Kart. DM 24,80.

- [Ed.]: One God, one Lord, one Spirit. Geneva: WCC Publications
1988. IX, 138 S. gr. 8' = Faith and Order Paper, 139. Kart. sFr.
15.-.

Ökumenische Texte können bisher erst nach ihrem Abschluß
zur Kenntnis genommen werden, ohne daß eine breitere kirchliche
Öffentlichkeit etwas von ihrer Entstehung und Entwicklung zu erfahren
und sich dementsprechend zu beteiligen oder wenigstens ein
Urteil zu bilden vermag. Daß sich dadurch gerade die theologische
Arbeit in der Ökumene in einer gewissen abstrakten Ferne vom kirchlichen
Leben bewegte, war unausbleiblich. Um so beachtlicher ist der
vorliegende erstmalige Versuch, „einen Blick in die .Werkstatt' der
Kommission für Glauben und Kirchenverfassung des Ökumenischen
Rates der Kirchen zu ermöglichen", aufgezeigt an den „ersten Stadien
einer gemeinsamen ökumenischen Auslegung des Glaubensbekenntnisses
von Nizäa-Konstantinopel 381 im Rahmen unserer Studienarbeit
.Auf dem Wege zu einem gemeinsamen Ausdruck des apostolischen
Glaubens heute'" (Vorwort). Damit möchte das Genfer Sekretariat
für Glauben und Kirchenverfassung „möglichst viele Gruppen.
Arbeitsgemeinschaften, Konvente und dergleichen einladen, sich mit
den hier angeschnittenen Themen rezeptiv und kreativ auseinanderzusetzen
", und zur Mitarbeit anregen (18).

Zugrunde gelegt sind die Entwürfe zu den drei Artikeln, die auf je
einer eigenen Konferenz 1984/85 erstellt und auffünf anschließenden
Konsultationen zu einem vorläufig letzten Entwurf überarbeitet wurden
(9). „Um dem Leser einen Einblick in diese ökumenische Ausgangslage
gewinnen zu lassen und den Weg aufzuzeigen, den die Auslegung
seitdem genommen hat, haben drei Teilnehmer anhand ausgewählter
Themen längsschnittartige Schneisen durch den bisherigen
Ausarbeitungsprozeß gelegt" (18). Für den ersten Artikel hat der
rumänische orthodoxe Theologe Dan-Ilie Ciobotea diese Aufgabe
übernommen (49-69), für den zweiten Artikel Dietrich Ritsehl (reformiert
) (101-114) und für den dritten Artikel Hans-Georg Link
(uniert) (132- 152).

Dan-Ilie Ciobotea greift aus der Interpretation des ersten Artikels
drei Hauptaspekte heraus, die er durch die verschiedenen Stadien hindurch
instruktiv verfolgt: I. Der Glaube an Gott und die Herausforderung
des Atheismus, II. Der Glaube an den einen Gott gegenüber dem
Vorwurf der Vielgötterei und des Götzendienstes, III. Der Glaube an
Gott im Zeitalter der feministischen Theologie (49). Bemerkenswert
die Empfehlung des orthodoxen Theologen - trotz des Festhaltens an
der zentralen Bedeutung des Vaterseins Gottes: „Wir müssen den
schweigenden Teil unserer Tradition im Blick auf das Muttersein
Gottes und das weibliche Gesicht Gottes wiederentdecken" (64).

Kritische Maßstäbe an den Text über den zweiten Glaubensartikel
legt Dietrich Ritsehl an. Ihm ist schon die Problematik nicht eindeutig
genug geklärt: „Soll man im Bekennen des gemeinsamen Glaubens
von der Bibel via Credos der Alten Kirche zur heutigen Situation
schreiten oder in der umgekehrten Richtung vorgehen?" (104) Insgesamt
meint er, in den Entwürfen „eine Wendung vom Spontanen zum
Dogmatischen hin" (113) feststellen zu können, wobei sich auch die
Frage nach den Adressaten erhebt. Die erkennbar gewordene Bereitschaft
, „als richtig erkannte Formeln in der Weise aneinanderzureihen
, daß möglichst wenig offene Fronten sichtbar werden", mündet
nach Ritsehl in eine „dogmatische Sterilität" (112). Offen geblieben
seien u. a. die Fragen, „ob man und wie man vom ,Opfertod' Jesu
sprechen kann" (107), was es heißt, daß Jesus „für uns" gestorben ist
(108) und ob und in welchem Sinne heute schon von einer Herrschaft
Gottes in Christus über die Welt die Rede sein kann (III). Ritsch'
wendet sich auch gegen die bloße Aneinanderreihung biblischer
Zitate, da es doch wohl unbestritten sei, „daß nur in seltenen Fällen
die einfache Auflistung von Bibelstellen einen theologisch sinnvollen
Zweck erfüllt" (1 13).

Nüchternes Fazit: Die bisherigen Texte können vielleicht als „Vorarbeiten
" dazu dienen, „einen konsensfähigen, inhaltsreichen Text zu
erstellen, in dem sich alle Kirchen wiederfinden" (114).

Weniger kritisch, aber die einzelnen Entwürfe ausgewogen körn-